Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Okt. 2016 - I ZR 90/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und Feddersen
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte für das Filmwerk "Little Ashes". Sie nimmt die Beklagte auf Schadensersatz und Abmahnkosten in Anspruch, weil nach den von der Klägerin beauftragten Ermittlungen dieser Film am 21. März 2010 von dem Anschluss der Beklagten auf der Tauschbörse "Lime Wire 0.0.0.2" zum Download angeboten wurde.
- 2
- Die Beklagte hat behauptet, ihr sei im Tatzeitpunkt eine andere IPAdresse statisch zugeordnet gewesen. Außerdem hat sie sich auf Verjährung berufen.
- 3
- Das Amtsgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es hat angenommen , die Beklagte habe nicht ihrer sekundären Darlegungslast genügt, zu anderen Personen vorzutragen, die selbständigen Zugang zu ihrem Internetanschluss gehabt hätten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen. Sie habe auch keine konkreten Fehler der Klägerin bei der Ermittlung der IP-Adresse vorgetragen. § 852 BGB müsse auf Filesharing-Fälle Anwendung finden, so dass der Klägerin auch nach Verjährung ihres Schadenersatzanspruchs Wertersatz nach den Grundsätzen einer angemessenen Lizenzgebühr zustehe.
- 4
- II. Der Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 5
- Das Landgericht hat die Zulassung der Revision mit der unter den Instanzgerichten bestehenden Uneinigkeit über die Anwendbarkeit von § 852 BGB in Filesharing-Fällen begründet. Nach Verkündung des Urteils des Landgerichts hat der Senat diese Frage jedoch im Sinne der vom Landgericht befürworteten Antwort entschieden (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 95 bis 98 - Everytime we touch). Danach kann der Restschadensersatzanspruch aus § 102 Satz 2 UrhG, § 852 BGB in Fällen des widerrechtlichen Zugänglichmachens eines urheberrechtlich geschützten Werks über eine Internettauschbörse mittels einer fiktiven Lizenz berechnet werden.
- 6
- Im Übrigen lässt das Urteil des Landgerichts keine Rechtsfehler erkennen , die geeignet wären, eine Erfolgsaussicht des beabsichtigten Revisionsverfahrens zu begründen.
Vorinstanzen:
AG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 12.03.2015 - 32 C 2882/14 (84) -
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 24.03.2016 - 2-3 S 26/15 -
Annotations
Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Rechts finden die Vorschriften des Abschnitts 5 des Buches 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Hat der Verpflichtete durch die Verletzung auf Kosten des Berechtigten etwas erlangt, findet § 852 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.
Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.