Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2008 - 5 StR 554/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Jedoch wird die Gebühr für das Revisionsverfahren um ein Zehntel ermäßigt; die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Angeklagten werden je zu einem Zehntel der Staatskasse auferlegt.
G r ü n d e
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Auf die im Übrigen im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO erfolglose Revision des Angeklagten ist die Strafe auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Angeklagten um ein Jahr auf eine Freiheitsstrafe von neun Jahren herabzusetzen.
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- 1. Anlass hierfür ist die Anwendung eines unzutreffenden Strafrahmens (vgl. BGH NJW 1978, 174). Das Landgericht hat für die heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen – Verärgerung darüber, dass es die Nebenklägerin abgelehnt hatte, mit dem Angeklagten eine Scheinehe einzugehen – ausgeführte Messerattacke des Angeklagten die Strafe wegen Mordversuchs sonst mit durchweg rechtsfehlerfreien Erwägungen begründet, indes nach Strafrahmenverschiebung gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB fälschlich einen Strafrahmen von fünf Jahren bis 15 Jahren Freiheitsstrafe zugrunde gelegt (UA S. 31). Richtigerweise hätte das Schwurgericht aber von der sich aus § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB ergebenden Untergrenze des Strafrahmens von drei Jahren Freiheitsstrafe ausgehen müssen.
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- 2. Bei dieser Sachlage ist § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO auch in Ansehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (StV 2007, 393 und 561) anwendbar. Die tatsächlichen Grundlagen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts liegen vor (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2007 – 4 StR 522/07 Rdn. 3). Das Erfordernis einer umfassenden neuen Gesamtabwägung mit eigener Gewichtung aller maßgeblichen Strafzumessungsgesichtspunkte , was einer Sachentscheidung des Revisionsgerichts entgegenstehen könnte (vgl. BGH aaO), ist vorliegend nicht gegeben. Der Strafzumessung des Landgerichts liegt kein insgesamt rechtsfehlerhafter Maßstab zu Grunde (vgl. BGH aaO), sondern lediglich die fehlerhafte Annahme einer eher geringfügig zu hohen Untergrenze. Zum Ausgleich dieses Fehlers drängt sich – bei der vom Landgericht gefundenen Strafe in der rechnerischen Mitte des von ihm angenommenen Strafrahmens – die mit dem Antrag des Generalbundesanwalts erstrebte Reduzierung der Strafe als den Interessen des Angeklagten und zur Schonung von Ressourcen der Strafrechtspflege dienend geradezu auf.
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- Senat Der ist befugt, durch Beschluss zu entscheiden (BGH NJW 2006, 1605).
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
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An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.