Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2018 - I ZB 81/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Februar 2018 durch die Richter Prof. Dr. Koch, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen
beschlossen:
Gründe:
- 1
- I. Der Antragsteller hat beantragt, ihm für die Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. August 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beizuordnen. Der Senat hat den Antrag mit Beschluss vom 9. November 2017 abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Satz 1 ZPO).
- 2
- Mit einem am 13. Dezember 2017 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schreiben hat der Beklagte geltend gemacht, die am Senatsbeschluss vom 9. November 2017 beteiligten Richter legten ihre Nebentätigkeiten nicht offen, es sei die Gefahr vorhanden, dass diese "von der Beklagten und der Vorinstanzen näher bezw. sogar der Befangenheit …. ausgesetzt waren, als was man annehmen kann." Das zeichne sich schon im Fall des Richters Prof. Dr. Kirchhoff ab, der bis 2004 als Rechtsanwalt in B. bei der Anwaltskanzlei F. als Partner tätig gewesen sei.
- 3
- Der Antragsteller hat zugleich Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 9. November 2017 erhoben. Mit zwei weiteren Schreiben vom 12. und 17. Januar 2018 hat er die Anhörungsrüge ergänzt und außerdem eine Vorlage der Sache an den Gerichtshof der Europäischen Union beantragt.
- 4
- II. Sowohl das als Ablehnungsgesuch auszulegende Begehren des Antragstellers als auch seine Anhörungsrüge haben keinen Erfolg.
- 5
- 1. Die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs kann mit der Sachentscheidung erfolgen, weil das Gesuch offensichtlich unzulässig ist. Der Senat entscheidet deshalb abweichend von § 45 Abs. 1 ZPO - nachdem Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Büscher nach Erreichen der Altersgrenze aus dem Senat ausgeschieden und Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Kirchhoff an der Mitwirkung an der vorliegenden Entscheidung verhindert ist - unter teilweiser Mitwirkung der abgelehnten Richter.
- 6
- a) Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters; dieser ist auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfG, NVwZ 2006, 924, 925).
- 7
- b) In klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlichen Ablehnungsgesuchs sind die abgelehnten Richter nicht an einer weiteren Mitwirkung gehindert (vgl. BVerfG, NJW 2007, 3771, 3772 f.; BGH, Beschluss vom 15. August 2013 - I ZA 2/13, juris Rn. 3). Ein Ablehnungsgesuch ist unzulässig, wenn seine Begründung zur Rechtfertigung des Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist. Ein in dieser Weise begründetes Ablehnungsgesuch steht rechtlich einer Richterablehnung gleich, die keinerlei Begründung aufweist. In diesem Sinne völlig ungeeignet ist eine Begründung, wenn sie die angebliche Befangenheit ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls von vornherein nicht belegen kann, wenn also für die Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens oder das eigene Verhalten des abgelehnten Richters selbst entbehrlich ist (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3129 Rn. 48 f.; BGH, Beschluss vom 15. August 2013 - I ZA 2/13, juris Rn. 3). So liegt der Fall hier.
- 8
- c) Der Senat hat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts mit dem angefochtenen Beschluss vom 9. November 2017 ohne nähere Begründung deshalb zurückgewiesen, weil der Antragsteller beabsichtigt , eine mangels Zulassung durch das Beschwerdegericht nicht statthafte Rechtsbeschwerde einzulegen. Dabei handelt es sich um ein von der Rechtsordnung nicht vorgesehenes und deshalb unzulässiges Rechtsmittel. Die von dem Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung kann deshalb unabhängig von dem von ihm verfolgten Rechtsschutzziel unter keinen Umständen Erfolg haben. Aus dem teilweise aus nicht belegten Vermutungen und Behauptungen bestehenden Vorbringen des Antragstellers ist bereits nicht im Ansatz ersichtlich , inwiefern bei vernünftiger Würdigung aller Umstände des Falls Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der abgelehnten Richter zu zweifeln (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. September 2016 - BvC 52/14, juris Rn. 3).
- 9
- 2. Die vom Beklagten erhobene Anhörungsrüge ist zulässig, aber unbegründet.
- 10
- a) Die Anhörungsrüge ist zulässig, auch wenn sie nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist. Im Fall der ablehnenden Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines postulationsfähigen Rechtsanwalts kann für eine Anhörungsrüge die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht verlangt werden. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO von der Partei selbst gestellt werden kann. Dementsprechend kann in Verfahren ohne Rechtsanwaltszwang die Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO auch von der Partei selbst erhoben werden (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZA 1/11, NJW-RR 2011, 640 Rn. 3 zu § 78b ZPO; Beschluss vom 15. August 2013 - I ZA 2/13, juris Rn. 6).
- 11
- b) Die Anhörungsrüge des Beklagten ist jedoch unbegründet. Mit der Anhörungsrüge können nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das Rechtsmittelgericht gerügt werden (BVerfG, NJW 2008, 2635 Rn. 16; BGH, NJW-RR 2011, 640 Rn. 5). Derartige Verstöße liegen ersichtlich nicht vor. Der Senat hat die Zulässigkeit des beabsichtigten Rechtsmittels geprüft und sie verneint. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union kommt danach nicht in Betracht.
Vorinstanzen:
LG Siegen, Entscheidung vom 18.05.2017 - 5 O 55/17 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 28.08.2017 - I-22 W 26/17 -
moreResultsText
Annotations
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.
(2) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter des Amtsgerichts über das Gesuch. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der abgelehnte Richter das Ablehnungsgesuch für begründet hält.
(3) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlussunfähig, so entscheidet das im Rechtszug zunächst höhere Gericht.
(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.
(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.
(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.
(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn
- 1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und - 2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.
(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.
(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.
(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.