Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2007 - IV ZR 116/04

published on 07/11/2007 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 07. Nov. 2007 - IV ZR 116/04
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Previous court decisions
Landgericht München I, 12 O 22748/02, 05/06/2003
Oberlandesgericht München, 25 U 3621/03, 02/04/2004

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 116/04
vom
7. November 2007
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch
am 7. November 2007

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 2. April 2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Beschwerdewert: Bis 550.000 €

Gründe:


1
I. Der Kläger schloss bei der Beklagten, einer deutschen Niederlassung einer schweizerischen Versicherungsgenossenschaft auf Gegenseitigkeit , in den Jahren 1988 und 1991 drei Leibrentenversicherungen mit sofort beginnender Rentenzahlung und Rentengarantie gegen Einmalbeiträge in Höhe von insgesamt 5,2 Mio. DM ab. Die Versicherungen sind nach Maßgabe des jeweiligen von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplans am Überschuss in Form einer Zusatzrente beteiligt. Im Gegensatz zu den unverändert weiter gezahlten Garantierenten wurden die Überschussrenten seit November 1996 mehrfach gekürzt. Der Kläger hält die Kürzungen für unberechtigt und verlangt die Weiter- zahlung der Überschussrenten in der anfänglichen Höhe (Rückstände von 126.604,87 € und Feststellung für die Zeit ab Dezember 2002; dazu unten II. 1.).
2
Darüber hinaus macht er einen finanziellen Ausgleich dafür geltend , dass ihm im Zusammenhang mit der zum 1. Juli 1997 erfolgten Umwandlung der Muttergesellschaft in eine Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht keine Anteilsrechte zugeteilt wurden. Ausgehend vom Eigenkapital ergebe sich anstelle eines Anspruchs auf Aktienzuteilung ein Anspruch auf Zahlung von 325.181,63 € (dazu II. 2.).
3
Die darauf gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.
4
II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil ist zurückzuweisen, weil ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist (§§ 543 Abs. 2 Satz 1, 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
5
1. Kürzung der Überschussrenten
6
a) Die Beschwerde hält die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für erforderlich. Das Berufungsgericht habe hinsichtlich der Überprüfbarkeit der Überschussbeteiligung den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör und wirkungsvollen Rechtsschutz dadurch verletzt, dass es dem Kläger überzogene Sub- stantiierungspflichten auferlegt und seinen gesamten unter Sachverständigenbeweis gestellten Vortrag als prozessual unzulässige Ausforschung erachtet habe. Ohne Kenntnis der von der Beklagten ausgewiesenen Überschüsse und ihres Geschäftsplans könne er nicht beurteilen, ob die Festsetzung der Höhe der Überschussbeteiligung im Rahmen des unternehmerischen Spielraums liege, und dürfe deshalb auch nur vermutete Tatsachen unter Beweis stellen.
7
Die b) Rüge der Verletzung von Verfahrensgrundrechten greift nicht durch. Das Berufungsgericht hat den Vortrag des Klägers - wie schon das Landgericht - zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen , ihn aber ohne Rechtsfehler als unerheblich, weil unsubstantiiert angesehen.
8
aa) Der Kläger ist gemäß § 15 Abs. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) am Überschuss nur nach Maßgabe des jeweiligen von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplans beteiligt, der für den Altbestand in vollem Umfang weiter gilt (§ 11c VAG). Nach der vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Rechtsprechung des Senats (BGHZ 128, 54, 57 ff.; 87, 346, 351 ff.) hat der Kläger keinen Anspruch auf einen weiteren, vom Gericht nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zu bestimmenden Betrag und keinen Anspruch auf Auskünfte über die Ermittlung des Gewinns. Die Beklagte war deshalb auch nicht verfahrensrechtlich unter dem Gesichtspunkt der sekundären Darlegungslast verpflichtet , zur Höhe und zur Art der Ermittlung des Gewinns vorzutragen.
9
bb) Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2005 zur Überschussermittlung (NJW 2005, 2376, betreffend den Fall BGHZ 128, 54) hat an dieser für die Entscheidung des Berufungsgerichts und des Senats maßgebenden Rechtslage nichts geändert. Das Bundesverfassungsgericht hat ausgesprochen, bis zur Neuregelung der Überschussbeteiligung , die es dem Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2007 aufgegeben hat, bleibe es bei der gegenwärtigen Rechtslage (aaO S. 2381), die mit der Beschwerde angegriffenen Entscheidungen hätten Bestand. Das ist hier insbesondere deshalb sachgerecht, weil es nicht um die vom Bundesverfassungsgericht in erster Linie beanstandete Ermittlung des Schlussüberschussanteils geht. Es kommt hinzu, dass es sich bei den Kürzungen der Überschussrenten aufgrund genehmigter Geschäftspläne um in der Vergangenheit abgeschlossene Vorgänge handelt, bei denen das Interesse des Klägers an einer Neuberechnung der Überschussbeteiligung seit Ende 1996 hinter die Interessen der Beklagten und der übrigen Beteiligten am Fortbestand der inzwischen vorgenommenen Überschussverteilung zurücktritt (vgl. insoweit zur Bestandsübertragung BVerfG NJW 2005, 2363, 2376 und BVerwG NJW 2007, 2199 ff.). Auch in der Instanzrechtsprechung wird die Ansicht vertreten , in derartigen Fällen sei für die Überschussbeteiligung bis zur gesetzlichen Neuregelung die gegenwärtige Rechtslage maßgeblich (OLG Karlsruhe VersR 2007, 1256 f.; OLG Celle VersR 2007, 930, 932 f.; LG Köln VersR 2007, 343 f.).
10
2. Umwandlung in eine Aktiengesellschaft
11
a) Die Beschwerde hält die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung für erforderlich zur Klärung der Frage, ob deutsche Versicherungsnehmer durch die nach schweizerischem Recht erfolgte Umwandlung der Muttergesellschaft von einer Genossenschaft auf Gegenseitigkeit in eine Aktiengesellschaft mit der dadurch verbundenen Aufgabe des Grundsatzes der Gegenseitigkeit hinsichtlich der Über- schussbeteiligung und der Berechtigung auf Aktienzuteilung im Verhältnis zu den schweizerischen Versicherungsnehmern und Genossen benachteiligt werden dürften. Da das Berufungsgericht sich mit dem Vortrag des Klägers dazu, insbesondere zur Ausbootung der deutschen Versicherungsnehmer nicht auseinandergesetzt habe, habe es zudem dessen Anspruch auf rechtliches Gehör und das Willkürverbot verletzt.
12
b) Ein Gehörsverstoß liegt ebenso wenig vor wie ein Verstoß gegen das Willkürverbot. Das Berufungsgericht hat sich - wie schon das Landgericht - mit dem Vorbringen des Klägers auseinandergesetzt und zutreffend angenommen, dass eine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch bereits nach dem eigenen Tatsachenvortrag des Klägers nicht ersichtlich ist. Er war weder Genosse noch Mitglied des schweizerischen Unternehmens. Dessen Rechtsformänderung war wegen der aufsichtsrechtlich gebotenen Trennung der Versicherungsbestände und der Vermögen ohne Einfluss auf die deutsche Niederlassung. Die Muttergesellschaft ist als schweizerischer Lebensversicherer ein Drittstaatenunternehmen i.S. von §§ 105 bis 110 VAG (Lipowsky in Prölss, VAG 12. Aufl. vor § 53c Rdn. 6; Zeides, Die rechtliche Behandlung der Zweigniederlassungen ausländischer Versicherungsunternehmen in Deutschland S. 161; Wrabetz, NVersZ 2001, 385, 386). Ihre deutsche Niederlassung ist im inländischen Rechtsverkehr wie eine selbständige Rechtspersönlichkeit zu behandeln und unterliegt dem deutschen Aufsichts- und Vertragsrecht, ihr Versicherungsbestand und das Vermögen sind territorial gebunden (BGHZ 17, 74, 76 ff.; 9, 34, 38 ff.; Zeides aaO S. 183 ff.; Winter, Versicherungsaufsichtsrecht S. 601 f.). Eine Bestandsübertragung von der Niederlassung auf das schweizerische Unternehmen hat demgemäß nicht stattgefunden.
13
Daraus folgt, dass der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. zu diesem Zulassungsgrund Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 319/02 - r+s 2004, 166 unter II 2 a). Die Beschwerde vermag auch nicht darzulegen, dass die vom Kläger vertretene Ansicht in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist und überhaupt anderweitig vertreten wird.
14
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 05.06.2003 - 12 O 22748/02 -
OLG München, Entscheidung vom 02.04.2004 - 25 U 3621/03 -
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.