Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Okt. 2018 - IV ZR 224/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Lehmann und Dr. Götz am 12. Oktober 2018
beschlossen:
2. Der Hilfsantrag anzuordnen, dass die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung durch die Kläger stattfindet und gegen Sicherheitsleistung der Beklagten aufzuheben ist, wird abgelehnt.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Beklagte durch Versäumnisurteil verurteilt, an den Kläger zu 1 12.790,89 € sowie an die Klägerin zu 2 ebenfalls 12.790,89 € jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunk- ten über dem Basiszinssatz seit dem 30. September 2009 zu zahlen.
- 2
- Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und in der Begründung von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil abgesehen, weil die Entscheidung nicht anfechtbar sei (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO). Es hat das angefochtene Urteil für ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar erklärt und die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf die §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO gestützt.
- 3
- Die Kläger betreiben die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück, als dessen Eigentümerin die Beklagteim Grundbuch eingetragen ist.
- 4
- Die Beklagte, der auf ihren Antrag zur Wahrnehmung ihrer Rechte vor dem Bundesgerichtshof ein Notanwalt beigeordnet worden ist, hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Berufungsgerichts Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beantragt. Außerdem beantragt sie, die Zwangsvollstreckung aus den Urteilen des Landgerichts und dem Beschluss des Berufungsgerichts einstweilen einzustellen.
- 5
- II. Der zulässige Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist unbegründet.
- 6
- 1. Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil Revision eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht gemäß § 719 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Diese Bestimmung ist entsprechend anzuwenden, wenn - wie hier - bei einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt wird (§ 544 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 522 Abs. 3 ZPO).
- 7
- 2. Die beantragte Einstellung der Zwangsvollstreckung kann schon deshalb nicht angeordnet werden, weil die Beklagte nicht ausreichend dargelegt und gemäß § 719 Abs. 2 Satz 2 ZPO glaubhaft gemacht hat, dass ihr die Zwangsvollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil im Sinne von § 719 Abs. 2 Satz 1 ZPO bringen würde.
- 8
- Die Beklagte macht ohne Erfolg geltend, der Verkehrswert sei im Zwangsversteigerungsverfahren zu niedrig festgesetzt worden, im Falle einer Versteigerung des Hausgrundstücks könnte ihr daher wegen des drohenden endgültigen Verlustes des Eigentums an der Immobilie ein erheblicher, nicht mehr zu ersetzender Nachteil entstehen. Dass die Kläger durch die Vollstreckung vor dem rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits befriedigt werden können, gehört zu den regelmäßig gegebenen Vollstreckungsnachteilen, die nicht ausreichen, um einen Einstellungsantrag zu begründen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2001 - XII ZR 300/99, juris Rn. 7; vom 20. Juni 2000 - X ZR 88/00, NJW 2000, 3008 unter II 1 [juris Rn. 7] m.w.N.). Dies gilt auch für den befürchteten Verlust des Eigentums infolge des möglichen Zuschlags an den Erwerber im Zwangsversteigerungsverfahren. Die von der Beklagten beanstandete Festsetzung des Grundstückswertes durch das Vollstreckungsgericht ist nur mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (§ 74a Abs. 5 Satz 3 ZVG) und kann nicht im Rahmen des Verfahrens nach § 719 Abs. 2 ZPO überprüft werden.
- 9
- Schließlich hat die Beklagte nicht dargelegt und glaubhaft gemacht , dass im Falle eines Erfolges der Nichtzulassungsbeschwerde und der beabsichtigten Revision beigetriebene Zahlungen nicht mehr zurückzuerlangen oder Schadensersatzforderungen nicht durchzusetzen wären (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2000 - XII ZR 3/00, NJW 2001, 375 unter II 2 [juris Rn. 9]). Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Kläger im Falle der Aufhebung des Vollstreckungstitels - etwa wegen Mittellosigkeit - nicht in der Lage wären, beigetriebene Geldbeträge zurückzuzahlen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2017 - VIII ZR 101/17, WuM 2017, 607 Rn. 3; vom 29. November 2016 - VI ZR 25/16, NJW-RR 2017, 127 Rn. 5, jeweils m.w.N.).
- 10
- III. Die hilfsweise beantragte Anordnung, dass die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung durch die Kläger stattfindet und gegen Sicherheitsleistung der Beklagten aufzuheben ist, kann vom Bundesgerichtshof in Fällen der vorliegenden Art nicht getroffen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZR 147/06, NJW-RR 2007, 1138 Rn. 3 m.w.N.).
Lehmann Dr. Götz
Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 26.09.2016- 4 O 2268/13 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 26.06.2018- 12 U 76/16 -
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.
(1) Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes, so kann ein Berechtigter, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der genannten Höhe voraussichtlich gedeckt sein würde, die Versagung des Zuschlags beantragen. Der Antrag ist abzulehnen, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht und glaubhaft macht, daß ihm durch die Versagung des Zuschlags ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde.
(2) Der Antrag auf Versagung des Zuschlags kann nur bis zum Schluß der Verhandlung über den Zuschlag gestellt werden; das gleiche gilt von der Erklärung des Widerspruchs.
(3) Wird der Zuschlag gemäß Absatz 1 versagt, so ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. Der Zeitraum zwischen den beiden Terminen soll, sofern nicht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist, mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht übersteigen.
(4) In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 85a Abs. 1 versagt werden.
(5) Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Vollstreckungsgericht, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, festgesetzt. Der Wert der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ist unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. Der Beschluß über die Festsetzung des Grundstückswertes ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Der Zuschlag oder die Versagung des Zuschlags können mit der Begründung, daß der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht angefochten werden.
(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.
(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.
(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.