Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juli 2010 - II ZR 250/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Fragen, deretwegen die Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung begehrt, sind entweder nicht mehr entscheidungserheblich oder bereits geklärt.
1. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung ist nur gerechtfertigt, wenn die Entscheidung des Streitfalls gerade zu einer Klärung dieser Frage führt (MünchKommZPO/ Wenzel, 3. Aufl. § 543 Rn. 26). Daran fehlt es in Bezug auf die Fragen, die der Beklagte im Zusammenhang mit der Wirksamkeit des Widerrufs für zulassungsrelevant hält. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte seine Beteiligung an der Insolvenzschuldnerin wirksam widerrufen hat. Selbst wenn er den Widerruf fristgerecht erklärt hätte, weil die Widerrufsbelehrung - wie der Beklagte meint und für grundsätzlich klärungsbedürftig hält - falsch war, bliebe der Beklagte nach den Grundsätzen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zur Zahlung der restlichen Haftsumme verpflichtet (§ 171 Abs. 1, 2 HGB).
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat auf die Vorlagefragen des erkennenden Senats ausgeführt , dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zwar auf den Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in der Form einer Personengesellschaft anwendbar ist, wenn der Zweck des Beitritts nicht vorrangig darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Fonds in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer OHG bzw. KG errichtet ist (acte claire). Der Gerichtshof stellt auf die Erklärung des Beitritts zum Zweck der Kapitalanlage ab; nach seiner Auffassung kommt es für die Frage der Anwendbarkeit der Richtlinie in erster Linie auf die Umstände des Vertragsschlusses und nicht auf die Rechtsform der Anlagegesellschaft an.
Die Richtlinie schließt es nach Ansicht des Gerichtshofs in diesen Fällen aber keineswegs aus, dass der Verbraucher gegebenenfalls gewisse Folgen tragen muss, die sich aus der Ausübung seines Widerrufsrechts ergeben (Urteil vom 15. April 2010 - C-215/08, ZIP 2010, 772 Tz. 45). Wie der Gerichtshof ausdrücklich festgestellt hat, darf das nationale Recht bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerrufs einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten herstellen (aaO Tz. 48). Es ist insbesondere zulässig, dem widerrufenden Verbraucher und nicht den Drittgläubigern die finanziellen Folgen des Widerrufs des Beitritts aufzuerlegen, zumal diese an dem Vertrag, der widerrufen wird, nicht beteiligt waren (aaO Tz. 49).
Für die Rechtsfolgen eines etwaigen Widerrufs bleibt es bei den Grundsätzen für die fehlerhafte Gesellschaft. Die Beteiligung wird nur ex nunc rückabgewickelt. Damit schließt Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie auch nicht aus, die widerrufenden Verbraucher auf ihre Haftsumme gem. § 171 Abs. 1 HGB in Anspruch zu nehmen.
2. Der Rechtsstreit der Parteien erfordert auch keine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und ist richtig entschieden.
3. Von einer weiteren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 ZPO). Streitwert: 20.451,68 € Goette Strohn Caliebe Reichart Löffler
LG Würzburg, Entscheidung vom 17.02.2009 - 64 O 740/08 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 12.10.2009 - 4 U 50/09 -
Annotations
(1) Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar; die Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist.
(2) Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)