Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2004 - VI ZB 30/04

bei uns veröffentlicht am05.10.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 30/04
vom
5. Oktober 2004
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Oktober 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 22. März 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 1.256,92 €

Gründe:

I.

Mit Urteil vom 6. August 2003, dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 11. August 2003, hat das Amtsgericht die auf Zahlung restlichen Schadensersatzes gerichtete Klage abgewiesen. Gegen das Urteil hat der Kläger am 4. September 2003 Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2003 erstmalig beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung bis einschließlich 13. November 2003 zu verlängern. Zur Begründung hat er ausgeführt , daß die Angelegenheit noch nicht abschließend besprochen werden
konnte. Der Schriftsatz weist den Eingangsstempel vom 14. Oktober 2003 auf. Nach einem richterlichen Hinweis auf den verspäteten Eingang des Fristverlängerungsantrags hat der Kläger fristgemäß mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2003, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Berufung begründet. Unter Vorlage der eidesstattlichen Versicherung der Kanzleiangestellten S. seines Prozeßbevollmächtigten hat er vorgetragen, daß der Antrag auf Fristverlängerung innerhalb laufender Frist bereits am Freitag, dem 10. Oktober 2003 von der Kanzleiangestellten persönlich in der Postannahmestelle des Gerichts abgegeben worden sei. Der Justizbeamte, der den Eingangsstempel auf den Verlängerungsantrag aufgebracht hat, kann sich nach der vom Landgericht eingeholten dienstlichen Stellungnahme an den Vorgang nicht erinnern. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers wurde vom Berichterstatter der Berufungskammer aufgefordert, die Aktenzeichen der gleichzeitig von der Kanzleiangestellten zu Gericht gebrachten Schriftstücke zu benennen und Fotokopien der einschlägigen Seiten seines Postausgangsbuches vorzulegen. Dem ist der Prozeßbevollmächtigte ohne weitere Angaben nicht nachgekommen. Mit Beschluß vom 22. März 2004 hat das Landgericht den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist und das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers zurückgewiesen und zugleich die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen den seinem Prozeßbevollmächtigten am 23. März 2004 zugestellten Beschluß wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.

1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß der Antrag auf Fristverlängerung nicht vor Ablauf der am Montag, dem 13. Oktober 2003, um 24.00 Uhr endenden Berufungsbegründungsfrist bei Gericht eingegangen ist.
Dafür erbringe der gerichtliche Eingangsstempel als öffentliche Urkunde vollen Beweis. Zwar könne dieser durch den Gegenbeweis entkräftet werden, doch sehe die Kammer keine Grundlage für eine Zeugenvernehmung der Kanzleiangestellten und des zuständigen Justizwachtmeisters, nachdem der Prozeßbevollmächtigte des Klägers den Aufforderungen zur Vorlage der der Sachverhaltsaufklärung dienenden Schriftstücke ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen sei. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung könne nicht stattgegeben werden. Der Prozeßbevollmächtigte habe nicht dargelegt, daß er darauf habe vertrauen dürfen , daß die Kanzleiangestellte S. die ihr übertragenen Aufgaben zuverlässig erledigen und ihm Auskunft darüber erteilen würde. Auch habe er sich vor Fristablauf und Eintragung des Erledigungsvermerks im Fristenkalender erkundigen müssen, ob die Verlängerung tatsächlich gewährt worden sei. Daß der von ihm genannte Grund einer noch nicht ausreichenden Besprechungsmöglichkeit als ausreichend für die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist angesehen werden würde, habe dem Prozeßbevollmächtigten in jedem Fall zweifelhaft erscheinen müssen. 2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft nach §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 ZPO. Sie ist fristgerecht eingelegt und auch im übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
a) Die Frage der Zulässigkeit der Berufung hat das Berufungsgericht von Amts wegen zu prüfen (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Hat es insoweit Zweifel, die sich auf andere Weise nicht beheben lassen, so muß es versuchen, diese Unklarheiten durch Erhebung geeigneter Beweise zu beseitigen. Dabei genügt die
einfache Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO), für die schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des behaupteten Geschehensablaufes ausreicht, nicht (vgl. BGHZ 93, 300, 306; BGH, Beschluß vom 17. Mai 1989 - IVa ZB 6/89 = BGHR ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1, Glaubhaftmachung 1). Vielmehr ist der volle Beweis notwendig. Für die Rechtzeitigkeit oder Verspätung eines fristgebundenen Schriftsatzes erbringt zwar der gerichtliche Eingangsstempel als öffentliche Urkunde den vollen Beweis (§ 418 Abs. 1 ZPO). Er kann allerdings durch den Gegenbeweis entkräftet werden (§ 418 Abs. 2 ZPO). Beweisbelastet ist insofern die Partei , die sich auf den rechtzeitigen Eingang eines Rechtsmittels oder sonstigen fristgebundenen Schriftstückes beruft (vgl. BGH, Beschluß vom 26. März 1981 - IVa ZB 4/81 - NJW 1981, 1789). Vom Beweisverfahren in der Sache selbst unterscheidet sich die Beweiserhebung über verfahrensrechtliche Umstände, insbesondere über die Zulässigkeit von Anträgen und Rechtsmitteln, nur dadurch , daß es sich hierbei um einen Freibeweis handelt, mithin das Gericht von einem Beweisantritt der Parteien unabhängig und auf die gesetzlichen Beweismittel nicht beschränkt ist (BGH, Beschluß vom 9. Juli 1987 - VII ZB 10/86 - NJW 1987, 2875 unter II. 1. b der Gründe, m.w.N.). Hängt die Zulässigkeit der Berufung nicht unmittelbar vom Eingang der Rechtsmittelbegründung ab, sondern - wie hier - vom Eingang des Antrages auf Verlängerung der Begründungsfrist , so gilt für die Prüfung der betreffenden Tatsachen nichts anderes.
b) Im vorliegenden Fall hätte das Berufungsgericht über die Umstände, die der Kläger in seinem Wiedereinsetzungsgesuch zur Wahrung der Berufungsbegründungsfrist vorgetragen hat, Beweis erheben müssen und erst dann über den Verlängerungsantrag sowie die Zulässigkeit der Berufung entscheiden dürfen. Zwar hat sich das Berufungsgericht in dem angefochtenen Beschluß mit dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers auseinandergesetzt, dabei hat es
aber lediglich die Frage der Glaubhaftmachung anhand der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung geprüft. Es ist nicht von vornherein auszuschließen, daß eine Beweisaufnahme, die sich nach Lage der Dinge vor allem auf die Vernehmung der Kanzleiangestellten S. sowie des Justizbeamten, der den Eingangsstempel aufgebracht hat, konzentrieren wird, trotz der gegenüber der Glaubhaftmachung strengeren Anforderungen zu einem anderen, für den Kläger günstigeren Ergebnis führen kann. Erst wenn das Berufungsgericht bei dieser erneuten Prüfung nicht die Überzeugung von der Rechtzeitigkeit des Fristverlängerungsantrages gewinnt, muß von einer Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ausgegangen werden. Schon deshalb ist der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zurückzuverweisen. 3. Im Hinblick auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, auf den es im Falle der Rechtzeitigkeit des Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist ankäme, weil zum Zeitpunkt der Berufungsbegründung die Frist mangels einer Verlängerung verstrichen wäre, weist der Senat auf folgendes hin: Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Rechtsanwalt in aller Regel erwarten, daß seinem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund im Sinne des § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO geltend gemacht wird (vgl. dazu insbesondere BGH, Beschluß vom 5. Juli 1989 - IVb ZB 53/89 - VersR 1989, 1064; vom 2. November 1989 - III ZB 49/89 = BGHR ZPO § 233, Fristverlängerung 3 und 4 und vom 28. November 2002 - III ZB 45/02 - BGHReport 2003, 459). Davon geht auch das Berufungsgericht aus. Doch begegnet die Auffassung rechtlichen Bedenken, daß der Rechtsanwalt unter den Umständen des vorliegenden Falles eine Erkundigungspflicht nach dem Erfolg seines Antrags
gehabt habe. Auch wenn die Begründung des Verlängerungsantrags nach der Auffassung des Berufungsgerichts zu pauschal und wenig aussagekräftig ist, durfte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers darauf vertrauen, daß die beantragte Fristverlängerung nicht ohne "Vorwarnung" abgelehnt wird, wenn der Antrag nach der Behauptung des Klägers zwei Tage vor Fristablauf bei Gericht eingereicht worden ist (vgl. BVerfG, NJW 1998, 3703; BGH, Beschluß vom 1. August 2001 - VIII ZB 24/01 - NJW 2001, 3552; vom 19. Januar 2000 - XII ZB 22/99 - NJW-RR 2000, 799 und vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - NJW 1999, 430; vgl. v. Pentz, NJW 2003, 858 ff., 863). Müller Wellner Diederichsen
Stöhr Zoll

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 294 Glaubhaftmachung


(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt


(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande

Zivilprozessordnung - ZPO | § 236 Wiedereinsetzungsantrag


(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 45/02
vom
28. November 2002
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. November 2002 durch
die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick, Dörr und Galke

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Juni 2002 aufgehoben.
Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 10. Dezember 2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt.
Die Sache wird zur Entscheidung über die Berufung und über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe


I.


Gegen das ihm am 21. Dezember 2001 zugestellte Urteil des Landgerichts hat der Kläger am 21. Januar 2002 Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2002, eingegangen am gleichen Tage, hat die Prozeßbevollmächtigte des Klägers beantragt, die Berufungsbegründungsfrist bis zum
21. März 2002 zu verlängern. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß noch einige Recherchen veranlaßt worden seien und die Informationen noch nicht vorlägen. Durch Verfügungen vom 22. Februar und 4. März 2002 gab der Vorsitzende des Senats des Oberlandesgerichts dem Kläger auf, bis zum 8. März 2002 mitzuteilen und glaubhaft zu machen, warum und mit welcher Frist seine Prozeßbevollmächtigte Informationen, Unterlagen, Belege usw. angefordert habe. Mit Verfügung vom 15. März 2002 hat der Vorsitzende die fristgemäß vorgebrachten Erläuterungen des Klägers für unzureichend erachtet und die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist abgelehnt.
Am 21. März 2002 hat der Kläger mit Schriftsatz vom gleichen Tage die Berufung begründet und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Durch den angefochtenen Beschluß vom 6. Juni 2002 sind der Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zurückgewiesen und seine Berufung als unzulässig verworfen worden. Dagegen richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F., § 26 Nr. 10 EGZPO statthaft, und zwar unbeschadet dessen, daß die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO nicht erreicht ist (BGH, Beschluß vom 4. September 2002 - VIII ZB 23/02 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Sie ist auch im übrigen zulässig, da die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.). Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den - hier noch anwendbaren (§ 26 Nr. 5 EGZPO) - bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Berufungsvorschriften kann ein Rechtsanwalt in aller Regel erwarten , daß seinem ersten Antrag auf Verlängerung der Begründungsbegründungsschrift entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund im Sinne des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F. geltend gemacht wird (vgl. nur BGH, Beschluß vom 24. Oktober 1996 - VII ZB 25/96 - NJW 1997, 400).
2. Bereits aufgrund der ursprünglichen - wenngleich pauschalen und wenig aussagekräftigen - Begründung durfte die Prozeßbevollmächtigte des Klägers, auch im Hinblick auf die telefonisch bei der Geschäftsstelle eingeholte Auskunft über die - großzügige - Fristverlängerungspraxis des zur Entscheidung berufenen Senats des Oberlandesgerichts, darauf vertrauen, daß die beantragte Fristverlängerung mit großer Wahrscheinlichkeit bewilligt wird. Es ist daher unerheblich, ob die auf Ersuchen des Vorsitzenden nachgeschobenen

Gründe


erkennen lassen, daß die nicht vollständige Beischaffung der zur Anfertigung der Berufungsbegründungsschrift benötigten Unterlagen auf eine Nachlässigkeit der Partei zurückzuführen war.
Wurm Streck Schlick Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 22/99
vom
19. Januar 2000
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Hahne, Sprick,
Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 7. Januar 1999 aufgehoben. Dem Kläger wird wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 24. September 1998 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt. Beschwerdewert: 30.723 DM.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat die auf Zahlung rückständiger Mietzinsen gerichtete Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte 26.237 DM nebst Zinsen zu zahlen. Gegen das dem Kläger am 30. September 1998 zugestellte Urteil hat dieser, vertreten durch seine frühere Prozeßbevollmächtigte, am 28. Oktober 1998 Berufung eingelegt. Am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist, am Montag, den 30. November 1998, ist
bei dem Oberlandesgericht per Telefax ein Antrag des Klägers, vertreten durch seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten, auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 14. Dezember 1998 eingegangen. Zur Begründung hat der neue Prozeßbevollmächtigte des Klägers ausgeführt, er sei erst an jenem Tag mit dessen Vertretung beauftragt worden, der bisherigen Prozeßbevollmächtigten des Klägers sei das Mandat entzogen worden; für die Einarbeitung in die Sache und die Anfertigung der Berufungsbegründungsschrift benötige er die beantragte Fristverlängerung. Mit Verfügung vom 1. Dezember 1998, dem Kläger zugestellt am 3. Dezember 1998, hat der Senatsvorsitzende den Antrag mit der Begründung abgelehnt, eine Fristverlängerung würde den Rechtsstreit verzögern, der Kläger habe keine hinreichenden Gründe für die beantragte Verlängerung dargelegt; es stehe einer Partei zwar frei, nach Einlegung der Berufung den Anwalt zu wechseln, sie müsse aber sicherstellen, daß der neue Prozeßbevollmächtigte die Berufungsbegründungsfrist einhalten könne. Mit am 11. Dezember 1998 eingegangem Schriftsatz hat der Kläger die Berufung begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. In dem Antrag auf Wiedereinsetzung hat er unter anderem vorgetragen, sein Anwalt habe bei dem erstmaligen Antrag auf Fristverlängerung darauf vertraut, dem Antrag werde stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung versagt und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.

II.

Die sofortige Beschwerde hat Erfolg. Dem Kläger ist auf seinen rechtzeitig gestellten Antrag (§ 234 ZPO) gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er war ohne eigenes oder ihm zurechenbares Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verhindert, die versäumte Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Er beanstandet mit Recht, daß seinem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht stattgegeben worden ist. 1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Grundsätzlich kann der Rechtsmittelführer im Wiedereinsetzungsverfahren nicht mit Erfolg geltend machen, er habe mit der Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch den Vorsitzenden rechnen dürfen. Er ist vielmehr mit dem Risiko belastet, daß der Vorsitzende in Ausübung seines ihm gemäß § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingeräumten Ermessens eine beantragte Verlängerung auch dann versagt, wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen vorliegen. Etwas anderes gilt indessen, wenn der Rechtsmittelführer mit großer Wahrscheinlichkeit die Bewilligung der Fristverlängerung erwarten konnte. Das ist regelmäßig bei einem ersten Verlängerungsantrag der Fall, wenn ein ihn rechtfertigender erheblicher Grund im Sinne des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO geltend gemacht wurde (BGH Beschlüsse vom 11. November 1998 - VIII ZB 24/98 - MDR 1999, 374; vom 24. Oktober 1996 - VII ZB 25/96 - NJW 1997, 400; vom 12. Juli 1995 - IV ZB 9/95 - BGHR ZPO § 233 Fristverlängerung 12; vom 7. Oktober 1992 - VIII ZB 28/92 - NJW 1993, 134, 135; vom 14. Februar 1991 - VII ZB 8/90 - NJW 1991, 1359).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durfte der Kläger auf die Bewilligung der Fristverlängerung vertrauen. Zu den Gründen, die in der Gerichtspraxis als erheblich im Sinne des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO angesehen werden, zählen unter anderem Vergleichsverhandlungen, Krankheit oder Urlaub des Prozeßbevollmächtigten oder der Partei, berufliche Überlastung des Anwalts sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Notwendigkeit einer (weiteren) Rücksprache mit der Partei (BGH, Beschluß vom 11. November 1998 aaO; Stein/Jonas/Grunsky ZPO 21. Aufl. § 519 ZPO Rdn. 15; MünchKomm ZPO/Rimmelspacher § 519 ZPO Rdn. 14; Zöller/Gummer ZPO 21. Aufl. § 519 ZPO Rdn. 19; Thomas/Putzo ZPO 22. Aufl. § 519 ZPO Rdn. 12). Einen in diesem Sinne gleichermaßen erheblichen Grund hatte der Kläger zur Rechtfertigung des Fristverlängerungsantrages vorgetragen. Er hatte seiner bisherigen Prozeßbevollmächtigten das Mandat entzogen und seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist mit seiner Vertretung beauftragt. Dieser konnte sich noch an demselben Tag nicht mehr in die Sache einarbeiten und die Berufungsbegründungsschrift anfertigen. Der Kläger durfte deshalb darauf vertrauen, seinem Antrag werde stattgegeben. Mit einer hiervon abweichenden Verfahrenspraxis brauchte er nicht zu rechnen; sie widerspricht rechtsstaatlicher Verfahrensgestaltung (BVerfG NJW 1998, 3703 und 1989, 1147). 2. Es gereicht dem Kläger ferner nicht zum Verschulden, daß er am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist einen neuen Rechtsanwalt mit seiner weiteren Vertretung beauftragt hat. Einer Partei ist es nicht verwehrt, prozessuale Fristen bis zum letzten Tag auszunutzen (st.Rspr., vgl. z.B. BGHZ 9, 118, 119; BGH Beschluß vom 11. Oktober 1989 - IVa ZB 7/89 - VersR 1990,
326, 327; Senatsurteil vom 11. Juli 1990 - XII ZR 55/89 - BGHR ZPO § 233 Postbeförderung 4). Es steht ihr deshalb grundsätzlich auch frei, erst am letzten Tag der Frist einen Rechtsanwalt aufzusuchen. In einem solchen Fall muß die Partei allerdings sicherstellen, daß der Anwalt noch in der Lage ist, an diesem Tag die Frist ordnungsgemäß zu wahren (BGH Beschluß vom 19. September 1995 - VI ZB 10/95 und 11/95 - veröffentlicht bei juris). Aus der Notwendigkeit der Fristwahrung folgt indessen bei Fristen, die - wie die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 519 Abs. 3 Satz 2 ZPO - auf Antrag verlängert werden können, nicht, daß noch an demselben Tag eine Rechtsmittelbegründung bei dem zuständigen Gericht eingereicht werden muß. Der Fristablauf wird vielmehr zunächst auch durch eine Verlängerung der Begründungsfrist vermieden. Die Voraussetzungen hierfür lagen, wie bereits ausgeführt wurde, aufgrund des Antrags des jetzigen Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 30. November 1998 vor.
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