Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Mai 2007 - 5 StR 557/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
a) im Gesamtstrafenausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt ist,
b) im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung und Bedrohung zu der Einsatzstrafe von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und mit weiteren acht Freiheitsstrafen und einer Geldstrafe aus drei amtsgerichtlichen Urteilen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten festgesetzt. Das Landgericht hat ferner die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiat- rischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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- Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 27. März 2007 ausgeführt:
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- „Der Gesamtstrafenausspruch kann trotz des Widerspruchs in der Gesamtstrafenhöhe zwischen Urteilsformel (zwei Jahre zehn Monate) und den Gründen (zwei Jahre und neun Monate) abgeändert werden, weil auszuschließen ist, dass die Strafkammer eine niedrigere Strafe als die in den Gründen genannte verhängen wollte (vgl. auch Senat, Beschluss vom 19. Februar 2002 – 5 StR 27/02 –; BGH, Beschluss vom 17. März 2004 – 2 StR 516/03).
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- Auch wenn die Bildung nur einer Gesamtstrafe jedenfalls angesichts der Zäsurwirkung des Urteils des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten vom 21. November 2002 rechtsfehlerbehaftet ist, liegt insoweit kein Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten vor. Es ist angesichts dessen strafrechtlicher Vorbelastung ausgeschlossen, dass auch nur eine der sonst zu verhängenden Gesamtfreiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt worden wäre oder gar die Summe der sonst zu verhängenden Gesamtfreiheitsstrafen geringer ausgefallen wäre, als die nunmehr gefundene Strafe.
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- Die Maßregelanordnung kann dagegen keinen Bestand haben.
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- Die Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB setzt die positive Feststellung eines länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Defekts voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begründet (vgl. BGHSt 34, 22, 26 f.). In diesem Zustand muss der Täter eine rechtswidrige Tat begangen haben, die mit dem, die Annahme des § 21 StGB rechtfertigenden Defekts, in einem kausalen, symptomatischen Zusammenhang steht (vgl. BGHR StGB § 63 Zustand 26; Gefährlichkeit 15). Der Tatrichter ist gehalten, sein Urteil über die Art und den Schweregrad einer Störung eines Angeklagten unter Mitteilung der entsprechenden Anknüpfungstatsachen auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung von dessen Persönlichkeit und seiner Entwicklung unter Einbeziehung der Tatumstände zu fällen (vgl. BGHR StGB § 63 Zustand 24). Daran fehlt es hier.
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- Zwar geht das sachverständig beratene Gericht davon aus (vgl. UA S. 14/15), dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat aufgrund einer Persönlichkeitsstörung (emotional instabile Persönlichkeitsstörung sowohl des impulsiven sowie des Borderline-Typus nach ICD 10 F 60.3), die die Kriterien einer schweren anderen seelischen Abartigkeit nach § 20 StGB erfüllen soll, im Zusammenwirken mit einer möglicherweise bestehenden Alkoholintoxikation (bei Alkohol- und Drogenmissbrauch nach ICD 10 F 10.1) erheblich vermindert war.
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- Insoweit fehlt es jedoch an einer geschlossenen Darstellung der Anknüpfungstatsachen und der das Gutachtenergebnis des Sachverständigen tragenden fachlichen Begründung. Die bloße Mitteilung der Klassifikation nach ICD ist insoweit nicht ausreichend (vgl. auch BGHR StGB § 63 Zustand 34). Wegen der unzureichenden Urteilsausführungen ist des Weiteren nicht zu überprüfen, ob die instabile Persönlichkeitsstörung des Angeklagten tatsächlich den Grad einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB erreicht (vgl. auch BGH NStZ 1999, 128). Auch im Hinblick auf mögliche Wechselwirkungen zwischen dem festgestellten Alkohol- und Drogenmissbrauch, der alkoholischen Beeinflussung des Angeklagten und der angenommenen Persönlichkeitsstörung, hätte es einer ausführlichen Begründung bedurft.
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- Im Übrigen sind im Urteil auch ausreichende Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Angeklagte sei aufgrund seines Zustands für die Allgemeinheit gefährlich und es bestehe die Gefahr, er werde auch in Zukunft weitere erhebliche Straftaten begehen, nicht zu entnehmen. Diesbezüglich wurde nicht erkennbar bedacht, dass der Angeklagte letztmals am 30. August 2003 eine Straftat beging und er seit dem strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist. Allein der nicht näher ausgeführte Hinweis auf das auch ‚unter den repressiven Bedingungen der Haftanstalt’ gezeigte Verhalten des Angeklagten (vgl. UA S. 19) reicht als Begründung dieser Annahme jedenfalls nicht aus.“
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- Dem schließt sich der Senat an.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.