Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Dez. 2010 - IX ZA 38/10

bei uns veröffentlicht am08.12.2010
vorgehend
Amtsgericht Ahaus, 16 C 7/08, 27.05.2009
Landgericht Münster, 6 S 65/09, 06.07.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 38/10
vom
8. Dezember 2010
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 8. Dezember 2010

beschlossen:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 6. Juli 2010 wird abgelehnt.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde und eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 6. Juli 2010 wird abgelehnt.

Gründe:


1
Die Prozesskostenhilfe ist zu versagen, weil die in Aussicht genommene Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Satz 1 ZPO).
2
Eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil wäre zwar gemäß § 26 Nr. 8 Satz 2 EGZPO statthaft, jedoch unzulässig. Weder legt der Beklagte in seiner Antragsschrift Zulassungsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO dar, noch ergeben sich solche aus den Akten. Das Berufungsurteil ist richtig. Soll ein Zweites Versäumnisurteil mit der Berufung angegriffen werden, muss die Berufungsbegründung zwingend darlegen, warum der Berufungskläger in erster Instanz nicht oder nicht schuldhaft säumig war (BGH, Urt. v. 27. September 1990 - VII ZR 135/90, WM 1991, 159; v. 22. April 1999 - IX ZR 364/98, WM 1999, 1532, 1533; v. 22. März 2007 - IX ZR 100/06, WM 2007, 1239, Rn. 6; v. 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687, Rn. 6). Solche Darlegungen fehlen in der Berufungsbegründung des Beklagten.
3
Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss vom 6. Juli 2010, mit dem das Berufungsgericht die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen erstinstanzliche Ablehnung von Prozesskostenhilfe verworfen hat, wäre unstatthaft. Die Zivilprozessordnung sieht ausnahmslos keine Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Rechtsbeschwerde vor. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausschließlich gegen Berufungsurteile eröffnet, nicht aber gegen Entscheidungen , die in Beschlussform ergehen (BGH, Beschl. v. 16. November 2007 - IX ZA 26/06, WuM 2007, 41). Der Weg einer außerordentlichen Beschwerde ist nicht eröffnet (BGHZ 150, 133 ff) und verfassungsrechtlich auch nicht geboten (vgl. BVerfGE 107, 395 ff). Die Rechtsbeschwerde gegen den vorbezeichneten Beschluss ist unstatthaft. Gemäß § 574 Abs. 1 ZPO ist gegen einen Beschluss die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn dies entweder im Gesetz ausdrück- lich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde ausdrücklich zugelassen hat. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
AG Ahaus, Entscheidung vom 27.05.2009 - 16 C 7/08 -
LG Münster, Entscheidung vom 06.07.2010 - 6 S 65/09 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. März 2007 - IX ZR 100/06

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 100/06 Verkündet am: 22. März 2007 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 345, 514 Abs. 2 S

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Nov. 2008 - VI ZR 317/07

bei uns veröffentlicht am 25.11.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 317/07 Verkündet am: 25. November 2008 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
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Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2013 - IX ZA 8/13

bei uns veröffentlicht am 01.08.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZA 8/13 vom 1. August 2013 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring a

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

6
1. Nach § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil, gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Der Sachverhalt, der die Zulässigkeit der Berufung rechtfertigen soll, muss vollständig in der Berufungsinstanz vorgetragen und darf in der Revisionsinstanz nicht ergänzt werden (vgl. BGH, Urt. v. 22. April 1999 - IX ZR 364/98, WM 1999, 1532, 1533). Die Verschuldensfrage ist nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. BGHZ 141, 351, 355; BGH, Urt. v. 22. April 1999 - IX ZR 364/98, aaO S. 1533; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 514 Rn. 8). Die Beweislast für die Voraussetzungen einer unverschuldeten Säumnis liegt beim Berufungskläger.
6
a) Nach § 565 i.V.m. § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil , gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Revision insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Das trifft unter anderem zu, wenn der Termin zur mündlichen Verhandlung, auf die das zweite Versäumnisurteil erging, von der betroffenen Partei unverschuldet versäumt wurde (vgl. BGH, Urteile vom 19. November 1981 - III ZR 85/80 - VersR 1982, 268; vom 27. September 1990 - VII ZR 135/90 - NJW 1991, 42, 43 und vom 19. November 1998 - IX ZR 152/98 - VersR 2000, 121 f.; Beschluss vom 24. Januar 1985 - I ZR 113/84 - VersR 1985, 542, 543). Der Sachverhalt, der die Zulässigkeit des Rechtsmittels rechtfertigen soll, muss vollständig in der Rechtsmittelbe- gründung vorgetragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 1967 - VII ZB 13/66 - NJW 1967, 728; Urteile vom 27. September 1990 - VII ZR 135/90 - aaO und vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06 - NJW 2007, 2047 m.w.N.). Bei §§ 565, 514 Abs. 2 ZPO ist die Schlüssigkeit des Sachvortrags - anders als sonst - bereits Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels (vgl. zu § 513 Abs. 2 ZPO a.F.; BGH, Urteil vom 9. Oktober 1975 - VII ZR 242/73 - VersR 1976, 76, 68; Beschluss vom 23. September 1987 - III ZB 15/87 - BGHR ZPO § 513 Abs. 2 S. 1, Säumnis 1 m.w.N.). Daraus folgt, dass das Revisionsgericht nicht an den Informationsstand gebunden ist, über den das Berufungsgericht bei Erlass seiner Entscheidung verfügte.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.