Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Sept. 2018 - III ZR 71/18
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. September 2018 durch die Richter Seiters, Tombrink, Dr. Remmert, Reiter und die Richterin Pohl
beschlossen:
Gründe:
- 1
- Die Revision ist nicht zuzulassen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
- 2
- Der Streitfall gibt keine Veranlassung, die von der Beschwerde aufgeworfene Frage zu Art. 56 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV vorzulegen. Denn der zwischen den Parteien geschlossene Beratungsvertrag vom 11. Februar 2015 ist auch dann nach § 1 Abs. 1, § 3 RDG, § 5 Abs. 1 StBerG i.V.m. §§ 134, 139 BGB nichtig, wenn ein Teil der von der Klägerin geschuldeten Dienstleistungen dem Anwendungsbereich der Art. 56 ff AEUV unterfällt und das dort geregelte Verbot der Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs der Nichtigkeit der vertraglichen Vereinbarungen zu diesen grenzüberschreitenden Dienstleistungen entgegensteht. Nach dem Beratungsvertrag waren von der Klägerin wesentliche Rechts- und Steuerberatungs -Dienstleistungen allein in Deutschland zu erbringen. Für diese ist der Anwendungsbereich der Art. 56 ff AEUV nicht eröffnet. Sie sind auch keine reinen Vorbereitungshandlungen einer grenzüberschreitenden Dienstleistung, sondern selbständige Dienstleistungen. Auf sie ist allein deutsches Recht anzuwenden. Danach ist der Beratungsvertrag, soweit in ihm diese Dienstleistungen vereinbart werden, nichtig (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 3. Juli 2008 - III ZR 260/07, NJW 2008, 3069 Rn. 19 ff; BGH, Urteile vom 29. Juli 2009 - I ZR 166/06, NJW 2009, 3242 Rn. 23 f; vom 21. März 1996 - IX ZR 240/95, BGHZ 132, 229, 232; vom 24. Juni 1987 - I ZR 74/85, NJW 1987, 3003, 3004 und vom 9. Oktober 1986 - I ZR 138/84, BGHZ 98, 330, 335 f). Die Nichtigkeit erstreckt sich gemäß § 139 BGB auf den gesamten Beratungsvertrag, da nicht davon auszugehen ist, dass die Parteien den Beratungsvertrag auch ohne den nichtigen Teil geschlossen hätten.
- 3
- Mithin ist nicht entscheidungserheblich, ob die Vereinbarung der dem Anwendungsbereich der Art. 56 ff AEUV unterfallenden grenzüberschreitenden Dienstleistungen - isoliert betrachtet - wirksam wäre. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV zur Beantwortung dieser Frage und die hierzu zuvor erforderliche Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2015 - 1 BvR 1320/14, juris Rn. 13 mwN) sind daher nicht veranlasst.
Reiter Pohl
Vorinstanzen:
LG Augsburg, Entscheidung vom 09.02.2017 - 91 O 1187/16 -
OLG München in Augsburg, Entscheidung vom 11.01.2018 - 27 U 928/17 -
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Dieses Gesetz regelt die Befugnis, in der Bundesrepublik Deutschland außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Es dient dazu, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen.
(2) Wird eine Rechtsdienstleistung ausschließlich aus einem anderen Staat heraus erbracht, gilt dieses Gesetz nur, wenn ihr Gegenstand deutsches Recht ist.
(3) Regelungen in anderen Gesetzen über die Befugnis, Rechtsdienstleistungen zu erbringen, bleiben unberührt.
Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.
(1) Andere als die in den §§ 3, 3a, 3d und 4 bezeichneten Personen und Vereinigungen dürfen nicht geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere nicht geschäftsmäßig Rat in Steuersachen erteilen. Die in den §§ 3a, 3d und 4 bezeichneten Personen und Vereinigungen dürfen nur im Rahmen ihrer Befugnis geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten.
(2) Werden den Finanzbehörden oder den Steuerberaterkammern Tatsachen bekannt, die den Verdacht begründen, dass eine Person oder Vereinigung entgegen Absatz 1 geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistet, so haben sie diese Tatsachen der für das Bußgeldverfahren zuständigen Stelle mitteilen. Werden den Finanzbehörden Tatsachen bekannt, die darauf hinweisen, dass eine Person oder Vereinigung entgegen Absatz 1 geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistet, so können sie diese Tatsachen der zuständigen Steuerberaterkammer zum Zwecke der Prüfung der Geltendmachung von Ansprüchen nach den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 76 Absatz 11) mitteilen.
(3) Die Finanzbehörden oder die Steuerberaterkammern haben der für das Strafverfahren, das Bußgeldverfahren oder ein berufsaufsichtliches Verfahren zuständigen Stelle ihnen bekannte Tatsachen mitzuteilen, die den Verdacht begründen, dass
- 1.
Personen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, entgegen § 132a Absatz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches die Berufsbezeichnungen „Steuerberater“, „Steuerbevollmächtigter“, „Rechtsanwalt“, „Wirtschaftsprüfer“ oder „vereidigter Buchprüfer“ führen, - 2.
Vereinigungen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, entgegen § 161 dieses Gesetzes unbefugt die Bezeichnungen „Steuerberatungsgesellschaft“, „Lohnsteuerhilfeverein“, „Landwirtschaftliche Buchstelle“ oder unbefugt den Zusatz „und Partner“, „Partnerschaft“ (§ 2 Absatz 1 Satz 1 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes), „mit beschränkter Berufshaftung“ oder jeweilige Abkürzungen (§ 8 Absatz 4 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes) oder entgegen § 133 der Wirtschaftsprüferordnung die Bezeichnungen „Wirtschaftsprüfungsgesellschaft“ oder „Buchprüfungsgesellschaft“ führen.
(4) Werden den Finanzbehörden Tatsachen bekannt, die darauf hinweisen, dass Personen oder Vereinigungen die ihnen nach § 3a zustehende Befugnis zu vorübergehender und gelegentlicher geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen überschreiten, so haben die Finanzbehörden diese Tatsachen der zuständigen Steuerberaterkammer mitzuteilen. Satz 1 gilt entsprechend, wenn den Finanzbehörden Tatsachen bekannt werden, die darauf hinweisen, dass Personen oder Vereinigungen die ihnen erteilte Erlaubnis zum partiellen Zugang nach § 3d überschreiten.
(5) § 30 der Abgabenordnung steht den Mitteilungen nach den Absätzen 2, 3 und 4 nicht entgegen.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.