Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Okt. 2003 - V ZB 72/02
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 925,54 €.
Gründe:
I.
Die Klägerin ist mit ihren Anträgen auf Feststellung, daß sie Eigentümerin der Teilfläche eines Grundstücks ist, hilfsweise auf Verurteilung des Beklagten , ihr eine Teilfläche zu übertragen, vor dem Amtsgericht unterlegen. Das Landgericht hat ihre Berufung als unzulässig verworfen (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), da die Beschwer aus dem Hauptantrag lediglich 175,24 € betrage, zu dem eine Beschwer aus zwei Zahlungsanträgen von insgesamt 304,81 € hinzutrete. Gegen den Beschluß des Landgerichts richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
II.
Die Beschwerde ist zwar unbeschadet des Umstandes, daß die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO nicht überschritten wird (Senat, Beschl. v. 19. September 2002, V ZB 31/02, NJW-RR 2003, 132), nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO, statthaft. Sie ist aber als unzulässig zu verwerfen, weil die Rechtsfrage, deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit die Beschwerdeführerin darlegt (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, Grundsatzfrage), nicht entscheidungserheblich ist.
1. Das Berufungsgericht bewertet die Teilfläche, die Gegenstand des Feststellungsantrags ist, unabhängig von den Wertverhältnissen des Grundstücks , zu dessen Bestandteilen sie zählt. Es geht von einer Größe der Teilfläche von 9,14 qm aus und meint, Dritte wären, wenn sie überhaupt an so kleinen Flächen Interesse hätten, nicht bereit, hierfür den für das Grundstück selbst und das Nachbargrundstück der Klägerin geltenden Bodenrichtwert (70 €/qm) zu entrichten. Im äußersten Falle erscheine ein Wert von 50 DM/qm, wie in der Klageschrift angegeben, gerechtfertigt. Der Wert der Fläche betrage danach 233,66 € (457 DM), auf den positiven Feststellungsantrag entfielen hiervon 75 v.H.
Die Klägerin legt dar, daß die Bewertung minimaler Teilflächen in Rechtsprechung und Literatur ungeklärt ist und in der Rechtspraxis, insbesondere (wie hier) bei Streitigkeiten unter Nachbarn, der Klärung bedürfe. Sie meint, eine eigenständige Bewertung der Kleinfläche ohne Rücksicht auf die Wertverhältnisse des Grundstücks, zu der sie zähle, oder des Nachbargrundstücks, dem sie im Ergebnis zugeschlagen werde, verstoße gegen § 6 ZPO. Es sei mithin der Bodenrichtwert von 70 €/qm zugrunde zu legen. Dies führe, zusam-
men mit den weiterverfolgten Zahlungsanträgen, zu einem über 600 € zu bewertenden Beschwerdegegenstand.
2. Die Rechtsfrage ist indessen für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nicht erheblich.
a) Das Berufungsgericht hat übersehen, daß der Feststellungsantrag nicht eine Fläche von 9,14 qm, sondern eine solche von 24,24 qm zum Gegenstand hat. Im Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts ist zwar die Flächengröße mit 12,19 x 0,75 m, also 9,14 qm, wiedergegeben. Dies entspricht der Formulierung des Feststellungsantrags in der Klageschrift. In der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2000 hat der Kläger den Feststellungsantrag aber dahin korrigiert, daß für ihn die Grundstücksmaße aus dem zugleich verlesenen Hilfsantrag gelten. Hilfsweise zu übertragen ist nach dem Antrag des Klägers aber eine Fläche von 24,32 qm. Die Feststellungen im Sitzungsprotokoll entkräften die Beweiskraft des Tatbestandes (§ 314 ZPO). In der Berufungsbegründung hat die Klägerin zwar die Antragsfassung der Klageschrift übernommen. Dies ist aber ein erkennbares Versehen. Im übrigen hat das Berufungsgericht außer acht gelassen, daß die Klägerin beide abgewiesenen Anträge, den Feststellungsantrag und den Hilfsantrag auf Übereignung, im Berufungsverfahren aufrechterhalten hat. Wenn der Feststellungsantrag eine kleinere Fläche zum Gegenstand hätte, wäre für die Bewertung des Beschwerdegegenstandes der höhere Wert des Hilfsantrags maßgebend (§§ 2, 5 ZPO; Musielak/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 5 Rdn. 4). Der Verkehrswert der Fläche, die Gegenstand beider Anträge, in jedem Falle aber des Hilfsantrags ist, beläuft sich bei dem vom Landgericht herangezogenen Preis von 50 DM/qm auf 1.216 DM = 621,73 €. Zusammen mit den in der Berufungsinstanz weiter ver-
folgten Zahlungsansprüchen übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes in jedem Fall die Grenze von 600 €.
b) Die Rechtsfrage, nach welchen Gesichtspunkten sich der Wert einer geringfügigen Teilfläche bestimmt, kann mithin dahinstehen. Die zusätzlichen Rechtsfehler des Berufungsurteils, das unzutreffende Verständnis vom Hauptantrag der Klägerin (§ 308 ZPO) und die Außerachtlassung der §§ 2, 5 ZPO, sind nicht zulassungsrelevant. Beruht eine falsche Entscheidung alternativ auf mehreren Rechtsfehlern, ist der Zugang zur Revision verschlossen, wenn sich darunter einer befindet, an dessen Bereinigung kein öffentliches Interesse im Sinne der Zulassungsgründe dargelegt wird (vgl. auch BGH, Beschl. v. 7. Januar 2003, X ZR 82/02, für BGHZ 153, 254 best.).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Lemke
Gaier Schmidt-Räntsch
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Annotations
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.
Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.
Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.
Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.
Kommt es nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder des Gerichtsverfassungsgesetzes auf den Wert des Streitgegenstandes, des Beschwerdegegenstandes, der Beschwer oder der Verurteilung an, so gelten die nachfolgenden Vorschriften.
Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet; dies gilt nicht für den Gegenstand der Klage und der Widerklage.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)