Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Okt. 2015 - StB 14/15

published on 29/10/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Okt. 2015 - StB 14/15
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
S t B 1 4 / 1 5
vom
29. Oktober 2015
in dem Strafverfahren
gegen
wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland u.a.
hier: Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftbefehl des Ermittlungsrichters
des Bundesgerichtshofs vom 14. Oktober 2014 und die Haftfortdauerbeschlüsse
des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom
18. und vom 20. Mai 2015
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Beschwerdeführers und seiner Verteidiger am
29. Oktober 2015 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. Oktober 2014 (2 BGs 432/14) und die Haftfortdauerbeschlüsse des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. und vom 20. Mai 2015 ( ) wird verworfen. Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.


1
Der Angeklagte, ein deutscher und marokkanischer Staatsangehöriger, wurde aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. Oktober 2014 (2 BGs 432/14) am 15. Oktober 2014 festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.
2
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeklagte sei im Juli 2013 aus der Bundesrepublik Deutschland nach Syrien ausgereist und habe sich der dort bestehenden Organisation "Jabhat an-nusra li-ahli ash-sham (Hilfsfront für das Volk Großsyriens; JaN)" angeschlossen, deren Zwecke und deren Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen. Nach einer Waffenausbildung habe er ab September 2013 bis zu seiner Rückkehr nach Deutschland im Juni 2014 in der syrischen Region Idlib die Ziele dieser Organisation dadurch gefördert, dass er in deren dort eingerichteten Kontrollposten Wachdienste verrichtet und an den Lagebesprechungen der örtlichen Kräfte teilgenommen habe (mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Organisation im Ausland außerhalb der Europäischen Union, strafbar nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB).
3
Wegen dieses Sachverhalts hat der Generalbundesanwalt gegen den Angeklagten unter dem 30. März 2015 Anklage beim Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main erhoben. Der Senat hat am 30. April 2015 (AK 9/15) Haftfortdauer über sechs Monate hinaus angeordnet. Nach mündlicher Haftprüfung hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 18. Mai 2015 ( ) die Untersuchungshaft aufrechterhalten. Am 20. Mai 2015 hat es das Hauptverfahren eröffnet und wiederum die Fortdauer der Untersuchungshaft beschlossen. Die am 16. Juni 2015 begonnene Hauptverhandlung dauert noch an.
4
Mit der am 14. September 2015 eingelegten Beschwerde beantragen die Verteidiger des Angeklagten, den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 14. Oktober 2014 in der Form der Haftfortdauerbeschlüsse des Oberlandesgerichts vom 18. und vom 20. Mai 2015 aufzuheben, hilfsweise , den Haftbefehl unter geeigneten Auflagen außer Vollzug zu setzen. Das Oberlandesgericht hat am 28. September 2015 beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

II.


5
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
6
1. Der Angeklagte ist des ihm in dem Haftbefehl vorgeworfenen Tatgeschehens weiterhin dringend verdächtig.
7
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschlüsse vom 5. Februar 2015 - StB 1/15; BGHR, StPO, § 304 Abs. 4 Haftbefehl 3; vom 22. Oktober 2012 - StB 12/12, NJW 2013, 247, 248; vom 19. Dezember 2003 - StB 21/03, StV 2004, 143; vom 2. September 2003 - StB 11/03, NStZRR 2003, 368) unterliegt die Beurteilung des dringenden Tatverdachts, die das erkennende Gericht während laufender Hauptverhandlung vornimmt, im Haftbeschwerdeverfahren nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht. Allein das Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattfindet , ist in der Lage, deren Ergebnisse aus eigener Anschauung festzustellen und zu würdigen sowie auf dieser Grundlage zu bewerten, ob der dringende Tatverdacht nach dem erreichten Verfahrensstand noch fortbesteht oder dies nicht der Fall ist. Das Beschwerdegericht hat demgegenüber keine eigenen unmittelbaren Erkenntnisse über den Verlauf der Beweisaufnahme. Allerdings muss das Beschwerdegericht in die Lage versetzt werden, seine Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten auf einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage zu treffen, damit den erhöhten Anforderungen, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die Begründungstiefe von Haftfortdauerentscheidungen zu stellen sind (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2013 - 2 BvR 2098/12, StV 2013, 640), ausreichend Rechnung getragen werden kann. Daraus folgt indes nicht, dass das Tatgericht alle bislang erhobenen Beweise in der von ihm zu treffenden Entscheidung ei- ner umfassenden Darstellung und Würdigung unterziehen muss. Die abschließende Bewertung der Beweise durch das Oberlandesgericht und ihre entsprechende Darlegung ist den Urteilsgründen vorbehalten. Das Haftbeschwerdeverfahren führt insoweit nicht zu einem über die Nachprüfung des dringenden Tatverdachts hinausgehenden Zwischenverfahren, in dem sich das Tatgericht zu Inhalt und Ergebnis aller Beweiserhebungen erklären müsste.
8
b) Nach diesen Maßstäben hat das Oberlandesgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 28. September 2015 (dort S. 3 bis 14) hinreichend konkret dargelegt, dass es entgegen der Auffassung der Beschwerde die durch Vernehmungsbeamte eingeführten Aussagen der dem Angeklagten nach Syrien nachgereisten Zeugin B. bei der Polizei, auf die sich Haftbefehl und Anklage im Wesentlichen stützen, nach vorläufiger Einschätzung für glaubhaft hält. Auf diese umfassenden und widerspruchsfreien Ausführungen nimmt der Senat Bezug. Sie setzen sich insbesondere eingehend mit dem Einwand der Beschwerde auseinander, der Zeugin seien die Verhältnisse in Syrien und die am dortigen Bürgerkrieg beteiligten Gruppierungen weitgehend unbekannt geblieben , weshalb ihr eine Verwechslung der "Jabhat an-nusra" mit dem Verband "Jabhat al-islamiyya" unterlaufen sei. Eine solche Verwechslung schließt das Oberlandesgericht in erster Linie deshalb aus, weil sich nach dem Gutachten des in der Beweisaufnahme angehörten Sachverständigen Dr. S. einzelne zur Identifizierung der Gruppierung geeignete Details der Aussage mit den tatsächlichen Verhältnissen decken, während die abweichende Einlassung des Angeklagten, er habe sich lediglich in "zivilen" Kreisen der "Jabhat alislamiyya" bewegt, im Kern nicht plausibel erscheine.
9
Soweit die Verteidigung einwendet, der Nichtabhilfebeschluss stelle das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme "einseitig belastend" dar, verschweige insbesondere entscheidungserhebliche Erklärungen des Sachverständigen oder gebe sie "so derart entstellt oder verfälscht" wieder, "dass aus einer entlastenden Erklärung eine vermeintlich belastende Erklärung wird", kann der Senat keine Anhaltspunkte für eine solche Voreingenommenheit des Oberlandesgerichts gegenüber dem Angeklagten gewinnen. Im Übrigen entzieht sich die Frage, ob eine Beweiserhebung in der Hauptverhandlung zu einem anderen Ergebnis geführt hat als vom erkennenden Gericht beschrieben, der näheren Überprüfung durch das Beschwerdegericht, denn nach den eingangs dargelegten Grundsätzen kann dieses den Verlauf der Beweisaufnahme nicht rekonstruieren.
10
2. Es besteht weiterhin jedenfalls der Haftgrund der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO); der Zweck der Untersuchungshaft kann nach wie vor nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 Abs. 1 StPO). Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Gründe seines Beschlusses vom 30. April 2015 (AK 9/15). Sie werden durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet, zumal hinzutritt, dass sich die gesondert verfolgte M. zwischenzeitlich vom Angeklagten getrennt hat. Auch das Oberlandesgericht kommt im Nichtabhilfebeschluss vom 28. September 2015 zu dem Ergebnis , dass im Falle einer Freilassung des Angeklagten die weitere Durchführung des Verfahrens gefährdet wäre. Es hält weder Meldeauflagen noch eine elektronische Überwachung des Aufenthaltsorts für geeignet, den Zweck der Untersuchungshaft zu erreichen. Für diese unter dem unmittelbaren persönlichen Eindruck in der Hauptverhandlung gewonnene Einschätzung kann nichts anderes gelten als - wie oben dargelegt - für die Beurteilung des dringenden Tatverdachts. Was eine Passhinterlegung oder eine mögliche Sicherheitsleis- tung betrifft, schließt sich der Senat den Darlegungen des Oberlandesgerichts im Beschluss vom 18. Mai 2015 (dort S. 4) an.
11
3. In Anbetracht des bisherigen Verlaufs der Hauptverhandlung insgesamt bewertet der Senat allein den Umstand, dass an vier Tagen lediglich Termine mit einer Dauer zwischen etwa 15 Minuten und einer Stunde zehn Minuten stattgefunden haben, entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht als Verstoß gegen das für Haftsachen geltende Gebot besonderer Beschleunigung.
12
4. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe.
Becker Hubert Mayer
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Annotations

(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.

(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen

1.
festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält,
2.
bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde (Fluchtgefahr), oder
3.
das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet, er werde
a)
Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen, unterdrücken oder fälschen oder
b)
auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder
c)
andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).

(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder § 13 Absatz 1 des Völkerstrafgesetzbuches oder § 129a Abs. 1 oder Abs. 2, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, oder nach den §§ 176c, 176d, 211, 212, 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden ist, nach § 308 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.

(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich

1.
die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle zu melden,
2.
die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde zu verlassen,
3.
die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten Person zu verlassen,
4.
die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten oder einen anderen.

(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.

(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach § 112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.

(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis 3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn

1.
der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen gröblich zuwiderhandelt,
2.
der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
3.
neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen.