Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2019 - VI ZR 12/17

bei uns veröffentlicht am25.06.2019
vorgehend
Landgericht Bielefeld, 4 O 143/11, 19.09.2014
Oberlandesgericht Hamm, 26 U 147/14, 06.12.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 12/17
vom
25. Juni 2019
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:250619BVIZR12.17.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2019 durch den Vorsitzenden Richter Seiters, den Richter Offenloch, die Richterinnen Dr. Oehler, Dr. Roloff und den Richter Dr. Klein
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Dezember 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 45.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin nimmt als Alleinerbin ihres am 28. August 2008 verstorbenen Ehegatten (im Folgenden: der Patient) die Beklagten nach ärztlicher Behandlung auf materiellen und immateriellen Schadensersatz in Anspruch.
2
Nachdem eine hausärztlich durchgeführte Injektionsbehandlung der beim Patienten bestehenden Lumboischialgien zu keiner Besserung der Schmerzund Beschwerdesymptomatik geführt hatte, wurde er aufgrund zunehmender Bauch- und Rückenschmerzen am 16. Juni 2008 zur stationären Behandlung in das Krankenhaus der Beklagten zu 1 eingewiesen. Es bestand zunächst der Verdacht auf ein akutes Abdomen. Wegen Verschlimmerung der Schmerzen wurde am nächsten Tag eine explorative Laparotomie durchgeführt, eine Ursache für die Beschwerden fand sich nicht. In der Folgezeit kam der Patient auf die Intensivstation und wurde mit einem Reserve-Antibiotikum behandelt. Es bestand der Verdacht auf eine Lungenentzündung und einen Harnwegsinfekt. Am 21. Juni 2008 musste der Patient intubiert werden. In den bereits angelegten Blutkulturen zeigte sich an diesem Tag ein Befall mit Staphylococcus aureus. Gegen diese Infektion war schon zuvor eine Antibiose eingeleitet worden. Der Patient wurde in ein künstliches Koma versetzt. Am 24. Juni wurden abszessverdächtige Herde im Bereich der Rückenmuskulatur festgestellt, die als Eiterherde nachgewiesen werden konnten. An den Folgetagen wurden Bakterien und auch Pilze nachgewiesen, wie Staphylococcus epidermis, Serratia marcescens, Candida albicans und glabrata; die Antibiotikatherapie wurde jeweils umgestellt. Mitte Juli 2008 kam es zu einer Aspirationspneumonie. Am 18. Juli 2008 trat ein Kammerflimmern aufgrund septischer Einschwemmung ein und der Patient musste reanimiert werden. Aufgrund einer Verbesserung des Zustandes wurde er am 8. Juli 2008 auf die Normalstation verlegt, dort verschlechterte sich sein Allgemeinzustand wieder. Aufgrund weiterer klinischer Symptome wie Taubheit des linken Arms und Kraftlosigkeit ergab sich am 14. August 2008 bei einer CT-Untersuchung der Verdacht auf einen bösartigen Tumor im Bereich des vierten Brustwirbels. Am 22. August 2008 ergab sich der Verdacht einer pseudomembranösen Colitis. Es wurde eine ausgeprägte systemische Entzündung diagnostiziert. Der Patient verstarb am 28. August 2008.
3
Die Klägerin hat den Beklagten - soweit im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde noch relevant - Hygieneverstöße vorgeworfen. Es liege zwar die Vermutung sehr nahe, dass sich der Patient durch die vorstationäre Injektionsbehandlung mit Staphylococcus aureus infiziert habe. Es hätten aber Hygienemängel bestanden, ansonsten hätte sich der Patient nicht mit einer Vielzahl von aggressiven Keimen infizieren und es hätte nicht zu der nosokomialen Infektion , dem Harnwegsinfekt und der Pilzinfektion kommen können. Zum Beweis dafür hat sie sich auf Sachverständigengutachten berufen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

4
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
5
1. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren noch von Relevanz - ausgeführt, dass konkrete Anhaltspunkte für die Behauptung der Klägerin, die gültigen Hygienestandards seien nicht eingehalten worden, nicht vorlägen. Aus dem Auftreten der Infektion allein könne ein solcher Schluss nicht gezogen werden. Eine Haftung des Arztes oder der Klinik für die Infizierung durch Keime komme nur in Betracht, wenn die Keimübertragung während eines stationären Aufenthalts durch die gebotenen hygienischen Vorsorgen zuverlässig hätte verhindert werden können. Nur wenn feststehe, dass die Infektion aus einem hygienisch beherrschbaren Bereich hervorgegangen sein müsse, habe der Behandler für die Folgen der Infektion einzustehen, sofern er sich nicht ausnahmsweise entlasten könne. Auch wenn der Verstorbene die Keime innerhalb des Krankenhauses erworben haben sollte , ergebe sich daraus noch keine Haftung der Beklagten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen wiesen die Infektionen des Patienten nicht auf mangelnde Hygiene hin, da nosokomiale Infektionen insbesondere bei Aufenthalten auf Intensivstationen auch unter den besten hygienischen Bedingungen nicht vollständig auszuschließen seien. Die Erreger, mit denen sich der Patient infiziert habe, gehörten zu den häufigsten Erregern von nosokomialen Infektionen auf Intensivstationen, so dass hieraus kein Rückschluss auf mangelnde Hygienebedingungen zum Behandlungszeitpunkt gezogen werden könne. Vor allem sei der Patient - nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin - bereits mit bestehender Keimbelastung in die Klinik eingeliefert worden. Staphylococcus aureus-Keime seien entsprechend bereits am 18. Juni 2008 festgestellt worden. Soweit die Klägerin den Beklagten pauschal Hygienemängel vorwerfe, könnten diese nicht die Hauptinfektion betreffen, welche die maßgeblichen Beschwerden des Ehegatten verursacht hätte. Ursache etwaiger Hygienemängel könnten allenfalls die weiteren, im späteren Verlauf der stationären Behandlung festgestellten anderweitigen Keimbelastungen sein. Es seien Staphylococcus epidermis , Serratia marcescens, candida albicans und glabrata nachgewiesen worden. Es gebe aber keine identifizierbare Quelle oder Keimträger, auf die die Infektion zurückgeführt werden könne. Stehe indes nicht fest, dass die Infektion aus einem hygienisch vollbeherrschbaren Bereich im Sinne der Rechtsprechung des BGH hervorgegangen sein müsse, so müsse eine Haftung der Beklagten ausscheiden. Ihren pauschalen Vorwurf mangelnder hygienischer Verhältnisse der Klinik habe die Klägerin mit keinerlei konkreten, nachprüfbaren Tatsachenbehauptungen unterlegt.
6
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht mit diesen Ausführungen die an eine hinreichende Substantiierung des Klagevortrags zu stellenden Anforderungen überspannt und die Klägerin dadurch in entscheidungserheblicher Weise in ihrem aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat.
7
a) Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht, die Zulassung der Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, weil das Berufungsgericht seiner Entscheidung den unzutreffenden Obersatz zugrunde gelegt habe, nur wenn feststehe, dass die Infektion aus einem hygienisch beherrschbaren Bereich hervorgegangen sein müsse, habe der Behandler für die Folgen der Infektion einzustehen, sofern er sich nicht ausnahmsweise entlasten könne, liegt ein Zulassungsgrund allerdings nicht vor. Der Nichtzulassungsbeschwerde ist zwar zuzugeben, dass das Berufungsgericht den ausgewählten - unzutreffenden - Satz (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2016 - VI ZR 634/15, VersR 2016, 1380 Rn. 6) in das Zentrum seiner Begründung gerückt und wiederholt hat, stehe nicht fest, dass die Infektionen aus einem hygienisch vollbeherrschbaren Bereich im Sinne der Rechtsprechung des BGH hervorgegangen sein müssten, so müsse eine Haftung der Beklagten ausscheiden. Dass eine Haftung nur dann in Betracht kommt, wenn feststeht, dass die Infektion aus einem hygienisch vollbeherrschbaren Bereich hervorgegangen sein muss, will das Berufungsgericht damit jedoch nicht zum Ausdruck bringen. Es hat nämlich im Anschluss weiter ausgeführt, dass die Klägerin ihren pauschalen Vorwurf mangelnder hygienischer Verhältnisse in der Klinik mit keinerlei konkreten, nachprüfbaren Tatsachen und Behauptungen unterlegt habe. Damit wird deutlich, dass das Berufungsgericht eine Haftung für Hygienemängel auch außerhalb des vollbeherrschbaren Bereichs nicht ausschließen wollte.
8
b) Mit der letztgenannten Forderung nach dem Vortrag weiterer konkreter Tatsachen zu den geltend gemachten Hygienemängeln hat das Berufungsgericht aber die an eine hinreichende Substantiierung des Klagevortrags zu stel- lenden Anforderungen überspannt und die Klägerin dadurch in entscheidungserheblicher Weise in ihrem aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.
9
aa) Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen , dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt - auch bei Kenntnisnahme des Vorbringens durch den Tatrichter - dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 14. März 2017 - VI ZR 225/16, VersR 2017, 966 Rn. 7; vom 27. September 2016 - VI ZR 565/15 Rn. 6, juris; BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 - III ZR 210/17, WM 2018, 1252 Rn. 4; jeweils mwN). Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist dabei schlüssig und als Prozessstoff erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Das Gericht muss anhand des Parteivortrags beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; es ist dann vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und beispielsweise bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 14. März 2017 - VI ZR 225/16, VersR 2017, 966 Rn. 7; vom 27. September 2016 - VI ZR 565/15 Rn. 6, juris; BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 - III ZR 210/17, WM 2018, 1252 Rn. 4; jeweils mwN; vom 25. September 2018 - VI ZR 234/17, VersR 2019, 568, juris Rn. 6 - 9).
10
bb) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats sind an die Substantiierungspflichten des Patienten im Arzthaftungsprozess nur maßvolle Anforderungen zu stellen. Vom Patienten kann keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden. Ihm fehlt die genaue Einsicht in das Behandlungsgeschehen und das nötige Fachwissen zur Erfassung und Darstellung des Konfliktstoffs; er ist nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen. Die Patientenseite darf sich deshalb auf Vortrag beschränken, der die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens der Behandlungsseite aufgrund der Folgen für den Patienten gestattet (vgl. dazu und zum Folgenden Senatsurteil vom 19. Februar 2019 - VI ZR 505/17, VersR 2019, 553; vgl. Senatsurteile vom 14. März 2017 - VI ZR 605/15, VersR 2017, 822 Rn. 19; vom 24. Februar 2015 - VI ZR 106/13, NJW 2015, 1601 Rn. 19; vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 252, 254). Insbesondere ist der Patient nicht verpflichtet, mögliche Entstehungsursachen einer Infektion zu ermitteln und vorzutragen (vgl. Senatsbeschluss vom 1. März 2016 - VI ZR 49/15, NJW 2016, 1328 Rn. 6). Mit der eingeschränkten primären Darlegungslast des Patienten geht zur Gewährleistung prozessualer Waffengleichheit zwischen den Parteien regelmäßig eine gesteigerte Verpflichtung des Gerichts zur Sachverhaltsaufklärung (§ 139 ZPO) bis hin zur Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO) von Amts wegen einher, soweit der Patient darauf angewiesen ist, dass der Sachverhalt durch ein solches aufbereitet wird (vgl. Senatsurteil vom 8. Januar 1991 - VI ZR 102/90, NJW 1991, 1541, juris Rn. 9; Geiß/Greiner, Arzthaft- pflichtrecht, 7. Aufl., Rn. E 6; Frahm/Walter, Arzthaftungsrecht, 6. Aufl., Rn. 270).
11
Einschränkungen der Darlegungslast des Patienten können sich nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen ferner insoweit ergeben, als der Patient außerhalb des von ihm vorzutragenden Geschehensablaufs steht und ihm eine nähere Substantiierung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt oder unschwer in Erfahrung bringen kann und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senat, Urteile vom 28. August 2018 - VI ZR 509/17, NJW-RR 2019, 17 Rn. 33; vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14, NJW 2016, 3244 Rn. 18; vom 10. Februar 2013 - VI ZR 343/13, NJW-RR 2015, 1279 Rn. 11; Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZR 634/15, NJW-RR 2016, 1360 Rn. 14). In diesem Fall hat die Behandlungsseite nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast auf die Behauptungen des Patienten substantiiert, d.h. mit näheren Angaben zu erwidern , wenn ihr Bestreiten nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO beachtlich sein soll (vgl. Senat, Urteile vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14, NJW 2016, 3244 Rn. 14 ff.; vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 209, 214, 216). Die Anforderungen an die Darlegungslast der Behandlungsseite bestimmen sich dabei weitgehend nach den Umständen des Einzelfalls, sie richten sich nach der Art des im Raum stehenden Vorwurfs und stehen - wie auch sonst (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 - VIII ZR 14/98, NJW 1999, 1404, 1405 f.; Gerken in Wieczorek /Schütze, ZPO, 4. Aufl. § 138 Rn. 24) - im Wechselspiel zu der Tiefe des primären Vortrags des Patienten. Beweiserleichterungen resultieren aus der sekundären Darlegungslast allerdings nicht (Senatsurteil vom 28. August2018 - VI ZR 509/17, NJW-RR 2019, 17 Rn. 33).
12
In der Kombination der genannten Grundsätze wird die erweiterte - sekundäre - Darlegungslast der Behandlungsseite im Arzthaftungsprozess ausge- löst, wenn die primäre Darlegung des Konfliktstoffs durch den Patienten den aufgezeigten maßvollen Anforderungen genügt und die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens der Behandlungsseite gestattet, während es dieser möglich und zumutbar ist, den Sachverhalt näher aufzuklären. Letzteres wird bei der Behauptung eines Hygieneverstoßes regelmäßig der Fall sein, entziehen sich doch sowohl die Existenz möglicher Infektionsquellen etwa in Gestalt weiterer Patienten oder verunreinigter Instrumente als auch die Maßnahmen, welche die Behandlungsseite im Allgemeinen und - bei Vorliegen konkreter Gefahrenquellen - im Besonderen zur Einhaltung der Hygienebestimmungen und zur Infektionsprävention unternommen hat, in aller Regel der Kenntnis des Patienten, während die Behandlungsseite ohne weiteres über die entsprechenden Informationen verfügt (vgl. Senatsbeschluss vom 16. August 2016 - VI ZR 634/15, NJW-RR 2016, 1360 Rn. 14; Stöhr, GesR 2015, 257, 261; Schultze-Zeu/Riehn, VersR 2012, 1208, 1212). Dem Senatsbeschluss vom 16. August 2016 (VI ZR 634/15, NJW-RR 2016, 1360 Rn. 14; aufgegriffen im Senatsurteil vom 28. August 2018 - VI ZR 509/17, NJW-RR 2019, 17 Rn. 33) kann für das Auslösen der sekundären Darlegungslast nicht die Voraussetzung entnommen werden, dass der Patient konkrete Anhaltspunkte für einen Hygieneverstoß vorträgt. Der Senat hat solchen Vortrag in dem genannten Beschluss lediglich ausreichen lassen , nicht aber zur Voraussetzung erhoben. Es bleibt vielmehr auch und gerade bei der Behauptung von Hygieneverstößen bei den allgemein für das Arzthaftungsrecht geltenden maßvollen Anforderungen an die primäre Darlegungslast des Patienten. Es genügt, wenn der beweisbelastete Patient Vortrag hält, der die Vermutung eines Hygienefehlers der Behandlungsseite aufgrund der Folgen für ihn gestattet (Senatsurteil vom 19. Februar 2019 - VersR 2019, 553 Rn. 18 f.).
13
cc) Gemessen an diesen Grundsätzen reicht der Vortrag der Klägerin, von der wie ausgeführt keine naturwissenschaftlichen und medizinischen Kenntnisse verlangt werden können, im Streitfall aus, eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten auszulösen. Dem Berufungsgericht ist zwar zuzugeben , dass sich dies für die Infektion mit Staphylococcus aureus möglicherweise anders darstellt. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass der Patient nach eigenem Vorbringen der Klägerin bereits mit bestehender Keimbelastung in die Klinik eingeliefert worden sei. Dies hat - wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht bemerkt - die Klägerin zwar so nicht vorgetragen, aber als sehr nahe Vermutung bezeichnet. Die Klägerin macht die Beklagten jedoch vor allem für die Infektionen verantwortlich, die beim Patienten nach seiner Einlieferung in der Klinik aufgetreten sind. Sie hat insoweit geltend gemacht, der Patient habe sich die durch Laboruntersuchungen nachgewiesenen, auch nosokomialen Erreger , die für das Entzündungsgeschehen ursächlich seien, aufgrund von Hygienemängeln in der Klinik der Beklagten zu 1 zugezogen. Nach diesem Vortrag hätte es den Beklagten oblegen, konkret zu den von ihnen ergriffenen Maßnahmen zur Sicherstellung der Hygiene und zum Infektionsschutz bei der Behandlung des Patienten, insbesondere auf der Intensivstation, vorzutragen, etwa durch Vorlage von Desinfektions- und Reinigungsplänen sowie der einschlägigen Hausanordnungen und Bestimmungen des Hygieneplanes.
14
dd) Der in der Zurückweisung des dargelegten Sachvortrags der Klägerin liegende Gehörsverstoß ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des dargestellten Vortrags zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Seiters Offenloch Oehler Roloff Klein
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 19.09.2014 - 4 O 143/11 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 06.12.2016 - I-26 U 147/14 -

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

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1. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, den entscheidungserheblichen Sachvortrag der Partei in der nach Art. 103 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (BGH, Urteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647 Rn. 14 mwN). Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (BVerfG, WM 2012, 492 Rn. 16; BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, WM 2007, 1569 Rn. 8; BGH, Urteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647 Rn. 16; jeweils mwN).
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1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Zwar gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt aber - auch bei Kenntnisnahme des Vorbringens durch den Tatrichter (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 173/03, VersR 2007, 666 Rn. 9 mwN; vom 20. Mai 2015 - VII ZR 78/13, BauR 2015, 1528 Rn. 7) - dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfG, NJW-RR 2001, 1006, 1007; NJW 2003, 1655; Senat, Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08, VersR 2009, 1137 Rn. 2 mwN; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 551/13, r+s 2015, 212 Rn. 3). Das ist auch dann der Fall, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat. Es verschließt sich in einem solchen Fall der Erkenntnis, dass eine Partei ihrer Darlegungslast schon dann genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Berufungsgerichts dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen; sie ist deswegen nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Klägervortrags (Senatsbeschluss vom 22. März 2016 - VI ZR 163/14, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 22. Juni 2009 - II ZR 143/08, NJW 2009, 2598 Rn. 2 mwN; Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, TranspR 2013, 430 Rn. 10; Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 195/14, NJW-RR 2015, 829 Rn. 9).
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1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen , dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt - auch bei Kenntnisnahme des Vorbringens durch den Tatrichter - dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat (vgl. nur Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - III ZR 125/14, juris, Rn. 11; Urteil vom 23. Juni 2016 - III ZR 308/15, NJW 2016, 3024 Rn. 18; BGH, Beschluss vom 27. September 2016 - VI ZR 565/15, juris, Rn. 6; jeweils mwN) oder der Tatrichter Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei in offenkundig fehlerhafter Anwendung einer Präklusionsvorschrift zu Unrecht für ausgeschlossen erachtet hat (vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. Mai 2017 - VI ZR 89/16, VersR 2017, 1164 Rn. 8; Senat, Beschluss vom 3. Mai 2018 - III ZR 429/16, juris Rn. 7). Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist dabei schlüssig und damit als Prozessstoff erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Das Gericht muss anhand des Parteivortrags beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung , kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; es ist dann vielmehr Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (vgl. nur Senat, Urteile vom 6. Dezember 2012 - III ZR 66/12, NJW-RR 2013, 296 Rn. 10; vom 23. Juni 2016 aaO Rn. 18 und vom 19. Oktober 2017 - III ZR 565/16, NJW-RR 2017, 1520 Rn. 33). Im Interesse der Wahrung des Grundrechts aus Art. 103 Abs. 1 GG darf das Gericht dabei keine überspannten Anforderungen an die Darlegung stellen (vgl. nur Senat, Urteil vom 6. Dezember 2012 aaO Rn. 10mwN). Vermag sich eine Partei an ein Geschehen nicht zu erinnern, kann sie dazu gleichwohl eine ihr günstige Behauptung unter Zeugenbeweis stellen, wenn sie hinreichende Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass der Zeuge das notwendige Wissen hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 283/99, WM 2003, 1563, 1564; Beschlüsse vom 27. November 2009 - LwZR 12/09, juris, Rn. 20 und vom 27. September 2016 aaO Rn. 9 ff). Ob und inwieweit der Zeuge in der Lage ist, sich zu erinnern, ist erst durch die Vernehmung des Zeugen und die daran anschließende Würdigung seiner Aussage zu klären (vgl. nur BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - IV ZR 272/06, NJW-RR 2009, 244 Rn. 7). Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung der Partei ist ohne Bedeutung (vgl. nur BGH, Urteile vom 8. Mai 1992 - V ZR 95/91, NJW 1992, 3106; vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01, NJW-RR 2003, 491 und vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, juris, Rn. 7).
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1. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, den entscheidungserheblichen Sachvortrag der Partei in der nach Art. 103 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (BGH, Urteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647 Rn. 14 mwN). Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (BVerfG, WM 2012, 492 Rn. 16; BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, WM 2007, 1569 Rn. 8; BGH, Urteil vom 29. Februar 2012 - VIII ZR 155/11, NJW 2012, 1647 Rn. 16; jeweils mwN).
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1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Zwar gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt aber - auch bei Kenntnisnahme des Vorbringens durch den Tatrichter (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2006 - IX ZR 173/03, VersR 2007, 666 Rn. 9 mwN; vom 20. Mai 2015 - VII ZR 78/13, BauR 2015, 1528 Rn. 7) - dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfG, NJW-RR 2001, 1006, 1007; NJW 2003, 1655; Senat, Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08, VersR 2009, 1137 Rn. 2 mwN; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 551/13, r+s 2015, 212 Rn. 3). Das ist auch dann der Fall, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat. Es verschließt sich in einem solchen Fall der Erkenntnis, dass eine Partei ihrer Darlegungslast schon dann genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Berufungsgerichts dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen; sie ist deswegen nicht anders zu behandeln als ein kommentarloses Übergehen des Klägervortrags (Senatsbeschluss vom 22. März 2016 - VI ZR 163/14, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 22. Juni 2009 - II ZR 143/08, NJW 2009, 2598 Rn. 2 mwN; Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, TranspR 2013, 430 Rn. 10; Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 195/14, NJW-RR 2015, 829 Rn. 9).
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1. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen , dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt - auch bei Kenntnisnahme des Vorbringens durch den Tatrichter - dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat (vgl. nur Senat, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - III ZR 125/14, juris, Rn. 11; Urteil vom 23. Juni 2016 - III ZR 308/15, NJW 2016, 3024 Rn. 18; BGH, Beschluss vom 27. September 2016 - VI ZR 565/15, juris, Rn. 6; jeweils mwN) oder der Tatrichter Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei in offenkundig fehlerhafter Anwendung einer Präklusionsvorschrift zu Unrecht für ausgeschlossen erachtet hat (vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. Mai 2017 - VI ZR 89/16, VersR 2017, 1164 Rn. 8; Senat, Beschluss vom 3. Mai 2018 - III ZR 429/16, juris Rn. 7). Ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist dabei schlüssig und damit als Prozessstoff erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Das Gericht muss anhand des Parteivortrags beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung , kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; es ist dann vielmehr Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (vgl. nur Senat, Urteile vom 6. Dezember 2012 - III ZR 66/12, NJW-RR 2013, 296 Rn. 10; vom 23. Juni 2016 aaO Rn. 18 und vom 19. Oktober 2017 - III ZR 565/16, NJW-RR 2017, 1520 Rn. 33). Im Interesse der Wahrung des Grundrechts aus Art. 103 Abs. 1 GG darf das Gericht dabei keine überspannten Anforderungen an die Darlegung stellen (vgl. nur Senat, Urteil vom 6. Dezember 2012 aaO Rn. 10mwN). Vermag sich eine Partei an ein Geschehen nicht zu erinnern, kann sie dazu gleichwohl eine ihr günstige Behauptung unter Zeugenbeweis stellen, wenn sie hinreichende Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass der Zeuge das notwendige Wissen hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 283/99, WM 2003, 1563, 1564; Beschlüsse vom 27. November 2009 - LwZR 12/09, juris, Rn. 20 und vom 27. September 2016 aaO Rn. 9 ff). Ob und inwieweit der Zeuge in der Lage ist, sich zu erinnern, ist erst durch die Vernehmung des Zeugen und die daran anschließende Würdigung seiner Aussage zu klären (vgl. nur BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2008 - IV ZR 272/06, NJW-RR 2009, 244 Rn. 7). Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung der Partei ist ohne Bedeutung (vgl. nur BGH, Urteile vom 8. Mai 1992 - V ZR 95/91, NJW 1992, 3106; vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01, NJW-RR 2003, 491 und vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, juris, Rn. 7).
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2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht mit diesen Ausführungen die an eine hinreichende Substantiierung des Klagevortrags zu stellenden Anforderungen überspannt und die Klägerin dadurch in entscheidungserheblicher Weise in ihrem aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt hat.
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d) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet auch die Annahme des Berufungsgerichts, die Patientenseite müsse bei einem einfachen Befunderhebungsfehler die gebotene Reaktion auf den hypothetischen Befund in fachlich-medizinischer Hinsicht konkret substantiieren; soweit die Klägerin ausführe , die Bestätigung der Bradykardie hätte ein sofortiges Eingreifen notwendig gemacht sowie eine Beendigung der Medikation mit Amisulprid gefordert, bleibe dies formelhaft und abstrakt. Hierbei hat das Berufungsgericht übersehen, dass an die Substantiierungspflichten der Parteien im Arzthaftungsprozess maßvolle und verständige Anforderungen zu stellen sind. Vom Patienten kann regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden. Der Patient und sein Prozessbevollmächtigter sind insbesondere nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen. Vielmehr darf sich die Partei auf Vortrag beschränken, der die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes aufgrund der Folgen für den Patienten gestattet (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 252).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 199/03 Verkündet am:
8. Juni 2004
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 823 Aa, I; ZPO (2002) §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Nr. 3

a) Auch nach der Reform der Zivilprozeßordnung dürfen beim Vortrag zu medizinischen
Fragen im Arzthaftungsprozeß an den Vortrag zu Einwendungen gegen ein
Sachverständigengutachten ebenso wie an den klagebegründenden Sachvortrag
nur maßvolle Anforderungen gestellt werden.

b) Der Patient und sein Prozeßbevollmächtigter sind nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen
Prozeßführung medizinisches Fachwissen anzueignen.

c) Läßt das Berufungsgericht fehlerhaft Vorbringen nicht zu, weil es zu Unrecht dieses
für neu hält oder Nachlässigkeit bejaht (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO), so kann es
sich nicht auf die Bindung an die erstinstanzlich festgestellten Tatsachen berufen,
wenn die Berücksichtigung des Vorbringens zu Zweifeln im Sinne von § 529 Abs.
1 Nr. 1 ZPO hätte führen müssen.
BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03 - OLG Köln
LG Aachen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Trägerin des Krankenhauses B. Schadensersatzansprüche geltend. Im Dezember 1998 stürzte die Klägerin und zog sich einen Speichenbruch mit Abriß des Griffelfortsatzes der Elle zu. Der erlittene Trümmerbruch mit einer hauptsächlich streckseitig gelegenen Trümmerzone wurde im Krankenhaus der Beklagten operativ eingerichtet. Anschließend wurde die Reponierung mit zwei durch die Haut eingebrachten Kirschner-Drähten und einer Gipsschiene stabilisiert. Nach Entfernung der Drähte Anfang Februar 1999 klagte die Klägerin über Beschwerden im Bereich des rechten Handgelenks und über ein
Taubheitsgefühl der Streckseite des rechten Daumens. Bei einer Untersuchung in der unfallchirurgischen Klinik R. wurde eine in Fehlstellung verheilte Radiusfraktur sowie eine Defektläsion des Daumenastes des Nervus radialis superficialis diagnostiziert. Die Klägerin hat vor dem Landgericht behauptet, die Ärzte des Krankenhauses B. hätten den Bruch fehlerhaft behandelt. Die unzureichende Stabilisierung habe zu einer Verheilung in Fehlstellung geführt. Auf ihre starken postoperativen Schmerzen sei nicht in angemessener Weise durch die Verordnung von Schmerzmitteln reagiert worden. Dies sei zur Prophylaxe eines Morbus Sudeck erforderlich gewesen. Bei Entfernung der Kirschner-Drähte sei es behandlungsfehlerhaft zu einer Durchtrennung des sensiblen Astes des Nervus radialis superficialis gekommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in VersR 2004, 517 veröffentlicht ist, ist der Klage auf der Grundlage der in erster Instanz festgestellten Tatsachen der Erfolg zu versagen. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründeten und deshalb eine neue Feststellung gebieten würden, lägen nicht vor (§ 529 Abs. 1 ZPO).
Soweit die Klägerin weiterhin Behandlungsfehler bei der Durchführung der Spickdrahtosteosynthese rüge, bestehe keine Veranlassung zu einer weiteren Sachaufklärung. Der Sachverständige habe ausdrücklich hervorgehoben, die Einbringung der Drähte sei fehlerfrei erfolgt in Anwendung eines Verfahrens , welches dem Lehrbuchstandard entspreche und auch lehrbuchhaft durchgeführt worden sei. Die abweichende Auffassung der Klägerin, daß die Spickdrähte nicht korrekt angebracht worden seien, so daß eine ausreichende Stabilität nicht habe erzielt werden können, begründe keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen. Keine im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erheblichen Zweifel bestünden auch, soweit die Klägerin es als behandlungsfehlerhaft ansehe, daß die Enden der Drähte unter der Haut versenkt worden seien. Auch hierzu habe der Sachverständige festgestellt, die Einbringung der beiden Bohrdrähte sei regelgerecht erfolgt. Es stehe auch nicht fest, daß die Nervverletzung vermeidbar fehlerhaft von den behandelnden Ärzten verursacht worden sei. Der Sachverständige habe dargelegt, trotz größtmöglicher Sorgfalt habe es zu einer Durchtrennung bzw. Quetschung von kleinen Hautnerven kommen können. Mit ihrem erstmals in zweiter Instanz erfolgten Vorbringen, die Spickdrahtosteosynthese sei nicht die Methode der Wahl gewesen, könne die Klägerin ebensowenig durchdringen wie mit der gleichfalls neuen Behauptung, der Morbus Sudeck sei nicht adäquat bzw. überhaupt nicht behandelt worden. Auch bei der dargelegten Behandlungsalternative mit einem Fixateur externe handele es sich um eine Tatsachenbehauptung und nicht - wie die Klägerin meine - um die Darlegung eines von Amts wegen zu berücksichtigenden medizinischen Erfahrungssatzes. Beide Tatsachenbehauptungen fielen unter die Bestimmungen der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO. Sie stellten neue Angriffsmittel im Sinne von § 531 ZPO dar und seien nicht zuzulassen, weil die Voraussetzun-
gen der hier nur in Betracht kommenden Bestimmungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO nicht dargetan seien. Dem Landgericht sei kein Verfahrensfehler im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO unterlaufen. Es sei auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vorbringens zu einer weiteren Sachaufklärung nicht gehalten gewesen. Die schriftliche Begutachtung sei eindeutig gewesen; die von der Klägerin erstinstanzlich für klärungsbedürftig gehaltenen Fragen habe der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung beantwortet. Sei das Vorbringen somit als neuer Sachvortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, scheide eine weitere Sachaufklärung nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aus. Der neue Sachvortrag könne aus Rechtsgründen auch nicht geeignet sein, Zweifel an der Richtigkeit der bisherigen Feststellungen des Sachverständigen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu begründen; anderenfalls würden die Präklusionsregeln und das Reformziel, den Rechtsstreit möglichst im ersten Rechtszug umfassend aufzuklären, unterlaufen. Die Klägerin habe nicht dargetan, daß sie den neuen Vortrag ohne Nachlässigkeit nicht bereits im ersten Rechtszug hätte in den Rechtsstreit einführen können (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Sie sei gehalten gewesen, jede in Betracht kommende Möglichkeit zu nutzen, Einwendungen gegen die in erster Instanz vorgelegte Begutachtung ausfindig zu machen. Sie habe auch nicht vorgetragen , daß sie bzw. ihr Prozeßbevollmächtigter sich nicht in gleicher Weise hätten informieren können wie der Prozeßbevollmächtigte in der zweiten Instanz. Fehl gehe auch der Vorwurf, der entstandene Morbus Sudeck sei nicht adäquat behandelt worden. Eine unzureichende Sudeck-Prophylaxe sei nicht erwiesen.

II.

Das angefochtene Urteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. a) Nicht zu beanstanden ist das Berufungsurteil allerdings, soweit es keine Notwendigkeit für eine weitere Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich eines Behandlungsfehlers bei der Durchführung der Spickdrahtosteosynthese und bei der Prophylaxe für einen Morbus Sudeck sieht und diesbezüglich Behandlungsfehler auf der Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen verneint. Die Revision macht hierzu nur geltend, das Berufungsgericht sei dem Einwand der Klägerin nicht nachgegangen, die Schädigung des Nervs bei Entfernung der Kirschner-Drähte wäre vermieden worden, wenn deren Enden nicht zuvor unter die Haut versenkt worden wären. Indessen hält die Auffassung des Berufungsgerichts , aus dem Vorbringen der Klägerin ergäben sich keine Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, die eine neue Tatsachenfeststellung erforderten, in diesem Punkt revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. aa) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich aus Fehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 230/03 - und BGH, Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 - WM 2004, 845, 846, jeweils vorgesehen zur Veröffentlichung in BGHZ; Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drs.
14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW 2003, 169, 171). Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02 - NJW 2003, 3480, 3481; Begründung des Rechtsausschusses, BT-Drs. 14/6036 S. 124). Dies gilt grundsätzlich auch für Tatsachenfeststellungen , die auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen worden sind. In diesem Fall kann unter anderem die - hier von der Revisionsklägerin gerügte - Unvollständigkeit des Gutachtens Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen wecken (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02 - aaO; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rdn. 18; Zöller /Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 9). bb) Gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Notwendigkeit einer neuen Tatsachenfeststellung insoweit verneint, sind keine durchgreifenden Revisionsrügen vorgebracht. Das Berufungsgericht hat im Hinblick darauf, daß der Sachverständige ausführlich dazu Stellung genommen hat, ob bei Durchführung der hier angewandten Spickdrahtosteosynthese Behandlungsfehler vorlagen, und er dies verneint hat, ausgeführt, daß es keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen hat, die hinsichtlich dieses Komplexes eine erneute Feststellung geböten. Hiergegen ist von Seiten des Revisionsgerichts nichts zu erinnern.
b) Das Berufungsurteil hält auch dem Angriff der Revision stand, soweit das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin zu einer unterlassenen Behandlung des Morbus Sudeck als neues Vorbringen nicht zugelassen hat.
Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin wurde zutreffend als neu im Sinne des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO angesehen. Entgegen der Auffassung der Revision schließt nämlich der erstinstanzliche Sachvortrag der Klägerin nicht die Frage ein, ob ein Behandlungsfehler im Zusammenhang mit der Behandlung des entstandenen Morbus Sudeck vorliegt. Der von ihr in Bezug genommene und aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ersichtliche erstinstanzliche Vortrag der Klägerin befaßte sich nämlich allein mit dessen Prophylaxe und nicht mit einer angeblich unterlassenen Behandlung. Die Behauptungen , den Ausbruch einer Krankheit nicht verhindert und eine ausgebrochene Krankheit nicht behandelt zu haben, betreffen indes zwei unterschiedliche zeitliche Abschnitte des Behandlungsverlaufs. Mit dem zweitinstanzlich erhobenen Vorwurf wird die Behauptung fehlerhafter Prophylaxe demgemäß nicht lediglich konkretisiert, sondern der Angriff der Klägerin geändert. Das Berufungsgericht hat dieses neue Vorbringen auch zu Recht nicht zugelassen, weil nicht dargetan ist, daß die Klägerin es nicht bereits im ersten Rechtzug hätte in den Rechtsstreit einführen können. Anders als bei einer vorzugswürdigen Behandlungsalternative (vgl. dazu unter 2.) geht es hier nämlich zunächst nicht um eine medizinische Frage, sondern darum, auch diesen Abschnitt des gesamten Behandlungsverlaufs zur Überprüfung durch das Gericht zu stellen. Dazu waren keine medizinischen Fachkenntnisse erforderlich. Die Klägerin wußte vielmehr aus eigenem Erleben, ob eine Behandlung des Morbus Sudeck erfolgt war, und konnte die von ihr jetzt behauptete Unterlassung der Behandlung deshalb zum Gegenstand der gerichtlichen und sachverständigen Überprüfung machen, ohne auf vertiefte medizinische Kenntnisse angewiesen zu sein. Indem sie dies im ersten Rechtszug nicht getan hat, hat sie gegen die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen.
2. Das Berufungsurteil hält jedoch den Angriffen der Revision nicht stand, soweit das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin zu einer Behandlungsalternative als neues Vorbringen nicht zugelassen hat (§ 531 Abs. 2 ZPO) und deshalb nicht zu Zweifeln im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gelangt ist.
a) Das Vorbringen der Klägerin zu einer Behandlungsalternative ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bereits nicht als neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO zu werten. aa) Die Revision macht geltend, der Vortrag fehlerhafter Behandlung, insbesondere auch durch Erzielung einer unzureichenden Stabilität und Drehstabilität , schließe den Vorwurf mit ein, im Hinblick auf die ausgedehnte Trümmerzone sei seitens der Ärzte mit der Spickdrahtosteosynthe se eine Behandlungsmethode gewählt worden, die wesentlich weniger geeignet gewesen sei als eine Behandlung mittels eines Fixateur externe. Der gerichtliche Sachverständige hätte sich deshalb bereits in erster Instanz mit der Frage einer besser geeigneten Methode und damit einer Behandlungsalternative befassen müssen. Dem ist unter den Umständen des Streitfalls zuzustimmen. bb) Der Begriff der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ist nach dem bisherigen Recht auszulegen (Meyer-Seitz in Hannich/Meyer-Seitz, ZPOReform , 2002, § 531 Rdn. 8). Ob ein in zweiter Instanz konkretisiertes Vorbringen neu ist, hängt also davon ab, wie allgemein es in erster Instanz gehalten war. Wenn es einen sehr allgemein gehaltenen Vortrag der ersten Instanz konkretisiert oder erstmals substantiiert, ist es neu, nicht aber dann, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juni 1991 - VIII ZR 129/90 - NJW-RR 1991, 1214, 1215 und vom 26. Juni 2003 - VII ZR 281/02 - NJW-RR 2003, 1321, 1322; Baum-
bach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 531 Rdn. 12; Drossart, Bauprozessrecht 2004, 4, 6). Zwar enthielt der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin nicht ausdrücklich den Vortrag einer besseren Behandlungsalternative durch einen Fixateur externe. Bei der Beurteilung, ob ein neuer Vortrag vorliegt, ist aber zu berücksichtigen , daß an die Substantiierungspflicht der Partei im Arzthaftungsprozeß nur maßvolle Anforderungen gestellt werden dürfen, weil vom Patienten regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden kann. Die Partei darf sich auf Vortrag beschränken, der die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes auf Grund der Folgen für den Patienten gestattet (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1981 - VI ZR 220/79 - VersR 1981, 752; vom 10. November 1981 - VI ZR 92/80 - VersR 1982, 168, 169 und vom 15. Juli 2003 - VI ZR 203/02 - VersR 2003, 1541, 1542; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht , 4. Aufl., E Rdn. 2). Der Vortrag, es habe eine bessere Behandlungsmethode , also eine echte und indizierte Behandlungsalternative gegeben, stellt im Streitfall unter Berücksichtigung dieser Darlegungserleichterungen im Arzthaftungsprozeß lediglich eine weitere Verdeutlichung des schlüssigen Vorbringens einer fehlerhaften Behandlung des Bruchs dar, der nicht ausreichend stabilisiert worden sei.
b) Im übrigen hätte das Berufungsgericht das Vorbringen zur Behandlungsalternative selbst dann berücksichtigen müssen, wenn es - entgegen den obigen Darlegungen - neu gewesen wäre. Bei der Beurteilung, ob der Klägerin Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO vorzuwerfen ist, hat das Berufungsgericht zu hohe Anforderungen an die Informations- und Substantiierungspflicht der Partei im Arzthaftungsprozeß gestellt.
Das Berufungsgericht hat das von ihm als neu angesehene Vorbringen nicht zugelassen, weil die Klägerin nicht dargetan habe, daß sie den neuen Vortrag ohne Nachlässigkeit nicht bereits im ersten Rechtszug hätte in den Rechtsstreit einführen können. Das rügt die Revision mit Erfolg. Die in der Revisionsinstanz zulässige Prüfung, ob § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO richtig angewendet worden ist (vgl. Meyer-Seitz in Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 531 Rdn. 26; MünchKomm/ZPO/Aktualisierungsband-Rimmelspacher, § 531 Rdn. 35 und § 530 Rdn. 34; Musielak/Ball, aaO, § 531 Rdn. 22 ff.; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 531 Rdn. 37), führt zu dem Ergebnis, daß die unterlassene Geltendmachung im ersten Rechtszug nicht auf einer Nachlässigkeit der Klägerin beruhte. Jede Partei ist zwar grundsätzlich gehalten, schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist. Sorgfaltsmaßstab ist dabei die einfache Fahrlässigkeit (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2003, 139, 140 und OLGR Saarbrücken, 2003, 249, 250; KG, MDR 2003, 471, 472; MünchKomm/ZPO/Aktualisierungsband-Rimmelspacher, § 531 Rdn. 28; Musielak/Ball, aaO, § 531 Rdn. 19; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1904; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428; BT-Drs. 14/4722 S. 101 f.). Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze überspannt das Berufungsgericht indes die Anforderungen an die Informations- und Substantiierungspflicht einer klagenden Partei im Arzthaftungsprozeß. Der oben dargelegte Grundsatz, daß in einem Arzthaftungsprozeß an die Substantiierungspflicht des Klägers nur maßvolle Anforderungen gestellt werden dürfen, gilt nämlich auch für Einwendungen gegen ein gerichtliches Gutachten. Die Partei ist nicht verpflichtet, bereits in erster Instanz ihre Einwendun-
gen gegen das Gerichtsgutachten auf die Beifügung eines Privatgutachtens oder auf sachverständigen Rat zu stützen oder - wie das Berufungsgericht meint - selbst oder durch Dritte in medizinischen Bibliotheken Recherchen anzustellen , um Einwendungen gegen ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu formulieren. Sie ist durchaus berechtigt, ihre Einwendungen zunächst ohne solche Hilfe vorzubringen (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1981 - VI ZR 220/79 - VersR 1981, 752 und vom 10. November 1981 - VI ZR 92/80 - VersR 1982, 168; BGH, Urteil vom 19. Februar 2003 - IV ZR 321/02 - VersR 2004, 83, 84). Das Gesetz zur Reform der Zivilprozeßordnung hat an diesen Grundsätzen nichts geändert, weil der dafür maßgebende Gesichtspunkt, die Waffengleichheit zwischen Arzt und Patienten zu gewährleisten, weiter gilt. Die Klägerin hat in erster Instanz das gerichtliche Gutachten nicht hingenommen , sondern mit substantiierten Ausführungen in Frage gestellt. Bei dieser Sachlage kann es nicht als Nachlässigkeit angesehen werden, wenn sie in zweiter Instanz ihren Angriff konkretisiert hat, nachdem ihr zweitinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter durch eigene medizinische Recherchen zusätzliche Informationen über die Behandlung eines Trümmerbruchs erlangte. Daß sich die Klägerin bereits erstinstanzlich durch zwei Fachärzte hat beraten lassen und hierbei möglicherweise nicht vollständig informiert wurde, geht nicht zu ihren Lasten. Der Patient und sein Prozeßbevollmächtigter sind nämlich nicht verpflichtet , sich zur ordnungsgemäßen Prozeßführung medizinisches Fachwissen anzueignen. Im konkreten Fall hätte überdies auch für das erstinstanzliche Gericht Veranlassung bestanden, den Sachverständigen nach einer Behandlungsalternative zu befragen, nachdem dieser ausgeführt hatte, nach Angaben in der Fachliteratur komme es erfahrungsgemäß bei dem angewandten Spickdrahtosteosyntheseverfahren bei einem Bruch wie dem vorliegenden in etwa 20 % der Fälle zu einem Korrekturverlust. Unter diesen Umständen war mit dem
Sachverständigen zu erörtern, wie die Praxis dieses beträchtliche Risiko zu vermeiden oder zu verringern suchte.
c) Bei der mithin gebotenen Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin zur Behandlungsalternative mußten sich für das Berufungsgericht konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben, die eine erneute Tatsachenfeststellung geboten. Hier hat die Klägerin nämlich nach den von ihrem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten durchgeführten Recherchen in der Berufungsbegründung ausführlich und substantiiert vorgetragen und durch Nachweise aus der medizinischen Fachliteratur belegt, daß ihrer Ansicht nach eine vorzugswürdige Behandlungsmethode hätte angewendet werden müssen.

III.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich die Berücksichtigung des übergangenen Vortrags zum Bestehen einer Behandlungsalternative auf
die Beurteilung des Rechtsstreits ausgewirkt hätte. Deshalb war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur Nachholung der gebotenen Feststellungen zurückzuverweisen.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
6
a) Die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin, die nach der Operation vom 4. Februar 2010 vorgenommenen Wunddebridemente seien nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, ein Debridement der tiefen Wundhöhle sei nicht erfolgt, unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen hat. Es hat der Klägerin rechtsfehlerhaft Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO vorgeworfen. Soweit es annimmt, die Klägerin habe den nun gebrachten Vortrag über eine mögliche Entstehungsursache der bei ihr eingetretenen tiefen Infektion bei sorgfältiger, auf umfassende Sachverhaltsaufklärung ausgerichteter Prozessführung schon im ersten Rechtszug erheben können, hat es die Anforderungen an die die Anforderungen an die Darlegungslast des Patienten im Arzthaftungsprozess überspannt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dürfen an die Informations- und Substantiierungspflichten der Partei im Arzthaftungsprozess nur maßvolle Anforderungen gestellt werden. Vom Patienten kann regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden. Der Patient und sein Prozessbevollmächtigter sind insbesondere nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2006 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 252; vom 24. Februar 2015 - VI ZR 106/13, VersR 2015, 712 Rn. 19; Beschluss vom 15. Juli 2014 - VI ZR 176/13, Rn. 5). Nach diesen Grundsätzen ist der Patient nicht verpflichtet , mögliche Entstehungsursachen einer Infektion zu ermitteln und vorzutragen. Bei dieser Sachlage kann es nicht als Nachlässigkeit angesehen werden, dass die Klägerin in zweiter Instanz ihren Angriff konkretisiert hat, nachdem ihr zweitinstanzlicher Prozessbevollmächtigter durch eigene medizinische Recherchen zusätzliche Informationen über mögliche Infektionsursachen erlangt hat.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hierfür eine Frist setzen. Es kann auch die Duldung der Maßnahme nach Satz 1 aufgeben, sofern nicht eine Wohnung betroffen ist.

(2) Dritte sind zur Vorlegung oder Duldung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Die Vorschriften, die eine auf Antrag angeordnete Einnahme des Augenscheins oder Begutachtung durch Sachverständige zum Gegenstand haben, sind entsprechend anzuwenden.

18
(1) Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderli- che tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 210 Rn. 18; vom 10. Februar 2013 - VI ZR 343/13, NJW-RR 2015, 1279 Rn. 11; vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, VersR 2016, 666 Rn. 47 f. - jameda.de II; jeweils mwN). Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. So hat beispielsweise der Frachtführer darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret angewendet hat, sowie Angaben zu den näheren Umständen der Schadensentstehung zu machen. Er muss insbesondere mitteilen, welche Kenntnisse er über den konkreten Schadensverlauf hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte (BGH, Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 87/11, NJW 2012, 3774 Rn. 17).
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3. Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken. Es wird dabei zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Maßnahmen trifft, die sie ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die vom Sachverständigen als Voraussetzung für ein behandlungsfehlerfreies Vorgehen aufgeführten Hygienebestimmungen eingehalten wurden (vgl. auch OLG München, Urteil vom 6. Juni 2013 - 1 U 319/13, GesR 2013, 618 Rn. 37; Stöhr, GesR 2015, 257, 261; Schultze-Zeu/Riehn, VersR 2012, 1208, 1212). Zwar muss grundsätzlich der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung , wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und ihr eine nähere Substantiierung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt oder unschwer in Erfahrung bringen kann und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 210 Rn. 18; vom 10. Februar 2013 - VI ZR 343/13, NJW-RR 2015, 1279 Rn. 11; vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, VersR 2016, 666 Rn. 47 f. - jameda.de II; vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14, juris Rn. 18; BGH, Urteil vom 3. Mai 2016 - II ZR 311/14, WM 2016, 1231 Rn. 19). So verhält es sich hier. Der Kläger hatte konkrete Anhaltspunkte für einen Hygienevorstoß vorgetragen. Er hatte insbesondere darauf hingewiesen, dass er als frisch operierter Patient neben einen Patienten gelegt worden war, der unter einer offenen , mit einem Keim infizierten Wunde im Kniebereich litt und sein "offenes Knie" allen Anwesenden zeigte. Dieser Vortrag genügt, um eine erweiterte Darlegungslast der Beklagten auszulösen. Denn an die Substantiierungspflichten der Parteien im Arzthaftungsprozess sind nur maßvolle und verständige Anforderungen zu stellen. Vom Patienten kann regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden. Er ist insbesondere nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen. Vielmehr darf er sich auf Vortrag beschränken, der die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes aufgrund der Folgen für den Patienten gestattet (vgl. Senatsurteile vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 252; vom 24. Februar 2015 - VI ZR 106/13, VersR 2015, 712 Rn. 19). Zu der Frage, ob die Beklagte den vom Sachverständigen genannten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert-Koch-Institutes nachgekommen ist, konnte und musste der Kläger nicht näher vortragen. Er stand insoweit außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs. Welche Maßnahmen die Beklagte getroffen hat, um eine sachgerechte Organisation und Koordinierung der Behandlungsabläufe und die Einhaltung der Hygienebestimmungen sicherzustellen (interne Qualitätssicherungsmaßnahmen , Hygieneplan, Arbeitsanweisungen), entzieht sich seiner Kenntnis (vgl. Stöhr, GesR 2015, 257, 261; Schultze-Zeu/Riehn, VersR 2012, 1208, 1212). Galke von Pentz Offenloch Müller Klein

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

18
(1) Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderli- che tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 210 Rn. 18; vom 10. Februar 2013 - VI ZR 343/13, NJW-RR 2015, 1279 Rn. 11; vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, VersR 2016, 666 Rn. 47 f. - jameda.de II; jeweils mwN). Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. So hat beispielsweise der Frachtführer darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret angewendet hat, sowie Angaben zu den näheren Umständen der Schadensentstehung zu machen. Er muss insbesondere mitteilen, welche Kenntnisse er über den konkreten Schadensverlauf hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte (BGH, Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 87/11, NJW 2012, 3774 Rn. 17).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 179/04 Verkündet am:
14. Juni 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Zur Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises für eine HIV-Infektion durch die Verabreichung
von Blutprodukten (im Anschluß an BGHZ 114, 284).

b) Zur Dokumentationspflicht und zur sekundären Darlegungslast des Verwenders
von Blutprodukten hinsichtlich der Chargennummer des verabreichten Produkts.

c) Ist eine Aufklärung über die Gefahr einer HIV-Infektion bei Verabreichung von Blutprodukten
nicht möglich, ist der Patient jedenfalls nachträglich über diese Gefahr
aufzuklären und ihm zu einem HIV-Test zu raten (nachträgliche Sicherungsaufklärung
).

d) Auch ein im Behandlungszeitpunkt noch nicht bekannter Ehepartner des Patienten
ist in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung über
die Gefahr einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion einbezogen.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04 - OLG Koblenz
LG Trier
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juni 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Juni 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Der Streithelfer trägt seine Kosten selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 127.823 € (250.000 DM) nebst Zinsen und die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle Schäden wegen einer bei ihr festgestellten HIV-Infektion. Der Beklagte ist seit 1. Februar 1986 Träger des Krankenhauses W., das zuvor vom Streithelfer des Beklagten getragen worden war.
Die Klägerin ist seit 1988 mit M., einem ehemaligen Patienten des Beklagten , bekannt und seit dem 11. August 1994 mit ihm verheiratet. Dieser erhielt nach einem Motorradunfall am 29. Juni 1985 im Krankenhaus W. Frischblut von drei Spendern sowie mehrere aus Blutspenden hergestellte Produkte (Erythrozyten-Konzentrat, GFP, PPSB und Biseko). Er wurde nach seiner zunächst bis 24. Dezember 1985 dauernden stationären Behandlung noch bis 9. Oktober 1987 mehrfach stationär im Krankenhaus W. behandelt. Im Dezember 1997 wurden in einer Blutprobe von M. HIV-Antikörper festgestellt. Im Januar 1998 stellte sich heraus, daß auch die Klägerin HIVinfiziert ist. Sie erhält seit 1998 aus der Stiftung "Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen" eine Rente von 766,94 € (1.500 DM) monatlich. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben der Beklagte und sein Streithelfer die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht bejaht einen Kausalzusammenhang zwischen der HIV-Infektion der Klägerin und der Behandlung ihres Ehemanns mit Blutprodukten im Jahre 1985. Es bestehe ein von dem Beklagten nicht entkräfteter
Beweis des ersten Anscheins dafür, daß der Ehemann der Klägerin damals mit HIV infiziert worden sei und den Virus auf die Klägerin übertragen habe. Die Eheleute hätten weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehört noch seien sie durch die Art ihrer Lebensführung einer (gesteigerten) Infektionsgefahr ausgesetzt gewesen. Die Lebenserfahrung spreche dafür, daß die verabreichten Blutprodukte als Infektionsquelle anzusehen seien. Außerdem sei davon auszugehen, daß zumindest das verabreichte Blutprodukt PPSB der B. AG HIV-kontaminiert gewesen sei. Da der Beklagte die Chargennummern des verwendeten Produktes im Rechtsstreit nicht angegeben habe, könne die Klägerin keine näheren Einzelheiten dazu vortragen, ob das PPSB auch aus Blut HIVinfizierter Spender gewonnen worden sei und ob weitere transfusionsassoziierte HIV-Infektionen Dritter bekannt geworden seien. Zu ihren Gunsten sei daher von einer Kontaminierung des Produkts auszugehen. Die Ärzte hätten die ihnen auch gegenüber der Klägeri n obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt, weil sie trotz der vielen 1985 verabreichten Blutprodukte bei keinem der zahlreichen späteren Krankenhausaufenthalte ihren Ehemann auf die Möglichkeit einer HIV-Infektion hingewiesen und einen HIVTest angeraten hätten. Das Risiko einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion sei Mitte 1985 hinreichend bekannt gewesen. Diese Hinweispflicht habe ihnen auch im Interesse der Klägerin oblegen, denn die behandelnden Ärzte hätten damit rechnen müssen, daß ihr Ehemann sich nach seiner Genesung eine Partnerin suchen und heiraten werde. Der Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses sei unerheblich, da der Beklagte als neuer Träger bei Übernahme des Krankenhauses alle Verbindlichkeiten aus dem Betrieb übernommen habe.

II.

Die Revision des Beklagten und seines Streithelfers hat keinen Erfolg. 1. Ohne Rechtsfehler und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht die Infizierung der Klägerin mit dem HIV-Virus als tatbestandliche Gesundheitsverletzung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB angesehen. Darunter fällt jedes Hervorrufen eines von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden Zustandes; unerheblich ist, ob Schmerzzustände auftreten , ob eine tiefgreifende Veränderung der Befindlichkeit eingetreten ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 289 sowie BGHSt 36, 1, 6 f. und 36, 262, 265 - zu HIV; BGHZ 8, 243, 246 und BGH, Urteil vom 14. Dezember 1953 - III ZR 183/52 - VersR 1954, 116, 117, insoweit nicht in BGHZ 11, 227 - zu Lues) oder ob es zum Ausbruch der Immunschwächekrankheit AIDS gekommen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 289; BGHSt 36, 1, 6). 2. Die Klägerin ist durch ihren Ehemann infiziert worden, der seinerseits im Krankenhaus des Beklagten durch die Gabe von Blutprodukten infiziert worden war.
a) Das Berufungsgericht hat - von der Revision nicht angegriffen - aufgrund Anscheinsbeweises festgestellt, daß der Ehemann den HIV-Virus an die Klägerin übertragen hat.
b) Der Ehemann der Klägerin ist im Krankenhaus des Beklagten infiziert worden. Das Berufungsgericht hat auch dies - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nach dem Beweis des ersten Anscheins ohne Rechtsfehler festgestellt. Die Einwendungen der Revision hiergegen haben keinen Erfolg.
aa) Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist. Ein solcher typischer Geschehensablauf kann anzunehmen sein, wenn die Kontaminierung eines verwendeten Blutprodukts feststeht und keine weiteren Ursachen außerhalb des Verantwortungsbereichs der Behandlungsseite für die der Kontaminierung entsprechende Erkrankung ersichtlich sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 114, 290; vom 29. Juni 1982 - VI ZR 206/80 - VersR 1982, 972). Bei einer HIV-Infektion nach Bluttransfusion setzt das voraus , daß der Patient weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehört noch durch die Art seiner Lebensführung einer gesteigerten Infektionsgefahr ausgesetzt ist, aber HIV-kontaminiertes Blut oder kontaminierte Blutprodukte erhalten hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 290; OLG Düsseldorf, NJW 1995, 3060; VersR 1996, 377, 378; VersR 1996, 1240; VersR 1998, 103; OLG Hamm, VersR 1995, 709; NJW-RR 1997, 217, 218; OLG Karlsruhe, OLGR 2002, 170; s.a. im Zusammenhang mit einer Hepatitis-Infektion OLG Brandenburg, NJW 2000, 1500; OLG Celle, NJW-RR 1997, 1456; LG Nürnberg-Fürth, VersR 1998, 461 mit Anm. Bender; MüKo-BGB/Wagner, 4. Aufl., § 823 Rn. 731; Hecker/ Weimann, VersR 1997, 532, 534; a.A. OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 167, 168). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht für den Ehemann der Klägerin bejaht. (1) Die erste Voraussetzung für die Anwendung des Anscheinsbeweises, daß der Patient weder zu den HIV-gefährdeten Risikogruppen gehörte noch durch die Art seiner Lebensführung einer gesteigerten Infektionsgefahr ausgesetzt war, hat das Berufungsgericht für den Ehemann der Klägerin festgestellt. Die Revision beanstandet das nicht. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
(2) Das Berufungsgericht hat auch eine Kontaminierung des verabreichten PPSB festgestellt. Das begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken. (a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Ärzte des Krankenhauses W. lediglich eine trockenhitzeinaktivierte, nicht pasteurisierte und damit potentiell infektiöse PPSB-Charge verwendet, die HIV-kontaminiert gewesen war. Die entsprechende Behauptung der Klägerin hat das Oberlandesgericht mangels substantiierten Bestreitens des Beklagten als unstreitig angesehen. Das ist nach Lage des Falles unter den gegebenen Umständen aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte vorgetragen, die ihrem Ehemann verabreichte Charge PPSB sei HIV-kontaminiert gewesen. Das hatte der Beklagte nicht "substantiiert" und damit nicht ausreichend bestritten. Nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO hat eine Partei, soll ihr Vortrag beachtlich sein, auf Behauptungen des Prozeßgegners substantiiert, d.h. mit näheren Angaben zu erwidern. Eine solche Pflicht besteht zwar nicht schlechthin. Sie ist aber nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast dann zu bejahen, wenn der Beklagte - wie hier - alle wesentlichen Tatsachen kennt oder kennen muß und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteile BGHZ 100, 190, 196; vom 12. Juli 1983 - VI ZR 280/81 - VersR 1983, 1035, 1037 und vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97 - VersR 1999, 774, 775). Nach diesen Grundsätzen hätte der Beklagte zumindest die Nummer der verabreichten Charge näher darlegen müssen, damit die Klägerin Indizien vortragen konnte, aus denen sich eine Kontamination dieser dem Ehemann der Klägerin verabreichten Charge PPSB ergeben hätte. Der Beklagte hat hierzu jedoch nichts im einzelnen dargelegt und insbesondere auch nicht vorgetragen, daß und weshalb ihm die Angabe der Chargennummer, welche Klarheit über
die Frage des Herstellungsdatums und damit die Art der Virusinaktivierung gebracht hätte, unzumutbar oder unmöglich gewesen wäre. Angesichts der Patientenunterlagen und der nach dem Vortrag des Beklagten bestehenden Möglichkeit , aus den Apothekerunterlagen die Chargennummern der verabreichten anderen Blutprodukte vorzutragen, genügte es nicht, wenn der Beklagte sich darauf beschränkte, bei einer Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren für Daten sei es nicht verwunderlich, daß der Fall heute nicht mehr komplett nachvollzogen werden könne. Vielmehr hätte er vortragen müssen, aus welchen Gründen ihm die vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene Darlegung nicht möglich sei. Die Klägerin konnte die von ihr benötigten Informationen zu den Chargen nicht auf anderem Wege - insbesondere nicht aus den Patientenunterlagen ihres Ehemannes, die diese Angaben nicht enthalten - ermitteln und hatte daher ausreichend vorgetragen. (b) Die Einwendungen der Revision hiergegen greifen nicht durch. Zwar weist sie zu Recht darauf hin, daß Voraussetzung der "sekundären Darlegungslast" des Beklagten die Zumutbarkeit näherer Angaben ist. Auch mögen nähere Angaben zur HIV-Infektion der Charge dem Beklagten nicht ohne weiteres möglich gewesen sein, weil dieser das Blutprodukt nicht selbst hergestellt hat und deshalb auch nicht gehalten war, dessen Herstellung zu überwachen. Das Berufungsgericht hat jedoch im Rahmen der sekundären Darlegungslast des Beklagten lediglich die Angabe der Chargennummern, nicht nähere Angaben zu den Spendern verlangt. Die Chargennummern waren dokumentationspflichtig. Das ergibt schon ein Rückschluß aus der ausdrücklich als deklaratorisch bezeichneten Äußerung des Vorstandes der Bundesärztekammer vom 15. Oktober 1993, nach der die Pflicht des Arztes zur ordnungsgemäßen Dokumentation (vgl. Rat-
zel/Lippert, Kommentar zur Musterberufsordnung der deutschen Ärzte (MBO), 3. Aufl., § 10 Rn. 4) auch die Dokumentation der Chargennummern von Blutzubereitungen umfasse, weil dies Voraussetzung sei, Blutzubereitungen zum Empfänger später sicher zurückverfolgen zu können (AIDS-Forschung [AIFO] 1994, 39, 41). Anhaltspunkte dafür, daß eine solche Dokumentationspflicht 1985 noch nicht bestanden hätte, sind nicht ersichtlich und von der Revision auch nicht dargelegt. Die Revision meint, Rückfragen bei der B. AG und Vortrag hinsichtlich der HIV-Kontaminierung von PPSB-Produkten seien der Klägerin auch ohne die Chargennummern möglich gewesen. Deswegen müsse der Grundsatz gelten , daß keine Partei gehalten sei, dem Gegner für seinen Prozeßsieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfüge (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1958 - II ZR 66/57 - WM 1958, 961, 962; Urteil vom 11. Juni 1990 - II ZR 159/89 - VersR 1990, 1254, 1255). Das geht fehl. Ungeachtet der Frage, ob es der Klägerin zumutbar und möglich gewesen wäre, ohne Eingrenzung auf eine bestimmte Charge von der B. AG Informationen über Fälle von HIV-Infizierung in allen Chargen von 1984 zu erlangen, hätte sie ihren Vortrag durch Anfrage ohne die Chargennummer nicht ausreichend substantiieren können. Ohne Zuordnung zu einer bestimmten Charge ist nämlich der Vortrag, daß 1984 bei B. AG infizierte PPSB-Produkte im Umlauf waren, nicht geeignet, die primär der Klägerin obliegende Darlegungslast zur Kontaminierung des bei ihrem Ehemann verwendeten Blutproduktes zu erfüllen. Für einen substantiierten Vortrag auch hinsichtlich der HIV-Kontaminierung benötigte die Klägerin die Chargennummer, zu deren Offenbarung der Beklagte - wie ausgeführt - prozeßrechtlich verpflichtet war.
Der Meinung der Revision, auch die Angabe der Chargennummer hätte der Klägerin keine näheren Angaben über die Spender ermöglicht, da wegen der Poolung der Humanplasmen bei der Herstellung des PPSB die Spenderdaten bereits nicht ermittelbar gewesen seien und zumindest wegen der abgelaufenen Zeit für die Aufbewahrung von Krankenunterlagen die Spenderdaten nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar ist es richtig, daß die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 2, 3 ZPO nicht dazu dient, der Klägerin über Beweisschwierigkeiten hinwegzuhelfen, die sie auch gehabt hätte, wäre der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Der Beklagte hat jedoch die Chargennummer nicht vorgetragen, die für eine Darlegung der Kontaminierung seitens der Klägerin erforderlich gewesen wäre. Die Angabe von Spenderdaten war dagegen nicht zwingend erforderlich, um den Nachweis der Kontaminierung einer Charge zu ermöglichen. bb) Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - festgestellt , daß aufgrund des bei der Erstvorstellung des Ehemanns der Klägerin in der Universitätsklinik F. im Jahre 1998 nachgewiesenen deutlichen Immundefekts und des mäßiggradig erhöhten Virussloads ein länger zurückliegender Infektionszeitpunkt von etwa zehn Jahren sehr wahrscheinlich ist und deshalb für M. andere Infektionsquellen als die 1985 verabreichten Blutprodukte ausscheiden. Der hiernach vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejahte Anscheinsbeweis wird durch die Ausführungen der Revision zu einem anderen möglichen Infektionsweg nicht erschüttert. Hierzu hätte es der konkreten Darlegung einer anderen Infektionsquelle, nicht nur einer theoretisch möglichen anderen Ursache bedurft (vgl. Senatsurteil vom 4. März 1997 - VI ZR 51/96 - VersR 1997, 835, 836; BGHZ 11, 227, 230 f.). Daß auch das verabreichte Biseko kontaminiert gewesen sein konnte, läßt die Haftung des Beklagten we-
gen der Verabreichung von kontaminiertem PPSB nicht entfallen. Soweit die Revision eine Infektionsmöglichkeit bei der Notarztbehandlung behauptet, fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, aufgrund welcher tatsächlichen Anhaltspunkte es hier zu einer HIV-Infektion gekommen sein könnte. 3. Ohne Fehler hat das Berufungsgericht auch eine Pflicht der Ärzte des Beklagten bejaht, den Ehemann der Klägerin angesichts der zahlreichen Bluttransfusionen auf die Möglichkeit einer HIV-Infektion hinzuweisen und zu einem HIV-Test zu raten (nachträgliche Sicherungsaufklärung), was ihnen anläßlich seiner weiteren Krankenhausaufenthalte unschwer möglich gewesen wäre.
a) Eine Aufklärungspflicht über die Gefahren der Verabreichung von Blutprodukten entspricht den vom erkennenden Senat bereits früher aufgestellten Anforderungen an die Risikoaufklärung bei Bluttransfusionen (vgl. BGHZ 116, 379, 382 ff.). Die Aufklärungspflicht setzte keine sichere Kenntnis in Fachkreisen davon voraus, daß HIV-Infektionen transfusionsassoziiert auftraten; angesichts der erheblichen Beeinträchtigungen, die mit einer HIV-Infektion/AIDSErkrankung einhergehen, genügte für das Entstehen einer Aufklärungspflicht schon die ernsthafte Möglichkeit der Gefahr (vgl. Senatsurteil vom 21. November 1995 - VI ZR 329/94 - VersR 1996, 233). Daß 1985 die Möglichkeit transfusionsassoziierter HIV-Infektionen in Fachkreisen ernsthaft (wenn auch "zurückhaltend") diskutiert wurde, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Ist eine präoperative Aufklärung wegen der Notfallbehandlung oder Unansprechbarkeit des schwer verunfallten Patienten - wie hier - nicht möglich, wandelt sich die Aufklärungsverpflichtung des Arztes gegenüber dem Patienten jedenfalls bei für den Patienten und dessen Kontaktpersonen lebensgefährli-
chen Risiken zu einer Pflicht zur alsbaldigen nachträglichen Selbstbestimmungs - und Sicherungsaufklärung. Dies liegt in der in ständiger Rechtsprechung angenommenen Pflicht von Ärzten und Krankenhausträg ern begründet, die höchstmögliche Sorgfalt anzuwenden, damit der Patient durch eine Behandlung nicht geschädigt wird. Im hier zu entscheidenden Fall kam die Pflicht hinzu dafür Sorge zu tragen, daß sich eine gefährliche Infektion nicht verbreitet (vgl. jetzt §§ 6, 7 Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen - Infektionsschutzgesetz - vom 20. Juli 2000 - BGBl. I S. 1045 ff.; Senatsurteil vom 10. November 1970 - VI ZR 83/69 - VersR 1971, 227, 229; BGHZ 126, 386, 388 ff.; schon RG HRR 1932 Nr. 1828; Deutsch, Rechtsprobleme von AIDS, 1988, 15).
b) Entgegen der Ansicht der Revision ist im vorliegenden Fall auch nicht entscheidend, ob es eine standesrechtliche Verpflichtung für Ärzte gab, die Empfänger von Blutprodukten nachträglich zu ermitteln und sie zu einem Test zu bewegen. Der Ehemann der Klägerin war fortlaufend in Behandlung der Ärzte des Beklagten, die bei den Folgebehandlungen im Besitz der vollständigen Krankenunterlagen waren und wußten, daß ihm im Krankenhaus des Beklagten zahlreiche Blutprodukte verabreicht worden waren. Die Frage der Nachermittlung ehemaliger Empfänger stellte sich hier deshalb nicht.
c) Das Berufungsgericht hat entgegen der Rüge der Revision das Fehlen ärztlicher Richtlinien zur Frage der Sicherungsaufklärung gesehen und als nicht erheblich bewertet. Es ist unter Auswertung der Ausführungen des Sachverständigen und der von diesem ausgewerteten Literatur zu der Überzeugung gelangt, daß bereits im Jahre 1985 das Risiko einer transfusionsassoziierten HIV-Übertragung bekannt war, und hat daraus den Schluß gezogen, unabhängig von der Existenz standesrechtlicher Richtlinien sei der Patient über dieses
Risiko zumindest nachträglich zu informieren gewesen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision unter Hinweis auf fehlende Richtlinien zur Aufklärung und die vom Streithelfer eingereichte Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes vom 6. Juni 1988 über die in Fachkreisen noch 1988 bestehende Unklarheit über die Sicherheit hinsichtlich des Risikos einer HIVInfektion bei der Anwendung von Blut oder Blutkonserven das Ergebnis des Berufungsgerichtes angreift, setzt sie ihre Beweiswürdigung an die Stelle der des Berufungsgerichtes. Das ist ihr verwehrt (§ 559 Abs. 2 ZPO). Im übrigen hat der Sachverständige hierzu ausgeführt, daß die von der Revision erwähnte Unklarheit nicht den Übertragungsweg des HIV-Erregers über die Transfusion, sondern die Virus-Sicherheit der Blutprodukte trotz entsprechender Testung betraf. Gegen die Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung spricht auch nicht das Fehlen von Richtlinien, da die Formulierung von Richtlinien notwendigerweise dem tatsächlichen Erkenntnisstand hinterherhinken muß (vgl. LG Hannover, NJW 1997, 2455, 2456). Fehler des Berufungsgerichts in der umfassenden und widerspruchsfreien Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Verhandlungen und den Beweisergebnissen oder Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind nicht erkennbar.
d) Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen § 412 Abs. 1 ZPO verstoßen. Entgegen der Auffassung der Revision durfte es die Ausführungen des Sachverständigen Br. seiner Überzeugungsbildung zugrundelegen und war nicht gehalten, ein weiteres Gutachten eines Unfallchirurgen oder Transfusionsmediziners einzuholen. Ermessensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor.
Die Einwendungen der Revision gegen die Sachkunde des Sachverständigen haben keinen Erfolg. Zwar ist der Sachverständige selbst nicht Arzt, sondern Diplom-Biologe; er verfügte aber aus seiner Tätigkeit im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, das als Nachfolger des Bundesgesundheitsamts - der zentralen Anlaufstelle für das Problem der HIV-Infektionen in den achtziger Jahren - dessen Aktenbestand verwaltet (vgl. § 2 Abs. 3 Gesetz über die Nachfolgeeinrichtungen des Bundesgesundheitsamts vom 24. Juni 1994 - BGBl. I S. 1416), über die erforderliche Sachkunde hinsichtlich der 1985 aufgrund der Veröffentlichungen des Bundesgesundheitsamts zur Verfügung stehenden Informationen über transfusionsassoziierte HIV-Infektionen. Zu klären war der allgemein bzw. in der Fachpresse allen Ärzte n zugängliche Informationsstand über derartige Infektionswege. Maßgeblich war nicht die Sicht eines 1985 "in einem ländlichen Krankenhaus tätigen Unfallchirurgen", wie die Revision meint; entscheidend waren vielmehr die für Ärzte 1985 allgemein gegebenen Informationsmöglichkeiten, die der Sachverständige dargestellt hat. Daß den Ärzten des Beklagten diese Informationsmöglichkeit en nicht zur Verfügung gestanden oder daß sich aus deren Informationsmöglichkeiten andere Erkenntnisse ergeben hätten, ist nicht ersichtlich und wird von der Revision nicht vorgetragen. Ebensowenig hat die Revision Vortrag vor dem Tatrichter dazu aufgezeigt , daß ein Sachverständiger für Unfallchirurgie oder Transfusionsmedizin über überlegene Forschungsmittel oder neuere Erkenntnisse verfügt hätte, die das Berufungsgericht hätte in Anspruch nehmen müssen (vgl. Senatsurteile vom 4. März 1980 - VI ZR 6/79 - VersR 1980, 533 und vom 16. März 1999 - VI ZR 34/98 - VersR 1999, 716, 717 f.).
4. Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner nicht nur den behandelten Patienten, sondern auch dessen zum Behandlungszeitpunkt noch nicht bekannten Ehepartner in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung über die Gefahr einer transfusionsassoziierten HIV-Infektion einbezogen.
a) Die gegenteilige Auffassung - insbesondere der vom Streithelfer für den Beklagten geführten Revision - wird nicht von der an sich zutreffenden Erkenntnis getragen, daß es sich bei den Ersatzansprüchen Dritter im Rahmen der §§ 844, 845 BGB um Ausnahmevorschriften handelt, deren Anwendungsbereich regelmäßig nicht auszudehnen ist. Der erkennende Senat hat bereits ausgeführt, daß es für den Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB unerheblich ist, daß der unmittelbare Schaden des Dritten durch die Verletzung einer anderen Person vermittelt worden ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 56, 163, 169). Der Grundsatz , daß für mittelbare Schäden außerhalb der §§ 844, 845 BGB deliktisch nicht gehaftet wird, gilt nur für Vermögensschäden, die aus der Verletzung eines Rechtsguts des Primärgeschädigten bei Dritten hervorgehen. Er beansprucht dagegen keine Geltung, wenn der Geschädigte - wie hier - einen Schaden erleidet, der in der Verletzung eines eigenen Rechtsguts des § 823 Abs. 1 BGB besteht und für den der Schädiger im Rahmen des Zurechnungszusammenhanges zu haften hat (vgl. von Gerlach, Festschrift für Steffen, 1995, 147, 150).
b) Soweit die Auffassung vertreten wird, es bedürfe einer personalen Sonderbeziehung um eine uferlose Ausweitung des Kreises der Ersatzberechtigten zu verhindern (vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1994, 44), sind diese Erwägungen ersichtlich im Rahmen des Schockschadens, also eines psychisch vermittelten Schadens angestellt worden (vgl. RGRK/Steffen, BGB, 12. Aufl.,
§ 823 Rn. 11; Soergel/Zeuner, BGB, 12. Aufl., § 823 Rn. 27). Bei derartigen Schadensfällen dient die enge personale Verbundenheit dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als "normales" Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden. Dieser Gesichtspunkt hat keine Berechtigung in Fällen wie dem vorliegenden. Hier stehen im Vordergrund die besonderen Gefahren einer Infektion mit HIV nicht nur für den primär Infizierten, sondern - ähnlich wie bei einer Seuche wie Cholera - gerade auch für Dritte. Ebenso wie in BGHZ 114, 284 ff. nötigt die vorliegende Fallgestaltung nicht zur Entscheidung der Frage, ob jeder Dritte in den Schutzbereich der Pflicht zur nachträglichen Sicherungsaufklärung fällt (vgl. BGHZ 126, 386, 393; von Gerlach aaO 154; weitergehend Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearbeitung, § 823, Rn. B 24 f.). Jedenfalls der Ehepartner oder ein ständiger Lebensgefährte des Patienten muß in den Schutzbereich der Sicherungsaufklärung einbezogen sein (vgl. Senatsurteil BGHZ 114, 284, 290). Das ist vom haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang her geboten, zumal mit einer HIV-Infektion Lebensgefahr verbunden ist. Bei dieser Erkrankung trägt die Behandlungsseite in besonderem Maße Verantwortung dafür, eine Verbreitung der lebensgefährlichen Infektion möglichst zu verhindern. Hinzu kommt, daß die Ärzte des Beklagten während einer der zahlreichen stationären Nachbehandlungen mit einem einfachen Hinweis an den Ehemann der Klägerin diesen zu einem Test hätten veranlassen und so die Gefahr einer Verbreitung der Infektion unschwer hätten verringern können. 5. Das Berufungsgericht ist - von der Revision nicht beanstandet und ohne Rechtsfehler - davon ausgegangen, daß im hier zu entscheidenden Fall der Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses vom Streithelfer auf den Beklagten nicht entscheidungserheblich ist. Die Frage bedarf deshalb keiner
näheren Ausführungen, zumal der zweite Krankenhausaufenthalt des Ehemanns der Klägerin zwar noch unter der Trägerschaft des Streithelfers begann, aber erst unter der Trägerschaft des Beklagten endete. 6. Das Berufungsgericht hat schließlich eine Kürzung der Ansprüche der Klägerin nach den Grundsätzen der gestörten Gesamtschuld im Ergebnis zutreffend verneint. Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze vorliegend überhaupt eingreifen könnten, weil es - anders als in den bisher vom erkennenden Senat entschiedenen Fällen - nicht um ein sozialversicherungsrechtliches Haftungsprivileg geht (vgl. Senatsurteile BGHZ 61, 51, 55; vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/86 - NJW 1987, 2669, 2670; vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - VersR 2003, 1260, 1261 f.; vom 11. November 2003 - VI ZR 13/03 - VersR 2004, 202; vom 14. Juni 2005 - VI ZR 25/04 - z.V.b.; vgl. allerdings auch Senatsurteil vom 23. April 1985 - VI ZR 91/83 - VersR 1985, 763). Die Anwendung dieser Grundsätze würde jedenfalls voraussetzen, daß zwischen dem Beklagten und einem anderen Schädiger ein Gesamtschuldverhältnis im Sinne von §§ 421, 840 Abs. 1 BGB besteht. Hiervon kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts indes nicht ausgegangen werden. Zwar müßte entgegen seiner Auffassung eine Haftung der B. AG nicht an der Kausalität scheitern, von der das Berufungsgericht selbst ausgegangen ist. Indessen fehlt es nach seinen tatsächlichen Feststellungen an dem für die Annahme eines Gesamtschuldverhältnisses im Sinne des § 840 BGB erforderlichen Verschulden der B. AG bei der Herstellung des kontaminierten Blutprodukts. Erst die Erkennbarkeit eines Risikos kann Verpflichtungen des Herstellers im Sinne der Produktsicherung oder der Gefahrenabwehr auslösen. Eine nicht bekannte Entwicklungsgefahr geht im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB nicht zu Lasten des Herstellers, weil dieser nicht für unbekannte Entwicklungsfehler haftet (vgl. Kullmann/Pfister, Produzentenhaftung, Kza 1526, S. 28 zu FN 145; Kuchinke
in: Festschrift für Laufke, 1971, S. 126; vgl. LG Bonn, AIFO 1994, 419 ff. zur Produzentenhaftung bei Herstellung von PPSB). Bei dieser Sachlage kann eine Verschuldenshaftung für Virusinfektionen durch Blutprodukte erst einsetzen, wenn der Virus erkennbar war und Möglichkeiten zu seiner Abtötung gegeben waren (vgl. Deutsch, VersR 1997, 905, 908; Reinelt, VersR 1990, 565, 571). Das Berufungsgericht hat hierzu revisionsrechtlich bindend festgestellt, daß hinreichend sichere Testverfahren zur Feststellung des Virus erst im Herbst 1985 zur Verfügung standen. Daß die B. AG das 1985 bei der Herstellung von
PPSB verwandte Pasteurisierungsverfahren schon 1984 hätte anwenden müssen , kann hiernach nicht angenommen werden. Die Revision legt auch nicht dar, daß das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerhaft Vortrag des Beklagten oder des Streithelfers zum Verschulden der B. AG übergangen hätte.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
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3. Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken. Es wird dabei zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Maßnahmen trifft, die sie ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die vom Sachverständigen als Voraussetzung für ein behandlungsfehlerfreies Vorgehen aufgeführten Hygienebestimmungen eingehalten wurden (vgl. auch OLG München, Urteil vom 6. Juni 2013 - 1 U 319/13, GesR 2013, 618 Rn. 37; Stöhr, GesR 2015, 257, 261; Schultze-Zeu/Riehn, VersR 2012, 1208, 1212). Zwar muss grundsätzlich der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung , wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und ihr eine nähere Substantiierung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt oder unschwer in Erfahrung bringen kann und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 210 Rn. 18; vom 10. Februar 2013 - VI ZR 343/13, NJW-RR 2015, 1279 Rn. 11; vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, VersR 2016, 666 Rn. 47 f. - jameda.de II; vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14, juris Rn. 18; BGH, Urteil vom 3. Mai 2016 - II ZR 311/14, WM 2016, 1231 Rn. 19). So verhält es sich hier. Der Kläger hatte konkrete Anhaltspunkte für einen Hygienevorstoß vorgetragen. Er hatte insbesondere darauf hingewiesen, dass er als frisch operierter Patient neben einen Patienten gelegt worden war, der unter einer offenen , mit einem Keim infizierten Wunde im Kniebereich litt und sein "offenes Knie" allen Anwesenden zeigte. Dieser Vortrag genügt, um eine erweiterte Darlegungslast der Beklagten auszulösen. Denn an die Substantiierungspflichten der Parteien im Arzthaftungsprozess sind nur maßvolle und verständige Anforderungen zu stellen. Vom Patienten kann regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden. Er ist insbesondere nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen. Vielmehr darf er sich auf Vortrag beschränken, der die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes aufgrund der Folgen für den Patienten gestattet (vgl. Senatsurteile vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 252; vom 24. Februar 2015 - VI ZR 106/13, VersR 2015, 712 Rn. 19). Zu der Frage, ob die Beklagte den vom Sachverständigen genannten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert-Koch-Institutes nachgekommen ist, konnte und musste der Kläger nicht näher vortragen. Er stand insoweit außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs. Welche Maßnahmen die Beklagte getroffen hat, um eine sachgerechte Organisation und Koordinierung der Behandlungsabläufe und die Einhaltung der Hygienebestimmungen sicherzustellen (interne Qualitätssicherungsmaßnahmen , Hygieneplan, Arbeitsanweisungen), entzieht sich seiner Kenntnis (vgl. Stöhr, GesR 2015, 257, 261; Schultze-Zeu/Riehn, VersR 2012, 1208, 1212). Galke von Pentz Offenloch Müller Klein