Bundesgerichtshof Urteil, 11. Dez. 2001 - KZR 5/00

bei uns veröffentlicht am11.12.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 5/00 Verkündet am:
11. Dezember 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Privater Pflegedienst

a) Die Zahlung unterschiedlicher Preise für die gleiche Leistung durch ein
marktbeherrschendes Unternehmen kann den Diskriminierungstatbestand
des § 20 Abs. 1 GWB erfüllen.

b) Bezieht ein marktbeherrschendes Unternehmen gleiche Leistungen zu unterschiedlichen
Preisen, obliegt es im Hinblick auf die Zielsetzung des § 20
Abs. 1 GWB grundsätzlich ihm, die Gründe darzulegen, die die unterschied-
liche Preisgestaltung rechtfertigen. Eine solche Rechtfertigung kann sich
allerdings bereits aus einem auf dem Markt vorhandenen Preisgefälle ergeben.
BGH, Urt. v. 11. Dezember 2001 - KZR 5/00 - OLG Celle
LG Hannover
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2001 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofes
Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Prof. Dr. Goette, Ball und Prof. Dr. Bornkamm

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 5. Januar 2000 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin hat sich jedenfalls bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen im Bezirk R. mit der Erbringung von Pflegeleistungen befaßt , die sie im wesentlichen gegenüber in der sozialen Krankenversicherung versicherten Personen erbracht hat. Die Beklagte ist eine regionale Kasse der
gesetzlichen Krankenversicherung, zu deren Zuständigkeitsbereich unter anderem der Bezirk R. gehört.
Nachdem Pflegeleistungen zunächst aufgrund von Rahmenabkommen zwischen den Verbänden der gesetzlichen Krankenversicherungen und denen der Anbieter von entsprechenden Leistungen abgerechnet worden waren, sind die Krankenkassen nach Kündigung der Abkommen dazu übergegangen, die Leistungen aufgrund individueller Verträge mit den einzelnen Leistungserbringern abzurechnen. Dabei erhielten private Anbieter wie die Klägerin sowohl aufgrund der Rahmenabkommen als auch aufgrund der individuell ausgehandelten Absprachen für ihre Leistungen (Injektionen, Verbände, Katheterisierung etc.) geringere Vergütungen, als sie den im wesentlichen von den freien Wohlfahrtsverbänden getragenen Sozialstationen zugestanden wurden.
Im Bezirk R. gab es im Jahre 1996 vier Sozialstationen und acht private Pflegedienste, zu denen bis zum Jahr 2000 weitere sechs private Pflegedienste hinzugekommen sind. Etwa 70 bis 75 % der von der Klägerin erbrachten Leistungen der häuslichen Krankenpflege betrafen bei der Beklagten versicherte Personen. Die Klägerin und die anderen Leistungserbringer wurden jeweils unmittelbar von den Pflegebedürftigen beauftragt; die Abrechnung ihrer Leistungen erfolgte zwischen ihnen und den Krankenkassen.
Die Klägerin hat in der unterschiedlichen Vergütung vergleichbarer Leistungen eine kartellrechtswidrige Diskriminierung gesehen und die Beklagte auf Schadensersatz und Unterlassung in Anspruch genommen. Ihre entsprechende Klage hat das Landgericht abgewiesen. In der Berufungsinstanz, die der Konkursverwalter weitergeführt hatte, nachdem über das Vermögen der
Klägerin das Konkursverfahren eröffnet worden war, sind zuletzt auf Feststellung einer sachlich nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung durch die Beklagte und deren Ersatzpflicht gerichtete Anträge gestellt worden. Auch mit diesen Anträgen hatte das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Im Anschluß an die seine Berufung zurückweisende Entscheidung des Berufungsgerichts hat der Konkursverwalter die geltend gemachten Ansprüche freigegeben. Mit ihrer daraufhin eingelegten Revision verfolgt die Klägerin die im Berufungsrechtszug zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel mit der Begründung entgegen, daß für die Klage der Rechtsweg zu den Kartellgerichten nicht eröffnet sei.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Ohne Erfolg bestreitet die Beklagte die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Kartellgerichten. Zwar sind mit der Änderung des § 87 Abs. 1 GWB durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV - Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) auch kartellrechtliche Streitigkeiten aus dem Bereich der Sozialversicherung ausdrücklich den Sozialgerichten zugewiesen, soweit sie Rechtsstreitigkeiten aus den in § 69 SGB V genannten Rechtsgebieten betreffen. Diese Neurege-
lung erfaût indessen das vorliegende, vor ihrem Inkrafttreten durch Anrufung der Kartellgerichte eingeleitete Verfahren nicht.
Mit Recht haben Landgericht und Oberlandesgericht für die Frage der Rechtswegzuständigkeit auf die Rechtslage zu dem Zeitpunkt abgestellt, in dem die vorliegende Klage rechtshängig geworden ist (§ 17 Abs. 1 GVG). Der Grundsatz der Fortdauer der einmal begründeten Zuständigkeit ("perpetuatio fori") gilt auch in Fällen einer nachträglichen Veränderung der gesetzlichen Grundlagen. Dies entspricht nicht nur ständiger Rechtsprechung (vgl. RGZ 103, 102, 103 f.; BGH, Urt. v. 1.2.1978 - IV ZR 142/77, NJW 1978, 949; BGHZ 114, 218, 221 f. - Einzelkostenerstattung), sondern auch der einhelligen Auffassung im Schrifttum (vgl. nur Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 17 GVG Rdn. 1; Musielak/Wittschier, ZPO, 2. Aufl., § 17 GVG Rdn. 4; Kissel, NJW 1991, 945, 948; Piekenbrock, NJW 2000, 3476). Durch den von den Parteien angeführten Senatsbeschluû vom 14. März 2000 (KZB 34/99, WuW/E DE-R 469 - Hörgeräteakustik) sollte dies nicht in Frage gestellt werden.
Danach war bei Erhebung der Klage am 3. November 1995 eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben. Die Zuweisung der Auseinandersetzungen über sozialversicherungsrechtliche Fragen zu den Sozialgerichten in § 51 Abs. 2 SGG berührte nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats eine Zuständigkeit für kartellrechtliche Auseinandersetzungen nicht; Verfahren mit einem solchen Gegenstand blieben vielmehr weiterhin den Kartellgerichten zugewiesen, soweit sie kartellrechtliche Anspruchsgrundlagen betrafen (vgl. Sen.Urt. v. 12.3.1991 - KZR 26/89, WuW/E 2707, 2709 - Krankentransportunternehmen II; Sen.Urt. v. 25.6.1991 - KZR 19/90, WuW/E 2721, 2723 - Krankenpflege; Sen.Urt. v. 7.7.1992 - KZR 15/91, WuW/E 2813,
2815 - Selbstzahler). Soweit die Begründung zur Neufassung des § 87 GWB durch die Sechste GWB-Novelle in der Neufassung lediglich eine Klarstellung gesehen hat, gibt dies keinen Anlaû, die genannte Rechtsprechung des Senats aufzugeben. Diese Würdigung durch die Verfasser der Gesetzesnovelle findet im Wortlaut der bis dahin geltenden Vorschriften keine Grundlage.
II. In der Sache beanstandet die Revision zu Recht die Verneinung einer kartellrechtswidrigen Diskriminierung durch das Berufungsgericht.
1. Im rechtlichen Ausgangspunkt stellt das Berufungsgericht zutreffend fest, daû die Beklagte trotz ihrer Stellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts den Bindungen durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegt. Angesichts ihrer Teilnahme durch Nachfrage von Pflegeleistungen und als Anbieter von Versicherungen unterfällt sie dem weiten Unternehmensbegriff dieses Gesetzes, der auch juristische Personen des öffentlichen Rechts einschlieût, soweit sie als Anbieter oder Nachfrager auf dem Markt eine selbständige Tätigkeit bei der Erzeugung oder Verteilung von Waren oder gewerblichen Leistungen ausüben (vgl. Sen.Beschl. v. 16.12.1976 - KVR 5/75, WuW/E 1474, 1477 - Architektenkammer; Sen.Urt. v. 12.3.1991 - KZR 26/89, aaO).
2. Nach den tatrichterlichen Feststellungen ist weiter davon auszugehen, daû die Beklagte auf dem hier in Rede stehenden relevanten räumlichen und sachlichen Markt, der örtlich im wesentlichen durch den von der Klägerin abgedeckten begrenzten Bezirk R. und sachlich durch die Nachfrage nach häuslichen Pflegedienstleistungen bestimmt wird, eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des § 20 Abs. 1 GWB n.F. einnimmt. Der hohe Anteil der bei der Be-
klagten versicherten Personen, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei der Klägerin und deren Wettbewerbern Pflegeleistungen in Anspruch nehmen, macht deutlich, daû diese Nachfrage von den Anbietern solcher Leistungen nur in geringem Umfang substituiert werden kann. Wie ihre Wettbewerber ist auch die Klägerin weitgehend auf die von der Beklagten durch den Abschluû von Rahmenabkommen bestimmte Nachfrage durch deren Versicherungsnehmer angewiesen. Auch die Beklagte ist davon ausgegangen, daû ihr eine marktbeherrschende Stellung auf dem hier in Frage stehenden Markt zukommt.
3. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daû die Beklagte die Klägerin in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, gegenüber anderen unterschiedlich behandelt hat. Wie auch die Beklagte nicht bezweifelt, wird die Nachfrage nach Pflegeleistungen im Bezirk R. gleichermaûen von der Klägerin und von deren privaten Wettbewerbern sowie den Sozialstationen befriedigt. Sämtlichen dieser Unternehmen ist der Zugang zu diesem Markt und dem darauf stattfindenden geschäftlichen Verkehr ohne Unterschied eröffnet. Bei der Befriedigung des Bedarfs nach Pflegeleistungen erhielt die Klägerin nach ihrer Darstellung, von der das Berufungsgericht ausgegangen ist und die daher im Revisionsverfahren zugrunde gelegt werden muû, für inhaltlich gleichartige Pflegeleistungen eine geringere Vergütung, als sie von der Beklagten den Sozialstationen zugestanden worden ist. Darin liegt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat und letztlich auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird, eine unterschiedliche Behandlung im Sinne des Diskriminierungstatbestandes des § 20 Abs. 1 GWB n.F.
4. Von den tatrichterlichen Feststellungen nicht getragen wird jedoch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die unterschiedliche Behandlung sei sachlich gerechtfertigt, so daû ein Verstoû gegen das Diskriminierungsverbot ausscheide.

a) Bei dieser Bewertung ist das Berufungsgericht allerdings zutreffend davon ausgegangen, daû sich der Verstoû gegen das Diskriminierungsverbot nicht, wie die Revision meint, schon daraus ergibt, daû die Beklagte überhaupt die gleiche Leistung unterschiedlich vergütet. Auch ein marktbeherrschendes Unternehmen ist nach § 20 Abs. 1 GWB n.F. nicht schlechthin gehalten, allen Anbietern von ihm benötigter Leistungen ausnahmslos die Vergütung zu zahlen , die es dem Anbieter mit dem höchsten Angebotspreis zugestehen muû.
Mit dem Diskriminierungsverbot des § 20 GWB n.F. soll ein Miûbrauch der wirtschaftlichen Macht marktbeherrschender Unternehmen bereits im Frühstadium unterbunden werden. Sein Zweck ist Schutz und Erhalt eines funktionierenden Wettbewerbs unter Ausgleich der unterschiedlichen wirtschaftlichen Stärke der am Markt beteiligten Unternehmen. Mit diesem Zweck ist eine allgemeine Verpflichtung zu einer Gleichbehandlung aller Vertragspartner in dem Sinne, daû ein marktbeherrschendes Unternehmen bei der Deckung seines Bedarfs stets den höchsten am Markt verlangten Preis zu zahlen hat, nicht zu vereinbaren. Die Begründung einer solchen allgemeinen Verpflichtung hätte nicht eine Stärkung des Wettbewerbs, sondern seine weitgehende Beseitigung auf dem davon betroffenen Markt zur Folge. Das gilt um so mehr, als sie angesichts der herausragenden Stellung des marktbeherrschenden Unternehmens die dringende Gefahr mit sich bringt, daû die von diesem gezahlten Preise das Geschehen und die Preisgestaltung auf dem betroffenen Markt bestimmen und
auf diese Weise, weil von ihm die Höchstpreise zu bewilligen sind, zu einer ständigen Erhöhung der Marktpreise führen. Grundsätzlich wird daher auch dem marktbeherrschenden oder marktstarken Unternehmen zugestanden werden müssen, ein auf dem einschlägigen Markt vorhandenes Preisgefälle auszunutzen , seinen Bedarf bei dem jeweils preisgünstigsten Anbieter zu decken und auf höherpreisige Angebote allenfalls in dem Umfang zurückzugreifen, in dem günstigere zur Befriedigung seines Bedarfes nicht ausreichen.

b) Auch vor diesem Hintergrund bleibt ein marktbeherrschendes Unternehmen jedoch den Bindungen des § 20 Abs. 1 GWB n.F. unterworfen, die es ihm auch bei der Befriedigung seines Bedarfs verwehren, die Verhältnisse auf dem Anbietermarkt durch Miûbrauch seiner Marktmacht und insbesondere mit Hilfe dieser Stellung die Preise zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Bezieht der Marktbeherrscher für sich oder - wie hier - für andere Vertragspartner gleiche Leistungen zu unterschiedlichen Preisen, so obliegt es allerdings im Hinblick auf die Zielsetzung des § 20 Abs. 1 GWB n.F. ihm, die Gründe darzulegen, die die unterschiedliche Preisgestaltung rechtfertigen. Dabei kann im Einzelfall der Hinweis auf ein Preisgefälle genügen, wenn sich das marktbeherrschende Unternehmen dieses lediglich zunutze macht und nicht zu erkennen ist, daû es die Preisverhältnisse zuvor oder bei der Befriedigung seiner Nachfrage unter Miûbrauch seiner besonderen Marktstellung beeinfluût hat. Sind die unterschiedlichen Preise jedoch - wie hier - das Ergebnis von Verhandlungen der Beteiligten, so muû ein marktbeherrschendes Unternehmen in besonderem Maûe dafür Sorge tragen, daû die unterschiedliche Preisbemessung für gle iche Leistungen durch sachliche Unterschiede gerechtfertigt ist und sich nicht allein als Folge der unterschiedlichen Abhängigkeit und eigenen Marktstellung der jeweiligen Vertragspartner im Verhältnis zu ihm ergibt. Bei einem solchen
direkten Aushandeln spricht schon nach der Lebenserfahrung alles dafür, daû sich das Maû der Abhängigkeit auch auf die Bereitschaft seines Vertragspartners auswirkt, auf Preisvorstellungen des Marktbeherrschers einzugehen. Auch im Hinblick auf das grundsätzlich anzuerkennende Interesse auch des marktbeherrschenden Unternehmens, Leistungen und Waren nur zu marktgerechten Bedingungen zu beziehen, sind danach an die Darlegung der Gründe, die in einem solchen Fall eine unterschiedliche Preisgestaltung für identische Leistungen verschiedener Anbieter rechtfertigen sollen, hohe Anforderungen zu stellen. Dem genügen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht.
Aus der gesetzlichen Verpflichtung der Kassen der Sozialversicherung, die freien Wohlfahrtsverbände bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen, läût sich eine Berechtigung zur Zahlung unterschiedlicher Preise bei gleichem Angebot nicht entnehmen. Die Zahlung höherer als am Markt üblicher Preise wäre eine Subventionierung der Wohlfahrtsverbände durch die Krankenkassen, die mit ihren gesetzlich bestimmten Aufgaben nicht in Einklang zu bringen wäre. Nach den §§ 2, 12, 13 SGB V sollen die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung ihren Mitgliedern den notwendigen finanziellen Schutz im Krankheitsfall gewährleisten. Bei der Verwendung der zur Finanzierung dieses Aufwandes eingezogenen Beiträge sind die Kassen gesetzlich verpflichtet, ihre Leistungen auf das Notwendige und Angemessene zu beschränken. Schon das läût für eine Subventionierung von Anbietern durch sie keinen Raum. Diese stünde zudem im Widerspruch dazu, daû die Ausgaben der Kassen durch Pflichtbeiträge der Versicherten finanziert werden, die von diesen nach der Vorstellung des Gesetzes nur zur Finanzierung des notwendigen Aufwandes der Kassen eingezogen werden. Entsprachen die den Sozialstationen gezahlten Vergütun-
gen hingegen dem Marktniveau, vermag die Verpflichtung zur Förderung der Wohlfahrtsverbände eine Zahlung an andere Anbieter unterhalb dieses Niveaus nicht zu rechtfertigen.
Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, daû eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung allein durch die Sozialstationen gewährleistet werde und diese zu einer höheren Kostenbelastung führe, wird von seinen tatsächlichen Feststellungen nicht getragen. Die Klägerin hat der entsprechenden Darstellung der Beklagten in den Instanzen ausdrücklich widersprochen, wie die Revision mit Recht geltend macht. Das Berufungsgericht ist hierauf nicht eingegangen; dem angefochtenen Urteil sind auch die Gründe, auf denen die von ihm zugrunde gelegte Feststellung einer höheren Kostenbelastung beruht, nicht zu entnehmen.
Eine Rechtfertigung der unterschiedlichen Preise läût sich nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch nicht daraus herleiten, daû - wie das Berufungsgericht ausgeführt hat - die den privaten Anbietern gezahlte Vergütung ein wirtschaftlich erfolgreiches Arbeiten ermögliche. Daû die Höhe der Vergütung hierfür genüge, hat das Berufungsgericht in erster Linie aus den ihm vorliegenden Bilanzen einiger solcher Anbieter hergeleitet. Demgegenüber hatte die Klägerin geltend gemacht, daû bei ihrer Bilanz einzelne Positionen, wie ein regelmäûiges, angemessenes Geschäftsführergehalt, fehlten, weil die dafür erforderlichen Mittel nicht gezahlt worden seien und eine entsprechende Ausgabe daher in die Bilanz nicht habe eingestellt werden können. Sie hat ferner , wie die Revision mit Recht geltend macht, darauf hingewiesen, daû diesen Arbeitskräften, soweit sie mit fest angestelltem Personal arbeitet, ein kalkulatorisches Gehalt von 72 DM bezahlt werden muû, während von der Beklagten
nur ein Stundensatz von 42 DM vergütet wird. Das Berufungsgericht ist dem nicht nachgegangen, so daû diese Darstellung der Klägerin im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist. Damit fehlt der Feststellung des Berufungsgerichts auch insoweit eine hinreichend tragfähige Grundlage. Unbeschadet dessen kann der Umstand, daû der bewilligte Preis für den konkreten Anbieter kostendeckend ist, allein auch generell eine unterschiedliche Behandlung gegenüber anderen Anbietern, die identische Leistungen erbringen, im Hinblick auf § 20 Abs. 1 GWB n.F. nicht rechtfertigen. Es ist nicht Sache des marktbeherrschenden Unternehmens, die Gewinnmargen seines Vertragspartners festzulegen. Ein solcher Eingriff in die Stellung des anderen Teils ist mit den Grundsätzen eines funktionierenden Wettbewerbs nicht zu vereinbaren. Demgemäû vermag der Gedanke, daû dem anderen Teil eine hinreichende Spanne zur Verfügung gestanden habe, als solcher die Bewilligung unterschiedlicher Vergütungen für eine identische Leistung nicht zu rechtfertigen.
Nicht frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Berufungsgerichts , den Sozialstationen müsse eine gewisse Übergangszeit eingeräumt werden, um ihre Kostenstruktur den neuen Marktverhältnissen anzupassen. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daû es sich bei dieser Überlegung um einen wirtschaftspolitischen Gesichtspunkt handelt, für den im Rahmen der Abwägung nach § 20 Abs. 1 GWB n.F. grundsätzlich kein Raum ist. Ob der vom Berufungsgericht angeführte Umstand dann zu einer anderen Bewertung führen kann, wenn die Beklagte zum einen für die Versorgung der bei ihr versicherten Personen auf die Unterstützung durch die Sozialstationen angewiesen ist und diese zum anderen in der vom Berufungsgericht angenommenen Übergangszeit ohne eine Vergütung nicht zu erhalten sind, die über die sonst bewilligten üblichen Preise hinausgeht, kann dahinstehen. Weder läût der festge-
stellte Sachverhalt die Annahme zu, daû die Sozialstationen die gezahlten Vergütungen allein aus einem solchen Grund benötigen, noch rechtfertigt er die Feststellung, daû die Beklagte in diesem Sinne auf die Unterstützung durch die Sozialstationen angewiesen ist.
Nach alledem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Sie ist daher aufzuheben und der Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung des beiderseitigen Vorbringens zur Rechtfertigung der unterschiedlichen Preise an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht zugleich Gelegenheit, der von ihm - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung folgerichtig - offengelassenen , vorrangigen Frage nachzugehen, ob die Sozialstationen und die privaten Pflegeanbieter derart übereinstimmende Leistungen erbringen, daû eine unterschiedliche Preisgestaltung für diese Leistungen an § 20 Abs. 1 GWB n.F. gemessen werden muû. Dabei wird es zu beachten haben, daû diese Vergleichbarkeit allein aus der Sicht der Beklagten und der bei ihr versicherten Personen zu bestimmen ist. Sie wird danach insbesondere anzunehmen sein, wenn die Pflegeleistungen der verschiedenen Anbieter nach Art, Inhalt und Verfügbarkeit ohne weiteres austauschbar sind. Gegen eine Vergleichbarkeit könnten dagegen Bedenken bestehen, wenn die Beklagte und die bei ihr versicherten Personen nicht ohne weiteres auf Leistungen der jeweils anderen Anbietergruppe ausweichen können. Das Maû dieser Vergleichbarkeit bestimmt zugleich die Anforderungen, die an eine Rechtfertigung unterschiedlicher Preise
zu stellen sind. Für verschiedenartige Leistungen muû die Beklagte auch im Hinblick auf § 20 Abs. 1 GWB n.F. keine einheitliche Vergütung zahlen; unterschiedliche Preise benötigen demgegenüber eher eine Rechtfertigung, je stärker die zu vergleichenden Leistungen ausgetauscht werden können.
Hirsch Melullis Goette
Ball Bornkamm

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(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung von Vorschriften des Teils 1, des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betreffen, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands die Landgerichte ausschließlich zuständig. Satz 1 gilt auch, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung, die nach diesem Gesetz zu treffen ist, oder von der Anwendbarkeit des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum abhängt.

(1) Dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 regeln abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94. Die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden werden abschließend in diesem Kapitel, in den §§ 63, 64 und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, dem Krankenhausentgeltgesetz sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind.

(2) Die §§ 1 bis 3 Absatz 1, die §§ 19 bis 21, 32 bis 34a, 48 bis 81 Absatz 2 Nummer 1, 2 Buchstabe a und Nummer 6 bis 11, Absatz 3 Nummer 1 und 2 sowie die §§ 81a bis 95 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen gelten für die in Absatz 1 genannten Rechtsbeziehungen entsprechend. Satz 1 gilt nicht für Verträge und sonstige Vereinbarungen von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern oder deren Verbänden, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind. Satz 1 gilt auch nicht für Beschlüsse, Empfehlungen, Richtlinien oder sonstige Entscheidungen der Krankenkassen oder deren Verbände, zu denen sie gesetzlich verpflichtet sind, sowie für Beschlüsse, Richtlinien und sonstige Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist.

(3) Auf öffentliche Aufträge nach diesem Buch sind die Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden.

(4) Bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge nach den §§ 63 und 140a über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014, die im Rahmen einer heilberuflichen Tätigkeit erbracht werden, kann der öffentliche Auftraggeber abweichend von § 119 Absatz 1 und § 130 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie von § 14 Absatz 1 bis 3 der Vergabeverordnung andere Verfahren vorsehen, die die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung gewährleisten. Ein Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb und ohne vorherige Veröffentlichung nach § 66 der Vergabeverordnung darf der öffentliche Auftraggeber nur in den Fällen des § 14 Absatz 4 und 6 der Vergabeverordnung vorsehen. Von den Vorgaben der §§ 15 bis 36 und 42 bis 65 der Vergabeverordnung, mit Ausnahme der §§ 53, 58, 60 und 63, kann abgewichen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 17. April 2019 über die Anwendung dieses Absatzes durch seine Mitglieder.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
KZB 34/99
vom
14. März 2000
in der Beschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Hörgeräteakustik
GWB § 87 Abs. 1 Satz 3 (F: 1.1.2000)
Ungeachtet der Frage, ob die Beziehungen zwischen einer Krankenkasse und einem
Leistungserbringer bürgerlich- oder öffentlich-rechtlicher Natur sind, sind
entsprechende Streitigkeiten — auch soweit kartellrechtliche Ansprüche in Rede
stehen — seit dem 1. Januar 2000 den Sozialgerichten zugewiesen.
BGH, Beschl. v. 14. März 2000 — KZB 34/99 — OLG Hamburg
LG Hamburg
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat am 14. März 2000 durch den
Präsidenten des Bundesgerichtshofes Geiß und die Richter Dr. Melullis und Ball,
die Richterin Dr. Tepperwien und den Richter Prof. Dr. Bornkamm

beschlossen:
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 30. Dezember 1998 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Wert der weiteren Beschwerde wird auf 35.000 DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin ist ein Unternehmen der Hörgeräteakustik mit Sitz in Hamburg. Sie begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, daß die Beklagte, die AOK Bayern, verpflichtet ist, die gültigen Festbeträge an die Klägerin zu zahlen, wenn sie Patienten, die bei der Beklagten versichert sind, mit einem ärztlich verordneten Hörgerät versorgt hat. Hintergrund ist, daß die Klägerin ihre Geräte im sogenannten verkürzten Vertriebsweg absetzt, wobei der behandelnde Hals-NasenOhren -Arzt – statt des üblicherweise eingeschalteten Hörgeräteakustikers – den Ohrabdruck anfertigt und die Anpassung und Freigabe des gelieferten Hörgerätes übernimmt. Die Klägerin, die über eine Zulassung nach § 126 SGB V des Landesverbands Hamburg der AOK verfügt, kann auf diese Weise ihre Geräte auch an Patienten in anderen Teilen Deutschlands liefern.
Nachdem die Klägerin in der Vergangenheit auch Versicherte der Beklagten im verkürzten Vertriebsweg mit Hörgeräten versorgt hatte, ohne daß es Schwierigkeiten bei der Abrechnung gegeben hätte, teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß diese im Hinblick auf die auf Hamburg beschränkte Zulassung keine Versicherten in Bayern mit Hörgeräten versorgen dürfe. Dementsprechend verweigerte die Beklagte in der Folge die Bezahlung der von der Klägerin an ihre Versicherten gelieferten Hörgeräte.
Das Landgericht hat durch Beschluß entschieden, daß der Rechtsweg zu den Zivilgerichten unzulässig sei, und hat den Rechtsstreit an das Sozialgericht Hamburg verwiesen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.
II. Die weitere sofortige Beschwerde der Klägerin ist infolge ihrer Zulassung durch das Oberlandesgericht statthaft und auch im übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben den Rechtsweg zu den Zivilgerichten verneint, weil der Streit der Parteien im Kern nicht darum gehe, daß die Klägerin von der Belieferung der Versicherten der Beklagten im Sinne einer Bezugssperre ausgeschlossen werde. Vielmehr lasse sich der Streit auf die Frage zurückführen, ob es für die Versorgung von Versicherten in Bayern durch die Klägerin einer gesonderten Zulassung durch die Beklagte bedürfe oder nicht. Da es sich bei dieser Zulassung um einen Verwaltungsakt handele, sei die Streitigkeit nicht bürgerlich-, sondern öffentlich-rechtlicher Art und gehöre daher vor die Sozialgerichte.
Ob das Beschwerdegericht den Streit damit zutreffend charakterisiert hat oder ob es sich bei der Frage der Notwendigkeit einer Zulassung – wie die Klägerin mit der weiteren Beschwerde geltend macht und wofür manches hätte sprechen können – nur um eine Vorfrage im Rahmen der Prüfung einer zivilrechtlichen Anspruchsgrundlage, etwa aus §§ 33, 21 Abs. 1 GWB oder aus § 1 UWG, handelt, bedarf keiner Entscheidung. Denn aufgrund einer Gesetzesänderung ist der Rechtsstreit – ungeachtet seiner Charakterisierung als zivil- oder öffentlichrechtliche Streitigkeit – nunmehr den Sozialgerichten zugewiesen. Diese Rechtsänderung , die erst eingetreten ist, als die weitere Beschwerde beim Bundesgerichtshof anhängig war, muß auch in diesem Verfahrensstadium berücksichtigt werden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 300 Rdn. 3 m.w.N.).
Durch § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG sind Streitigkeiten, die in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund von Entscheidungen oder Verträgen der Krankenkassen entstehen, den Sozialgerichten zugewiesen, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Aufgrund dieser aus dem Jahre 1988 stammenden Regelung sollten für Rechtsstreitigkeiten der beschriebenen Art ungeachtet ihres zivil- oder öffentlich-rechtlichen Charakters die Sozialgerichte zuständig sein (vgl. BGH, Beschl. v. 5.6.1997 – I ZB 26/96, WRP 1997, 1199 – Hilfsmittellieferungsvertrag; Beschl. v. 5.6.1997 – I ZB 42/96, GRUR 1998, 506; Beschl. v. 15.1.1998 – I ZB 20/97, GRUR 1998, 744 = WRP 1998, 624 – Maßnahmen der Mitgliederwerbung; Beschl. v. 15.9.1999 – I ZB 59/98, WRP 2000, 98 – Arzneimittelversorgung). Soweit es allerdings um kartellrechtliche Streitigkeiten ging, fand diese Bestimmung keine Anwendung, da die in § 87 GWB ausgesprochene Zuweisung von bürgerlich-rechtlichen Kartellstreitigkeiten an die Kartellgerichte anderen Zuweisungen, so auch der Regelung des § 51 Abs. 2 SGG, vorging (BGHZ 114, 218, 224 – Einzelkostenerstattung; BGH, Urt. v. 25.6.1991 – KZR 19/90, WuW/E 2721, 2725 f. – Krankenpflege).
Das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) enthält nunmehr eine Reihe weiterer Ä nderungen, aus denen sich ergibt, daß ab dem 1. Januar 2000 für Streitigkeiten der vorliegenden Art ebenfalls die Sozialgerichte zuständig sein sollen. Dabei kommt es im Streitfall für die Frage der Zuständigkeit nicht auf die Neuregelung des § 69 SGB V an, mit dem das Ziel verfolgt worden ist, die Tätigkeiten der Krankenkassen, die im Zusammenhang mit der Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags stehen, dem Privatrecht , insbesondere dem Wettbewerbs- und Kartellrecht, vollständig zu entziehen (vgl. den Entwurf des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000, BT-Drucks. 14/1245, S. 68; dazu die Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, GRUR 1999, 968; ferner Neumann, WuW 1999, 961, 963 ff.). Denn in § 51 Abs. 2 SGG (dort Satz 2) ist durch das GKVGesundheitsreformgesetz 2000 eine Regelung aufgenommen worden, aus der sich ergibt, daß der bislang geltende Vorrang der Rechtswegzuweisung des § 87 GWB für Streitigkeiten nach § 51 Abs. 2 SGG nicht mehr gelten soll. Gleichzeitig ist in § 87 Abs. 1 GWB ein neuer Satz 3 eingefügt worden, wonach die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte für bürgerliche Kartellsachen nicht für Rechtsstreitigkeiten aus den in § 69 SGB V genannten Rechtsbeziehungen – also aus Rechtsbeziehungen, die im Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag stehen – gelten soll.
Damit ist – ungeachtet der Frage, ob vorliegend kartellrechtliche Ansprüche der Klägerin in Betracht kommen – der Streitfall den Sozialgerichten zugewiesen. Jedenfalls aufgrund dieser nunmehr maßgeblichen Rechtslage ist es nicht zu beanstanden , daß das Landgericht den Rechtsweg zu den Zivilgerichten verneint und die Sache an das Sozialgericht verwiesen hat.
III. Danach ist die weitere Beschwerde der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Den Wert der weiteren Beschwerde hat der Senat – ebenso wie das Beschwerdegericht – auf etwa 1/3 des Wertes der Hauptsache festgesetzt (BGH, Beschl. v. 19.12.1996 – III ZB 105/96, BGHR GVG § 17a – Streitwert 1; Beschl. v. 30.9.1999 – V ZB 24/99, NJW 1999, 3785).
Geiß Melullis Ball
Tepperwien Bornkamm

(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die die Anwendung von Vorschriften des Teils 1, des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betreffen, sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands die Landgerichte ausschließlich zuständig. Satz 1 gilt auch, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer Entscheidung, die nach diesem Gesetz zu treffen ist, oder von der Anwendbarkeit des Artikels 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 53 oder 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum abhängt.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen, soweit von ihnen andere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf dritte Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen und ein deutliches Ungleichgewicht zur Gegenmacht der anderen Unternehmen besteht (relative Marktmacht). § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 gilt ferner auch für Unternehmen, die als Vermittler auf mehrseitigen Märkten tätig sind, soweit andere Unternehmen mit Blick auf den Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten von ihrer Vermittlungsleistung in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeiten nicht bestehen. Es wird vermutet, dass ein Anbieter einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen von einem Nachfrager abhängig im Sinne des Satzes 1 ist, wenn dieser Nachfrager bei ihm zusätzlich zu den verkehrsüblichen Preisnachlässen oder sonstigen Leistungsentgelten regelmäßig besondere Vergünstigungen erlangt, die gleichartigen Nachfragern nicht gewährt werden.

(1a) Eine Abhängigkeit nach Absatz 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Unternehmen für die eigene Tätigkeit auf den Zugang zu Daten angewiesen ist, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden. Die Verweigerung des Zugangs zu solchen Daten gegen angemessenes Entgelt kann eine unbillige Behinderung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 19 Absatz 1, Absatz 2 Nummer 1 darstellen. Dies gilt auch dann, wenn ein Geschäftsverkehr für diese Daten bislang nicht eröffnet ist.

(2) § 19 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 5 gilt auch für Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen im Verhältnis zu den von ihnen abhängigen Unternehmen.

(3) Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht dürfen ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen, solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen

1.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist, unter Einstandspreis oder
2.
andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder
3.
von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt
anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt. Einstandspreis im Sinne des Satzes 2 ist der zwischen dem Unternehmen mit überlegener Marktmacht und seinem Lieferanten vereinbarte Preis für die Beschaffung der Ware oder Leistung, auf den allgemein gewährte und im Zeitpunkt des Angebots bereits mit hinreichender Sicherheit feststehende Bezugsvergünstigungen anteilig angerechnet werden, soweit nicht für bestimmte Waren oder Leistungen ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Das Anbieten von Lebensmitteln unter Einstandspreis ist sachlich gerechtfertigt, wenn es geeignet ist, den Verderb oder die drohende Unverkäuflichkeit der Waren beim Händler durch rechtzeitigen Verkauf zu verhindern sowie in vergleichbar schwerwiegenden Fällen. Werden Lebensmittel an gemeinnützige Einrichtungen zur Verwendung im Rahmen ihrer Aufgaben abgegeben, liegt keine unbillige Behinderung vor.

(3a) Eine unbillige Behinderung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 liegt auch vor, wenn ein Unternehmen mit überlegener Marktmacht auf einem Markt im Sinne des § 18 Absatz 3a die eigenständige Erzielung von Netzwerkeffekten durch Wettbewerber behindert und hierdurch die ernstliche Gefahr begründet, dass der Leistungswettbewerb in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt wird.

(4) Ergibt sich auf Grund bestimmter Tatsachen nach allgemeiner Erfahrung der Anschein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht im Sinne des Absatzes 3 ausgenutzt hat, so obliegt es diesem Unternehmen, den Anschein zu widerlegen und solche anspruchsbegründenden Umstände aus seinem Geschäftsbereich aufzuklären, deren Aufklärung dem betroffenen Wettbewerber oder einem Verband nach § 33 Absatz 4 nicht möglich, dem in Anspruch genommenen Unternehmen aber leicht möglich und zumutbar ist.

(5) Wirtschafts- und Berufsvereinigungen sowie Gütezeichengemeinschaften dürfen die Aufnahme eines Unternehmens nicht ablehnen, wenn die Ablehnung eine sachlich nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung darstellen und zu einer unbilligen Benachteiligung des Unternehmens im Wettbewerb führen würde.