Bundesgerichtshof Urteil, 22. März 2007 - IX ZR 100/06

bei uns veröffentlicht am22.03.2007
vorgehend
Landgericht Neubrandenburg, 10 O 71/04, 27.10.2005
Oberlandesgericht Rostock, 3 U 163/05, 28.04.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 100/06
Verkündet am:
22. März 2007
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Prozessbevollmächtigte, der zu einem auswärtigen Gerichtstermin anzureisen
hat, ist bei der Auswahl des öffentlichen Verkehrsmittels grundsätzlich frei; er kann
sich auch für das Flugzeug entscheiden.

b) Bezieht der Prozessbevollmächtigte einen Inlandsflug in die Reiseplanung ein,
braucht er für die Bemessung von Pufferzeiten für den Übergang zu einem Anschlussverkehrsmittel
grundsätzlich keine Verzögerungen von mehr als einer Stunde
in Rechnung zu stellen.

c) Eine auf die Entwicklung der Wetterverhältnisse zur geplanten Flugzeit ausgerichtete
Beobachtungspflicht trifft den Prozessbevollmächtigten nur bei bereits bestehenden
oder angekündigten Schlechtwetterlagen, welche die Durchführung der Reise
wahrscheinlich verhindern.
BGH, Urteil vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06 - OLG Rostock
LG Neubrandenburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2007 durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser, Cierniak
und Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 28. April 2006 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin. Er verlangt im Wege der Insolvenzanfechtung von der Beklagten einen Betrag von noch 158.103,09 € zuzüglich Zinsen. Gegen das im schriftlichen Vorverfahren ergangene Versäumnisurteil des Landgerichts Neubrandenburg hat die Beklagte , vertreten durch ihren in Karlsruhe kanzleiansässigen Prozessbevollmächtigten , form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. In dem auf den 27. Oktober 2005, 14.00 Uhr anberaumten Termin zur Verhandlung über den Einspruch ist der Prozessbevollmächtigte der Beklagten trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Er hatte um 10.25 Uhr durch seine Kanzlei mitteilen lassen, dass der von ihm gebuchte Flug ab Karlsruhe/Baden-Baden wegen Nebels ausgefallen sei. Gegen 14.40 Uhr hat er dem Gericht telefonisch angezeigt , dass sich seine zunächst für 15.30 Uhr angekündigte Ankunft weiter verzögern werde. Wegen starken Verkehrsaufkommens und einer Straßenumlei- tung zwischen Berlin und Neubrandenburg werde er das Gericht voraussichtlich erst gegen 16.00 Uhr erreichen.
2
Nach 14.45 Uhr hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Erlass eines zweiten Versäumnisurteils beantragt, welches sodann verkündet worden ist. Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung mit der Begründung eingelegt , ein Fall verschuldeter Säumnis liege nicht vor. Das Berufungsgericht hat das zweite Versäumnisurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


4
Berufungsgericht Das hat ausgeführt: Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung gemäß § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO lägen vor. Unter diese Bestimmung sei unter anderem der hier gegebene Fall zu fassen, dass die Partei unverschuldet säumig gewesen sei. Die Beklagte habe die maßgeblichen Tatsachen für den Ausschluss ihres Verschuldens vollständig und schlüssig vorgetragen. Die Berufung sei begründet, weil ein Fall unverschuldeter Säumnis gegeben sei. Maßstab sei die übliche, von einem ordentlichen Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt, nicht das unabwendbare Ereignis. Die Reiseplanung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten - eine Kombina- tion von Flug- und Bahnreise - sei nicht zu beanstanden. Ein Prozessbevollmächtigter dürfe auf alle öffentlichen Verkehrsmittel zurückgreifen. Linienflüge seien Bestandteil des öffentlichen Personenverkehrs. Dem Rechtsanwalt sei es daher grundsätzlich zuzubilligen, bei Reisen innerhalb Deutschlands die zeitsparende Nutzung des Flugzeuges in die Reiseplanung einzubeziehen. Er müsse allerdings entsprechende Pufferzeiten einrechnen, um das Erreichen des weiteren Anschlusses - hier die Bahn ab Berlin - sicherzustellen. Dies sei geschehen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten aufgrund der Wetterlage nicht auf den pünktlichen Flug des von ihm gebuchten Flugzeuges habe vertrauen dürfen, seien nicht ersichtlich. Konkrete Witterungsumstände, die bei einer sorgfältigen Person begründete Zweifel geweckt hätten, dass die Maschine rechtzeitig abheben würde, hätten sich nicht aufgedrängt. Die allgemeine Erkenntnis, dass im Herbst Witterungsverhältnisse auftreten könnten, die einem pünktlichen Abflug entgegenständen, reiche ebenso wenig aus wie die in den Wetterberichten des Vorabends angekündigte Möglichkeit von Nebel im Abfluggebiet. Nach der Absage des Fluges im Laufe des Vormittags des Verhandlungstages seien dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten keine anderweitigen Pflichtverletzungen vorzuwerfen. Einen Unterbevollmächtigten hätte er nicht beauftragen müssen. Seinen Mitteilungspflichten an das Gericht sei er rechtzeitig nachgekommen.

II.


5
Diese Begründung hält rechtlicher Nachprüfung stand.
6
1. Nach § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil, gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Der Sachverhalt, der die Zulässigkeit der Berufung rechtfertigen soll, muss vollständig in der Berufungsinstanz vorgetragen und darf in der Revisionsinstanz nicht ergänzt werden (vgl. BGH, Urt. v. 22. April 1999 - IX ZR 364/98, WM 1999, 1532, 1533). Die Verschuldensfrage ist nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. BGHZ 141, 351, 355; BGH, Urt. v. 22. April 1999 - IX ZR 364/98, aaO S. 1533; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 514 Rn. 8). Die Beweislast für die Voraussetzungen einer unverschuldeten Säumnis liegt beim Berufungskläger.
7
2. Das Berufungsgericht hat auf dieser Grundlage ein Verschulden der Beklagten, die sich ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechen lassen muss, ohne Rechtsfehler verneint.
8
a) Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung ausgeführt und durch Vorlage des Flugscheines sowie einer Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn belegt, ihr Prozessbevollmächtigter habe für den Terminstag den Flug DI 7486 mit dem planmäßigen Abflug ab Karlsruhe/Baden-Baden um 8.30 Uhr und der planmäßigen Ankunft in Berlin-Tegel um 9.50 Uhr gebucht. Geplant sei gewesen , von Berlin-Tegel um 11.18 Uhr mit der S-Bahn nach Henningsdorf zu fahren , um von dort mit Regionalzügen der Deutschen Bahn über Oranienburg nach Neubrandenburg zu gelangen. Planmäßige Ankunft in Neubrandenburg sei 13.31 Uhr gewesen, also eine halbe Stunde vor Terminsbeginn.
9
aa) Diese Reiseplanung weist allerdings den von der Revision aufgezeigten Schwachpunkt auf, dass der Zeitpuffer für den Übergang vom Flugzeug zur S-Bahn in Berlin-Tegel etwas knapp bemessen ist. Zum einem musste der Prozessbevollmächtigte der Beklagten eine sich im üblichen Rahmen haltende Verzögerung der Landung des von ihm benutzten Flugzeuges in Berlin-Tegel in Rechnung stellen. Zum anderen reiste er nicht nur mit Handgepäck, sondern - nach seinen eigenen Angaben in der Berufungsbegründungschrift - mit einem aufgegebenen Gepäckstück, welches die mitgeführten Akten enthielt. Er musste also die Gepäckausgabe auf dem Flughafen in Tegel abwarten. Hierdurch reduzierte sich der eingeplante Zeitpuffer von rechnerisch 88 Minuten, der auch noch ausreichen musste, um vom Flughafen Berlin-Tegel zum S-Bahnhof Tegel zu gelangen.
10
Der von der Beklagten geplante zeitliche Ablauf entsprach gleichwohl der Sorgfalt, die an einen ordentlichen Rechtsanwalt zu stellen ist. Bei der von der Revision zugrunde gelegten Fahrzeit von zweieinhalb Stunden mit dem Taxi vom Flughafen Berlin-Tegel nach Neubrandenburg, die der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten am Terminstag auch tatsächlich benötigt hat, hätte er bei einem Verlassen des Flughafens erst gegen 11.30 Uhr die Reiseplanung ändern und sich für eine Taxifahrt unmittelbar nach Neubrandenburg entscheiden können. In diesem Fall hätte er das Landgericht zur Terminsstunde erreicht. Angesichts dieser offen gehaltenen Alternative zur Bahnfahrt ab Berlin war die eingeplante Übergangszeit in Tegel noch angemessen.
11
bb) Entgegen der Auffassung der Revision brauchte die Beklagte weder einen witterungsbedingten Ausfall des Inlandsflugs von Baden-Baden nach Berlin noch eine Flugverzögerung von mehr als einer Stunde in ihre Zeitbedarfsrechnung einstellen.
12
(1) Das Berufungsgericht hält einen Prozessbevollmächtigten aus zutreffenden Gründen für berechtigt, für seine Anreise zu einem Gerichtstermin grundsätzlich jedes beliebige öffentliche Verkehrsmittel zu wählen. Der Auffas- sung der Revision, der Rechtsanwalt müsse sich für denjenigen Verkehrsträger entscheiden, der die sicherste Gewähr für eine pünktliche Ankunft biete, was eine Flugreise im Herbst ausschließe, kann dagegen nicht gefolgt werden. Wie das Berufungsgericht mit Recht betont, sind Flugreisen im Geschäftsverkehr üblich. Ein Reisender darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass Flugzeuge planmäßig starten und landen. Er muss lediglich konkreten Hinweisen auf Flugausfälle nachgehen. Nach dem Inhalt des vom dem Geschäftsführer der BadenAir Park GmbH verfassten Schreibens vom 31. Oktober 2005, welches die Beklagte mit der Berufungsbegründung vorgelegt hat, sind die morgendlichen Berlinflüge der gewählten Fluggesellschaft in den zehn Tagen vor dem 27. Oktober 2005 pünktlich abgewickelt worden. Deshalb bestand kein Anlass, die Anreise auf den Vortag der Verhandlung vorzuziehen oder aber am Terminstag auf Frühzüge der Deutschen Bahn ab Karlsruhe auszuweichen.
13
(2) Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten war auch nicht im Blick auf den Wortlaut der im Berufungsverfahren von dem Kläger aktenkundig gemachten Wettervorhersage in der Hauptnachrichtensendung der ARD vom 26. Oktober 2005 gehalten, seine Reiseplanung am Vorabend umzustellen. Die Mitteilung, dass die Nacht im Süden klar sei, sich später gebietsweise Nebel oder Hochnebel bilde und es nach Nebelauf lösung viel Sonnenschein gebe, ließ für die Vormittagsstunden des 27. Oktober 2005 nicht auf dichten Nebel im Bereich des Flughafens Karlsruhe/Baden-Baden schließen, der Flugausfälle oder erhebliche Verspätungen mit Wahrscheinlichkeit nach sich ziehen würde. Angesichts des durch die vorgelegte Wettervorhersage belegten ruhigen Herbstwetters mit Sonnenschein und örtlichen Eintrübungen stellt es eine Überspannung der Anforderungen dar, wenn der Prozessbevollmächtigte gehalten wäre, die weitere Entwicklung des herbstlichen Wetters im Auge zu behalten, um notfalls kurzfristig auf alternative Verkehrsverbindungen oder Ver- kehrsmittel, insbesondere den Abflug von einem anderen Flughafen oder die Wahl der Deutschen Bahn, umzudisponieren. Eine auf das zukünftige Wetter ausgerichtete Beobachtungspflicht trifft den Prozessbevollmächtigten grundsätzlich nur bei bereits bestehenden oder angekündigten Schlechtwetterlagen, welche die Durchführung der Reise wahrscheinlich verhindern. Eine solche lag weder am 26. Oktober 2005 vor noch war sie für den 27. Oktober 2005 in Aussicht.
14
b) Die Revision meint, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe am Verhandlungstag bereits um 9.30 Uhr, spätestens aber um 10.25 Uhr - dem Zeitpunkt des ersten Anrufs seiner Kanzlei beim Prozessgericht - reagieren müssen, weil sich nach längerer Wartezeit auf dem Flughafen in Baden-Baden und nach Aufzehrung des eingeplanten Zeitpuffers von ca. einer Stunde schon deutlich abgezeichnet habe, dass der Termin in Neubrandenburg nicht zu halten gewesen sei. Die Rüge ist unbegründet. Eine Sorgfaltspflichtverletzung ist auch insoweit nicht erkennbar.
15
aa) Eine schnellere alternative Verkehrsverbindung nach Neubrandenburg als der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in Anspruch genommene Transfer von Baden-Baden nach Stuttgart, Flug von dort nach Berlin und Taxifahrt von Berlin-Tegel nach Neubrandenburg ist nicht erkennbar und wird von der Revision auch nicht aufgezeigt.
16
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers musste der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in dieser Situation auch keinen Terminsvertreter als Unterbevollmächtigten bestellen. Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, dass sich der Aktenbestand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2005 auf über 900 Seiten belaufen habe und eine umfassende Einarbeitung eines Unterbevollmächtigten nicht zu erwarten gewesen sei. Bei dieser Sachlage hätte eine kurzfristige Beauftragung eines Terminsvertreters zumindest dem Sinn und Zweck der mündlichen Verhandlung widersprochen, falls der Anwalt sich in der ihm verbliebenen kurzen Zeit überhaupt in die Lage hätte versetzen können, prozessordnungsgemäß an der mündlichen Verhandlung mitzuwirken (vgl. § 137 Abs. 1 bis 3, § 333 ZPO). Hat der Unterbevollmächtigte auch nur einen eingeschränkten Pflichtenkreis, zählt doch zu seinen Pflichten in jedem Fall die ordnungs- und weisungsgemäße Wahrnehmung des Gerichtstermins, für den die Untervollmacht erteilt worden ist. Hiermit ist es im Regelfall nicht zu vereinbaren, eine Rechtssache streitig zu verhandeln, ohne sie überhaupt zu kennen (vgl. Sieg in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 252). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hätte den in Aussicht genommenen Terminsvertreter deshalb zur Annahme eines in hohem Maße risikobehafteten Mandats drängen müssen. Dies war ihm nicht zuzumuten.
17
cc) Eine schuldhafte Säumnis liegt auch dann vor, wenn der Prozessbevollmächtigte , der kurzfristig und nicht vorhersehbar an der Wahrnehmung des Termins gehindert ist, nicht das ihm Mögliche und Zumutbare unternimmt, um dem Gericht rechtzeitig seine Verhinderung mitzuteilen (BGH, Urt. v. 19. November 1998 - IX ZR 152/98, NJW 1999, 724; v. 3. November 2005 - I ZR 53/05, NJW 2006, 448, 449). Mit der Erfüllung dieser Verpflichtung soll dem Gericht die Möglichkeit gegeben werden, die Verhandlung gemäß § 337 ZPO zu vertagen (Musielak/Stadler, aaO § 337 Rn. 6; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 26. Aufl. § 514 Rn. 9). Diesen Mitteilungspflichten hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, wie das Berufungsgericht ebenfalls richtig gesehen hat, voll umfänglich genügt, indem er das Prozessgericht gegen 10.25 Uhr, also mehr als 3 ½ Stunden vor der Terminsstunde, über die erwartete Verspätung infor- mieren ließ und es durch zwei weitere Anrufe über den jeweiligen Stand der sich weiter verzögernden Anreise auf dem Laufenden hielt. Für weitergehende Informationspflichten, etwa gegenüber dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten , gibt die Prozessordnung keine Grundlage.
Ganter Raebel Kayser
Cierniak Fischer
Vorinstanzen:
LG Neubrandenburg, Entscheidung vom 27.10.2005 - 10 O 71/04 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 28.04.2006 - 3 U 163/05 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 137 Gang der mündlichen Verhandlung


(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen. (2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 514 Versäumnisurteile


(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden. (2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 345 Zweites Versäumnisurteil


Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäum

Zivilprozessordnung - ZPO | § 333 Nichtverhandeln der erschienenen Partei


Als nicht erschienen ist auch die Partei anzusehen, die in dem Termin zwar erscheint, aber nicht verhandelt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 337 Vertagung von Amts wegen


Das Gericht vertagt die Verhandlung über den Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten, wenn es dafür hält, dass die von dem Vorsitzenden bestimmte Einlassungs- oder Ladungsfrist zu kurz bemessen oder dass di

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Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu.

(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten Sitzung oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Hauptsache verhandelt, steht gegen das Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird, ein weiterer Einspruch nicht zu.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, dass die Parteien ihre Anträge stellen.

(2) Die Vorträge der Parteien sind in freier Rede zu halten; sie haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassen.

(3) Eine Bezugnahme auf Dokumente ist zulässig, soweit keine der Parteien widerspricht und das Gericht sie für angemessen hält. Die Vorlesung von Dokumenten findet nur insoweit statt, als es auf ihren wörtlichen Inhalt ankommt.

(4) In Anwaltsprozessen ist neben dem Anwalt auch der Partei selbst auf Antrag das Wort zu gestatten.

Als nicht erschienen ist auch die Partei anzusehen, die in dem Termin zwar erscheint, aber nicht verhandelt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 53/05 Verkündet am:
3. November 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine schuldhafte Säumnis liegt auch dann vor, wenn der Prozessbevollmächtigte
, der kurzfristig und nicht vorhersehbar an der Wahrnehmung des Termins
gehindert ist, nicht das ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um dem Gericht
rechtzeitig seine Verhinderung mitzuteilen.
BGH, Urt. v. 3. November 2005 - I ZR 53/05 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. Februar 2005 wird auf Kosten der Klägerin zu 1 verworfen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin zu 1 (im Folgenden: Klägerin) macht gegen die Beklagte Ansprüche aus Urheberrechtsverletzung geltend.
2
Am 14. Dezember 2004 hat das Berufungsgericht gegen die in der mündlichen Verhandlung nicht erschienene Klägerin ein Versäumnisurteil erlassen.
3
Gegen das Versäumnisurteil hat die Klägerin Einspruch eingelegt.
4
Die Ladung zu der mündlichen Verhandlung über den Einspruch und zur Sache, die auf den 24. Februar 2005, 9.00 Uhr, angesetzt worden war, wurde der Klägerin zu Händen ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten am 5. Januar 2005 zugestellt. Nachdem diese das Mandat niedergelegt hatten, bestellten sich die Rechtsanwälte "K. Kollegen" mit Schriftsatz vom 31. Januar 2005 für die Klägerin. Den Schriftsatz zur Begründung des Einspruchs unterzeichnete die im Berliner Büro dieser Sozietät tätige Rechtsanwältin Dr. M. .
5
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2005 erschien bei Aufruf der Sache niemand für die Klägerin. Ausweislich des Sitzungsprotokolls gab der Senat bekannt, dass er sowohl bei der Telefonzentrale als auch bei der Informationsstelle nachgefragt habe, ob ein Anruf von Rechtsanwältin Dr. M. eingegangen sei. Diese Anfragen seien verneint worden. Um 9.30 Uhr beantragte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, den Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil vom 14. Dezember 2004 durch zweites Versäumnisurteil zu verwerfen.
6
Das Berufungsgericht hat entsprechend diesem Antrag erkannt.
7
Die Klägerin hat gegen das Versäumnisurteil Revision eingelegt. Sie beantragt , die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
8
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie bestreitet, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin krankheitshalber verhindert gewesen sei, den Termin wahrzunehmen. Jedenfalls habe er sich nicht hinreichend bemüht, das Gericht rechtzeitig davon zu unterrichten, dass er nicht kommen könne.

Entscheidungsgründe:


9
I. Die Klägerin hat mit ihrer Revision vorgetragen, der Verhandlungstermin am 24. Februar 2005 habe von Rechtsanwalt Dr. V. aus dem Kölner Büro ihrer Prozessbevollmächtigten, der Rechtsanwälte "K. Kollegen", wahrgenommen werden sollen. In der Nacht vor dem Termin sei Rechtsanwalt Dr. V. jedoch so schwer an Grippe erkrankt, dass er außerstande gewesen sei, am Morgen mit dem Pkw von Köln nach Hamm zu fahren. Er habe, wie er anwaltlich versichert habe, unter Fieber, Kopfschmerz und erheblicher Abgeschlagenheit mit Übelkeit gelitten.
10
Um 7.06 Uhr habe Rechtsanwalt Dr. V. ohne Erfolg versucht, Rechtsanwalt Dr. K. im Büro der Sozietät in Frankfurt/Main anzurufen. Ebenso sei um 8.56 Uhr sein Versuch fehlgeschlagen, die zuständige Geschäftsstelle des Berufungsgerichts fernmündlich zu erreichen. Die daraufhin um 8.59 Uhr angerufene Telefonzentrale habe keine Verbindung zur Geschäftsstelle und zu dem Senatsvorsitzenden herstellen können. Ein weiterer Versuch um 9.10 Uhr, Rechtsanwalt Dr. K. zu erreichen, sei erneut erfolglos geblieben. Rechtsanwalt Dr. V. habe sodann das Sekretariat von Rechtsanwalt Dr. K. fernmündlich gebeten, ihn bei Gericht durch Faxschreiben zu entschuldigen. Ein entsprechendes Schreiben sei um 9.37 Uhr versandt worden.
11
II. Die Revision der Klägerin ist als unzulässig zu verwerfen.
12
1. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels setzt die schlüssige Darlegung voraus , dass kein Fall der schuldhaften Versäumung vorgelegen habe (§§ 565, 514 Abs. 2 ZPO). Ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten hat sich die Partei als eigenes Verschulden anrechnen zu lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO).
13
2. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargetan, dass ihren Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. V. kein Verschulden an der Säumnis trifft.
14
a) Für die Entscheidung kann unterstellt werden, dass Rechtsanwalt Dr. V. am 24. Februar 2005 wegen einer Grippeerkrankung nicht von Köln mit dem Pkw zur mündlichen Verhandlung nach Hamm reisen konnte. Eine schuldhafte Säumnis liegt aber auch dann vor, wenn der Prozessbevollmächtigte , der kurzfristig und nicht vorhersehbar an der Wahrnehmung des Termins gehindert ist, nicht das ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um dem Gericht rechtzeitig seine Verhinderung mitzuteilen (vgl. - zu § 513 ZPO a.F. - BAG AP Nr. 5 zu § 513 ZPO; BAG NJW 1972, 790 f.; BGH, Urt. v. 19.11.1998 - IX ZR 152/98, NJW 1999, 724; vgl. weiter Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 337 Rdn. 6; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 337 Rdn. 3, jeweils m.w.N.). Dies ist hier der Fall.

15
Die Klägerin macht nicht geltend, dass ihr Prozessbevollmächtigter so schwer erkrankt gewesen sei, dass er deshalb nicht mehr in der Lage gewesen sei, das Berufungsgericht rechtzeitig von seiner Verhinderung zu unterrichten. Sie trägt vielmehr vor, er habe alle dazu erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen. Bereits aus dem zeitlichen Ablauf, den die Klägerin dargelegt hat, geht jedoch hervor, dass die Bemühungen von Rechtsanwalt Dr. V. unzureichend waren. So hat er zwar um 7.06 Uhr (erfolglos) versucht, seinen Kanzleikollegen Dr. K. über Mobiltelefon von seiner Erkrankung zu unterrichten ; dem Gericht gegenüber blieb er aber bis um 8.56 Uhr untätig, d.h. bis vier Minuten vor dem angesetzten Termin. Bereits in diesem Zuwarten liegt ein schuldhaftes Versäumnis. Der Versuch von Rechtsanwalt Dr. V. , die zuständige Geschäftsstelle zu erreichen, musste zudem schon deshalb erfolglos bleiben, weil er versehentlich eine falsche Rufnummer gewählt hatte: Ausweislich der vorgelegten Verbindungsübersicht seines Mobilfunkbetreibers hat er bei der Anwahl nur die Vorwahl und die Durchwahl, nicht auch die örtliche Hausrufnummer des Gerichts eingegeben. Der drei Minuten später, um 8.59 Uhr, mit der richtigen Telefonnummer unternommene Versuch, über die Telefonzentrale mit der Geschäftsstelle oder dem Senatsvorsitzenden verbunden zu werden, dauerte nach der vorgelegten Verbindungsübersicht nur sehr kurz (1 Minute 4 Sekunden). Weitere Versuche, das Gericht fernmündlich zu erreichen , unternahm Rechtsanwalt Dr. V. nicht. Erst um 9.12 Uhr beauftragte er das Büro seines Anwaltskollegen Dr. K. in Frankfurt/Main, ihn durch Faxschreiben bei Gericht zu entschuldigen. Schon wegen des erforderlichen Zeitaufwands für die Umsetzung dieses Auftrags war diese Bemühung offensichtlich verspätet und nicht erfolgversprechend. Das Faxschreiben konnte auch erst um 9.37 Uhr versandt werden; es enthielt überdies nicht einmal einen Hinweis auf die besondere Dringlichkeit der Vorlage. Ein Anruf bei dem Prozessbevollmächtigten der Gegenseite unterblieb, obwohl dies ein weiterer Weg gewesen wäre, das Gericht noch rechtzeitig von der Verhinderung zu unterrichten.
16
Die Versuche von Rechtsanwalt Dr. V. , das Gericht rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung und vor Erlass des zweiten Versäumnisurteils davon in Kenntnis zu setzen, dass er den Termin nicht wahrnehmen könne, begannen danach schuldhaft zu spät und waren zudem, wie sich ihm aufdrängen musste, unzureichend. Mit früher einsetzenden Bemühungen hätte Rechtsanwalt Dr. V. aller Erfahrung nach eines der Mitglieder des Berufungsgerichts oder die Geschäftsstelle (gegebenenfalls deren Vertretung) erreichen können.
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b) Die Revision vertritt allerdings weiter die Ansicht, das Berufungsgericht habe das zweite Versäumnisurteil verfahrensfehlerhaft erlassen. Das Gericht habe nur unzureichend bei der Telefonzentrale und der Informationsstelle des Gerichts nachgefragt, ob dort eine Nachricht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingegangen sei. Dem Gericht sei bekannt gewesen, dass die Klägerin durch eine überörtliche Sozietät vertreten werde. Es hätte deshalb nicht nur danach fragen dürfen, ob ein Anruf (gerade) von Rechtsanwältin Dr. M. eingegangen sei, sondern danach, ob aus der Kanzlei "K. Kollegen" angerufen worden sei. Eine solche Frage wäre von der Telefonzentrale bejaht worden. Mit dieser Rüge kann die Revision nicht durchdringen.
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Das Gericht hat die - auch zur Wahrung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) - gebotene Rücksichtnahme auf die Verfahrensbeteiligten nicht verletzt (vgl. dazu auch BGH NJW 1999, 724 f.). Es hat mit dem Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht nur (zumindest ) eine halbe Stunde zugewartet, es hat vorsorglich auch bei der Telefonzentrale und der Informationsstelle nachgefragt. Wenn es dabei nur nach einem Anruf von Rechtsanwältin Dr. M. gefragt hat, hatte das seinen Grund darin, dass diese den Schriftsatz zur Begründung des Einspruchs gegen das erste Versäumnisurteil unterschrieben hatte. Einen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin im Termin von einem anderen Mitglied der überörtlichen Sozietät (aus Köln oder Frankfurt/Main) vertreten werden sollte, hatte das Gericht nicht. Wäre Rechtsanwalt Dr. V. mit der gebotenen Umsicht vorgegangen, hätte das Gericht zudem bei seiner Anfrage von seinem Anruf erfahren müssen. Dazu hätte es genügt, der Telefonzentrale die besondere Dringlichkeit des Anliegens darzulegen und den zuständigen Senat sowie das konkrete Verfahren näher zu bezeichnen. Es ist nichts dazu vorgetragen, dass dies in dem Gespräch mit der Telefonzentrale, das - einschließlich zweier Verbindungsversuche - nur sehr kurz gedauert hat, geschehen ist. Rechtsanwalt Dr. V. hat vielmehr anwaltlich versichert, die Mitarbeiterin der Telefonzentrale habe nach dem vergeblichen Versuch, die Geschäftsstelle oder den Senatsvorsitzenden zu erreichen, vorgeschlagen, es später erneut zu versuchen. Dies spricht gegen die Annahme , dass er die Telefonzentrale darauf hingewiesen hatte, dass sein Anliegen keinen Verzug gestatte.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Bornkamm
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Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 11.05.2001 - 4 O 202/99 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 24.02.2005 - 4 U 104/01 -

Das Gericht vertagt die Verhandlung über den Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten, wenn es dafür hält, dass die von dem Vorsitzenden bestimmte Einlassungs- oder Ladungsfrist zu kurz bemessen oder dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Die nicht erschienene Partei ist zu dem neuen Termin zu laden.