Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Sept. 2007 - BLw 8/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Antragstellerin ist Erbin nach ihrem 1993 verstorbenen Vater, der Mitglied in einer LPG und nach deren Umwandlung Mitglied der Antragsgegnerin war, und nach ihrer 2003 verstorbenen Mutter, deren Mitgliedschaft in der LPG die Antragsgegnerin bestreitet.
- 2
- Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin Ansprüche auf bare Zuzahlung nach § 28 Abs. 2 LwAnpG geltend und verlangt unter anderem - soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - in erster Stufe Auskunft über den Wert der Beteiligung ihrer Mutter an der LPG zum 31. De- zember 1990 unter Beifügung der für die Überprüfung der Berechnung erforderlichen Bilanz, einer Auflistung der Inventarbeiträge und der gleichstehenden Leistungen sowie der eingebrachten Nutzflächen, einer Gesamtberechnung der Verzinsung der Inventarbeiträge und der Bodennutzung sowie der Gesamtzahl der Arbeitsjahre.
- 3
- Das Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht) hat dem Antrag stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Antragsgegnerin in diesem Punkt zurückgewiesen. Mit der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihren Antrag auf Zurückweisung weiter.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.
- 5
- Eine die Zulässigkeit begründende Divergenz liegt nur vor, wenn das Beschwerdegericht von einer in der Beschwerdebegründung zu bezeichnenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes, des früheren Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone oder eines anderen Oberlandesgerichts abgewichen ist und der Beschluss des Beschwerdegerichts auf dieser Abweichung beruht. Diese Voraussetzungen sind nur gegeben, wenn das Beschwerdegericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz (Obersatz ) gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (Senat, BGHZ 89, 149, 151). Das ist hier nicht der Fall.
- 6
- 1. Das Beschwerdegericht ist nicht von dem sich aus § 420 ZPO ergebenden Rechtssatz abgewichen, nach der ein Beweis durch eine Privaturkunde nur durch die Vorlegung des Originals und nicht durch die Präsentation einer (beglaubigten oder unbeglaubigten) Ablichtung geführt werden kann (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16. November 1979, V ZR 93/77, NJW 1980, 1047, 1048; Urt. v. 21. Januar 1992, XI ZR 71/91, NJW 1992, 829, 830). Bei ihrem Hinweis auf diese Entscheidungen übersieht die Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht die Fotokopie des Sozialversicherungsausweises der Erblasserin nicht als Urkunde, sondern lediglich als Augenscheinsobjekt gewürdigt hat und unter Berücksichtigung des Vortrages der Parteien zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Vortrag der Klägerin, die Erblasserin sei Mitglied der LPG (P) L. gewesen, wahr ist.
- 7
- Damit fehlt es an der behaupteten Abweichung. Die von der Rechtsbeschwerde zitierten Rechtsgrundsätze gelten allein für die formelle Beweiskraft einer Privaturkunde. Die Ablichtung einer solchen Urkunde ist zur Beweisführung jedoch nicht schlechthin ungeeignet; an die Stelle der formellen Beweiskraft der Urkunde tritt die freie tatrichterliche Beweiswürdigung (BGH, Urt. v. 16. November 1976, V ZR 93/77, NJW 1980, 1047, 1048). Der Beweiswert des in Ablichtung vorgelegten Dokuments hängt von dem Vortrag der Parteien und den dargelegten und bewiesenen sonstigen Umständen ab (Roßnagel/Wilke NJW 2006, 2145, 2149).
- 8
- 2. Ebenso fehlt es an einer Divergenz zwischen der Entscheidung des Beschwerdegerichts und dem Beschluss des Senats vom 26. April 2002 (BLw 40/01, VIZ 2002, 482, 483). Der Senat hat ausgeführt, dass bei einer Umwandlung durch Teilung und Zusammenschluss und einem anschließenden Formwechsel der Auskunftsanspruch des Mitglieds sich (auch) auf die Schlussbilanz der zusammengeschlossenen LPG erstreckt.
- 9
- Das Beschwerdegericht ist von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Nach seinen Feststellungen ist die Abschlussbilanz der bereits zum 31. Dezember 1990 zusammengeschlossenen Genossenschaft zugleich die Umwandlungsbilanz , die nach dem Umwandlungsbeschluss vom 16. April 1991 auch für die Berechnung der Werte der Beteiligungen maßgebend sein sollte. Die Bilanz zum 31. Dezember 1991 war demgegenüber die erste Jahresbilanz des Nachfolgeunternehmens. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist eine Abweichung von den Rechtssätzen der zitierten Entscheidung des Senats vom 26. April 2002 nicht einmal ansatzweise erkennbar.
- 10
- 3. Dasselbe gilt für die Rügen, die die Rechtsbeschwerde in Bezug auf die Anforderungen an die Bestimmtheit des Sachantrages erhebt.
- 11
- a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht keinen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt, nach dem ein unbestimmter Antrag stets dahin (ergänzend ) ausgelegt werden müsse, dass damit dasjenige beantragt worden sei, was der Antragsteller materiell-rechtlich beanspruchen könne. Das Beschwerdegericht hat vielmehr nicht verkannt, dass es auch für die Durchsetzung von Ansprüchen aus der Vermögensauseinandersetzung, auf Barabfindung oder bare Zuzahlung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz eines bestimmten Antrags analog § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bedarf (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 4. November 1994, BLw 43/94, WM 1995, 537, 538; Beschl. v. 18. März 2004, BLw 34/03, NL-BzAR 2004, 193, 194). Es hat jedoch den von der Antragstellerin gestellten Antrag auf Auskunft, auch in Bezug auf die der Berechnung beizufügenden Unterlagen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 26. Januar 1983, IVb ZR 355/81, NJW 1983, 1056) als hinreichend bestimmt angesehen, weil die angeforderten Unterlagen im Antrag ausdrücklich benannt worden sind.
- 12
- b) Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Abweichung ergibt sich schließlich auch nicht aus den von der Rechtsbeschwerde zitierten Entscheidungen, welche die Anforderungen an die Bestimmtheit von Anträgen zur Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche (BGH, Urt. v. 11. Oktober 1990, I ZR 35/89, NJW 1991, 1114, 1115; Urt. v. 4. Juli 2002, I ZR 38/00, WM 2002, 1986, 1987) und nachbarrechtlicher Ansprüche auf Unterlassung oder Beseitigung (BGH, Urt. v. 18. Mai 2001, V ZR 356/00, unveröffentlicht) betreffen. Diese Entscheidungen sind für die Darlegung einer Divergenz schon deshalb nicht geeignet, weil die Anforderungen, die an die Konkretisierung des Streitgegenstands durch den Sachantrag zu stellen sind, von dem Gegenstand des geltend gemachten Anspruchs, den Besonderheiten des materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalles abhängen (vgl. BGHZ 121, 248, 251; 140, 1, 3 f.; BGH, Urt. v. 4. Juli 2002, I ZR 38/00, WM 2002, 1986, 1988), was eine schematische Übertragung der Ausführungen zur Anforderung an die Bestimmtheit des Antrages auf Auskunftsansprüche ausschließt.
III.
- 13
- Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG und die Bestimmung des gem. § 34 Abs. 2 LwVG festzusetzenden Gegenstandswerts auf § 33 LwVG i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 KostO.
Vorinstanzen:
AG Königs Wusterhausen, Entscheidung vom 17.02.2005 - 4 Lw 5/02 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 29.03.2007 - 5 W(Lw) 21/05 -
moreResultsText
Annotations
(1) Eine Klage gegen die Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses kann nicht darauf gestützt werden, daß das Umtauschverhältnis der Anteile zu niedrig bemessen ist oder daß die Mitgliedschaftsrechte bei dem neuen Unternehmen kein ausreichender Gegenwert für die Mitgliedschaftsrechte bei der formwechselnden LPG sind.
(2) Sind die in dem Umwandlungsbeschluß bestimmten Anteile an dem Unternehmen neuer Rechtsform zu niedrig bemessen oder sind die Mitgliedschaftsrechte bei dem Unternehmen neuer Rechtsform kein ausreichender Gegenwert für die Mitgliedschaftsrechte bei der LPG, so kann jedes Mitglied, dessen Recht, gegen die Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses Klage zu erheben, nach Absatz 1 ausgeschlossen ist, von dem Unternehmen einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen.
(3) Die Absätze 1 und 2 sind bei Teilungen und Zusammenschlüssen entsprechend anzuwenden.
Der Beweis wird durch die Vorlegung der Urkunde angetreten.
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts; - 2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen; - 2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht; - 3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.
(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.