Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juli 2017 - V ZR 201/15

bei uns veröffentlicht am20.07.2017
vorgehend
Landgericht Traunstein, 3 O 1923/99, 19.09.2003
Landgericht Traunstein, 3 O 2849/98, 19.09.2003
Oberlandesgericht München, 3 U 4888/03, 19.08.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 201/15
vom
20. Juli 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:200717BVZR201.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Weinland und die Richter Dr. Kazele, Dr. Göbel und Dr. Hamdorf

beschlossen:
Die Anhörungsrüge des Beklagten gegen den Beschluss des Senats vom 22. Juni 2017 wird zurückgewiesen.
Damit ist der Antrag des Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 19. August 2015 - 3 U 4888/03 - einstweilen einzustellen, gegenstandslos.

Gründe:


1
1. Die nach § 321a Abs. 1 ZPO statthafte Anhörungsrüge ist unbegründet. Das als übergangen gerügte Vorbringen ist vom Senat berücksichtigt worden.
2
a) Einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG hinsichtlich der Aktivlegitimation der Klägerin hat der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht dargelegt. Angesichts der von dem Gesellschafter zu 1 abgegebenen Drittschuldnererklärung, wonach die Kaufpreis- und Nebenforderungen an die finanzierende Bank abgetreten seien, hat das Berufungsgericht die Klägerin für die nicht erfolgte Abtretung als beweisbelastet und diesen Beweis als durch Zeugen geführt angesehen. Dem Beweisantritt des Beklagten nach § 424 ZPO musste das Berufungsgericht nicht nachgehen. Diesen konnte es als unzulässig ansehen, weil er mit einer pauschalen Bezugnahme auf etwaige Kreditverträge, Sicherungsvereinbarungen und ähnliche Unterlagen auf eine Ausforschung gerichtet war. Zudem zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Vortrag des Beklagten zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 810 BGB auf, die nach § 424 Nr. 5 ZPO i.V.m. § 422 ZPO glaubhaft zu machen gewesen wären.
3
b) Hinsichtlich des Wegfalls der Geschäftsgrundlage beschränkt sich das Berufungsgericht nicht darauf, aus dem Fehlen einer vertraglichen Regelung darauf zu schließen, dass die Erlangung von Fördermitteln nicht Geschäftsgrundlage gewesen sein könne. Es übersieht auch nicht, dass die Subventionen für beide Seiten von Bedeutung waren. Vielmehr führt es aus, dass es im vorliegenden Fall besonders nahe gelegen hätte, eine entsprechende Fälligkeitsregelung in § 3 des Kaufertrages zu treffen. Das ist eine angesichts der Bedeutung dieses Punktes zwar sehr knappe tatrichterliche Würdigung der Gesamtumstände ; sie ist aber keinesfalls als willkürlich anzusehen. Denn es reicht zur Annahme eines gemeinsamen Geschäftswillens nicht aus, dass eine Partei ihre Kalkulationsgrundlagen offenlegt und die andere Partei diese zur Kenntnis nimmt (vgl. Senat, Urteil vom 17. Januar 2003 - V ZR 137/02, WuM 2004, 211, 212), und ist zudem grundsätzlich Sache der Parteien, sich gegen voraussehbare Störungen der Geschäftsgrundlage und die dadurch drohenden Nachteile abzusichern; für eine nachträgliche Berücksichtigung solcher Störungen ist regelmäßig kein Raum (Senat, Urteil vom 3. November 2000 - V ZR 306/99, WM 2001, 475, 477).
4
c) In Bezug auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen des Verlusts der Fördermittel ist eine Obersatzabweichung nicht dargelegt wor- den. Das Berufungsgericht hat keine hypothetische Reserveursache herangezogen , sondern ist aufgrund umfassender Beweisaufnahme und -würdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass der fehlende Eigentumserwerb des Beklagten und nicht die fehlende Abtretungsvereinbarung zwischen Klägerin und Beklagtem maßgeblicher Grund für die Kündigung der Förderverträge war. Dies ist eine nachvollziehbare, jedenfalls aber nicht willkürliche tatrichterliche Würdigung.
5
d) aa) Die Wirksamkeit der Mahnung trotz Zuvielforderung ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nach Treu und Glauben danach zu beurteilen, ob der Schuldner die Erklärung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger auch zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist (vgl. Senat, Urteil vom 25. Juni 1999 - V ZR 190/98, NJW 1999, 3115, 3116). Diese Würdigung setzt entsprechenden Vortrag voraus. Der Beklagte zeigt aber mit der Nichtzulassungsbeschwerde keinen Vortrag aus erster oder zweiter Instanz auf, mit dem er behauptet hat, dass die Wirksamkeit der Mahnung an einer unverhältnismäßig hohen Zuvielforderung scheitere, dass er den seiner Meinung nach verbleibenden Rest nicht ohne weiteres berechnen konnte und dass die Klägerin die Annahme eines Teilbetrages in jedem Fall verweigert hätte. Eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG kommt daher unter diesem Aspekt nicht in Betracht. Mangels entsprechenden Vortrages kann in dem Schweigen des Berufungsgerichts zu dieser Frage auch keine stillschweigende Obersatzabweichung erblickt werden.
6
Soweit das Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss vom 21. Juli 2010 angekündigt hat, sich mit der Problematik der Zinsen auf die Nebenkosten noch zu befassen, steht dies im Zusammenhang mit dem Hinweis an die Klägerin, diese müsse im Einzelnen darlegen und ggf. beweisen, welche Nachweise zu welchen Nebenkostenpositionen sie zu welchem Zeitpunkt dem Beklagten zugeleitet habe. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2010, auf den das Berufungsgericht ausdrücklich Bezug nimmt, hierzu ergänzend vorgetragen, und der Beklagte hat nicht bestritten, die dort genannten Rechnungen und Belege erhalten zu haben (Berufungsurteil Seite 131). Eines weiteren Hinweises, dass die Belege nunmehr zur Feststellung von Fälligkeit und Verzug ausreichten, bedurfte es nicht.
7
bb) Hinsichtlich der Fälligkeit des durch Schuldübernahme abzulösenden Kaufpreises setzt die Nichtzulassungsbeschwerde der nach revisionsrechtlichen Maßstäben nicht zu beanstandenden und im Übrigen auch gut nachvollziehbaren Auslegung der Fälligkeitsregelung in § 3 Abs. 3 des Kaufvertrages lediglich eine eigene, abweichende Auslegung entgegen, ohne einen Zulassungsgrund aufzuzeigen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts überzeugen auch deshalb, weil der Beklagte bei beiden Alternativen nach § 3 Abs. 3 a) und
b) des Kaufvertrages hinreichend gesichert war. Er konnte entweder vom Vertrag zurücktreten oder den Ablösebetrag hinterlegen mit der Folge, dass der Notar über diesen nicht ohne Ablösung oder Abtretung der Grundpfandrechte, jedenfalls aber nur auf gemeinsame Anweisung der Parteien, verfügen durfte (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - V ZB 70/10, juris Rn. 26 f.).
8
Was die Fälligkeit des Restkaufpreises durch Bankbürgschaft betrifft, wäre ein möglicherweise vorliegender Verstoß des Berufungsgerichts gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze nicht entscheidungserheblich, weil der Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde keinen Vortrag zu den Voraussetzungen von Seite 15 Abs. 2 des Kaufvertrages aufzeigt. Dass dem Beklagten eine Finanzierung nicht möglich gewesen und die Klägerin diese vereitelt haben soll, würde hierfür nicht ausreichen. Es müssten drei von dem Käufer ange- sprochene Banken die Finanzierung abgelehnt haben, und der Verkäufer darf keine Ersatzfinanzierung angeboten haben. Zudem erfolgt die Stundung nur "auf Verlangen des Käufers".
9
2. Da die Anhörungsrüge keinen Erfolg hat und das Verfahren nicht fortzusetzen ist, kommt eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem - rechtskräftigen - Berufungsurteil nicht in Betracht.
Stresemann Weinland Kazele
Göbel Hamdorf
Vorinstanzen:
LG Traunstein, Entscheidung vom 19.09.2003 - 3 O 1923/99 (3 O 2849/98) -
OLG München, Entscheidung vom 19.08.2015 - 3 U 4888/03 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 810 Einsicht in Urkunden


Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitz befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem

Zivilprozessordnung - ZPO | § 422 Vorlegungspflicht des Gegners nach bürgerlichem Recht


Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 424 Antrag bei Vorlegung durch Gegner


Der Antrag soll enthalten:1.die Bezeichnung der Urkunde;2.die Bezeichnung der Tatsachen, die durch die Urkunde bewiesen werden sollen;3.die möglichst vollständige Bezeichnung des Inhalts der Urkunde;4.die Angabe der Umstände, auf welche die Behauptun

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 306/99 Verkündet am: 3. November 2000 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

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(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Der Antrag soll enthalten:

1.
die Bezeichnung der Urkunde;
2.
die Bezeichnung der Tatsachen, die durch die Urkunde bewiesen werden sollen;
3.
die möglichst vollständige Bezeichnung des Inhalts der Urkunde;
4.
die Angabe der Umstände, auf welche die Behauptung sich stützt, dass die Urkunde sich in dem Besitz des Gegners befindet;
5.
die Bezeichnung des Grundes, der die Verpflichtung zur Vorlegung der Urkunde ergibt. Der Grund ist glaubhaft zu machen.

Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitz befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem anderen bestehendes Rechtsverhältnis beurkundet ist oder wenn die Urkunde Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft enthält, die zwischen ihm und einem anderen oder zwischen einem von beiden und einem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen worden sind.

Der Antrag soll enthalten:

1.
die Bezeichnung der Urkunde;
2.
die Bezeichnung der Tatsachen, die durch die Urkunde bewiesen werden sollen;
3.
die möglichst vollständige Bezeichnung des Inhalts der Urkunde;
4.
die Angabe der Umstände, auf welche die Behauptung sich stützt, dass die Urkunde sich in dem Besitz des Gegners befindet;
5.
die Bezeichnung des Grundes, der die Verpflichtung zur Vorlegung der Urkunde ergibt. Der Grund ist glaubhaft zu machen.

Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 137/02 Verkündet am:
17. Januar 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 570b a.F. (§ 577 n.F.)

a) Den Vermieter trifft bei Eintritt des Vorkaufsfalls zugunsten des Mieters die mietvertragliche
Nebenpflicht, den Mieter über sein Vorkaufsrecht zu unterrichten und
ihm den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen Kaufvertrages mitzuteilen. Diese
Pflicht ist verletzt, wenn dem Mieter der Vertragsinhalt unrichtig oder unvollständig
zur Kenntnis gebracht wird.

b) Im Fall einer solchen Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für "aufklärungsrichtiges"
Verhalten des Mieters.
BGH, Urt. v. 17. Januar 2003 - V ZR 137/02 - Thüringer OLG
LG Meiningen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 17. Januar 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr.
Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
das Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 9. April 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Durch einen von dem Streithelfer der Beklagten am 29. Februar 1996 beurkundeten Vertrag kauften die Kläger von der beklagten Stadt eine Eigentumswohnung, die sie bereits auf Grund eines Mietvertrages bewohnten. Zum vereinbarten Kaufpreis findet sich in Anlage 1 der Urkunde unter Nr. 4 folgende Regelung:
"4.1 Der Kaufpreis beträgt
a) für das Wohnungseigentum 38.857,00 DM in Worten ...
b) für das Teileigentum (KFZ-Stellplatz) 4.000,00 DM in Worten ...
c) für den Baukostenzuschuß Heizhaus 6.404,00 DM insgesamt somit 49.261,00 DM in Worten ... Darüber hinaus sind vom Käufer zu übernehmen die Vorfälligkeitsentschädigung , diese betragen bei Ablösung durch den Mieter DM 575/Qm, insgesamt also 30.688,00 DM. Der Gesamtkaufpreis beträgt somit 79.949,00 DM ... 4.2 Die Kaufpreiszahlung erfolgt auf das Konto bei der ..." Der Vertrag wurde "in Ansehung der gesetzlichen Vorkaufsrechte" der Kläger geschlossen. Grund hierfür war der am 28. November 1995 notariell beurkundete Vertrag, mit dem die Beklagte an den Zeugen B. 123 Wohnungseigentumseinheiten - darunter auch die später an die Kläger veräußerte Wohnung - verkauft hatte. Die Regelung des Kaufpreises für diese Wohnung stimmt in beiden Kaufverträgen nur bis zur Angabe der Summe von 49.261,00 DM überein. Im Anschluß daran bestimmt der Kaufvertrag zwischen der Beklagten und B. :
"4.1 ... Darüber hinaus sind vom Käufer zu übernehmen die Vorfälligkeitsentschädigung , die auch durch Beibringung einer Freistellungserklärung für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung (...) für die Darlehen bei der DG-HYP erfolgen kann; diese betragen bei Ablösung durch den Mieter DM 575/Qm, insgesamt also 30.688,00 DM zahlbar auf das unter Ziff. 4.2 benannte Konto der Stadt B. L. ... Der Käufer hat der Verkäuferin entsprechendes Attestat der Finanzierungsgläubigerin bis zum 15. März 1996 beizubringen. Der Notar belehrt über das Zustimmungserfordernis der Gläubigerin. Hat der Käufer durch Zahlung der Ablösung auf das Konto der Stadt B. L. die Ablösung bewirkt, entfällt die Verpflichtung zur Beibringung des entsprechenden Attestat. 4.2 Die Kaufpreiszahlung erfolgt auf das Konto bei der ..." Die Kläger zahlten den Betrag von 79.949 DM auf das vereinbarte Konto der Beklagten. In der Folgezeit stellte sich heraus, daß die Gläubigerbank , deren Belastungen die Beklagte aus dem Verkauf der Wohnungen vorzeitig ablöste, keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangte, weil ihr eine solche nicht zustand.
Die Kläger verlangen die Rückzahlung der 30.688 DM, die in der Vertragsurkunde als Anteil der Vorfälligkeitsentschädigung ausgewiesen sind. Sie sind der Ansicht, dieser Betrag sei nicht als Teil des Kaufpreises zu leisten, sondern nur für den Fall geschuldet, daß die Vorfälligkeitsentschädigung bei der Beklagten auch tatsächlich anfalle. Nach Abweisung der Klage durch das Landgericht, hat ihr das Oberlandesgericht stattgegeben. Mit der - in dem Berufungsurteil zugelassenen - Revision , deren Zurückweisung die Kläger beantragen, erstreben die Beklagte und ihr Streithelfer die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Rückzahlungsanspruch der Kläger zunächst wegen Verschuldens bei Vertragsschluß. Die Beklagte habe es versäumt , die Kläger über deren Vorkaufsrecht zu belehren. Hierfür sei die Übersendung des zwischen ihr und B. geschlossenen Kaufvertrages erforderlich gewesen. Aus diesem Vertrag hätten die Kläger die Möglichkeit ersehen können, durch Einholung einer Freistellungserklärung der Gläubigerbank die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung zu vermeiden. Zu einem Rückzahlungsanspruch führe auch eine ergänzende Vertragsauslegung; denn die Parteien hätten die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nicht vereinbart, wenn ihnen bewußt gewesen wäre, daß eine solche gegenüber der Gläubigerbank nicht geschuldet sei. Überdies sei die Klage auch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage begründet. Die Parteien hätten gemeinsam über den Anfall einer Vorfälligkeitsentschädigung geirrt. Nach dem Wegfall dieser Geschäftsgrundlage müsse eine Anpassung dahin erfolgen, daß von den Klägern nur der tatsächliche Kaufpreis zu zahlen sei und die Zahlung auf die Vorfälligkeitsentschädigung zurückgefordert werden könne. Wegen der Pflichtverletzung , die in der fehlenden Belehrung über das Vorkaufsrecht liege, sei schließlich auch ein Anspruch aus positiver Forderungsverletzung des Mietvertrages gegeben.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können die Kläger den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch nicht auf eine ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) stützen.

a) An einem Rechtsgrund für die Zahlung des umstrittenen Geldbetrages fehlt es nicht schon deshalb, weil nach dem wirklichen Willen der Parteien, der Anteil in Höhe von 30.688 DM nur für den Fall geschuldet sein sollte, daß die Beklagte tatsächlich mit einer entsprechenden Forderung der Gläubigerbank belastet wird. Einen solchen vom Inhalt der Vertragsurkunde abweichenden übereinstimmenden Willen der Parteien, dem Vorrang gegenüber dem Wortlaut der Urkunde zukommen würde (Senat, Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038, 1039), hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dies läßt Rechtsfehler nicht erkennen.

b) Der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag kann auch nicht mit dem Berufungsgericht - ergänzend - dahin ausgelegt werden, daß die Kläger den auf die Vorfälligkeitsentschädigung entfallenden Zahlungsanteil nur im Fall einer tatsächlichen Inanspruchnahme der Beklagten durch die Darlehensgeberin schulden.
aa) Das Berufungsgericht geht ersichtlich davon aus, daß die "einfache" Auslegung des Inhalts der getroffenen Vereinbarungen zu dem Ergebnis führt, daß der Beklagten der in der Vertragsurkunde ausgewiesene Gesamtbetrag von 79.949 DM uneingeschränkt als Kaufpreis zustand. Diese Einschätzung ist frei von Rechtsfehlern. In der Urkunde ist die Summe, die unter Einschluß des auf die Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlenden Anteils ermittelt wird, ausdrücklich als "Gesamtkaufpreis" gekennzeichnet. Dieser Betrag war nach Eintritt der Fälligkeitsvoraussetzungen auf das Konto der Beklagten zu zahlen. Daß ein Zahlungsanteil der Vorfälligkeitsentschädigung zugewiesen ist, bleibt ohne Bedeutung, weil es sich hierbei nur um eines von mehreren in der Urkunde aufgeführten Einzelelementen handelt, aus denen sich neben den Anteilen für das Wohnungseigentum, für das Teileigentum und für den Baukostenzuschuß zum Heizhaus der Kaufpreis zusammensetzt. Hinweise dafür, daß die Zahlungsverpflichtung der Kläger hinsichtlich des fraglichen Betrages von dem tatsächlichen Entstehen eines Anspruchs der Gläubigerbank auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung durch die Beklagte abhängig sein sollte, finden sich nicht. Das gilt auch bei Beachtung des Grundsatzes einer beiderseits interessengerechten Auslegung (vgl. Senat, Urt. v. 16. April 1999, V ZR 37/98, WM 1999, 1715, 1716). Vielmehr waren die Belange der Kläger als Käufer gewahrt, weil für sie bereits bei Vertragsschluß kein Zweifel daran bestehen konnte, daß der als "Gesamtkaufpreis" ausgewiesene Betrag von 79.949 DM von ihnen als Gegenleistung für den Eigentumserwerb aufzubringen war, während sich das Interesse der Beklagten auf die Erzielung eines möglichst hohen Kaufpreises bei uneingeschränkter Verfügungsfreiheit über die vereinnahmten Gelder richtete. Es verbleibt demnach dabei, daß es grundsätzlich dem Verkäufer überlassen bleibt, in welcher Weise er mit dem von ihm vereinnahmten Kaufpreis, der Teil seines Vermögens geworden ist, verfährt; dies gilt selbst dann, wenn er entsprechende Absichten über die Verwendung der Gelder bei Vertragsschluß offenbart.
bb) Dagegen ist dem Berufungsgericht nicht zu folgen, soweit es ein anderes Ergebnis im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung herleiten will. Eine solche kommt nur bei einem Vertrag in Betracht, der wegen einer planwidrigen Unvollständigkeit eine Regelungslücke aufweist (st. Rspr., vgl. etwa BGHZ 127, 138, 142 m.w.N.). Da das Berufungsgericht diese Voraussetzung nicht beachtet hat, ist der Senat an dessen rechtsfehlerhafte Auslegung nicht gebunden (st. Rspr., vgl. z.B. BGHZ 124, 39, 44 f; Senat, Urt. v. 14. Dezember 1990, V ZR 223/89, NJW 1991, 1180, 1181). Tatsächlich fehlt es an der für ei- ne ergänzende Vertragsauslegung notwendigen Regelungslücke. Die Parteien brauchten nämlich für den Fall einer nicht geschuldeten Vorfälligkeitsentschädigung keine Regelung zu treffen, weil der Beklagten nach dem Inhalt des Vertrages die gesamte Summe von 79.949 DM uneingeschränkt als Kaufpreis zustand.

c) Ein Bereicherungsanspruch steht den Klägern auch nicht wegen einer Reduzierung des geschuldeten Kaufpreises nach den Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu. Zwar kommt diese Anspruchsgrundlage nach dem hier weiterhin anwendbaren Recht aus der Zeit vor dem 1. Januar 2002 (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) in Betracht (vgl. BGHZ 109, 139, 144), ihre Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt. Die Parteien mögen die gemeinsame Erwartung geteilt haben, daß die Beklagte mit einer Vorfälligkeitsentschädigung belastet werde, auf dieser Vorstellung baut jedoch nicht - wie für die Annahme einer Geschäftsgrundlage erforderlich (BGHZ 128, 230, 236; 135, 333, 338) - der gemeinschaftliche Geschäftswille der Parteien auf. Die Kläger haben nichts anderes getan, als die von der Beklagten offengelegte Kalkulation , nach der ein bestimmter Teil des Kaufpreises zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung benötigt werden soll, zur Kenntnis zu nehmen. Die Motivation der Beklagten, den Kaufpreis nach bestimmten Aufwendungen aus Anlaß einer vorzeitigen Darlehensablösung zu bemessen, war für den Geschäftswillen der Kläger, die sich auf die Zahlung des geforderten Geldbetrages einlassen wollten, ohne Bedeutung.
2. Das angefochtene Urteil kann auch insoweit keinen Bestand haben, als es die Klageforderung auf Grund eines Schadensersatzanspruchs zuspricht.

a) Allerdings bejaht das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs der Kläger, der auf Rückzahlung der 30.688 DM gerichtet ist. Ihre rechtliche Grundlage findet diese Forderung in einer positiven Vertragsverletzung des Mietvertrages, der zwischen den Parteien vor dem Verkauf des Wohnungseigentums bestand (vgl. Staudin- ger/Sonnenschein, BGB [1997], § 570b Rdn. 43; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht , 7. Aufl., § 570b BGB Rdn. 40; auch RGZ 170, 208, 213).
aa) Die Voraussetzungen eines Mietervorkaufsrechts der Kläger nach § 570b BGB a.F. waren unstreitig gegeben. Mithin traf die Beklagte als Vermieterin nach §§ 570b Abs. 2, 510 BGB a.F. bei Eintritt des Vorkaufsfalls die vertragliche Nebenpflicht, die Kläger über ihr Vorkaufsrecht zu unterrichten und ihnen den Inhalt des mit dem Zeugen B. geschlossenen Kaufvertrages mitzuteilen. Zur Erfüllung ihrer Mitteilungspflicht mußte die Beklagte den Klägern den richtigen und vollständigen Inhalt des Vertrages zur Kenntnis bringen (vgl. Senat, Urt. v. 29. Oktober 1993, V ZR 136/92, NJW 1994, 315; BGH, Urt. v. 23. Mai 1973, VIII ZR 57/72, NJW 1973, 1365; auch Heintz, Vorkaufsrecht des Mieters, 1998, Rdn. 393). Erforderlich war insbesondere eine erschöpfende Information der Kläger über die mit dem Drittkäufer vereinbarte Gegenleistung (vgl. Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 510 Rdn. 3).
bb) Insoweit ist die Beklagte ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Im Hinblick auf ihr Vorkaufsrecht erhielten die Kläger lediglich einen Entwurf des später mit ihnen abgeschlossenen Kaufvertrages durch den Streithelfer zugesandt, der als Notar hierzu ersichtlich von der Beklagten beauftragt worden war. Ohne Erfolg rügt die Revision die dahingehenden Feststellungen des Berufungsgerichts als rechtsfehlerhaft. Zwar hat der Streithelfer zunächst vorgetragen, den Klägern sei der Vertrag vom 28. November 1995 übersandt worden. Er hat dann aber bei seiner nachfolgenden persönlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht erklärt, er habe die Kläger über ihr Vorkaufsrecht mit der Übersendung des Entwurfs des später mit ihnen geschlossenen Vertrages belehrt. Diese deutliche Äußerung des Streithelfers selbst durfte das Berufungsgericht - auch ohne weitere Nachfrage - im Sinne einer Richtigstellung der früheren Behauptung auffassen.
Der den Klägern hiernach zur Kenntnis gebrachte Vertragsentwurf wich in einem maßgeblichen Punkt von dem Kaufvertrag ab, der zuvor zwischen der Beklagten und dem Drittkäufer, dem Zeugen B. , zustande gekommen war. Nach der Regelung des Kaufpreises in diesem Vertrag mußte der Drittkäufer zwar auch die Vorfälligkeitsentschädigung "übernehmen". Zur Erfüllung dieser Verpflichtung war der Drittkäufer jedoch nicht zur Zahlung der später mit den Klägern vereinbarten 30.688 DM verpflichtet. Dieser Betrag wird ausdrücklich für eine "Ablösung durch den Mieter" genannt, sollte also - unter Außerachtlassung der Unwirksamkeit von Verträgen zu Lasten Dritter (vgl. BGHZ 61, 359, 361; 78, 369, 375) - nur die Mieter bei Ausübung ihres Vorkaufsrechts treffen. Die "Übernahme" der Vorfälligkeitsentschädigung konnte den Drittkäufer mithin nur zur Zahlung des Betrages an die Beklagte verpflichteten, den diese tatsächlich zur Erfüllung einer entsprechenden Forderung der Gläubigerbank benötigte. Zudem war dem Drittkäufer die Möglichkeit eingeräumt worden , sich durch "Beibringung einer Freistellungserklärung" einer Zahlungsverpflichtung wegen der Vorfälligkeitsentschädigung zu entziehen: Legte der Drittkäufer innerhalb vereinbarter Frist ein "Attestat der Finanzierungsgläubigerin" vor, mit dem diese die Beklagte von Forderungen wegen der vorzeitigen Kreditablösung befreite, so brauchte er über 49.261 DM hinaus keine Kaufpreiszahlungen mehr an die Beklagte zu erbringen. Weder diese Alternative noch eine - gemäß § 508 BGB a.F. anteilige - Zahlungsverpflichtung in Höhe des tatsächlich für eine Vorfälligkeitsentschädigung benötigten Betrages findet sich in dem Vertragsentwurf, der den Klägern zu ihrer Information gemäß §§ 570b Abs. 2, 510 BGB a.F. zugesandt wurde. Damit wurden die Kläger über den Inhalt des mit dem Drittkäufer geschlossenen Kaufvertrages unvollständig unterrichtet ; denn sie konnten die Übersendung des Vertragsentwurfes im Hinblick auf ihr Vorkaufsrecht nur dahin verstehen, daß beide Verträge inhaltlich über- einstimmen sollten. Nachdem die Beklagte auf diese Weise ihre Mitteilungs- pflicht aus § 510 Abs. 1 BGB a.F. verletzte, bedarf es keiner Entscheidung darüber , ob sie daneben auch noch ihre mietvertragliche Pflicht zur Unterrichtung über das Vorkaufsrecht (§ 570b Abs. 2 BGB a.F.) mißachtete, als sie den Klägern mit der Zusendung des Entwurfs den Abschluß eines eigenen Kaufvertrages nahelegte, während nach § 505 Abs. 1 BGB a.F. zur Ausübung des Vorkaufsrechts eine - formlose (BGHZ 144, 357, 360) - Erklärung gegenüber der Beklagten genügt hätte.
cc) Das Verschulden ihres Streithelfers, der nicht auf eine vollständige Information der Vorkaufsberechtigten achtete, muß sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen. Er war mit der Erfüllung der Verpflichtungen der Beklagten aus §§ 570b Abs. 2, 510 BGB a.F. betraut und wurde deshalb als ihr Erfüllungsgehilfe tätig (vgl. Senat, BGHZ 62, 119, 121).

b) Die geschilderte Pflichtverletzung kann zu einem Schaden der Kläger in Gestalt des um 30.688 DM erhöhten Kaufpreises geführt haben.
aa) Wegen der ungenügenden Unterrichtung durch die Beklagte haben sich die Kläger auf einen gesonderten Vertragsschluß zu eigenen Konditionen eingelassen. Sie wurden mithin gehindert, von dem ihnen als Vorkaufsberechtigten zustehenden Gestaltungsrecht (vgl. Senat, BGHZ 67, 395, 398) Gebrauch zu machen und durch eine Erklärung nach § 505 BGB a.F. einen Kaufvertrag mit der Beklagten mit dem Inhalt des Vertrages mit dem Drittkäufer zustande zu bringen. Wäre ein Kaufvertrag zwischen den Parteien zu den Bedingungen des Vertrages mit dem Drittkäufer B. begründet worden, so wäre die Verpflichtung der Kläger zur anteiligen Übernahme der Vorfälligkeitsentschädigung ins Leere gegangen und hätte für sie keinen weiteren finanziellen Aufwand zur Folge gehabt. Über die 49.261 DM hinaus hätten sie nämlich nur dann Zahlungen an die Beklagte geschuldet, wenn diese gegenüber ihrer Dar- lehensgeberin tatsächlich zur Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet gewesen wäre. An einer solchen Verpflichtung der Beklagten fehlte es aber unstreitig. Zudem hätte für die Kläger bei den Konditionen des Vertrages mit dem Drittkäufer die Möglichkeit bestanden, durch Vorlage einer Freistellungserklärung der Gläubigerbank die Kaufpreiszahlung auf 49.261 DM zu begrenzen. Da es der Beklagten bei Abschluß des Vertrages mit dem Drittkäufer allein darum ging, vor einer Inanspruchnahme wegen der vorzeitigen Kreditablösung gesichert zu sein, reichte hierfür die vorliegende Erklärung der Gläubigerbank aus, daß für die Rückzahlung des betreffenden Darlehens ein Vorfälligkeitsentgelt nicht berechnet werde.
bb) Nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien ist die Pflichtverletzung der Beklagten für einen Schaden der Kläger in Höhe der streitgegenständlichen 30.688 DM ursächlich geworden. Es ist davon auszugehen, daß die Kläger bei Mitteilung des vollständigen Vertragsinhalts von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht hätten. Die Mitteilungspflicht des Vorkaufsverpflichteten aus § 510 BGB a.F. stellt eine vertragliche Aufklärungspflicht dar, die dazu bestimmt ist, den Berechtigten eine sachgerechte Entscheidung über bestimmte Geschäfte - nämlich über die Ausübung des Vorkaufsrechts - zu ermöglichen. Bei Verletzung solcher Pflichten spricht eine Vermutung für "aufklärungsrichtiges" Verhalten (BGHZ 111, 75, 81; 124, 151, 160; Senat, Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303). Demnach ist es Sache der Beklagten darzulegen und zu beweisen, daß der Kaufvertrag zwischen ihr und den Klägern mit dem vorliegenden (nachteiligen) Inhalt auch bei Mitteilung des vollständigen (vorteilhaften) Inhalts des Vertrages mit dem Drittkäufer zustande gekommen wäre. Allein aus den Umständen ergibt sich ein solcher Entschluß der Kläger noch nicht. Selbst wenn die Kläger annehmen mußten, die Gläubigerbank werde eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen können, stellte sich für sie ein Vertragsschluß zu den Konditionen des Drittkaufes als günstiger dar. Insbesondere brauchten sie nicht zu befürchten, von der Be- klagten auf Zahlung des vollen Betrages einer Vorfälligkeitsentschädigung in Anspruch genommen zu werden. Da der Vertrag zwischen der Beklagten und dem Drittkäufer den Verkauf von 123 Eigentumseinheiten zum Gegenstand hatte, konnte die Kläger bei Erwerb nur einer dieser Wohnungen nach § 508 BGB a.F. auch nur eine - nach dem Verhältnis der Kaufpreise ermittelte (vgl. MünchKomm-BGB/Westermann, 3. Aufl., § 508 Rdn. 3) - anteilige Verpflichtung zur Zahlung auf die Vorfälligkeitsentschädigung treffen.

c) Das Berufungsgericht hat jedoch aus dem Blick verloren, daß ein Schadensersatzanspruch der Kläger nur dann besteht, wenn der zwischen der Beklagten und dem Drittkäufer B. am 28. November 1995 geschlossene Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist. Da auch bei § 570b BGB a.F. der Vorkaufsfall erst bei Wirksamkeit des Vertrages mit dem Dritten gegeben ist (Heintz, aaO, Rdn. 308), hätte für die Beklagte im Fall der Unwirksamkeit des Kaufvertrages mit B. schon keine Mitteilungspflicht nach §§ 570b Abs. 2, 510 BGB a.F. bestanden. Hierbei kommt im gegebenen Fall namentlich der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) als Unwirksamkeitsgrund in Betracht.
aa) Auch eine Vorschrift des Landesrechts kann ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB darstellen (vgl. Soergel/Hefermehl, BGB, 13. Aufl., § 134 Rdn. 5). Die Beklagte könnte mit dem Verkauf der Wohnung an B. zu einem - wie sie selbst behauptet - Preis deutlich unter dem Verkehrswert gegen ihre Verpflichtung aus § 67 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 der Thüringer Gemeindeund Landkreisordnung (Thüringer Kommunalordnung - ThürKO -) in der hier maßgebenden Fassung vom 16. August 1993 (GVBl. 1993, 501) verstoßen haben, Vermögensgegenstände der Gemeinde in der Regel nur zum vollen Wert zu veräußern und Gemeindevermögen nicht zu verschenken. Ob diese Regelungen ein Verbotsgesetz enthalten, beantwortet sich - weil die Thüringer Kommunalordnung nur im Bezirk des Thüringer Oberlandesgerichts gilt - ge- mäß § 545 Abs. 1 ZPO nicht nach revisiblem Recht, (vgl. BGH, Urt. v. 4. April 1966, VIII ZR 102/64, LM § 354 HGB Nr. 5 zu § 71 Abs. 2 Satz 2 der Hessischen Gemeindeordnung vom 25. Februar 1952; Urt. v. 15. April 1998, VIII ZR 129/97, NJW 1998, 3058, 3059 zu § 56 Abs. 2 der Brandenburgischen Landkreisordnung ). Auch der Umstand, daß Gesetze anderer Bundesländer vergleichbare Vorschriften enthalten (vgl. z. B. § 109 Abs. 1 Satz 2 der Hessischen Gemeindeordnung in der ab 1. April 1993 geltenden Fassung, GVBl. 1992 I, 534; § 90 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung für das Land NordrheinWestfalen in der Fassung vom 14. Juli 1994, GV NRW 1994, 666; Art. 75 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern in der Fassung vom 22. August 1998, GVBl. 1998, 796) macht § 67 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 ThürKO 1993 nicht revisibel. Hierfür müßte die Übereinstimmung bewußt und gewollt zum Zwecke der Vereinheitlichung herbeigeführt worden sein (BGHZ 118, 295, 298; BGH, Urt. v. 15. April 1998, aaO). Hingegen genügt die vorliegende nur tatsächliche Übereinstimmung selbst dann nicht, wenn aus der Gesetzgebung eines anderen Landes Rechtssätze oder Rechtsgedanken übernommen wurden, wie dies in den neuen Bundesländern häufig geschehen ist (BGH, Urt. v. 15. April 1998, aaO). Da es den Umständen nach zumindest nicht unwahrscheinlich ist, daß ohnehin weitere tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts erforderlich sein werden, bleibt diesem aus Gründen der Prozeßökonomie (vgl. Senat, BGHZ 36, 348, 356) die Auslegung von § 67 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 ThürKO 1993 gemäß § 563 Abs. 4 ZPO überlassen.
bb) Das Berufungsgericht wird demnach zunächst prüfen müssen, ob § 67 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 ThürKO 1993 ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB entnommen werden kann. Von der Rechtsprechung wurde dies bereits für vergleichbare Regelungen in Art. 75 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern grundsätzlich bejaht (BayObLGZ 1983, 85, 91; 1995, 225, 226; 2001, 54, 56 f). Zudem hat es der Bundesgerichtshof für unentgeltliche Zuwendungen aus staatlichem (nicht kommunalem) Vermögen als naheliegend erachtet, daß der allgemeine Grundsatz, wonach der Staat nichts "verschenken" dürfe, als Verbotsgesetz anzusehen sei (BGHZ 47, 30, 39 f).
(1) Fehlt - wie hier - eine ausdrückliche Regelung, so ist die Frage, ob der in einem Rechtsgeschäft liegende Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, nach Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift zu beantworten. Entscheidend ist, ob das Gesetz sich nicht nur gegen den Abschluß des Rechtsgeschäfts wendet, sondern auch gegen seine privatrechtliche Wirksamkeit und damit gegen seinen wirtschaftlichen Erfolg (BGHZ 118, 142, 144). Letzteres und damit das Vorliegen eines Verbotsgesetzes wird von der Rechtsprechung regelmäßig bejaht, wenn beide Vertragsparteien mit dem Vertragsschluß ein gesetzliches Verbot verletzen (BGHZ 78, 269, 271; 115, 123, 125; 143, 283, 287). Die Prüfung des Berufungsgerichts hat sich daher auf die Frage zu erstrecken, ob hier ein Verbot mißachtet ist, das sich nicht nur an die Gemeinde, sondern an beide Vertragsteile richtet. Sollte das Verbot nur die Gemeinde treffen, so führt ein Verstoß nur dann zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 134 BGB, wenn dem Verbot ein Zweck zugrunde liegt, der gleichwohl die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts erfordert (BGHZ 78, 269, 271; 89, 369, 373; 143, 283,

287).


(2) Falls das Berufungsgericht vor diesem Hintergrund ein Verbotsgesetz bejaht, so sind dessen Voraussetzungen im einzelnen zu ermitteln. Bleibt der Kaufpreis nur geringfügig hinter dem Verkehrswert zurück, wird auch unter Berücksichtigung öffentlicher Interessen die Rechtsfolge einer Nichtigkeit schwerlich zu rechtfertigen sein. So hat auch der Bundesgerichtshof seine Erwägungen zum Vorliegen eines Verbotsgesetzes bei unentgeltlichen Zuwendungen aus staatlichem Vermögen auf der Grundlage einer Veräußerung zu einem "erheblich unter dem Verkehrswert liegenden Preis" angestellt (BGHZ 47, 30, 39). Auf der anderen Seite kann jedenfalls eine Veräußerung unterhalb des "vollen Wertes" (vgl. § 67 Abs. 1 Satz 2 ThürKO 1993) nicht voraussetzen, daß ein besonders grobes Mißverhältnis - mithin ein Verkehrswert, der knapp doppelt so hoch ist wie der Kaufpreis - vorliegt. Diesen Maßstab zieht die Rechtsprechung heran, um bei Prüfung eines wucherähnlichen, nach § 138 Abs. 1 BGB nichtigen Rechtsgeschäfts auf das subjektive Merkmal einer verwerflichen Gesinnung zu schließen (vgl. Senat, BGHZ 148, 298, 302 m.w.N.). Er taugt nicht, wenn es gilt, das Verschleudern von Vermögen der öffentlichen Hand zu verhindern, weil hier ein persönlich vorwerfbares Verhalten des Begünstigten keine Bedeutung erlangt.
(3) Gelangt das Berufungsgericht zu der Annahme eines inhaltlich näher bestimmten Verbotsgesetzes, so wird es dessen Verletzung im konkreten Fall zu prüfen haben. Hierbei wird es sich mit den Auswirkungen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung (§ 67 Abs. 3 ThürKO 1993) vom 7. Dezember 1995 auseinandersetzen und ggf. - unter Beachtung des Beweisangebotes der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem von ihr behaupteten Verkehrswert in Höhe von 1.500 DM/m² - Feststellungen zum Verkehrswert des Wohnungseigentums zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit B. treffen müssen.
cc) Keine Bedeutung für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kann dagegen ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen den Drittkäufer B. erlangen. Selbst wenn ein solcher Anspruch auf Rückgängigmachung des Kaufvertrages zwischen ihr und B. gerichtet werden könnte (vgl. BGH, Urt. v. 31. Januar 1962, VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1198), beseitigt allein sein Bestehen den Vorkaufsfall noch nicht. So begründet etwa ein anfechtbarer, aber noch nicht angefochtener Kaufvertrag ein Vorkaufsrecht (RG, SeuffArch 78, Nr. 14; MünchKomm-BGB/Westermann, aaO, § 504 Rdn. 15; Heintz, aaO, Rdn. 323). Mithin kann auch hier erst die Aufhebung des Kaufvertrages, auf die die Beklagte im Falle einer Schadenser- satzforderung einen Anspruch hätte (vgl. BGH, Urt. v. 31. Januar 1962, aaO), entscheidend sein. Nach dem - hier erfolgten - Eintritt des Vorkaufsfalls kann aber eine Aufhebung des Drittkaufvertrages die Position des Vorkaufsberechtigten nicht mehr beeinträchtigen (RGZ 106, 320, 323 f.; 118, 5, 8).
dd) Welche Auswirkungen der Wegfall der Geschäftsgrundlage des Vertrages mit dem Drittkäufer für das Vorkaufsrecht hat (vgl. dazu BGH, Urt. v. 25. September 1986, II ZR 272/85, NJW 1987, 890, 893), bedarf für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Die Geschäftsgrundlage des Kaufvertrages mit B. ist nämlich durch das Fehlen der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nicht entfallen. Die Revision verweist nicht auf tatsächliches Vorbringen, wonach dem Geschäftswillen der Parteien des Drittkaufes die Erwartung zugrunde lag, B. werde auf eine Vorfälligkeitsentschädigung auch tatsächlich Zahlungen erbringen müssen. Der Umstand , daß B. sich zur Übernahme der entsprechenden Belastungen verpflichtete , legt im Gegenteil nahe, daß es der Beklagten erkennbar nur darum ging, nicht Forderungen wegen der vorzeitigen Darlehensrückführung ausgesetzt zu sein, während für sie nicht von Bedeutung war, welche Leistungen des Drittkäufers hierfür notwendig werden sollten. 3. Das Berufungsurteil ist hiernach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Da vorliegend der Streithelfer ebenfalls Revision eingelegt hat, zählen auch seine Kosten zu den Kosten des Revisionsverfahrens, hinsichtlich derer dem Berufungsgericht die Entscheidung überlassen ist. Das Berufungsgericht erhält durch die Zurückverweisung Gelegenheit, die Auslegung des Landesrechts im Hinblick auf § 134 BGB nachzuholen und die ggf. erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 306/99 Verkündet am:
3. November 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
DDR:KomVerf § 49; ZPO § 549; BGB § 185

a) Der Runderlaß des Innenministers von Mecklenburg-Vorpommern vom 22. April
1991 (Abl. S. 338) über genehmigungsfreie Grundstücksgeschäfte der Gemeinden
stellte eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 49 Abs. 4 KomVerf dar.

b) Der auf den Bezirk des Oberlandesgerichts Rostock beschränkt gewesene
Runderlaß hatte keine irrevisible Vorschrift im Sinne des § 549 Abs. 1 ZPO,
sondern eine Verwaltungsmaßnahme zum Gegenstand, deren Inhalt durch
Auslegung zu bestimmen ist; danach waren die von dem Erlaß erfaßten Grundstücksgeschäfte
mit dessen Wirksamwerden genehmigungsfrei.

c) Wegen des Ausstehens der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde nach
§ 49 KomVerf schwebend unwirksame Grundstücksgeschäfte der Gemeinde
wurden mit Inkrafttreten des Runderlasses wirksam.
BGH, Urt. v. 3. November 2000 - V ZR 306/99 - OLG Rostock
LG Schwerin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Tropf, Schneider, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 20. Juli 1999 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 10. August 1993 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 1990 verkaufte die beklagte Gemeinde (Beklagte) an den Kläger eine in H. -W. belegene, noch nicht vermessene Grundstücksfläche von ca. 3.000 qm zu einem Preis von 3,60 DM/qm. Vom Kläger anschließend begonnene Baumaßnahmen zur Errichtung einer Bootswerft auf diesem Gelände sind bis heute nicht abgeschlossen.
Mit Runderlaß vom 22. April 1991 (ABl. Mecklenburg-Vorpommern 1991, 338) bestimmte der Innenminister des Landes u.a., daß Rechtsgeschäfte von Gemeinden über den Verkauf von Grundstücken genehmigungsfrei seien, wenn in kreisangehörigen Gemeinden der Veräußerungspreis bis zu 5.000 Einwohnern 50.000 DM oder die Grundstücksgröße in kreisangehörigen Gemeinden bis 20.000 Einwohnern 15.000 qm nicht überschreite. Der Runderlaß wurde mit Bekanntmachung des Innenministers vom 4. Juni 1992 (ABl. Mecklenburg -Vorpommern 1992, 602) wieder aufgehoben. Mit Schreiben vom 13. Mai 1993 versagte der Landrat die Genehmigung des Vertrages.
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag wirksam ist. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Kaufvertrag sei wegen Versagung der Genehmigung gemäß § 49 Abs. 3 b des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR vom 17. Mai 1990 (GBl S. 255; im folgenden: DDR-Kommunalverfassung) unwirksam. Das Genehmigungsbedürfnis sei nicht durch den Runderlaß entfallen, weil dieser keine Rechtsvorschrift im Sinne des § 49 Abs. 4 DDR-Kommunalverfassung enthalte.
Einmal handle es sich bei dem Erlaß nur um eine interne Verwaltungsvorschrift , die den Anforderungen des Art. 80 GG, auf die nach dem Beitritt abzustellen sei, nicht genüge. Zum anderen entfalte der Runderlaß keine Rückwirkung auf bereits abgeschlossene Grundstückskaufverträge. Schließlich sei die Geschäftsgrundlage für den Abschluß des Vertrages infolge einer nachträglich eingetretenen Ä quivalenzstörung entfallen, weil der Kläger inzwischen die beabsichtigten Investitionen, deren Wert mehr als 50.000 DM betrage, mangels bau- und wasserrechtlicher Genehmigungen nicht mehr durchführen könne. Dies berechtige die Beklagte, sich vom Vertrag zu lösen.
Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.

II.


1. Das Berufungsgericht geht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, daß der zwischen den Parteien geschlossene Grundstückskaufvertrag nach § 49 Abs. 3 lit. b DDR-Kommunalverfassung der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedurfte. Das Fehlen der Genehmigung führte zur schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages (BGHZ 142, 51). Dieser Zustand ist indessen beendet, denn die Wirksamkeit des Kaufvertrages ist durch den Runderlaß des Innenministers des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 22. April 1991 eingetreten. Ein schwebend unwirksames Geschäft erlangt nämlich volle Gültigkeit , wenn die Genehmigungspflicht nach neuen Rechtsvorschriften entfällt (BGHZ 37, 233, 237; BGHZ 127, 368, 375). Das Berufungsgericht hat dem Runderlaß diese Wirkung rechtsfehlerhaft abgesprochen.

a) Zutreffend hat es allerdings, was von der Revision auch nicht beanstandet wird, den Runderlaß als Verwaltungsvorschrift, nicht als Rechtsverordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassungen der Länder angesehen. Das ergibt sich aus der Bezeichnung "Runderlaß", der Überschrift "Hinweise zur Veräußerung von Vermögensgegenständen im Rahmen der kommunalen Haushaltswirtschaft" sowie aus dem Ort der Veröffentlichung, dem Amtsblatt.

b) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Runderlaß sei keine "Rechtsvorschrift" im Sinne des § 49 Abs. 4 DDR-Kommunalverfassung, durch die der zuständige Minister Rechtsgeschäfte (u.a.) dann von der Genehmigungspflicht freistellen konnte, wenn bestimmte Wertgrenzen oder Grundstücksgrößen nicht überschritten wurden. Dies wird der Verfassungs- und Rechtslage der DDR, die Grundlage des Gesetzesbeschlusses der Volkskammer zur Schaffung der Kommunalverfassung war, nicht gerecht. Zwar sollten seinerzeit im Hinblick auf die bevorstehende Wiedervereinigung Deutschlands die in den Ländern der Bundesrepublik allgemein gültigen und in der kommunalen Praxis bewährten normativen Regelungen der verschiedenen Kommunalgesetze erfaßt, verarbeitet und für die kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR nutzbar gemacht werden. Zugleich sollte aber auch Eigenständiges seinen Platz finden (Petzold, DÖV 1990, 816, 818). Hierzu gehört der in der ehemaligen DDR gesetzestechnisch häufig verwendete Begriff der "Rechtsvorschrift", der sowohl Gesetze oder Satzungen als auch Durchführungsbestimmungen sowie im Einzelfall ergangene Beschlüsse und Anordnungen erfaßte (Autorenkollektiv , Staatsrecht der DDR - Lehrbuch, 2. Aufl. [1984] S. 386). Bei Inkrafttreten der DDR-Kommunalverfassung waren die Mitglieder des Ministerrates
nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes über den Ministerrat der DDR vom 16. Oktober 1972 (GBl I, 253) noch befugt, Rechtsvorschriften auch in Form von Anordnungen und Durchführungsbestimmungen zu erlassen. In diesen Rahmen fügt sich die dem zuständigen Minister in § 49 Abs. 4 erteilte Ermächtigung.

c) Durch den Runderlaß ist der Kaufvertrag der Parteien von der Genehmigungspflicht freigestellt worden.
aa) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist der Senat nicht nach § 549 Abs. 1 ZPO daran gehindert, die abweichende Auffassung des Berufungsgerichts zu überprüfen. Zwar können in Form von "Richtlinien" ergangene allgemeine Verwaltungsanordnungen Vorschriften im Sinne des Revisionsrechts sein, wenn sie rechtliche Außenwirkungen entfalten, etwa das Ermessen der ausgewiesenen Stelle binden (BGH, Urt. v. 29. Oktober 1969, I ZR 72/67, MDR 1970, 210 m.w.N.) oder das Gesetz im Rahmen eines Beurteilungsspielraums interpretieren (vgl. BGHZ 124, 327, 332). Hierzu zählt der Runderlaß vom 22. April 1991 indessen nicht. Er stellte keine von den Adressaten , den Gemeinden, im Grundstücksverkehr zu beachtenden Regeln auf, sondern ordnete unmittelbar und ohne Raum für weitere Vollzugshandlungen an, daß bestimmte Grundstücksgeschäfte keiner Genehmigung bedurften. Seinem Rechtscharakter nach stellte er die Zusammenfassung einer Vielzahl, inhaltlich gleicher Einzelanordnungen gegenüber einem allgemein, nämlich als Träger der örtlichen Selbstverwaltung bestimmten, Personenkreis dar. Der Erlaß entsprach damit nach Inhalt und Adressatenkreis einer Allgemeinverfügung im Sinne des überkommenen Verwaltungsrechts (vgl. § 35 Satz 2 VwVfG des Bundes). Dies liegt außerhalb des Bereiches des § 549 Abs. 1 ZPO.
bb) Bedenken gegen die Wirksamkeit des Erlasses im Hinblick auf den vom Berufungsgericht herangezogenen Art. 80 GG oder das entsprechende Landesrecht (gegenwärtig Art. 57 der Verfassung des Landes MecklenburgVorpommern vom 23. Mai 1993, GVOBl. S. 372) bestehen nicht. Der Verfassungsvorbehalt hat die Normsetzung durch die Exekutive, nicht Verwaltungsmaßnahmen im Vollzug von Gesetzen zum Gegenstand. Die allgemeinen Gesichtspunkte des Vorbehalts und des Vorrangs des Gesetzes sind gewahrt.
cc) Der Inhalt des Runderlasses ist durch Auslegung anhand des für Verwaltungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des öffentlichen Rechts heranzuziehenden § 133 BGB (BVerwGE 60, 228; 67, 234, 308; vgl. auch BGH, Beschl. v. 12. April 1983, 5 StR 513/82, NJW 1983, 1686) zu bestimmen. Danach hat der Erlaß die Genehmigungsfreiheit des Geschäfts der Parteien herbeigeführt. Eine Rückwirkung ist hiermit, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, nicht verbunden. Der Vertrag der Parteien ist nicht rückwirkend mit dem Tag seines Abschlusses, sondern ab Inkrafttreten des Runderlasses wirksam geworden.

d) Mit Erfolg wendet sich die Revision schließlich gegen die Überlegung des Berufungsgerichts, die durch den Runderlaß geforderten Voraussetzungen der Genehmigungsfreiheit seien nicht erfüllt, weil der Wert der den Kläger treffenden Investitionsverpflichtung den Betrag von 50.000 DM übersteige. Bezugsgröße für die Genehmigungsfreiheit ist nach Ziff. 1 des Runderlasses allein der Veräußerungspreis. Unabhängig davon ist nach Ziff. 2 des Runderlasses der Kaufvertrag genehmigungsfrei, wenn die Grundstücksgröße, wie hier, 15.000 qm nicht überschreitet.

e) Die Aufhebung des Runderlasses durch Bekanntmachung des Innenministers vom 4. Juni 1992 ist ohne Einfluß auf die einmal eingetretene Wirksamkeit des Kaufvertrags geblieben. Dies gilt schon deshalb, weil sich die Bekanntmachung keine Rückwirkung beimißt. Der frühere Runderlaß wird gemäß Ziff. 8 mit sofortiger Wirkung - also für die Zukunft - außer Kraft gesetzt. Der Bescheid des Landrats vom 13. Mai 1993 enthält keinen kassatorischen Ausspruch. Er bringt unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 4. Juni 1992 nur zum Ausdruck, daß eine Genehmigung nicht erteilt werde. Dies geht ins Leere.
2. Auch die Überlegungen des Berufungsgerichts zum Wegfall der Geschäftsgrundlage haben keinen Bestand. Das Berufungsgericht hat zwar, was die Revision nicht bezweifelt, im Ausgangspunkt zutreffend festgestellt, daß die Vorstellungen der Parteien über die Planung des Klägers, auf dem gekauften Gelände eine Bootswerft sowie angrenzend einen Sportboothafen zu errichten, nicht lediglich Kalkulationsgrundlage des Kaufpreises, sondern darüber hinaus Geschäftsgrundlage des Vertrages waren. Das Berufungsurteil läßt aber außer acht, daß es grundsätzlich Sache der Parteien ist, sich gegen voraussehbare Störungen der Geschäftsgrundlage und die dadurch drohenden Nachteile abzusichern ; für eine nachträgliche Berücksichtigung solcher Störungen ist regelmäßig kein Raum (Senat, BGHZ 74, 370, 374 m.w.N.). So liegen die Dinge hier. Die Beklagte hat die Risiken der Planverwirklichung erkannt. Denn sie hat vor Vertragsschluß durch Beschluß der Gemeindevertreter vom 1. Oktober 1990 als Vertragsbedingung neben einem sofortigen Baubeginn von Bootsschuppen und Gebäuden ein Rückkaufsrecht für sich selbst festgelegt. Ein Rückkaufsrecht der Beklagten ist dann zwar nicht zum Vertragsinhalt geworden. Die Revision rügt aber zu Recht, daß das Berufungsgericht den Kaufver-
trag nicht erschöpfend gewürdigt hat. In dessen § 12 ist nämlich festgelegt, daß es Sache des Käufers sein sollte, die für die Errichtung der Bootswerft erforderliche Genehmigungen zu beschaffen, während die Verkäuferin keine Gewähr für die Eignung des Grundstücks zum Betrieb einer Bootswerft und dafür, daß der Käufer die erforderlichen Genehmigungen erlangt, übernommen hat. Die Parteien haben somit den Fall des Scheiterns der Planungen des Klägers wegen fehlender Genehmigungen dahingehend geregelt, daß dem Kläger kein Rücktrittsrecht zustehen sollte. Der Beklagten, die von der zusätzlichen Möglichkeit, sich selbst entsprechend dem Beschluß der Gemeindevertretung im Vertrag ein Rücktrittsrecht vorzubehalten, keinen Gebrauch gemacht hat, ist es verwehrt, sich nunmehr, nach Verwirklichung des Risikos, auf eine Rückabwicklung des Vertrages zu berufen.
Keinen Bestand verleiht dem Berufungsurteil auch die weitere Überlegung , die Planungen des Klägers seien inzwischen nicht mehr zu verwirklichen , weil die Beklagte einen Bebauungsplan aufgestellt hat, der das im Streit befindliche Gelände als Grünfläche ausweist. Dies rechtfertigt es nicht, sich aus den eingegangenen Verpflichtungen zu lösen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann derjenige, der die entscheidende Ä nderung der Verhältnisse selbst bewirkt hat, aus dem dadurch herbeigeführten Wegfall der Geschäftsgrundlage keine Rechte herleiten (BGHZ 129, 297/310; BGH, Urt. v. 11. März 1993, I ZR 27/91, NJW-RR 1993, 880, 881).

III.


Das angefochtene Urteil kann auch nicht aus anderen Gründen aufrechterhalten werden. Vielmehr ist die Sache zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts entscheidungsreif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).
Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht eine Sittenwidrigkeit des Vertrages verneint. Zwar ist es - ohne allerdings nähere Feststellungen dazu zu treffen - davon ausgegangen, der objektive Verkehrswert vergleichbarer Grundstücke sei bei Vertragsabschluß mehr als doppelt so hoch wie der vereinbarte Kaufpreis gewesen. Nach der Rechtsprechung des Senats kann in einem solchen Falle ein besonders grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung angenommen werden; das Mißverhältnis kann den Schluß auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zulassen. Der Rückschluß aus dem Wertverhältnis gilt aber nicht ausnahmslos, unter besonderen Umständen läßt er sich nicht ziehen (Senat, Urt. v. 21. März 1997, V ZR 355/95, WM 1997, 1155, 1156). Das ist, ohne daß es noch weiterer Feststellungen bedürfte , hier der Fall. Denn die Parteien haben, wovon das Berufungsgericht unangefochten ausgeht, den Kaufvertrag nicht vor dem Hintergrund falscher Vorstellungen über den tatsächlichen Wert des Grundstücks geschlossen. Vielmehr hat die Beklagte aus Interesse an der Schaffung neuer Arbeitsplätze und
der Förderung des Fremdenverkehrs den - niedrigen - Kaufpreis in Kenntnis des Verkehrswerts vereinbart.
Wenzel Tropf Schneider Klein Lemke

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

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(2) Gleiches gilt für den Ablösungsbetrag selbst. Auch insoweit enthält die Vertragsbestimmung keine ausdrücklich formulierten Auszahlungsvoraussetzungen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde lassen sie sich auch nicht aus dem Sinngehalt der Regelung entnehmen. Das wäre allenfalls dann möglich, wenn die Ablösung vertragsgemäß zu einer Löschung der Grundpfandrechte führen sollte. Denn hier würde nach der - vorliegend erfolgten - Erteilung der Löschungsbewilligungen durch die Grundpfandrechtsgläubigerin kein Grund bestehen, den Ablösungsbetrag zurückzuhalten. Die Regelung sieht indes vor, dass der Beteiligte zu 1 auf seinen Wunsch auch die Abtretung der Grundpfandrechte an das die Ablösung finanzierende Institut beanspruchen kann. Bis zu welchem Zeitpunkt er das Abtretungsverlangen geltend machen muss, andernfalls der Notar zu einer Auszahlung des Ablösungsbetrags berechtigt sein soll, ergibt sich jedoch nicht. Auch das für diesen Fall in Bezug auf die Ablösung vorgesehene weitere Verfahren, durch das die Übertragung der Grundpfandrechte sicherzustellen ist, erfährt keine Regelung. Die Weisungslage stellt sich insoweit zumindest als unklar dar, was einer Auszahlung des Verwahrungsguthabens entgegensteht (Müller-Magdeburg, aaO, Rn. 286).