Bundesgerichtshof Beschluss, 01. März 2005 - VI ZB 65/04
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat die auf Schadensersatz in Höhe von 2.454,01 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger zu Händen seiner damaligen Prozeßbevollmächtigten am 17. Juni 2004 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 12. Juli 2004 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 17. August 2004, beim Berufungsgericht eingegangen am 18. August 2004, begründet. Eine Telekopie der Berufungsbegründung ist am 17. August 2004 beim Amtsgericht eingegangen, das diese an das Berufungsgericht weitergeleitet hat, wo sie am 20. August 2004 einging. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat von der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung durch einen Anruf des Amtsgerichts am 18. August 2004 Kenntnis erlangt und mit Schriftsatz vom 19. August 2004 Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung beantragt. Er hat im wesentlichen vorgetragen, die Fachangestellte H. habe zwar die Frist eigenständig und korrekt eingetragen. Sie habe die Begründungsschrift nach Diktat gefertigt, aber nicht auf die Richtigkeit der Faxnummer geachtet und den Schriftsatz versehentlich an das Amtsgericht versandt. Nach einer allgemeinen Anweisung im Büro seines Prozeßbevollmächtigten habe sie jedoch bei fristwahrenden Schriftsätzen auf die richtige Empfängernummer sowie auf die Zahl der übermittelten Seiten zu achten, Übermittlungsstörungen zu überprüfen und zu beseitigen und den Sendebericht auszudrucken gehabt. Die Eintragungen auf dem Sendebericht wie Faxnummer, Anzahl der gesendeten Seiten und Sendeergebnis seien von ihr vor Löschung der Frist im Kalender auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen gewesen. Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers habe bei Unterzeichnung des Begründungsschriftsatzes auffallen können und müssen, daß der Schriftsatz unter der Anschrift des Landgerichts Darmstadt die Faxnummer des Amtsgerichts Groß-Gerau ausweise, zumal in der Akte bereits mehrere Schriftstücke mit der Faxnummer des Amtsgerichts enthalten gewesen seien und die Berufungsschrift im Adreßfeld die richtige Faxnummer des Landgerichts Darmstadt getragen habe.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO). Sie ist aber unzulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs istentgegen der Ansicht des Klägers nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und auch nicht zur Wahrung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) erforderlich. Der Zulassungsgrund des § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 ZPO ist nicht gegeben, wenn ausreichender Vortrag zur Ausgangskontrolle im Anwaltsbüro im konkreten Fall fehlt und das Berufungsgericht daher auf die eigene Tätigkeit des Anwalts abstellt, diese als fehlerhaft bewertet und den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückweist (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Mai 2004 - VI ZB 12/03 - FamRZ 2004, 1275). Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat seine Verpflichtung, für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen, durch die allgemeine Anweisung an seine zuständige Mitarbeiterin H., auf die richtige Empfängernummer zu achten und nach der Übermittlung eines Schriftsatzes auf der Grundlage des Sendeberichts die Vollständigkeit der Übermittlung zu überprüfen (vgl. Senatsbeschluß vom 22. Juni 2004 - VI ZB 14/04 - BGHReport 2004, 1582), nicht ausreichend erfüllt. Die Rechtsbeschwerde zeigt nämlich keinen Vortrag des Klägers vor dem Tatrichter dazu auf, welche Anweisungen zur Prüfung der in einem Schriftsatz angegebenen Empfängernummer bestanden oder daß nach allgemeiner Anweisung des Prozeßbevollmächtigten die Richtigkeit der Empfängernummer anhand eines Verzeichnisses abschließend und selbständig zu prüfen (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Januar 2000 - II ZB 14/99 - NJW 2000, 1043, 1044; BAGE 79, 379, 381 ff.) und sie nicht nur mit der in dem selbst gefertigten Schriftsatz angegebenen (hier: unrichtigen) Empfängernummer zu vergleichen war. Anders als in dem Beschluß des erkennenden Senats vom 22. Juni 2004 (aaO) bestand für eine solche abschließende Kontrolle im konkreten Fall Veranlassung , weil in der Akte des Prozeßbevollmächtigten die Begründungsschrift eine andere Empfängernummer als die Berufungsschrift auswies. In diesem
Punkt weicht der hier zu entscheidende Sachverhalt wesentlich von den Fällen ab, welche die Rechtsbeschwerde in Bezug nimmt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. März 1994 - XII ZB 134/93 - VersR 1994, 1448 ff. und vom 10. Juni 1998 - XII ZB 47/98 - VersR 1999, 643 f.). Ohne eine solche Anweisung zur abschließenden Kontrolle der Richtigkeit der Empfängernummer war die Kontrolle Sache des Prozeßbevollmächtigten , die er unschwer hätte vornehmen können. Darauf hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler hingewiesen. Soweit die Rechtsbeschwerde meint, der Prozeßbevollmächtigte des Klägers habe die einfache Aufgabe, die Empfängernummer in der Berufungsbegründung einzusetzen und diese Nummer dann in das Faxgerät einzugeben, einer zuverlässigen und sorgfältigen Fachangestellten übertragen dürfen, ohne die Ausführung des Auftrags überprüfen zu müssen, ist das im Ausgangspunkt richtig. Sie vermag jedoch nicht darzutun, daß der Kläger in dem Wiedereinsetzungsantrag oder den zur Glaubhaftmachung vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen vorgetragen hat, er habe eine ausreichende Anweisung erteilt, auf welche Weise die Empfängernummer auszuwählen, in den Schriftsatz mit der Berufungsbegründung einzufügen und ihre Richtigkeit zu überprüfen sei. Sie zeigt auch nicht auf, aus welchem Grund allein die Anweisung, "auf die richtige Empfängernummer zu achten" eine ausreichende Ausgangskontrolle gewährleisten würde.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Greiner Wellner Pauge
Stöhr Zoll
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Annotations
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)