vorgehend
Landgericht Heidelberg, 4 O 154/09, 01.07.2011
Oberlandesgericht Karlsruhe, 7 U 128/11, 08.08.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 396/12
vom
24. Oktober 2012
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Oktober 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin
Diederichsen und den Richter Pauge

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO). Rechts- oder sonstige Verfahrensfehler, die eine Zulassung der Revision gebieten könnten, sind ersichtlich nicht gegeben. Es ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht , dem neuen und erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gebrachten Vortrag des Klägers nicht nachgegangen ist, Messungen des Kopfumfanges seien fehlerhaft unterblieben und seiner Mutter seien im Kreißsaal Medikamente verabreicht worden, die sie nicht vertragen habe. Auch die erstmals mit der Berufungsbegründung geltend gemachte Rüge einer fehlenden Aufklärung über die Alternative einer sectio war verspätet, nachdem in erster Instanz die Klage ausschließlich auf Behandlungsfehler gestützt worden ist. Zwischen den Ansprüchen wegen unzureichender ärztlicher Aufklärung einerseits und wegen fehlerhafter Behandlung andererseits besteht zwar eine Verknüpfung dergestalt , dass es Ziel des Schadensersatzbegehrens des Patienten ist, eine Entschädigung für die bei ihm aufgrund der Behandlung eingetretenen gesundheitlichen Nachteile zu erlangen, doch liegen den Haftungstatbeständen räumlich und zeitlich verschieden gelagerte Sachverhalte zugrunde, an denen unterschiedliche Perso- nen beteiligt sein können. Auch sind die Schadensereignisse im Allgemeinen weder hinsichtlich der Auswirkungen noch hinsichtlich des Verschuldens gleichwertig (vgl. Senatsurteile vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 228/05, VersR 2007, 414 und vom 4. November 1975 - VI ZR 226/73, VersR 1976, 293, 294). Es handelt sich dabei jedenfalls um neuen Tatsachenvortrag, der vom Berufungsgericht mit Recht nicht mehr berücksichtigt worden ist (§§ 530, 531 Abs. 2 ZPO). Die beantragte Prozesskostenhilfe kann danach nicht bewilligt werden.
Galke Zoll Wellner Diederichsen Pauge
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 01.07.2011 - 4 O 154/09 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 08.08.2012 - 7 U 128/11 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Okt. 2012 - VI ZR 396/12 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Zivilprozessordnung - ZPO | § 530 Verspätet vorgebrachte Angriffs- und Verteidigungsmittel


Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2006 - VI ZR 228/05

bei uns veröffentlicht am 05.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 228/05 Verkündet am: 5. Dezember 2006 Blum, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Okt. 2012 - VI ZR 396/12.

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2019 - VI ZR 117/18

bei uns veröffentlicht am 29.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 117/18 Verkündet am: 29. Januar 2019 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 228/05 Verkündet am:
5. Dezember 2006
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist im Arzthaftungsprozess die auf einen Behandlungs- sowie einen Aufklärungsfehler
gestützte Klage unter beiden Gesichtspunkten abgewiesen worden, so muss die
Berufungsbegründung erkennen lassen, ob das Urteil hinsichtlich beider Fehler angegriffen
wird.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 - VI ZR 228/05 - OLG Zweibrücken
LG Kaiserslautern
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Dezember 2006 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 11. Oktober 2005 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt von dem Beklagten wegen der Folgen einer Operation die Zahlung von Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzpflicht für bereits entstandene und künftig entstehende Schäden materieller und immaterieller Art.
2
Der Kläger, der von Beruf Stukkateur und Maler ist, suchte den Beklagten im Frühjahr 2002 wegen einer Geschwulst im Bereich der rechten Halsseite auf. Der Beklagte diagnostizierte eine gutartige Fettgewebegeschwulst (Lipom) und riet zur operativen Entfernung. Am 28. Mai 2002 fand zwischen den Parteien eine Besprechung über den geplanten Eingriff statt. Dabei unterzeichnete der Kläger einen "perimed-Aufklärungsbogen" betreffend die "Exstirpation oder Drainage eines Halslymphknotens". Am 3. Juni 2002 begab sich der Kläger in die Klinik. Dort führte der Beklagte mit ihm am Abend ein weiteres Aufklärungsgespräch und nahm am nächsten Tag den Eingriff vor. Seit der Operation leidet der Kläger unter Schmerzen und Kraftlosigkeit in der rechten Schulter und im rechten Arm. In der Folgezeit wurde eine Läsion des Nervus accessorius als Ursache der Beschwerden diagnostiziert. Die operative Rekonstruktion des Nervs scheiterte. Aufgrund des Tiefstands der rechten Schulter und ausgeprägter Muskelatrophie im Bereich der Clavikula rechts ist der Kläger nach seinem Vortrag auch künftig nicht mehr in der Lage, ganztags in seinem Beruf zu arbeiten.
3
Die auf ärztliche Fehler bei der Operation und unzureichende Aufklärung über die Risiken des Eingriffs gestützte Klage hat das Landgericht abgewiesen. Die Berufung blieb ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken des Eingriffs. Der Kläger sei rechtzeitig aufgeklärt worden. Die Verletzung des Nervus accessorius sei ausdrücklich angesprochen worden. Dass der unterzeichnete perimed-Bogen eine "Exstirpation oder Drainage eines Halslymphknotens" und damit eine andere Operation als die Entfernung eines Lipoms betreffe, sei wegen der annähernd vergleichbaren Risiken unerheblich.
5
Zwar bestünden erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen, aufgrund derer das Landgericht einen ärztlichen Fehler bei der Operation verneint habe. Doch könnten neue Feststellungen nicht getroffen werden, da der Kläger das erstinstanzliche Urteil nur hinsichtlich der Haftung wegen einer nicht hinreichenden ärztlichen Aufklärung mit der Berufung angegriffen habe. Bei mehreren Streitgegenständen, um die es sich bei den Haftungstatbeständen wegen ärztlicher Behandlungsfehler und wegen unzureichender Aufklärung handle, sei eine Berufungsbegründung für jeden Anspruch nötig. Wegen des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist habe der Kläger durch den Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung seinen Berufungsangriff auch nicht mehr erweitern können.

II.

6
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
7
1. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Revision uneingeschränkt in dem Umfang zulässig, in dem sie vom Kläger eingelegt worden ist (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision nicht nur beschränkt auf den Vorwurf des Behandlungsfehlers zugelassen. In der Urteilsformel findet sich keine Einschränkung. Zwar könnte sich eine Eingrenzung auch aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung ergeben (st. Rspr., vgl. z.B. Senatsurteil vom 19. November 1991 - VI ZR 171/91 - NJW 1992, 1039 f. - insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 116, 104 ff.; BGH, BGHZ 48, 134, 136; Urteile vom 16. März 1988 - VIII ZR 184/87 - NJW 1988, 1778 und vom 25. Februar 1993 - III ZR 9/92 - NJW 1993, 1799). Im Streitfall ist jedoch eine solche nicht anzunehmen, weil zur Beurteilung der Frage des Streitgegenstands der Berufung, wegen derer das Berufungsgericht die Revision zuge- lassen hat, der gesamte Streitstoff herangezogen werden muss, über den das Berufungsgericht entschieden hat (vgl. Senatsurteil vom 25. März 2003 - VI ZR 131/02 - VersR 2003, 1441, 1442).
8
2. In Anwendung der Grundsätze der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Aufklärung hat das Berufungsgericht die Aufklärung des Klägers über die Risiken des Eingriffs für zureichend erachtet. Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte den Kläger am 28. Mai 2002 und am Abend des 3. Juni 2002 im Großen und Ganzen über die Operation aufgeklärt (vgl. dazu Senatsurteile BGHZ 29, 176, 179 f.; 90, 103, 106; 106, 391, 398; 144, 1, 7 f.). Er hat auf die mögliche Verletzung des Schulterhebenervs (Nervus accessorius) und dessen Folgen (Lähmung) in ausreichender Weise hingewiesen. Dass er sich dabei eines perimed-Bogen bediente , der die Exstirpation eines Halslymphknotens und nicht die Entfernung eines Lipoms betrifft, begegnet nach den Umständen des Streitfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Dadurch wurde der Eingriff weder verharmlost noch lag für den Kläger die Annahme nahe, die Operation sei so unproblematisch, dass dafür nicht einmal ein Aufklärungsbogen vorgesehen sei. Selbst wenn der Kläger anfänglich eine solche Fehlvorstellung gehabt haben sollte, wurde sie dadurch beseitigt, dass der Beklagte mit ihm in zwei Gesprächen die konkreten Risiken an Hand der Abbildungen auf dem perimed-Bogen erläuterte. Dafür dass die mündliche Belehrung unzulänglich gewesen wäre, zeigt die Revision keinen hinreichenden Tatsachenvortrag auf, der in den Vorinstanzen rechtsfehlerhaft unberücksichtigt geblieben wäre.
9
3. Auch im Übrigen hält die Entscheidung des Berufungsgerichts revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Frage der Haftung des Beklagten wegen eines Behandlungsfehlers ist nicht Streitstoff der Berufung geworden, weil dazu Ausführungen in der Berufungsbegründung fehlen.
10
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt eine Berufungsbegründung den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO a. F. - nunmehr § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO - nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht (vgl. Senatsurteil vom 13. November 2001 - VI ZR 414/00 - VersR 2002, 999 ff. m. w. N.; BGH, BGHZ 143, 169, 171; Beschluss vom 10. Januar 1996 - IV ZB 29/95 - NJW-RR 1996, 572; BGH, Urteile vom 13. November 1997 - VII ZR 199/96 - NJW 1998, 1081, 1082; vom 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97 - NJW 1998, 3126 und vom 18. Juli 2001 - IV ZR 306/00 - VersR 2001, 1304, 1305). Diese Anforderungen sind durch die Neufassung in § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO nicht verringert worden. Vielmehr dient diese Vorschrift dem Zweck, eine Klarstellung und Konzentration des Streitstoffs für die Berufungsinstanz zu erreichen. Deshalb muss der Berufungsführer mit der Berufungsbegründung klarstellen, in welchen Punkten und mit welcher Begründung er das Berufungsurteil angreift. Im Falle der uneingeschränkten Anfechtung muss die Berufungsbegründung geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen; bei einem teilbaren Streitgegenstand oder bei mehreren Streitgegenständen muss sie sich grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken , hinsichtlich derer eine Änderung beantragt wird (BGH, Urteile vom 28. Mai 2003 - XII ZB 165/02 - VersR 2004, 1064, 1065 und vom 27. November 2003 - IX ZR 250/00 - WM 2004, 442, 443; vgl. auch Musielak/Ball ZPO 5. Aufl., § 520 Rn. 38; Zöller/Gummer/Heßler ZPO 26. Aufl., § 520 Rn. 33 und 35). Auch wenn sich der Rechtsmittelführer nicht mit allen für ihn nachteilig beurteilten Punkten in seiner Berufungsbegründung auseinandersetzen muss, genügt es nicht, um das angefochtene Urteil insgesamt in Frage zu stellen, wenn er sich nur mit einem Berufungsgrund befasst, der nicht den ganzen Streitstoff betrifft (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 1990 - IX ZB 89/89 - NJW 1990, 1184 und Urteil vom 8. Februar 2001 - IX ZR 394/99 - BGH-Report 2001, 482).
11
Bei dieser Sachlage bedarf es im vorliegenden Fall keiner abschließenden Beurteilung, ob es sich - wie das Berufungsgericht meint - um unterschiedliche Streitgegenstände handelt. Zwischen den Ansprüchen wegen unzureichender ärztlicher Aufklärung einerseits und wegen fehlerhafter Behandlung andererseits besteht zwar eine Verknüpfung dergestalt, dass es Ziel des Schadensersatzbegehrens des Patienten ist, eine Entschädigung für die bei ihm aufgrund der Behandlung eingetretenen gesundheitlichen Nachteile zu erlangen, doch liegen den Haftungstatbeständen räumlich und zeitlich verschieden gelagerte Sachverhalte zugrunde, an denen unterschiedliche Personen beteiligt sein können. Auch sind die Schadensereignisse im Allgemeinen weder hinsichtlich der Auswirkungen noch hinsichtlich des Verschuldens gleichwertig (vgl. Senatsurteil vom 4. November 1975 - VI ZR 226/73 - VersR 1976, 293, 294). Indessen hat sich aus den oben dargelegten Gründen im Streitfall die Berufung nicht auf die Frage der Haftung wegen eines Behandlungsfehlers erstreckt.
12
b) Zwar hat der Kläger seine Anträge aus der ersten Instanz unverändert aufrecht erhalten, doch kann allein daraus nicht ersehen werden, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil angegriffen werden sollte. Dies kann nur anhand der Berufungsbegründung beurteilt werden. Die Berufungsbegründung enthält aber lediglich Ausführungen zur ärztlichen Risikoaufklärung. Soweit das Landgericht den Behandlungsfehler verneint hat, wird das Urteil nicht angegriffen. Entgegen der Auffassung der Revision war eine Stellungnahme dazu nicht entbehrlich. Zwar muss der Berufungskläger nicht zu allen vom Erstgericht zu seinem Nachteil beurteilten Streitpunkten in der Berufungsbegründung Stellung nehmen (vgl. Senatsurteil vom 22. Dezember 1992 - VI ZR 53/92 - VersR 1993, 369, 371; BGH, Urteile vom 5. Oktober 1983 - VIII ZR 224/82 - NJW 1984, 177, 178 und vom 10. Juli 1985 - IVa ZR 151/83 - NJW 1985, 2828), doch gilt dies nur, soweit der zugrunde liegende Streitstoff aufgrund einer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist. Im Streitfall ist dies hinsichtlich der Ansprüche wegen fehlerhafter Behandlung nicht gegeben.
13
c) Da der Kläger die Klageabweisung wegen eines Behandlungsfehlers in der Berufungsbegründung nicht angegriffen hat, war ihm eine nachträgliche Erweiterung der Berufung mit Schriftsatz vom 9. September 2005 wegen des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist verwehrt. Auch wenn durch eine beschränkte Anfechtung die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils in vollem Umfang gehemmt wird (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 1994 - VIII ZR 178/93 - VersR 1994, 1445, 1446; Zöller/Vollkommer aaO, § 705 Rn. 11), können die Berufungsangriffe nur im Rahmen der Frist zur Berufungsbegründung bis zum Schluss der Berufungsverhandlung ergänzt werden, soweit nicht darüberhinaus die Präklusionsvorschriften entgegenstehen. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Kaiserslautern, Entscheidung vom 02.03.2005 - 4 O 520/03 -
OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 11.10.2005 - 5 U 10/05 -

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.