Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2008 - IX ZB 48/08

bei uns veröffentlicht am17.07.2008
vorgehend
Amtsgericht Wuppertal, 145 IN 1163/07, 07.01.2008
Landgericht Wuppertal, 6 T 69/08, 30.01.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 48/08
vom
17. Juli 2008
in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter, die Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 17. Juli 2008

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 30. Januar 2008 wird auf Kosten der Gesellschafterin als unzulässig verworfen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 281.850,40 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Schuldnerin ist eine aus acht Gesellschaftern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Auf Antrag eines Gesellschafters ist am 7. Januar 2008 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden. Gegen diesen Beschluss hat die Rechtsbeschwerdeführerin, eine weitere Gesellschafterin, sofortige Beschwerde eingelegt. Durch den angefochtenen Beschluss ist die sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen worden, weil die Gesellschafterin zwar analog § 15 Abs. 1 InsO berechtigt gewesen sei, die Gesellschaft im Verfahren der sofortigen Beschwerde zu vertreten, das Rechtsmittel aber nicht namens der Gesellschaft eingelegt worden sei. Mit ihrer Rechtsbeschwerde will die Gesellschafterin weiterhin die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses erreichen.

II.


2
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
3
1. Der Zulässigkeitsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) ist nicht erfüllt. Der angefochtene Beschluss enthält keinen Rechtssatz, der von einem den Senatsbeschluss vom 21. Juni 2007 (IX ZB 51/06, NZI 2008, 121) tragenden Rechtssatz abweicht (vgl. BGHZ 154, 288, 293). Der Senat hat seinerzeit die von beiden Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingelegte Rechtsbeschwerde als eine solche der Gesellschaft verstanden. Er hat jedoch keinen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass ein von einem Gesellschafter eingelegtes Rechtsmittel immer ("ohne weiteres") als Rechtsmittel der Gesellschaft auszulegen sei. Das ergibt sich auch aus dem Senatsbeschluss vom 6. Juli 2006 (IX ZA 5/06, ZInsO 2006, 822). Hier hat der Senat den von einer Gesellschafterin in eigenem Namen gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren als Antrag der Gesellschafterin selbst verstanden und unter Hinweis auf das alleinige Antrags- und Beschwerderecht der Gesellschaft abschlägig beschieden. Das Senatsurteil vom 6. Juli 2006 (IX ZR 88/02, WM 2006, 2057 f Rn. 5 f), auf welches die Rechtsbeschwerde sich ebenfalls beruft, betraf einen anderen Fall, nämlich denjenigen der unrichtigen Bezeichnung eines Unternehmensträgers. Wie eine bestimmte Prozesserklärung auszulegen ist, ist eine Frage des Einzelfalls.
4
2. Der angefochtene Beschluss beruht auch nicht auf einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten der Rechtsbeschwerdeführerin. Insbesondere wurde ihr verfassungsrechtlicher Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht verletzt. Die Insolvenzordnung räumt den Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO) kein eigenes Antrags - oder Beschwerderecht ein. Nach § 15 Abs. 1 InsO kann jeder persönlich haftende Gesellschafter die Gesellschaft jedoch unabhängig von den Vertretungsverhältnissen bei der Stellung des Insolvenzantrags vertreten. Er kann so verhindern, dass die Gesellschaft neue Verbindlichkeiten begründet, für die er persönlich einzustehen hat. Möglichen Meinungsverschiedenheiten unter den Gesellschaftern darüber, ob ein Insolvenzgrund vorliegt, trägt § 15 Abs. 2 InsO Rechnung, wonach der Insolvenzgrund dann, wenn der Antrag nicht von allen persönlich haftenden Gesellschaftern gestellt wird, glaubhaft zu machen ist und diejenigen Gesellschafter, welche den Antrag nicht gestellt haben, zum Antrag zu hören sind. So ist das Insolvenzgericht auch im vorliegenden Fall verfahren. Analog § 15 Abs. 1 InsO kann schließlich jeder persönlich haftende Gesellschafter namens der Gesellschaft sofortige Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluss einlegen (vgl. etwa Jaeger/Müller, InsO § 15 Rn. 61; MünchKomm -InsO/Schmahl, 2. Aufl. § 15 Rn. 90). Eines eigenen Antrags- oder Beschwerderechts des Gesellschafters selbst bedarf es dann nicht.
5
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde erforderte die vom Beschwerdegericht vertretene Ansicht, das Recht der sofortigen Beschwerde ge- gen den Eröffnungsbeschluss stehe ausschließlich der Gesellschaft und nicht den einzelnen Gesellschaftern zu, keinen rechtlichen Hinweis (§§ 4 InsO, 139 ZPO). Dass nur dem Schuldner die sofortige Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluss zusteht, folgt aus dem Gesetz (§ 34 Abs. 2 InsO). Überdies waren die das fehlende Antrags- und Beschwerderecht des Gesellschafters betreffenden Senatsbeschlüsse im Zeitpunkt der Einlegung der sofortigen Beschwerde (am 21. Januar 2008) längst veröffentlicht (Beschl. v. 6. Juli 2006 - IX ZA 5/06, ZInsO 2006, 822; Beschl. v. 21. Juni 2007 - IX ZB 51/06, NZG 2007, 623 = NZI 2008, 121). War die sofortige Beschwerde - wie das Beschwerdegericht angenommen und der Senat nicht sachlich nachzuprüfen hat - im Namen der Rechtsbeschwerdeführerin persönlich eingelegt worden, hätte ein richterlicher Hinweis überdies nichts mehr bewirken können. Eine nach Ablauf der Beschwerdefrist (§§ 4 InsO, 569 Abs. 1 ZPO) namens der Gesellschaft eingelegte Beschwerde wäre wegen Nichteinhaltung dieser Frist als unzulässig zu verwerfen gewesen (§ 4 InsO, § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
6
3. Darauf, dass die Rechtsbeschwerde ausdrücklich namens der Gesellschafterin - nicht: namens der Gesellschaft - eingelegt und begründet worden ist, also ihrerseits nicht statthaft ist (§§ 6, 7, 34 Abs. 2 InsO), kommt es nach alledem nicht an.
7
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Ganter Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 07.01.2008 - 145 IN 1163/07 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 30.01.2008 - 6 T 69/08 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 572 Gang des Beschwerdeverfahrens


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(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldne

Insolvenzordnung - InsO | § 15 Antragsrecht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit


(1) Zum Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist außer den Gläubigern jedes Mitglied des Vertretungsorgans, bei einer Gesellschaft ohne Rechtspers

Insolvenzordnung - InsO | § 11 Zulässigkeit des Insolvenzverfahrens


(1) Ein Insolvenzverfahren kann über das Vermögen jeder natürlichen und jeder juristischen Person eröffnet werden. Der nicht rechtsfähige Verein steht insoweit einer juristischen Person gleich. (2) Ein Insolvenzverfahren kann ferner eröffnet werd

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(1) Zum Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist außer den Gläubigern jedes Mitglied des Vertretungsorgans, bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien jeder persönlich haftende Gesellschafter, sowie jeder Abwickler berechtigt. Bei einer juristischen Person ist im Fall der Führungslosigkeit auch jeder Gesellschafter, bei einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft zudem auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Antragstellung berechtigt.

(2) Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern, allen Gesellschaftern der juristischen Person, allen Mitgliedern des Aufsichtsrats oder allen Abwicklern gestellt, so ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. Zusätzlich ist bei Antragstellung durch Gesellschafter einer juristischen Person oder Mitglieder des Aufsichtsrats auch die Führungslosigkeit glaubhaft zu machen. Das Insolvenzgericht hat die übrigen Mitglieder des Vertretungsorgans, persönlich haftenden Gesellschafter, Gesellschafter der juristischen Person, Mitglieder des Aufsichtsrats oder Abwickler zu hören.

(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend für die organschaftlichen Vertreter und die Abwickler der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter. Entsprechendes gilt, wenn sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 5/06
vom
6. Juli 2006
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Dr. Ganter, Raebel, Cierniak und die Richterin Lohmann
am 6. Juli 2006

beschlossen:
Die Anträge der M. G. und des J. G. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 13. Januar 2006 werden zurückgewiesen.

Gründe:


1
1. Die von den Antragstellern beabsichtigte Rechtsbeschwerde im eigenen Namen hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Die Befugnis zur Rechtsbeschwerde setzt voraus, dass die sofortige Beschwerde statthaft war (BGHZ 144, 78, 82; 158, 212, 214). Gemäß § 34 Abs. 2 InsO steht jedoch nur dem Schuldner die sofortige Beschwerde gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu. Das gilt auch dann, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer (parteifähigen, vgl. BGHZ 146, 341, 347 ff) Gesellschaft bürgerlichen Rechts eröffnet wird. Die Rechte der einzelnen Gesellschafter werden dadurch gewahrt, dass sie, soweit sie persönlich haften, analog § 15 Abs. 1 InsO berechtigt sind, unabhängig von den Vertretungsregelungen des Gesellschaftsvertrages und der §§ 709, 714 BGB für die Gesellschaft Rechtsmittel einzulegen (Jaeger/Müller, InsO § 15 Rn. 63; FK-InsO/Schmerbach, 4. Aufl. § 34 Rn. 9; Kübler/Prütting/Pape, InsO § 34 Rn. 34; BK-InsO/Goetsch, § 34 Rn. 5). Ein eigenes Beschwerderecht steht den Gesellschaftern demgegenüber nicht zu. Die gegenteilige Entscheidung RG JW 1895, 454 (zustimmend zitiert etwa bei Jaeger/Schilken, InsO § 34 Rn. 18), die auf der Annahme beruht, dass eine von den Gesellschaftern verschiedene Rechtspersönlichkeit nicht existiere, ist überholt. Ehemalige Gesellschafter haben erst recht kein eigenes Beschwerderecht. Sie sind auch nicht mehr befugt, die Gesellschaft analog § 15 Abs. 1 InsO im Beschwerdeverfahren zu vertreten (vgl. MünchKomm-InsO/Schmahl, § 34 Rn. 45).
2
Dass die im Eröffnungsbeschluss als Schuldnerin bezeichnete Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach Ansicht der Antragsteller vor der Eröffnung durch das Ausscheiden aller bis auf einen Gesellschafter beendet worden sein soll, verleiht den vermeintlich oder tatsächlich ausgeschiedenen Gesellschaftern kein eigenes Beschwerderecht. Auch in einem solchen Fall steht nur der Schuldnerin die sofortige Beschwerde zu (§ 34 Abs. 2 InsO). Im Streit über die Frage ihres Fortbestehens wird sie als parteifähig angesehen (vgl. z.B. BGHZ 24, 91, 94; BGH, Urt. v. 29. September 1981 - VI ZR 21/80, ZIP 1981, 1268). Die im Eröffnungsbeschluss bezeichneten Gesellschafter sind analog § 15 Abs. 1 InsO befugt, für die Gesellschaft Rechtsmittel einzulegen, um die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses und die Abweisung des Insolvenzantrags als unzulässig zu erreichen. Damit können sie ihre Interessen gegenüber den antragstellenden Gläubigern, aber auch gegenüber den anderen Gesellschaftern hinreichend wahrnehmen. Eines eigenen Beschwerderechts der Gesellschafter bedarf es nicht.
3
2. Prozesskostenhilfe für eine Rechtsbeschwerde der Schuldnerin haben die Antragsteller nicht beantragt. Insoweit wäre überdies darzulegen gewesen, dass nicht nur die Schuldnerin, sondern auch die übrigen Gesellschafter als die am Gegenstand der Rechtsbeschwerde wirtschaftlich Beteiligten nicht in der Lage sind, die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzubringen (§ 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
Fischer Ganter Raebel
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Villingen-Schwenningen, Entscheidung vom 29.06.2005 - 1 IN 58/05 -
LG Konstanz, Entscheidung vom 13.01.2006 - 62 T 142/05 -
5
1. Das Rubrum war dahin zu berichtigen, dass nicht die R. GmbH & Co. KG als Klägerin aufzuführen ist, sondern die R. , Inhaberin I. G. , selbst Klägerin ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass auch bei äußerlich unrichtiger Bezeichnung grundsätzlich das Rechtssubjekt als Partei anzusehen ist, das durch die fehlerhafte Bezeichnung nach deren objektivem Sinn betroffen werden soll (BGH, Beschl. v. 15. Mai 2006 - II ZB 5/05, Rn. 11, z.V.b.). Diese Grundsätze gelten auch, wenn sich die klagende Partei selbst fehlerhaft bezeichnet hat (BGH, Urt. v. 12. Oktober 1987 - II ZR 21/87 - NJW 1988, 1585, 1587 m.w.N.).

(1) Ein Insolvenzverfahren kann über das Vermögen jeder natürlichen und jeder juristischen Person eröffnet werden. Der nicht rechtsfähige Verein steht insoweit einer juristischen Person gleich.

(2) Ein Insolvenzverfahren kann ferner eröffnet werden:

1.
über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Partnerschaftsgesellschaft, Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts, Partenreederei, Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung);
2.
nach Maßgabe der §§ 315 bis 334 über einen Nachlaß, über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft oder über das Gesamtgut einer Gütergemeinschaft, das von den Ehegatten oder Lebenspartnern gemeinschaftlich verwaltet wird.

(3) Nach Auflösung einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zulässig, solange die Verteilung des Vermögens nicht vollzogen ist.

(1) Zum Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist außer den Gläubigern jedes Mitglied des Vertretungsorgans, bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien jeder persönlich haftende Gesellschafter, sowie jeder Abwickler berechtigt. Bei einer juristischen Person ist im Fall der Führungslosigkeit auch jeder Gesellschafter, bei einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft zudem auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Antragstellung berechtigt.

(2) Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern, allen Gesellschaftern der juristischen Person, allen Mitgliedern des Aufsichtsrats oder allen Abwicklern gestellt, so ist er zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. Zusätzlich ist bei Antragstellung durch Gesellschafter einer juristischen Person oder Mitglieder des Aufsichtsrats auch die Führungslosigkeit glaubhaft zu machen. Das Insolvenzgericht hat die übrigen Mitglieder des Vertretungsorgans, persönlich haftenden Gesellschafter, Gesellschafter der juristischen Person, Mitglieder des Aufsichtsrats oder Abwickler zu hören.

(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend für die organschaftlichen Vertreter und die Abwickler der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter. Entsprechendes gilt, wenn sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 5/06
vom
9. November 2006
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin
Lohmann
am 9. November 2006

beschlossen:
Die Gegenvorstellung der M. G. und des J. G. gegen den Senatsbeschluss vom 6. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
Die Antragsteller verweisen auf einen von H. G. ohne Vertretungszusatz unterzeichneten, an das Insolvenzgericht gerichteten Schriftsatz vom 29. Juli 2005, mit dem hilfsweise für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sofortige Beschwerde eingelegt worden ist. Sie behaupten, H. G. habe insoweit als Vertreter der M. G. gehandelt , und beantragen hilfsweise Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde.
2
Der Senat hatte über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde zu entscheiden. Der Antrag der Gesellschafter hatte keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO). Soweit der Antrag (auch) für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gestellt werden sollte, wären die Vor- aussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO darzulegen gewesen. Darauf hat der Senat bereits im Beschluss vom 6. Juli 2006 hingewiesen.
Fischer Raebel Kayser
Cierniak Lohmann

Vorinstanzen:
AG Villingen-Schwenningen, Entscheidung vom 29.06.2005 - 1 IN 58/05 -
LG Konstanz, Entscheidung vom 13.01.2006 - 62 T 142/05 -

Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.