Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Apr. 2016 - V ZR 87/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. April 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin Haberkamp
beschlossen:
Gründe:
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- Die nach § 321a Abs. 1 ZPO statthafte Anhörungsrüge ist unbegründet. Der Senat hat das als übergangen gerügte Vorbringen berücksichtigt, aber aus Rechtsgründen für unerheblich gehalten.
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- 1. Der Senat hat dargelegt, warum er die Berechnung der Beschwer in der Nichtzulassungsbeschwerde für unschlüssig hält. Das bezieht die eidesstattliche Versicherung der Klägerin ein; denn die maßgeblichen Ausführungen in der Beschwerdeschrift (Seite 7 f.) nehmen auf diese Erklärung Bezug.
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- 2. a) Er hat auch den Vortrag auf Seite 11 ff. der Nichtzulassungsbeschwerde zur Kenntnis genommen, mit dem die Klägerin geltend macht, durch die - von den Vorinstanzen herangezogene - Skizze zur Liegenschaftskarte werde die in der Eintragungsbewilligung für die Grunddienstbarkeit angegebene Wegbreite von vier Metern nicht relativiert. Diese Ausführungen zur materiellen Rechtslage ändern nichts daran, dass sich die nach § 26 Nr. 8 EGZPO maß- gebliche Beschwer danach bemisst, welche Wertsteigerung das Grundstück erführe, wenn die Grunddienstbarkeit nicht den Inhalt hätte, den ihr die Vorinstanzen beigelegt haben (jetziger Zustand), sondern denjenigen, den sie nach Auffassung der Klägerin hat (durchgehende Wegbreite von vier Metern). Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Grundstück der Klägerin infolge der von der Gemeinde Uetze für das Nachbargrundstück übernommenen Baulast erschlossen und mit dem Pkw erreichbar ist.
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- b) Soweit es in der Anhörungsrüge heißt, das Grundstück sei ohne die Dienstbarkeit in keiner Weise erreichbar, wird nicht aufgezeigt, welcher Vortrag übergangen worden sein soll. Der Senat hat in diesem Zusammenhang insbesondere nicht die Ausführungen auf S. 7 der Beschwerdebegründung überse- hen, wonach das Grundstück ohne das Wegerecht „allenfalls… Gartenland und das auch nur ohne Zugang“ sei. Für die Bemessung der Beschwer konnte dies aber nicht zugrunde gelegt werden, nachdem die Vorinstanzen davon ausgehen , dass dort, wo der Weg nur 2,76 Meter breit ist, der Zugang über das Nachbargrundstück der Gemeinde sichergestellt wird, und sich dies anhand der in Bezug genommenen Skizze nachvollziehen lässt.
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- 3. Die von der Klägerin in der Anlage I zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vorgenommene Alternativberechnung zu den für sie nachteiligen Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten bei der Aufrechterhaltung der bisherigen Zuwegung sagt nichts über eine Wertminderung des klägerischen Grundstücks aus.
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- 4. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass sie vor dem Berufungsgericht auch die Feststellungen begehrt habe, wonach ihr ein Wegerecht auf der gesamten Länge des Grundstücks der Beklagten in Nord-Süd-Richtung zu ge- währen sei, ist auch dies berücksichtigt worden, aber nicht geeignet, eine Be- schwer von über 20.000 € zu tragen. Die Klägerin hat diesen (Hilfs-)Antrag erstmals in der Berufungsinstanz gestellt. Mit der Zurückweisung der Berufung der Klägerin nach § 522 Abs. 2 ZPO hat diese Klageerweiterung entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verloren (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2014 - IX ZR 204/13, NJW 2015, 251 Rn. 2 mwN). Das Berufungsgericht hat daher in der angegriffenen Entscheidung zu Recht nicht über diesen Antrag entschieden, so dass sich insoweit auch keine Beschwer der Klägerin ergibt.
Kazele Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 09.10.2014 - 4 O 151/13 -
OLG Celle, Entscheidung vom 17.03.2015 - 4 U 129/14 -
Annotations
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
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die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.
(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.