vorgehend
Kammergericht, , Kart 24/97

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KVR 23/98
vom
19. Juni 2007
in der Kartellverwaltungssache
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juni 2007 durch den Präsidenten
des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Dr. Raum, Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes beträgt bis zur übereinstimmenden Erklärung der Erledigung in der Hauptsache 511.291,88 €. Danach beträgt der Gegenstandswert 36.420,60 €.

Gründe:


1
I. Das betroffene Land Berlin fordert u.a. im Rahmen der Vergabe von Straßenbauaufträgen eine so genannte Tariftreueerklärung, mit der sich die Bieter für den Fall der Auftragsvergabe verpflichten, ihre zur Erledigung des Auftrags eingesetzten Mitarbeiter nicht unter den jeweils geltenden Berliner Lohntarifen zu entlohnen. Diese Übung ging zunächst auf ein entsprechendes Rundschreiben der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen zurück.
2
Diese Maßnahme des betroffenen Landes richtete sich in erster Linie gegen tarifvertraglich nicht gebundene Bieter mit Sitz in Berlin oder in den neuen Bundesländern , für die aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrags für das Bauhauptgewerbe ein Mindestlohn von 16 DM (West) oder 15,14 DM (Ost) galt; dieser Mindestlohn war nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz auch für ausländische Arbeitgeber maßgeblich. Die Berliner Tariflöhne lagen deutlich höher, der Ecklohn für einen Facharbeiter etwa bei 25,26 DM.
3
Das Bundeskartellamt hat diese Maßnahme mit der Begründung beanstandet , bei der Vergabe von Straßenbauaufträgen verstoße die beschriebene Übung gegen das Diskriminierungs- und Behinderungsverbot nach § 26 Abs. 2 Satz 1 GWB a.F. (jetzt § 20 Abs. 1 GWB) sowie gegen das Preisbindungsverbot nach § 15 GWB a.F., und es dem betroffenen Land untersagt, Straßenbauaufträge nur an Unternehmen zu vergeben, die eine solche Erklärung abgegeben haben, die Erklärung bei Vergabe derartiger Aufträge zum Vertragsbestandteil zu machen und Auftragnehmer bei einem Verstoß von der Vergabe öffentlicher Aufträge auszuschließen. Ferner hat das Bundeskartellamt dem betroffenen Land verboten, das in Rede stehende Rundschreiben in Bezug auf Straßenbauarbeiten in Kraft zu lassen, seine Adressaten über die Außerkraftsetzung in Unkenntnis zu halten und mit neuen Rundschreiben vergleichbaren Inhalts oder auf sonstige Weise auf die Bezirke mit dem Ziel einzuwirken, das untersagte Verhalten durchzusetzen (BKartA WuW/E Verg 7). Die gegen diese Untersagungsverfügung gerichtete Beschwerde des betroffenen Landes hat das Kammergericht zurückgewiesen (KG WuW/E Verg 111).
4
Hiergegen hatte sich die (zugelassene) Rechtsbeschwerde gerichtet, mit der das betroffene Land seinen Antrag auf Aufhebung der Untersagungsverfügung weiterverfolgt hat. Das Bundeskartellamt war der Rechtsbeschwerde entgegengetreten.
5
Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist das Berliner Vergabegesetz (VgG Bln) vom 9. Juli 1999 (GVBl. S. 369) in Kraft getreten. § 1 dieses Gesetzes schreibt den Vergabestellen die Forderung einer Tariftreueerklärung vor, ohne da- nach zu unterscheiden, ob das Land als Nachfrager von Bauleistungen eine marktbeherrschende Stellung innehat und deswegen Normadressat des § 20 Abs. 1 GWB ist.
6
Mit Beschluss vom 18. Januar 2000 (WuW/E Verg 297 – Tariftreueerklärung II) hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und die Sache gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 BVerfGG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung über die Frage vorgelegt, ob § 1 Abs. 1 Satz 2 des Berliner Vergabegesetzes vom 9. Juli 1999 mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, mit Art. 31 GG – i.V. mit § 5 TVG und i.V. mit § 20 Abs. 1 GWB – sowie mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar ist. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage mit Beschluss vom 11. Juli 2006 (WuW/E Verg 1273) bejaht. Daraufhin hat das Bundeskartellamt erklärt, dass es aus der streitgegenständlichen Verfügung keine Rechte mehr herleite. Beide Beteiligten haben das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.

7
II. Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen hat der Senat nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, und zwar hinsichtlich beider gerichtlicher Instanzen; denn der Beschluss des Kammergerichts ist im Umfang der Hauptsacheerledigung auch im Kostenpunkt unwirksam geworden (BGH, Beschl. v. 29.10.1985 – KVR 4/83, WuW/E 2207, 2208 – Lufthansa/f.i.r.s.t. Reisebüro).
8
Nach § 78 GWB i.V. mit § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist über die Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten Kartellverwaltungsprozesses nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Dabei genügt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht (BGH WuW/E 2207, 2208 – Lufthansa/f.i.r.s.t. Reisebüro; BGH, Beschl. v. 16.11.1999 – KVR 10/98, WuW/E DE-R 420, 421 – Erledigte Beschwerde; Beschl. v. 31.5.2006 – KVR 1/05, WuW/E DE-R 1783, 1785 – Call-Option).
9
Danach sind die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben, ohne dass abschließend darüber zu entscheiden ist, ob das betroffene Land ohne das Inkrafttreten des Berliner Vergabegesetzes voraussichtlich unterlegen wäre.
10
1. Das Bundeskartellamt hat sich durch die Erklärung, aus der angegriffenen Untersagungsverfügung keine Rechte mehr herleiten zu wollen, schon deswegen nicht freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben, weil es damit einer nachträglichen Gesetzesänderung Rechnung getragen hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.12.1993 – I B 133/92, juris Tz. 3). Für die unter Billigkeitsgesichtspunkten zu treffende Kostenentscheidung kommt es in einem solchen Fall darauf an, wie der Rechtsstreit ohne die Gesetzesänderung voraussichtlich entschieden worden wäre (vgl. Bracher in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, § 78 GWB 1999 Rdn. 21; Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 161 Rdn. 91).
11
Allerdings kann es gerechtfertigt sein, der Behörde die Mehrkosten aufzuerlegen , wenn sie die Erklärung, aus der Untersagungsverfügung keine Rechte mehr herleiten zu wollen, nicht unmittelbar nach der Gesetzesänderung, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt abgibt (vgl. BVerwG NVwZ 1989, 47, 48; zu § 91a ZPO: OLG Koblenz, Beschl. v. 28.3.1996 – 5 U 819/95, juris; OLG Rostock, NJOZ 2006, 2563; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 91a Rdn. 25). Diese Einschränkung findet aber dann keine Anwendung, wenn zum Zeitpunkt der zu treffenden Kostenentscheidung offen ist, ob das Gesetz, das der angegriffenen Verfügung die Grundlage entzogen hat, mit vorrangigem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Wie der Senatsentscheidung vom 18. Januar 2000 unter B I 4 zu entnehmen ist (BGH WuW/E Verg 297, 306 f.; vgl. ferner BVerfG WuW/E Verg 1273, 1274; Vorlagebeschluss des OLG Celle v. 3.8.2006 – WuW/E Verg 1261), stehen im Streitfall derartige Bedenken im Raum, die ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG erforderlich gemacht hätten. Unter diesen Umständen gereicht es dem Bundeskartellamt nicht von vornherein zum Nachteil, dass es die Erklärung , aus der Untersagungsverfügung keine Rechte mehr herleiten zu wollen, nicht unmittelbar nach Inkrafttreten des Berliner Vergabegesetzes abgegeben hat.
12
2. Die vom betroffenen Land aufgeworfene Frage nach der Unternehmenseigenschaft des Landes kann im summarischen Verfahren nicht abschließend geklärt werden. Im Vorlagebeschluss vom 18. Januar 2000 (WuW/E Verg 297 – Tariftreueerklärung II) ist der Senat von der Unternehmenseigenschaft des Landes als selbstverständlich ausgegangen. Grundlage hierfür war die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die öffentliche Hand als Unternehmen im Sinne der Bestimmungen des deutschen Kartellrechts tätig wird, wenn sie im Rahmen der Beschaffung Waren oder Leistungen nachfragt und sich dabei der Formen des Privatrechts bedient. Auf die Frage, ob die mit den Mitteln des Privatrechts beschafften Waren oder Dienstleistungen im Rahmen einer hoheitlichen Tätigkeit der öffentlichen Hand verwendet werden sollen, kommt es dabei nicht an (BGHZ 36, 91, 103 – Gummistrümpfe; BGH, Urt. v. 12.3.1991 – KZR 26/89, WuW/E 2707, 2714 – Krankentransportunternehmen II; Urt. v. 22.3.1994 – KZR 3/93, WuW/E 2919, 2921 – orthopädisches Schuhwerk; Urt. v. 11.12.2001 – KZR 5/00, WuW/E DE-R 839, 841 – Privater Pflegedienst; Urt. v. 24.6.2003 – KZR 32/01, WuW/E DE-R 1144, 1145 – Schülertransporte). Demgegenüber haben das Gericht erster Instanz und der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Übereinstimmung mit der Europäischen Kommission in den in der Rechtssache FENIN ergangenen Entscheidungen für das europäische Kartellrecht angenommen, dass der nichtwirtschaftliche Charakter der späteren Verwendung des erworbenen Erzeugnisses den Charakter der Einkaufstätigkeit bestimmt (EuG, Urt. v. 4.3.2003 – T-319/99, Slg. 2003, II-357 Tz. 36 ff. = WuW/E EU-R 688; EuGH, Urt. v. 11.7.2006, C-205/03, Slg. 2006, I-6295 Tz. 26 = WuW/E EU-R 1213). Die Frage, ob aufgrund dieser Entscheidungen Anlass besteht, die gefestigte Rechtsprechung zum Unternehmensbegriff im deutschen Recht einer Überprüfung zu unterziehen, kann im summarischen Verfahren nicht beantwortet werden.
13
3. Unter diesen Umständen entspricht es im Hinblick auf den ungewissen Ausgang, den das Verfahren ohne die Regelung im Berliner Vergabegesetz genommen hätte, billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben.
Hirsch Bornkamm Raum
Meier-Beck Kirchhoff
Vorinstanz:
KG Berlin, Entscheidung vom 20.05.1998 - Kart 24/97 -

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(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassu

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(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete: 1. das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat

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(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag de

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(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein. (2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift d

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Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 26 Anerkennung


(1) Die Anerkennung erfolgt durch Verfügung der Kartellbehörde. Sie hat zum Inhalt, dass die Kartellbehörde von den ihr nach Kapitel 6 zustehenden Befugnissen keinen Gebrauch machen wird. (2) Soweit eine Wettbewerbsregel gegen das Verbot des § 1

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Dez. 2001 - KZR 5/00

bei uns veröffentlicht am 11.12.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 5/00 Verkündet am: 11. Dezember 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Juni 2003 - KZR 32/01

bei uns veröffentlicht am 24.06.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 32/01 Verkündet am: 24. Juni 2003 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Schüle

Referenzen

(1) Die Anerkennung erfolgt durch Verfügung der Kartellbehörde. Sie hat zum Inhalt, dass die Kartellbehörde von den ihr nach Kapitel 6 zustehenden Befugnissen keinen Gebrauch machen wird.

(2) Soweit eine Wettbewerbsregel gegen das Verbot des § 1 verstößt und nicht nach den §§ 2 und 3 freigestellt ist oder andere Bestimmungen dieses Gesetzes, des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb oder eine andere Rechtsvorschrift verletzt, hat die Kartellbehörde den Antrag auf Anerkennung abzulehnen.

(3) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen haben die Außerkraftsetzung von ihnen aufgestellter, anerkannter Wettbewerbsregeln der Kartellbehörde mitzuteilen.

(4) Die Kartellbehörde hat die Anerkennung zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn sie nachträglich feststellt, dass die Voraussetzungen für die Ablehnung der Anerkennung nach Absatz 2 vorliegen.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.

(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 100 Abs. 1 des Grundgesetzes gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein.

(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist. Die Akten sind beizufügen.

(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit der Rechtsvorschrift durch einen Prozeßbeteiligten.

(1) Die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich auf folgende Gebiete:

1.
das bürgerliche Recht, das Strafrecht, die Gerichtsverfassung, das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die Rechtsanwaltschaft, das Notariat und die Rechtsberatung;
2.
das Personenstandswesen;
3.
das Vereinsrecht;
4.
das Aufenthalts- und Niederlassungsrecht der Ausländer;
5.
(weggefallen)
6.
die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen;
7.
die öffentliche Fürsorge (ohne das Heimrecht);
8.
(weggefallen)
9.
die Kriegsschäden und die Wiedergutmachung;
10.
die Kriegsgräber und Gräber anderer Opfer des Krieges und Opfer von Gewaltherrschaft;
11.
das Recht der Wirtschaft (Bergbau, Industrie, Energiewirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Handel, Bank- und Börsenwesen, privatrechtliches Versicherungswesen) ohne das Recht des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen, der Messen, der Ausstellungen und der Märkte;
12.
das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung, des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung;
13.
die Regelung der Ausbildungsbeihilfen und die Förderung der wissenschaftlichen Forschung;
14.
das Recht der Enteignung, soweit sie auf den Sachgebieten der Artikel 73 und 74 in Betracht kommt;
15.
die Überführung von Grund und Boden, von Naturschätzen und Produktionsmitteln in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft;
16.
die Verhütung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung;
17.
die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung (ohne das Recht der Flurbereinigung), die Sicherung der Ernährung, die Ein- und Ausfuhr land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Hochsee- und Küstenfischerei und den Küstenschutz;
18.
den städtebaulichen Grundstücksverkehr, das Bodenrecht (ohne das Recht der Erschließungsbeiträge) und das Wohngeldrecht, das Altschuldenhilferecht, das Wohnungsbauprämienrecht, das Bergarbeiterwohnungsbaurecht und das Bergmannssiedlungsrecht;
19.
Maßnahmen gegen gemeingefährliche oder übertragbare Krankheiten bei Menschen und Tieren, Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum Heilgewerbe, sowie das Recht des Apothekenwesens, der Arzneien, der Medizinprodukte, der Heilmittel, der Betäubungsmittel und der Gifte;
19a.
die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze;
20.
das Recht der Lebensmittel einschließlich der ihrer Gewinnung dienenden Tiere, das Recht der Genussmittel, Bedarfsgegenstände und Futtermittel sowie den Schutz beim Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichem Saat- und Pflanzgut, den Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge sowie den Tierschutz;
21.
die Hochsee- und Küstenschiffahrt sowie die Seezeichen, die Binnenschiffahrt, den Wetterdienst, die Seewasserstraßen und die dem allgemeinen Verkehr dienenden Binnenwasserstraßen;
22.
den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen, den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen;
23.
die Schienenbahnen, die nicht Eisenbahnen des Bundes sind, mit Ausnahme der Bergbahnen;
24.
die Abfallwirtschaft, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung (ohne Schutz vor verhaltensbezogenem Lärm);
25.
die Staatshaftung;
26.
die medizinisch unterstützte Erzeugung menschlichen Lebens, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen, Geweben und Zellen;
27.
die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie der Richter in den Ländern mit Ausnahme der Laufbahnen, Besoldung und Versorgung;
28.
das Jagdwesen;
29.
den Naturschutz und die Landschaftspflege;
30.
die Bodenverteilung;
31.
die Raumordnung;
32.
den Wasserhaushalt;
33.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse.

(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 und 27 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag im Einvernehmen mit einem aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehenden Ausschuss (Tarifausschuss) auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlicherklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn

1.
der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat oder
2.
die Absicherung der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Normsetzung gegen die Folgen wirtschaftlicher Fehlentwicklung eine Allgemeinverbindlicherklärung verlangt.

(1a) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung mit folgenden Gegenständen regelt:

1.
den Erholungsurlaub, ein Urlaubsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld,
2.
eine betriebliche Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
3.
die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten,
4.
eine zusätzliche betriebliche oder überbetriebliche Vermögensbildung der Arbeitnehmer,
5.
Lohnausgleich bei Arbeitszeitausfall, Arbeitszeitverkürzung oder Arbeitszeitverlängerung.
Der Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. § 7 Absatz 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes findet entsprechende Anwendung.

(2) Vor der Entscheidung über den Antrag ist Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen werden würden, den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber sowie den obersten Arbeitsbehörden der Länder, auf deren Bereich sich der Tarifvertrag erstreckt, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben. In begründeten Fällen kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Teilnahme an der Verhandlung mittels Video- oder Telefonkonferenz vorsehen.

(3) Erhebt die oberste Arbeitsbehörde eines beteiligten Landes Einspruch gegen die beantragte Allgemeinverbindlicherklärung, so kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Antrag nur mit Zustimmung der Bundesregierung stattgeben.

(4) Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein nach Absatz 1a für allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag ist vom Arbeitgeber auch dann einzuhalten, wenn er nach § 3 an einen anderen Tarifvertrag gebunden ist.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags im Einvernehmen mit dem in Absatz 1 genannten Ausschuß aufheben, wenn die Aufhebung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. Im übrigen endet die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags mit dessen Ablauf.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der obersten Arbeitsbehörde eines Landes für einzelne Fälle das Recht zur Allgemeinverbindlicherklärung sowie zur Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit übertragen.

(7) Die Allgemeinverbindlicherklärung und die Aufhebung der Allgemeinverbindlichkeit bedürfen der öffentlichen Bekanntmachung. Die Bekanntmachung umfasst auch die von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Rechtsnormen des Tarifvertrages.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 5/00 Verkündet am:
11. Dezember 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Privater Pflegedienst

a) Die Zahlung unterschiedlicher Preise für die gleiche Leistung durch ein
marktbeherrschendes Unternehmen kann den Diskriminierungstatbestand
des § 20 Abs. 1 GWB erfüllen.

b) Bezieht ein marktbeherrschendes Unternehmen gleiche Leistungen zu unterschiedlichen
Preisen, obliegt es im Hinblick auf die Zielsetzung des § 20
Abs. 1 GWB grundsätzlich ihm, die Gründe darzulegen, die die unterschied-
liche Preisgestaltung rechtfertigen. Eine solche Rechtfertigung kann sich
allerdings bereits aus einem auf dem Markt vorhandenen Preisgefälle ergeben.
BGH, Urt. v. 11. Dezember 2001 - KZR 5/00 - OLG Celle
LG Hannover
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2001 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofes
Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Prof. Dr. Goette, Ball und Prof. Dr. Bornkamm

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 5. Januar 2000 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin hat sich jedenfalls bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen im Bezirk R. mit der Erbringung von Pflegeleistungen befaßt , die sie im wesentlichen gegenüber in der sozialen Krankenversicherung versicherten Personen erbracht hat. Die Beklagte ist eine regionale Kasse der
gesetzlichen Krankenversicherung, zu deren Zuständigkeitsbereich unter anderem der Bezirk R. gehört.
Nachdem Pflegeleistungen zunächst aufgrund von Rahmenabkommen zwischen den Verbänden der gesetzlichen Krankenversicherungen und denen der Anbieter von entsprechenden Leistungen abgerechnet worden waren, sind die Krankenkassen nach Kündigung der Abkommen dazu übergegangen, die Leistungen aufgrund individueller Verträge mit den einzelnen Leistungserbringern abzurechnen. Dabei erhielten private Anbieter wie die Klägerin sowohl aufgrund der Rahmenabkommen als auch aufgrund der individuell ausgehandelten Absprachen für ihre Leistungen (Injektionen, Verbände, Katheterisierung etc.) geringere Vergütungen, als sie den im wesentlichen von den freien Wohlfahrtsverbänden getragenen Sozialstationen zugestanden wurden.
Im Bezirk R. gab es im Jahre 1996 vier Sozialstationen und acht private Pflegedienste, zu denen bis zum Jahr 2000 weitere sechs private Pflegedienste hinzugekommen sind. Etwa 70 bis 75 % der von der Klägerin erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege betrafen bei der Beklagten versicherte Personen. Die Klägerin und die anderen Leistungserbringer wurden jeweils unmittelbar von den Pflegebedürftigen beauftragt; die Abrechnung ihrer Leistungen erfolgte zwischen ihnen und den Krankenkassen.
Die Klägerin hat in der unterschiedlichen Vergütung vergleichbarer Leistungen eine kartellrechtswidrige Diskriminierung gesehen und die Beklagte auf Schadensersatz und Unterlassung in Anspruch genommen. Ihre entsprechende Klage hat das Landgericht abgewiesen. In der Berufungsinstanz, die der Konkursverwalter weitergeführt hatte, nachdem über das Vermögen der
Klägerin das Konkursverfahren eröffnet worden war, sind zuletzt auf Feststellung einer sachlich nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung durch die Beklagte und deren Ersatzpflicht gerichtete Anträge gestellt worden. Auch mit diesen Anträgen hatte das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Im Anschluß an die seine Berufung zurückweisende Entscheidung des Berufungsgerichts hat der Konkursverwalter die geltend gemachten Ansprüche freigegeben. Mit ihrer daraufhin eingelegten Revision verfolgt die Klägerin die im Berufungsrechtszug zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel mit der Begründung entgegen, daß für die Klage der Rechtsweg zu den Kartellgerichten nicht eröffnet sei.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Ohne Erfolg bestreitet die Beklagte die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Kartellgerichten. Zwar sind mit der Änderung des § 87 Abs. 1 GWB durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV - Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) auch kartellrechtliche Streitigkeiten aus dem Bereich der Sozialversicherung ausdrücklich den Sozialgerichten zugewiesen, soweit sie Rechtsstreitigkeiten aus den in § 69 SGB V genannten Rechtsgebieten betreffen. Diese Neurege-
lung erfaût indessen das vorliegende, vor ihrem Inkrafttreten durch Anrufung der Kartellgerichte eingeleitete Verfahren nicht.
Mit Recht haben Landgericht und Oberlandesgericht für die Frage der Rechtswegzuständigkeit auf die Rechtslage zu dem Zeitpunkt abgestellt, in dem die vorliegende Klage rechtshängig geworden ist (§ 17 Abs. 1 GVG). Der Grundsatz der Fortdauer der einmal begründeten Zuständigkeit ("perpetuatio fori") gilt auch in Fällen einer nachträglichen Veränderung der gesetzlichen Grundlagen. Dies entspricht nicht nur ständiger Rechtsprechung (vgl. RGZ 103, 102, 103 f.; BGH, Urt. v. 1.2.1978 - IV ZR 142/77, NJW 1978, 949; BGHZ 114, 218, 221 f. - Einzelkostenerstattung), sondern auch der einhelligen Auffassung im Schrifttum (vgl. nur Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 17 GVG Rdn. 1; Musielak/Wittschier, ZPO, 2. Aufl., § 17 GVG Rdn. 4; Kissel, NJW 1991, 945, 948; Piekenbrock, NJW 2000, 3476). Durch den von den Parteien angeführten Senatsbeschluû vom 14. März 2000 (KZB 34/99, WuW/E DE-R 469 - Hörgeräteakustik) sollte dies nicht in Frage gestellt werden.
Danach war bei Erhebung der Klage am 3. November 1995 eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben. Die Zuweisung der Auseinandersetzungen über sozialversicherungsrechtliche Fragen zu den Sozialgerichten in § 51 Abs. 2 SGG berührte nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats eine Zuständigkeit für kartellrechtliche Auseinandersetzungen nicht; Verfahren mit einem solchen Gegenstand blieben vielmehr weiterhin den Kartellgerichten zugewiesen, soweit sie kartellrechtliche Anspruchsgrundlagen betrafen (vgl. Sen.Urt. v. 12.3.1991 - KZR 26/89, WuW/E 2707, 2709 - Krankentransportunternehmen II; Sen.Urt. v. 25.6.1991 - KZR 19/90, WuW/E 2721, 2723 - Krankenpflege; Sen.Urt. v. 7.7.1992 - KZR 15/91, WuW/E 2813,
2815 - Selbstzahler). Soweit die Begründung zur Neufassung des § 87 GWB durch die Sechste GWB-Novelle in der Neufassung lediglich eine Klarstellung gesehen hat, gibt dies keinen Anlaû, die genannte Rechtsprechung des Senats aufzugeben. Diese Würdigung durch die Verfasser der Gesetzesnovelle findet im Wortlaut der bis dahin geltenden Vorschriften keine Grundlage.
II. In der Sache beanstandet die Revision zu Recht die Verneinung einer kartellrechtswidrigen Diskriminierung durch das Berufungsgericht.
1. Im rechtlichen Ausgangspunkt stellt das Berufungsgericht zutreffend fest, daû die Beklagte trotz ihrer Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts den Bindungen durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegt. Angesichts ihrer Teilnahme durch Nachfrage von Pflegeleistungen und als Anbieter von Versicherungen unterfällt sie dem weiten Unternehmensbegriff dieses Gesetzes, der auch juristische Personen des öffentlichen Rechts einschlieût, soweit sie als Anbieter oder Nachfrager auf dem Markt eine selbständige Tätigkeit bei der Erzeugung oder Verteilung von Waren oder gewerblichen Leistungen ausüben (vgl. Sen.Beschl. v. 16.12.1976 - KVR 5/75, WuW/E 1474, 1477 - Architektenkammer; Sen.Urt. v. 12.3.1991 - KZR 26/89, aaO).
2. Nach den tatrichterlichen Feststellungen ist weiter davon auszugehen, daû die Beklagte auf dem hier in Rede stehenden relevanten räumlichen und sachlichen Markt, der örtlich im wesentlichen durch den von der Klägerin abgedeckten begrenzten Bezirk R. und sachlich durch die Nachfrage nach häuslichen Pflegedienstleistungen bestimmt wird, eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB n.F. einnimmt. Der hohe Anteil der bei der Be-
klagten versicherten Personen, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei der Klägerin und deren Wettbewerbern Pflegeleistungen in Anspruch nehmen, macht deutlich, daû diese Nachfrage von den Anbietern solcher Leistungen nur in geringem Umfang substituiert werden kann. Wie ihre Wettbewerber ist auch die Klägerin weitgehend auf die von der Beklagten durch den Abschluû von Rahmenabkommen bestimmte Nachfrage durch deren Versicherungsnehmer angewiesen. Auch die Beklagte ist davon ausgegangen, daû ihr eine marktbeherrschende Stellung auf dem hier in Frage stehenden Markt zukommt.
3. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daû die Beklagte die Klägerin in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, gegenüber anderen unterschiedlich behandelt hat. Wie auch die Beklagte nicht bezweifelt, wird die Nachfrage nach Pflegeleistungen im Bezirk R. gleichermaûen von der Klägerin und von deren privaten Wettbewerbern sowie den Sozialstationen befriedigt. Sämtlichen dieser Unternehmen ist der Zugang zu diesem Markt und dem darauf stattfindenden geschäftlichen Verkehr ohne Unterschied eröffnet. Bei der Befriedigung des Bedarfs nach Pflegeleistungen erhielt die Klägerin nach ihrer Darstellung, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist und die daher im Revisionsverfahren zugrunde gelegt werden muû, für inhaltlich gleichartige Pflegeleistungen eine geringere Vergütung, als sie von der Beklagten den Sozialstationen zugestanden worden ist. Darin liegt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat und letztlich auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird, eine unterschiedliche Behandlung im Sinne des Diskriminierungstatbestandes des § 20 Abs. 1 GWB n.F.
4. Von den tatrichterlichen Feststellungen nicht getragen wird jedoch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die unterschiedliche Behandlung sei sachlich gerechtfertigt, so daû ein Verstoû gegen das Diskriminierungsverbot ausscheide.

a) Bei dieser Bewertung ist das Berufungsgericht allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû sich der Verstoû gegen das Diskriminierungsverbot nicht, wie die Revision meint, schon daraus ergibt, daû die Beklagte überhaupt die gleiche Leistung unterschiedlich vergütet. Auch ein marktbeherrschendes Unternehmen ist nach § 20 Abs. 1 GWB n.F. nicht schlechthin gehalten, allen Anbietern von ihm benötigter Leistungen ausnahmslos die Vergütung zu zahlen , die es dem Anbieter mit dem höchsten Angebotspreis zugestehen muû.
Mit dem Diskriminierungsverbot des § 20 GWB n.F. soll ein Miûbrauch der wirtschaftlichen Macht marktbeherrschender Unternehmen bereits im Frühstadium unterbunden werden. Sein Zweck ist Schutz und Erhalt eines funktionierenden Wettbewerbs unter Ausgleich der unterschiedlichen wirtschaftlichen Stärke der am Markt beteiligten Unternehmen. Mit diesem Zweck ist eine allgemeine Verpflichtung zu einer Gleichbehandlung aller Vertragspartner in dem Sinne, daû ein marktbeherrschendes Unternehmen bei der Deckung seines Bedarfs stets den höchsten am Markt verlangten Preis zu zahlen hat, nicht zu vereinbaren. Die Begründung einer solchen allgemeinen Verpflichtung hätte nicht eine Stärkung des Wettbewerbs, sondern seine weitgehende Beseitigung auf dem davon betroffenen Markt zur Folge. Das gilt um so mehr, als sie angesichts der herausragenden Stellung des marktbeherrschenden Unternehmens die dringende Gefahr mit sich bringt, daû die von diesem gezahlten Preise das Geschehen und die Preisgestaltung auf dem betroffenen Markt bestimmen und
auf diese Weise, weil von ihm die Höchstpreise zu bewilligen sind, zu einer ständigen Erhöhung der Marktpreise führen. Grundsätzlich wird daher auch dem marktbeherrschenden oder marktstarken Unternehmen zugestanden werden müssen, ein auf dem einschlägigen Markt vorhandenes Preisgefälle auszunutzen , seinen Bedarf bei dem jeweils preisgünstigsten Anbieter zu decken und auf höherpreisige Angebote allenfalls in dem Umfang zurückzugreifen, in dem günstigere zur Befriedigung seines Bedarfes nicht ausreichen.

b) Auch vor diesem Hintergrund bleibt ein marktbeherrschendes Unternehmen jedoch den Bindungen des § 20 Abs. 1 GWB n.F. unterworfen, die es ihm auch bei der Befriedigung seines Bedarfs verwehren, die Verhältnisse auf dem Anbietermarkt durch Miûbrauch seiner Marktmacht und insbesondere mit Hilfe dieser Stellung die Preise zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Bezieht der Marktbeherrscher für sich oder - wie hier - für andere Vertragspartner gleiche Leistungen zu unterschiedlichen Preisen, so obliegt es allerdings im Hinblick auf die Zielsetzung des § 20 Abs. 1 GWB n.F. ihm, die Gründe darzulegen, die die unterschiedliche Preisgestaltung rechtfertigen. Dabei kann im Einzelfall der Hinweis auf ein Preisgefälle genügen, wenn sich das marktbeherrschende Unternehmen dieses lediglich zunutze macht und nicht zu erkennen ist, daû es die Preisverhältnisse zuvor oder bei der Befriedigung seiner Nachfrage unter Miûbrauch seiner besonderen Marktstellung beeinfluût hat. Sind die unterschiedlichen Preise jedoch - wie hier - das Ergebnis von Verhandlungen der Beteiligten, so muû ein marktbeherrschendes Unternehmen in besonderem Maûe dafür Sorge tragen, daû die unterschiedliche Preisbemessung für gle iche Leistungen durch sachliche Unterschiede gerechtfertigt ist und sich nicht allein als Folge der unterschiedlichen Abhängigkeit und eigenen Marktstellung der jeweiligen Vertragspartner im Verhältnis zu ihm ergibt. Bei einem solchen
direkten Aushandeln spricht schon nach der Lebenserfahrung alles dafür, daû sich das Maû der Abhängigkeit auch auf die Bereitschaft seines Vertragspartners auswirkt, auf Preisvorstellungen des Marktbeherrschers einzugehen. Auch im Hinblick auf das grundsätzlich anzuerkennende Interesse auch des marktbeherrschenden Unternehmens, Leistungen und Waren nur zu marktgerechten Bedingungen zu beziehen, sind danach an die Darlegung der Gründe, die in einem solchen Fall eine unterschiedliche Preisgestaltung für identische Leistungen verschiedener Anbieter rechtfertigen sollen, hohe Anforderungen zu stellen. Dem genügen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht.
Aus der gesetzlichen Verpflichtung der Kassen der Sozialversicherung, die freien Wohlfahrtsverbände bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen, läût sich eine Berechtigung zur Zahlung unterschiedlicher Preise bei gleichem Angebot nicht entnehmen. Die Zahlung höherer als am Markt üblicher Preise wäre eine Subventionierung der Wohlfahrtsverbände durch die Krankenkassen, die mit ihren gesetzlich bestimmten Aufgaben nicht in Einklang zu bringen wäre. Nach den §§ 2, 12, 13 SGB V sollen die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung ihren Mitgliedern den notwendigen finanziellen Schutz im Krankheitsfall gewährleisten. Bei der Verwendung der zur Finanzierung dieses Aufwandes eingezogenen Beiträge sind die Kassen gesetzlich verpflichtet, ihre Leistungen auf das Notwendige und Angemessene zu beschränken. Schon das läût für eine Subventionierung von Anbietern durch sie keinen Raum. Diese stünde zudem im Widerspruch dazu, daû die Ausgaben der Kassen durch Pflichtbeiträge der Versicherten finanziert werden, die von diesen nach der Vorstellung des Gesetzes nur zur Finanzierung des notwendigen Aufwandes der Kassen eingezogen werden. Entsprachen die den Sozialstationen gezahlten Vergütun-
gen hingegen dem Marktniveau, vermag die Verpflichtung zur Förderung der Wohlfahrtsverbände eine Zahlung an andere Anbieter unterhalb dieses Niveaus nicht zu rechtfertigen.
Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, daû eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung allein durch die Sozialstationen gewährleistet werde und diese zu einer höheren Kostenbelastung führe, wird von seinen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen. Die Klägerin hat der entsprechenden Darstellung der Beklagten in den Instanzen ausdrücklich widersprochen, wie die Revision mit Recht geltend macht. Das Berufungsgericht ist hierauf nicht eingegangen; dem angefochtenen Urteil sind auch die Gründe, auf denen die von ihm zugrunde gelegte Feststellung einer höheren Kostenbelastung beruht, nicht zu entnehmen.
Eine Rechtfertigung der unterschiedlichen Preise läût sich nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch nicht daraus herleiten, daû - wie das Berufungsgericht ausgeführt hat - die den privaten Anbietern gezahlte Vergütung ein wirtschaftlich erfolgreiches Arbeiten ermögliche. Daû die Höhe der Vergütung hierfür genüge, hat das Berufungsgericht in erster Linie aus den ihm vorliegenden Bilanzen einiger solcher Anbieter hergeleitet. Demgegenüber hatte die Klägerin geltend gemacht, daû bei ihrer Bilanz einzelne Positionen, wie ein regelmäûiges, angemessenes Geschäftsführergehalt, fehlten, weil die dafür erforderlichen Mittel nicht gezahlt worden seien und eine entsprechende Ausgabe daher in die Bilanz nicht habe eingestellt werden können. Sie hat ferner , wie die Revision mit Recht geltend macht, darauf hingewiesen, daû diesen Arbeitskräften, soweit sie mit fest angestelltem Personal arbeitet, ein kalkulatorisches Gehalt von 72 DM bezahlt werden muû, während von der Beklagten
nur ein Stundensatz von 42 DM vergütet wird. Das Berufungsgericht ist dem nicht nachgegangen, so daû diese Darstellung der Klägerin im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist. Damit fehlt der Feststellung des Berufungsgerichts auch insoweit eine hinreichend tragfähige Grundlage. Unbeschadet dessen kann der Umstand, daû der bewilligte Preis für den konkreten Anbieter kostendeckend ist, allein auch generell eine unterschiedliche Behandlung gegenüber anderen Anbietern, die identische Leistungen erbringen, im Hinblick auf § 20 Abs. 1 GWB n.F. nicht rechtfertigen. Es ist nicht Sache des marktbeherrschenden Unternehmens, die Gewinnmargen seines Vertragspartners festzulegen. Ein solcher Eingriff in die Stellung des anderen Teils ist mit den Grundsätzen eines funktionierenden Wettbewerbs nicht zu vereinbaren. Demgemäû vermag der Gedanke, daû dem anderen Teil eine hinreichende Spanne zur Verfügung gestanden habe, als solcher die Bewilligung unterschiedlicher Vergütungen für eine identische Leistung nicht zu rechtfertigen.
Nicht frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Berufungsgerichts , den Sozialstationen müsse eine gewisse Übergangszeit eingeräumt werden, um ihre Kostenstruktur den neuen Marktverhältnissen anzupassen. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daû es sich bei dieser Überlegung um einen wirtschaftspolitischen Gesichtspunkt handelt, für den im Rahmen der Abwägung nach § 20 Abs. 1 GWB n.F. grundsätzlich kein Raum ist. Ob der vom Berufungsgericht angeführte Umstand dann zu einer anderen Bewertung führen kann, wenn die Beklagte zum einen für die Versorgung der bei ihr versicherten Personen auf die Unterstützung durch die Sozialstationen angewiesen ist und diese zum anderen in der vom Berufungsgericht angenommenen Übergangszeit ohne eine Vergütung nicht zu erhalten sind, die über die sonst bewilligten üblichen Preise hinausgeht, kann dahinstehen. Weder läût der festge-
stellte Sachverhalt die Annahme zu, daû die Sozialstationen die gezahlten Vergütungen allein aus einem solchen Grund benötigen, noch rechtfertigt er die Feststellung, daû die Beklagte in diesem Sinne auf die Unterstützung durch die Sozialstationen angewiesen ist.
Nach alledem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Sie ist daher aufzuheben und der Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung des beiderseitigen Vorbringens zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Preise an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht zugleich Gelegenheit, der von ihm - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung folgerichtig - offengelassenen , vorrangigen Frage nachzugehen, ob die Sozialstationen und die privaten Pflegeanbieter derart übereinstimmende Leistungen erbringen, daû eine unterschiedliche Preisgestaltung für diese Leistungen an § 20 Abs. 1 GWB n.F. gemessen werden muû. Dabei wird es zu beachten haben, daû diese Vergleichbarkeit allein aus der Sicht der Beklagten und der bei ihr versicherten Personen zu bestimmen ist. Sie wird danach insbesondere anzunehmen sein, wenn die Pflegeleistungen der verschiedenen Anbieter nach Art, Inhalt und Verfügbarkeit ohne weiteres austauschbar sind. Gegen eine Vergleichbarkeit könnten dagegen Bedenken bestehen, wenn die Beklagte und die bei ihr versicherten Personen nicht ohne weiteres auf Leistungen der jeweils anderen Anbietergruppe ausweichen können. Das Maû dieser Vergleichbarkeit bestimmt zugleich die Anforderungen, die an eine Rechtfertigung unterschiedlicher Preise
zu stellen sind. Für verschiedenartige Leistungen muû die Beklagte auch im Hinblick auf § 20 Abs. 1 GWB n.F. keine einheitliche Vergütung zahlen; unterschiedliche Preise benötigen demgegenüber eher eine Rechtfertigung, je stärker die zu vergleichenden Leistungen ausgetauscht werden können.
Hirsch Melullis Goette
Ball Bornkamm

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 32/01 Verkündet am:
24. Juni 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Schülertransporte
Ein marktbeherrschendes Unternehmen darf das Vertragsverhältnis mit einem
anderen Unternehmen nicht aus Gründen beenden, aus denen es den Abschluß
des Vertrages nicht hätte ablehnen dürfen, ohne damit gegen das Diskriminierungsverbot
zu verstoßen.
BGH, Urt. v. 24. Juni 2003 - KZR 32/01 - OLG Celle
LG Hannover
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. April 2003 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm, Dr.
Raum und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 29. November 2001 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger sind Busunternehmer, bei der beklagten GmbH handelt es sich um eine 100prozentige Tochtergesellschaft des Landkreises Emsland. Bis Ende 1999 führten die Kläger, die daneben auch im Linienverkehr fahren, für die Beklagte in den Bereichen Mitte und Nord des Landkreises Emsland Schülertransporte im Freistellungsverkehr nach § 1 Nr. 4 lit. d der Freistellungsver-
ordnung zum Personenbeförderungsgesetz durch. Die hierüber abgeschlosse- nen Verträge waren jeweils mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende kündbar. Die Beklagte kündigte die Verträge mit den Klägern fristgerecht zum 31. Dezember 1999, während entsprechende Verträge mit einer Vielzahl anderer Unternehmer weiterliefen. Die Kläger sehen in diesen Kündigungen den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.
Hintergrund des Streits der Parteien ist der Umstand, daß der Landkreis Emsland in den Bereichen Mitte und Nord eine Umstrukturierung des Busverkehrs plant. Zur Durchsetzung dieses in einem Nahverkehrsplan festgelegten Zieles bedient er sich der Beklagten. Anders als im südlichen Bereich des Landkreises werden die Linienverkehre und die Schülertransporte im mittleren und nördlichen Kreisgebiet zum Teil unabhängig voneinander betrieben. Der Nahverkehrsplan sieht vor, die Schülertransporte in den Linienverkehr zu integrieren und auf diese Weise das Angebot im Linienverkehr zu verbessern. Um die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit von Einzelheiten des Planes und seiner Umsetzung streiten die Parteien.
Nach der Kündigung der Verträge schrieb die Beklagte die Freistellungsverkehre in einem europaweiten Vergabeverfahren neu aus. Die Kläger beteiligten sich an diesem Verfahren als Bietergemeinschaft Busverkehr Emsland und erhielten - auf ein für die Beklagte sehr günstiges Angebot - den Zuschlag. Sie betreiben heute im wesentlichen dieselben Freistellungsverkehre wie vor den Kündigungen, erhalten dafür jedoch geringere Entgelte.
Zur Rechtfertigung der Kündigungen hat die Beklagte vorgetragen, ihr sei es darum gegangen, entsprechend dem Nahverkehrsplan des Landkreises
den bisherigen Schülerfreistellungsverkehr in den Linienverkehr zu integrieren. Dies sei nur schrittweise möglich gewesen. Deshalb hätten zunächst die Freistellungsverkehre umgewandelt werden sollen, die auf den verkehrlich bedeutenden Nord-Süd- und Ost-West-Achsen des Kreisgebiets lägen, ferner die Verkehre derjenigen Unternehmen, die bereits über Erfahrung im Linienverkehr verfügten; außerdem habe es sich um Freistellungsverkehre handeln sollen, die aus wirtschaftlichen Gründen zu favorisieren seien. Bis auf drei weitere Unternehmen, mit denen Kooperationsvereinbarungen geschlossen worden seien, hätten nur die Freistellungsverkehre der Kläger sämtliche dieser Bedingungen erfüllt.
Das Landgericht hat den auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigungen gerichteten Klagen stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen (OLG Celle WuW/E DE-R 824).
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehren. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht sieht die Beklagte als Unternehmen im kartell- rechtlichen Sinne an, auch wenn mit der Durchführung der Schülerverkehre eine öffentliche Aufgabe erfüllt werde. Dagegen ist nichts zu erinnern.
Ob die Beklagte die für das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB erforderliche marktbeherrschende Stellung innehat, läßt das Berufungsgericht dahingestellt. Für das Revisionsverfahren ist hiervon zugunsten der Kläger auszugehen.
II. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Kündigungen verstießen nicht gegen das Diskriminierungsverbot, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Mit den nur gegenüber den Klägern, nicht aber gegenüber den anderen im mittleren und nördlichen Emsland im Freistellungsverkehr tätigen Busunternehmen ausgesprochenen Kündigungen hat die Beklagte die Kläger gegenüber gleichartigen Unternehmen unterschiedlich behandelt.
Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung der Beklagten kann eine Ungleichbehandlung nicht deswegen verneint werden, weil nach der Vergabe der Transportaufträge jede Strecke des Freistellungsverkehrs für sich betrachtet werden müßte. Nur aus der Sicht des Fahrgastes ist der Verkehr von A nach B nicht durch den Verkehr von C nach D substituierbar. Im Verhältnis zur Beklagten erfüllen die Anbieter von Freistellungsverkehren nach ihrer wirtschaftlichen Funktion die gleichen Aufgaben und sind daher gleichartige Unternehmen (vgl. BGHZ 129, 53, 60 – Importarzneimittel).
2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß es für diese Ungleichbehandlung einer sachlichen Rechtfertigung bedarf und die Kündigungen der Freistellungsverkehre gemäß § 134 BGB i.V.m. § 20 Abs. 1 GWB unwirksam sind, wenn es an einer solchen fehlt.
Allerdings will die Vorschrift des § 20 Abs. 1 GWB auch dem Normadressaten einen unternehmerischen Freiraum bei der Gestaltung und Pflege seiner Vertragsbeziehungen zur Marktgegenseite belassen und nur den Mißbrauch von Marktmacht verhindern (vgl. BGHZ 107, 273, 279 – Staatslotterie; BGH, Urt. v. 17.3.1998 – KZR 30/96, WuW/E DE-R 134, 136 – Bahnhofsbuchhandel I; Urt. v. 27.4.1999 – KZR 35/97, WuW/E DE-R 357, 359 – Feuerwehrgeräte ; Urt. v. 11.12.2001 – KZR 5/00, WuW/E DE-R 839, 841 – Privater Pflegedienst ). Der Senat hat hieraus für die ordentliche Kündigung eines Vertragshändlerverhältnisses abgeleitet, daß der Hersteller, der die Bewertung der Kündigung als unbillige Behinderung vermeiden will, nicht gehalten ist, nähere Gründe vorzubringen, die vom Gericht nachzuprüfen und zu bewerten wären. Die Ausübung einer vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündigung – sofern sie durch eine angemessene Kündigungsfrist dem abhängigen Vertragspartner eine ausreichende Umstellungsfrist gewährt – ist in einem solchen Fall, wenn keine besonderen Umstände hinzutreten, kein Mißbrauch von Marktmacht. Sie bedarf daher außer dem Hinweis auf die wirksame vertragliche Vereinbarung grundsätzlich keiner weiteren sachlichen Rechtfertigung. Dies gilt nicht nur für den Behinderungstatbestand, sondern gleichermaßen für die unterschiedliche Behandlung von Vertragspartnern (BGH, Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/93, WuW/E 2983, 2988 f. – Kfz-Vertragshändler).
Bei der Fallgruppe der Vertragshändlerverträge ergibt sich indessen die Normadressatenstellung regelmäßig aus der Abhängigkeit derjenigen Händler, die dem Kreis der Vertragshändler bereits angehören und ihren Geschäftsbetrieb hierauf eingerichtet haben (BGH, Urt. v. 23.2.1988 – KZR 20/86, WuW/E 2491, 2493 – Opel-Blitz). Der Hersteller ist demgemäß nicht nur nicht verpflichtet , mit einem oder gar mit jedem Bewerber in ein Vertragshändlerverhältnis einzutreten (BGH WuW/E 2983, 2989 – Kfz-Vertragshändler), sondern ist auch hinsichtlich der Auswahl der Händler regelmäßig keinen besonderen Bindungen unterworfen.
Unterliegt hingegen der Normadressat einem Kontrahierungszwang, z.B. einer Belieferungspflicht oder einer Bezugspflicht (BGHZ 129, 53, 60 f. – Importarzneimittel ; BGH, Urt. v. 14.1.1997 – KZR 30/95, WuW/E 3104, 3106 f. – Zuckerrübenanlieferungsrecht II), kann – wenn die Verhältnisse ansonsten vergleichbar sind – ein laufendes Vertragsverhältnis nicht ohne weiteres, sondern nur beim Vorliegen besonderer Gründe gekündigt werden. Denn der Kündigende wäre gegebenenfalls zum sofortigen erneuten Vertragsschluß verpflichtet (BGHZ 107, 273, 279 – Staatslotterie). Im Grundsatz nichts anderes gilt, wenn es dem Normadressaten – wie im Streitfall – bei der Begründung des Vertragsverhältnisses untersagt ist, gleichartige Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich zu behandeln, und er daher die Auswahl unter den Anbietern nach fairen und objektiven Auswahlkriterien, gegebenenfalls im Wege der Ausschreibung, zu treffen hat (BGHZ 101, 72, 82 ff. – Krankentransporte; BGH, Urt. v. 13.11.1990 – KZR 25/89, WuW/E 2683, 2687 – Zuckerrübenanlieferungsrecht I; Urt. v. 8.4.2003 – KZR 39/99 – Konkurrenzschutz für Schilderpräger, zur Veröffentlichung vorgesehen). Auch dann ist es dem Normadressaten verwehrt, das Vertragsverhältnis aus Gründen zu been-
den, aus denen er den Abschluß des Vertrages nicht hätte ablehnen dürfen, da andernfalls das bei der Vergabe geltende Gleichbehandlungsgebot unterlaufen würde. Demgemäß hat der Senat für die Kündigung von Verträgen über die Direktbelieferung mit Presseerzeugnissen auch bereits entschieden, daß zwar die Beendigung einer langjährigen Geschäftsbeziehung, wie sie hier zwischen den Parteien bestanden hat, aus kartellrechtlicher Sicht grundsätzlich keine besondere Rechtfertigung erfordert, die damit verbundene Änderung einer bislang geübten Geschäftspraktik eines Normadressaten des § 20 Abs. 1 GWB indessen unter dem Gesichtspunkt, daß mit ihr eine unterschiedliche Behandlung gleichartiger Unternehmen verbunden ist, der sachlichen Rechtfertigung bedarf (BGH WuW/E DE-R 134, 135 f. – Bahnhofsbuchhandel I; Urt. v. 10.11.1998 – KZR 6/97, WuW/E DE-R 220 f. – Bahnhofsbuchhandel II).
3. Aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich keine hinreichende sachliche Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigungen.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, es komme nicht darauf an, ob die Beklagte bei der Auswahl der zu kündigenden Freistellungsverkehre nach den dezidiert vorgetragenen Kriterien vorgegangen sei oder aber diese Gründe nur "nachgeschoben" seien. Selbst wenn die Beklagte den Klägern nur deshalb gekündigt haben sollte, weil diese an der Umsetzung des Nahverkehrsplans nicht mitwirken wollten, seien die Kündigungen gerechtfertigt. Die Kläger behinderten die Umsetzung des Nahverkehrsplans des Landkreises Emsland. Der Beklagten habe unter diesen Voraussetzungen daran gelegen sein müssen, in einem ersten Schritt die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Umsetzung des Nahverkehrsplans in dem Bereich zu schaffen, in dem einerseits Schwie-
rigkeiten bei der Umsetzung der Planung bestanden hätten, ohne den aber andererseits die Gesamtplanung nicht zu verwirklichen gewesen sei. Mit diesen Erwägungen kann eine Diskriminierung nicht verneint werden.

a) Ob eine Behinderung unbillig ist oder einer unterschiedlichen Behandlung die sachliche Rechtfertigung fehlt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgrund einer Gesamtwürdigung und Abwägung aller beteiligten Interessen zu beurteilen, die sich an der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Funktion des Gesetzes zu orientieren hat (BGHZ 38, 90, 102 – Treuhandbüro; BGHZ 52, 65, 71 – Sportartikelmesse; BGHZ 107, 273, 280 – Staatslotterie; BGH, Beschl. v. 23.2.1988 – KVR 2/87, WuW/E 2479, 2482 – Reparaturbetrieb; BGH WuW/E DE-R 357, 359 – Feuerwehrgeräte). Dem werden die Erwägungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend gerecht.

b) Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Berufungsgericht habe der Beklagten zur Rechtfertigung der Kündigung nicht zugutehalten dürfen, daß die Kläger an der Umsetzung des Nahverkehrsplans nicht mitwirken wollten , weil die Beklagte darauf weder die Kündigung gestützt noch sich im Rechtsstreit berufen habe. Nach dem Tatbestand des Berufungsurteils kam es zu den Kündigungen auch deshalb, weil zwischen den Parteien eine Einigung über die von der Beklagten und dem Landkreis angestrebte Neuordnung des öffentlichen Personennahverkehrs nicht zu erzielen war. Danach hat sich das Berufungsgericht jedoch auf keinen Grund für die Beendigung der Verträge gestützt, den die Beklagte nicht vorgetragen hätte.

c) Die vom Berufungsgericht herangezogene Begründung reicht jedoch nicht aus, die ausschließlich gegenüber den Klägern ausgesprochene Kündigung der Freistellungsverkehre sachlich zu rechtfertigen.
aa) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, Ziel der Planung des Landkreises sei es, die Schüler- und Linienverkehre zusammenzufassen, um auf diese Weise Kapazitäten zu gewinnen, die für den Ausbau des Liniennetzes in der Fläche genutzt werden könnten und sollten. Dieses Ziel sei im Grundsatz nicht zu beanstanden und werde von den Klägern ausdrücklich akzeptiert. Die Planungshoheit liege beim Landkreis, nicht aber bei den Klägern oder anderen Busunternehmen; die Kläger seien als betroffene Unternehmen lediglich – wie geschehen – zu beteiligen. Liege die Planungshoheit aber beim Landkreis, komme es unter keinem denkbaren Gesichtspunkt darauf an, ob das Alternativkonzept der Kläger zur Verbesserung der Busanbindung besser sei als der Plan des Landkreises. Selbst wenn die Rechtmäßigkeit der Planung in Teilen zweifelhaft sein sollte, seien deshalb die Kündigungen der Freistellungsverkehre nicht willkürlich. Die Beklagte könne, zumal eine Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich sei und die der Planung zugrundegelegte Rechtsauffassung zumindest vertretbar erscheine, davon ausgehen, daß die Planung den rechtlichen Vorgaben entspreche. Dies gelte um so mehr, als die Vorgaben des Personenbeförderungsgesetzes für die hier interessierenden Freistellungsverkehre nicht anwendbar seien und keine Anhaltspunkte dafür bestünden , daß es rechtswidrig wäre, die Schüler im Linienverkehr zu befördern.
bb) Die Revision rügt mit Recht, daß sich aus diesen Ausführungen nicht ergibt, inwiefern die Kläger an der Umsetzung des Nahverkehrsplans des Landkreises nicht mitwirken wollen oder gar dessen Umsetzung behindern.

Soweit es um die zentrale Zielsetzung der Verlagerung des Schülertransports auf den Linienverkehr geht, um in diesem Bereich das Angebot zu verbessern, stellt das Berufungsgericht vielmehr ausdrücklich fest, daß dieses Ziel von den Klägern akzeptiert werde und daß es den Klägern "in weiten Teilen" nicht um die Rechtmäßigkeit der Planung als solcher gehe. Es ist daher ebenso zutreffend wie im vorliegenden Zusammenhang unbehelflich, daß die Planungshoheit beim Landkreis liegt und rechtliche Bedenken gegen die Beförderung von Schülern mit Linienverkehren nicht bestehen.
Nach dem Tatbestand des Berufungsurteils sollen sich nach dem Nahverkehrsplan die Unternehmen, die im Bereich Emsland-Mitte und -Nord Linienkonzessionen besitzen, zu der Lokalbus Emsland GmbH als Betreibergesellschaft zusammenschließen. Die Kläger lehnen die Mitgliedschaft in dieser Gesellschaft ab, was sie insbesondere damit begründet haben, daß die Beklagte und der Landkreis darauf bestünden, jeweils 25 % des Stammkapitals zuzüglich einer Stimme zu halten. Sie haben behauptet, die Freistellungsverkehre würden nur dann in den Linienverkehr überführt, wenn die Beklagte – gemeint möglicherweise auch: die Lokalbus Emsland GmbH – über die Linienkonzessionen verfüge. Das Berufungsgericht führt demgemäß aus, das Planungsziel – "Schüler auf die Linien" und Verbesserung des Linienangebots – sei zwischen den Parteien nicht streitig; sie stritten vielmehr darüber, ob die Beklagte Inhaberin von Linienkonzessionen sein könne, an wen die Bezirksregierung im Einzelfall neue Linien zu vergeben habe und ob es rechtmäßig sei, wenn die Beklagte Freistellungsverkehre nur auf solche Linien geben wolle, für die sie die Lizenz habe.
Das legt es nahe, daß sich – was das Berufungsurteil offenläßt – die fehlende Mitwirkungsbereitschaft der Kläger auf diesen Teil des Nahverkehrsplans bzw. seiner tatsächlichen Umsetzung bezieht. In diesem Fall hätte das Berufungsgericht nicht dahinstehen lassen dürfen, ob die Beklagte ein rechtmäßiges Ziel mit rechtmäßigen Mitteln verfolgt. Das Oberlandesgericht meint hierzu in anderem Zusammenhang, die Kläger könnten nichts daraus herleiten, daß die Beklagte Freistellungsverkehre nur dann auf die Linien geben wolle, wenn sie über die Liniennetze verfüge; ob die Beklagte den Nahverkehrsplan letztlich in rechtmäßiger Weise umsetze, könne erst bei oder nach der Umsetzung beurteilt werden. Beträfe die vom Berufungsgericht gerügte "Verweigerungshaltung" der Kläger jedoch rechtswidrige Teile oder eine rechtswidrige Form der Umsetzung des Nahverkehrsplans, könnte dies die Kündigung der Freistellungsverkehre nicht sachlich rechtfertigen.

d) Die Revision wendet sich ferner mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, zur Erfüllung der vom Landkreis beschlossenen Planung des öffentlichen Personennahverkehrs sei es sachgerecht gewesen, die Freistellungsverkehre mit den Klägern zu kündigen.
aa) Das Berufungsgericht meint, im Hinblick auf die ablehnende Haltung der Kläger gegenüber der konkreten Form der Neuordnung der betroffenen Verkehre habe der Beklagten daran gelegen sein müssen, in einem ersten Schritt die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Umsetzung des Nahverkehrsplans in dem Bereich zu schaffen, in dem einerseits Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Planung bestanden, ohne den aber andererseits die Gesamtplanung nicht zu verwirklichen war. Die Beklagte habe diese Verkehre nach diesem ersten Schritt auch für einen begrenzten Zeitraum neu ausschrei-
ben dürfen. Denn sie habe Zeit benötigt, die Umsetzung voranzutreiben. Eine sofortige, vollständige Umsetzung sei schon angesichts der Kundenirritationen bei der plötzlichen Änderung des öffentlichen Personennahverkehrs in Emsland -Süd nicht geboten gewesen. Die Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen , die Freistellungsverkehre mit den Klägern weiterlaufen zu lassen, bis die neuen Linien bestandskräftig vergeben worden seien. Sie habe sich nicht auf den unsicheren Weg einer außerordentlichen Kündigung nach § 5 lit. d der fraglichen Verträge einlassen müssen. Denn angesichts der mangelnden Kooperation der Kläger habe sie damit rechnen müssen, daß solche Kündigungen nicht akzeptiert würden und die Kläger diese Kündigungen gerichtlich überprüfen lassen würden. Es sei mithin zu befürchten gewesen, daß ein Abwarten die Durchsetzung des Konzepts weiter verzögert hätte.
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist jedoch nicht erkennbar , inwiefern die Kündigungen die Durchsetzung des Konzepts gefördert hätten. Nach § 5 Abs. 2 lit. d der bestehenden Verträge war eine außerordentliche Kündigung möglich, wenn bei der Umsetzung des öffentlichen Personennahverkehrs im Landkreis Emsland eine Änderung notwendig wurde. Statt hiervon Gebrauch zu machen, konnte die Beklagte zwar auch ordentlich kündigen. Sie hat die gekündigten Freistellungsverkehre jedoch nicht "auf Linie gegeben" , sondern neu ausgeschrieben und erneut an die Kläger vergeben, wobei nach dem Vortrag der Kläger – gegenteilige Feststellungen sind nicht getroffen – das außerordentliche Kündigungsrecht entfallen ist. Die Beklagte verfügte damit im Hinblick auf eine künftige Umstellung der Schülertransporte über ein weniger flexibles vertragliches Instrumentarium als zuvor. Feststellungen dazu, daß die Laufzeiten der neuen Verträge auf voraussichtlich für die Umstellung der Verkehre günstige Zeitpunkte abgestellt gewesen wären, hat
das Berufungsgericht nicht getroffen. Mit Rechtsstreitigkeiten bei Auslaufen der neuen Verträge und anschließender Realisierung ihres Umstellungskonzepts mußte die Beklagte zudem in jedem Fall rechnen.
III. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, da das Berufungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen zum Inhalt des Nahverkehrsplans und seiner Umsetzung durch den Landkreis und die Beklagte sowie zu den Maßnahmen, an denen die Kläger nicht mitwirken wollen, getroffen hat, die die Beurteilung erlaubten, ob sich die Kläger lediglich einem rechtswidrigen Verhalten verweigert haben. Diese Feststellungen wird das Berufungsgericht
nachzuholen und den festgestellten Sachverhalt sodann unter Berücksichtigung namentlich der Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes zu würdigen haben. Es wird dabei gegebenenfalls zu berücksichtigen haben, daß ein Nahverkehrsplan nach § 8 Abs. 3 PBefG nicht zur Ungleichbehandlung von Unternehmen führen darf.
Hirsch Goette Bornkamm
Raum Meier-Beck