Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2001 - XII ZR 300/99

published on 23/01/2001 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2001 - XII ZR 300/99
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 300/99
vom
23. Januar 2001
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Gerber, Sprick
und Weber-Monecke

beschlossen:
Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29. September 1999 bis zur Entscheidung über die Revision einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und insgesamt neu gefaßt. Danach hat es die Beklagten verurteilt, als Gesamtschuldner an die Kläger 157.795,28 DM rückständigen Mietzins zuzüglich Zinsen zu zahlen. Es hat das Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt und den Beklagten nachgelassen, die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 190.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Kläger betreiben die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil und der Gerichtsvollzieher hat für den 24. Januar 2001 Vollstreckungsmaßnahmen angekündigt. Die Beklagten haben Revision eingelegt und beantragen, die Zwangsvollstreckung aus dem Berufungsurteil vorläufig einzustellen. Sie machen geltend , erst nach Erlaß des Berufungsurteils habe sich herausgestellt, daß sie
mit ihrer Rechtsanwaltskanzlei im Jahre 1999 einen Verlust in Höhe von über 720.000 DM erlitten hätten. Auch für das Jahr 2000 zeichne sich ein - allerdings wesentlich geringerer - Verlust ab. Dadurch sei "die Liquidität der Beklagten auf das äußerste angespannt." Es sei zu erwarten, daß die Rechtsanwaltskammer von der Durchführung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme in Kenntnis gesetzt werde und ihnen - den Beklagten - die Zulassung als Rechtsanwalt entziehe. Zur Glaubhaftmachung haben die Beklagten eigene eidesstattliche Versicherungen vorgelegt.

II.

Der Einstellungsantrag der Beklagten ist unbegründet. 1. Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, daß die Zwangsvollstrekkung eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht (§ 719 Abs. 2 ZPO). Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach dieser Vorschrift wird von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als ein letztes Hilfsmittel des Vollstreckungsschuldners angesehen, dem regelmäßig der Erfolg zu versagen ist, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre (st.Rspr., vgl. BGH, Beschluß vom 16. September 1998 - X ZR 107/98 - NJW 1998, 3571 m.N.). Ausweislich des Berufungsurteils haben die Beklagten im Berufungsrechtszug einen solchen Vollstreckungsschutzantrag nicht gestellt. Sie machen auch nicht geltend, insoweit einen Antrag auf Tatbe-
standsberichtigung (§ 320 ZPO) und auf Urteilsergänzung (§§ 716, 321 ZPO) gestellt zu haben. Sie haben auch nicht hinreichend dargelegt, daß die von ihnen jetzt geschilderte Entwicklung ihrer Einkommensverhältnisse zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz nicht absehbar war und daß es ihnen deshalb nicht möglich oder nicht zumutbar war, schon damals einen entsprechenden Schutzantrag zu stellen. Nach dem Vortrag der Beklagten in ihrer Revisionsbegründung ist ihnen jedenfalls ein Teil ihrer beruflichen Betätigungsmöglichkeiten genommen worden , weil das Kreisgericht Beeskow zum 31. Dezember 1992 aufgelöst wurde und weil dem Beklagten zu 1, da er gleichzeitig einen Kanzleibetrieb in Berlin unterhielt, die Postulationsfähigkeit vor dem Landgericht Frankfurt/Oder abgesprochen wurde. Diese Vorgänge datieren aus den Jahren 1992 bzw. 1995 und lagen somit zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz - am 11. August 1999 - mehrere Jahre zurück. Außerdem haben die Beklagten nicht substantiiert dargelegt und schon gar nicht glaubhaft gemacht, daß der in ihrer Anwaltskanzlei im Jahre 1999 eingetretene Verlust im August 1999 noch nicht absehbar war. 2. Der Einstellungsantrag ist aus einem weiteren Grund unbegründet, der für sich alleine die Abweisung des Antrags zur Folge hätte. Die Beklagten haben nämlich nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, daß die angekündigte Vollstreckung ihnen im Sinne des § 719 Abs. 2 ZPO einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen müßte. Daß die Kläger durch die Vollstrekkung aus dem für vorläufig vollstreckbar erklärten Berufungsurteil vor dem rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits befriedigt würden, entspricht der Intention der gesetzlichen Regelung. Regelmäßig gegebene Vollstreckungs-
nachteile reichen deshalb nicht aus, um einen Einstellungsantrag zu begründen. Der Senat hält es für zweifelhaft, ob die Rechtsanwaltskammer den Beklagten wegen einer durchgeführten Vollstreckungsmaßnahme die Zulassung als Rechtsanwalt entziehen würde, bevor über die Revision der Beklagten entschieden ist. Diese Frage kann aber offenbleiben. Zwar wäre die Entziehung der Zulassung als Rechtsanwalt ein nicht zu ersetzender Nachteil im Sinne des § 719 Abs. 2 ZPO. Die Beklagten müßten jedoch darlegen und glaubhaft machen , daß sie diesen Nachteil nicht aus eigener Kraft abwenden könnten, indem sie die Klageforderung - vorläufig - befriedigen. Hierzu reicht es nicht aus, daß sie vortragen und glaubhaft machen, ihre Kanzlei habe in den beiden letzten Jahren Verluste gemacht und deshalb sei ihre Liquidität auf das äußerste
angespannt. Die Beklagten müßten vielmehr ihre Vermögensverhältnisse offenlegen (so zutreffend Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 719 Rdn. 6). Dem Vortrag der Beklagten und ihren eidesstattlichen Versicherungen ist nicht zu entnehmen , in welchem Umfang sie über privates Vermögen verfügen, insbesondere ob sie in der Lage sind, einer Bank Sicherheiten zur Verfügung zu stellen und ob sie deshalb kreditwürdig sind. Blumenröhr Krohn Gerber Sprick Weber-Monecke
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(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung einges
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(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.

(1) Würde die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen, so hat ihm das Gericht auf Antrag zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden; § 709 Satz 2 gilt in den Fällen des § 709 Satz 1 entsprechend. Ist der Schuldner dazu nicht in der Lage, so ist das Urteil nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären oder die Vollstreckung auf die in § 720a Abs. 1, 2 bezeichneten Maßregeln zu beschränken.

(2) Dem Antrag des Schuldners ist nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. In den Fällen des § 708 kann das Gericht anordnen, dass das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

Ist über die vorläufige Vollstreckbarkeit nicht entschieden, so sind wegen Ergänzung des Urteils die Vorschriften des § 321 anzuwenden.

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

(1) Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Einspruch oder die Berufung eingelegt, so gelten die Vorschriften des § 707 entsprechend. Die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil darf nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war.

(2) Wird Revision gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Die Parteien haben die tatsächlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen.

(3) Die Entscheidung ergeht durch Beschluss.