Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Jan. 2019 - 5 StR 480/18

bei uns veröffentlicht am24.01.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 480/18
vom
24. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:240119B5STR480.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 24. Januar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie analog § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 8. Juni 2018 dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen Totschlags zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Zudem hat es unter Bestimmung eines Vorwegvollzugs von zwei Jahren und sechs Monaten der Strafe die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Beschwerdeführers führt auf die Sachrüge hin zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung des Schuld- und Strafausspruchs. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts stach der erheblich alkoholisierte Angeklagte aus Wut mehrmals mit einem Messer auf den Hals- und Nackenbereich des rücklings auf einem Sofa seiner Wohnung liegenden Geschädigten R. ein, um ihn zu töten. R. erlitt dadurch mehrere stark blutende, konkret lebensgefährliche Verletzungen. Der Angeklagte ging deshalb – objektiv zutreffend – davon aus, dass der Geschädigte „alsbald versterben“ werde. Er verließ daher den im Erdgeschoss liegenden Tatort und ging zu seinem im ersten Stock wohnenden Bekannten Pi. . Dort angekommen äußerte er: „Ich habe ihn aufgeschlitzt.“ Daraufhin lief die bei Pi. zu Besuch weilende Zeu- gin Pie. in die Wohnung des Geschädigten, wo sie diesen schwer verletzt, aber noch lebend vorfand. Sie rannte in Panik nach draußen, um Hilfe zu holen.
3
Währenddessen begab sich auch der Angeklagte wieder in die Wohnung des Geschädigten. Um ihn „endgültig zu töten“, versetzteer ihm – nur einige Minuten nach dem ersten Angriff – mit einem Küchenmesser einen Stich in die Herzregion. Kurz danach verstarb R. infolge der zahlreichen Stichverletzungen durch Verbluten in Kombination mit einer Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel.
4
2. Das Landgericht hat die beiden Attacken als zwei rechtlich selbständige Taten im Sinne des § 53 StGB bewertet, da der Angeklagte den Tatort zwischen den beiden Messerangriffen für einige Minuten verlassen habe. Diese konkurrenzrechtliche Bewertung hält der sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand.
5
a) Bei einem mehraktigen Tatgeschehen liegt eine Tat im Rechtssinne vor, wenn zwischen gleichgelagerten, strafrechtlich erheblichen Betätigungen ein derart unmittelbarer Zusammenhang besteht, dass sich das gesamte Han- deln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitlich zusammengehöriges Tun darstellt, und die einzelnen Handlungen durch ein subjektives Element miteinander verbunden sind (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 16. Mai 1990 – 2 StR 143/90, NStZ 1990, 490, 491). Ein zeitlicher Abstand zwischen den Einzelakten steht der Annahme einer Tat im Rechtssinn dann entgegen , wenn dieser erheblich ist und einen augenfälligen Einschnitt bewirkt (vgl. BGH, aaO, sowie Urteil vom 28. August 1984 – 1 StR 427/84, StV 1986, 293). Eine Handlungseinheit endet spätestens mit dem Fehlschlag eines Versuchs , von dem der Täter nicht mehr strafbefreiend zurücktreten kann (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2008 – 4 StR 233/08, NStZ 2009, 628; MüKo-StGB/von Heintschel-Heinegg, 3. Aufl., § 52 Rn. 34).
6
b) Danach sind die Angriffe des Angeklagten auf das Leben des Geschädigten als eine Tat im Rechtssinn (§ 52 StGB) zu werten. Zwischen den von einem einheitlichen Tötungsvorsatz getragenen Handlungen lag lediglich eine Zeitspanne von einigen Minuten, während der sich der Angeklagte in der einen Stock über dem Tatort gelegenen Wohnung des Zeugen Pi. aufhielt. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen den Messerangriffen wurde auch nicht durch die Entdeckung der Tat durch die Zeugin Pie. und deren Versuch unterbrochen, Hilfe zu holen. Denn die Äußerung des Angeklagten nach dem ersten Handlungsabschnitt („Ich habe ihn aufgeschlitzt“) belegt augenfällig, dass die Tatentdeckung für ihn ohne jeden Belang war und deshalb objektiv betrachtet keinen erheblichen Einschnitt in dem Geschehen bildete. Eine Zäsur nach dem ersten Handlungsabschnitt ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines fehlgeschlagenen Versuchs gegeben, da der Angeklagte die Tat mit einem ihm als Tatmittel zur Hand liegenden Küchenmesser ohne erhebliche zeitliche Zäsur vollenden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 4 StR 326/04, NStZ 2005, 263, 264). Der Messerstich in das Herz des Opfers stellt damit – auch aus der Sicht eines Dritten – keinen neuen selbständigen Angriff auf dessen Leben dar, sondern den abschließenden Akt eines einheitli- chen Geschehens, mit dem der Angeklagte den Geschädigten „endgültig“ töten wollte.
7
c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
8
2. Die Änderung des Schuldspruchs hat den Fortfall der vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen zur Folge. Der Senat kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass das Landgericht allein aufgrund der geänderten Konkurrenzverhältnisse eine niedrigere Strafe verhängt hätte, weil eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses angesichts des unveränderten Schuldumfangs kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2012 – 2 StR 294/12).
9
3. Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
10
a) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das sachverständig beratene Landgericht trotz einer rückgerechneten Blutalkoholkonzentration (BAK) zur Tatzeit von etwa vier Promille lediglich von einer erheblich eingeschränkten Steuerungsfähigkeit ausgegangen ist. Zwar hat es bei der Annahme des diesen BAK-Wert relativierenden Nachtrunks verkannt, dass auch bei einer mit einem zeitlichen Abstand von mehr als 30 Minuten durchgeführten Doppelblutentnahme ein höherer zweiter BAK-Wert einen Nachtrunk nicht sicher zu belegen vermag (vgl. LK-StGB/König, 12. Aufl., § 316 Rn. 85 mwN). Dies stellt die Beurteilung der Schuldfähigkeit aber letztlich nicht in Frage. Denn einer errechneten BAK kommt bei einem langen Rückrechnungszeitraum von wie hier etwa acht Stunden eine nur eingeschränkte indizielle Bedeutung zu. Es ist daher rechtlich unbedenklich, dass das Landgericht entscheidend auf das gegen eine vollständig aufgehobene Steuerungsfähigkeit sprechende orientierte und von keinen gravierenden Ausfallerscheinungen geprägte Leistungserhalten des Angeklagten abgestellt hat (vgl. BGH, Urteile vom 9. August 1988 – 1 StR 231/88, BGHSt 35, 308; vom 22. April 1998 – 3 StR 15/98, NStZ 1998, 457, 458).
11
b) Die Verfahrensrüge, mit der der Beschwerdeführer die unzureichende Begründung der Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) beanstandet, hat keinen Erfolg. Denn der Senat kann jedenfalls ein Beruhen des Urteils auf dem behaupteten Rechtsfehler ausschließen (§ 337 Abs. 1 StPO).
12
Das Landgericht hat die unter Beweis gestellten Tatsachen (Strafanzeige des Geschädigten gegen den Zeugen Pi. und dessen Vergeltungsbedürfnis ) dem Inhalt nach seinen Urteilsfeststellungen zugrunde gelegt (UA S. 8 f.). Der Beschwerdeführer war dabei bereits durch den Ablehnungsbeschluss davon in Kenntnis gesetzt, dass das Landgericht den nach seiner Überzeugung seit geraumer Zeit bestehenden Streit zwischen dem Zeugen Pi. und dem Geschädigten als bedeutungslos für die Frage der Täterschaft des Angeklagten erachtete. Unter diesen Vorzeichen ist ausgeschlossen, dass eine eingehendere beweiswürdigende Unterrichtung über die Gründe der Bedeutungslosigkeit der Beweistatsachen ihm die Möglichkeit eröffnet hätte, die Würdigung der Tatsachen durch weitere Anträge oder Darlegungen in einer für ihn günstigen Weise zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2012 – 3 StR 422/11, NStZ 2012, 525, 526; Beschluss vom 7. Februar 2002 – 1 StR 222/01).
4. Angesichts des nur geringfügigen Erfolgs seiner Revision ist es nicht unbillig, dass der Beschwerdeführer die Kosten des Rechtsmittels und seine notwendigen Auslagen in vollem Umfang zu tragen hat (§ 473 Abs. 4 StPO).
VRiBGH Dr. Mutzbauer ist Sander RiBGH Prof. Dr. König ist urlaubsbedingt an der Unter- urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. schrift gehindert. Sander Sander
RiBGH Prof. Dr. Mosbacher ist Köhler urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Sander

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafprozeßordnung - StPO | § 337 Revisionsgründe


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. (2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 233/08
vom
8. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 8. Oktober 2008 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt an der Oder vom 21. Dezember 2007 mit den Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen im dritten Tatkomplex einschließlich derjenigen zu den Verletzungen des Tatopfers, dem Zustand des Tatfahrzeugs und zu der Fahrtstrecke (UA S. 10 bis 11, Zeile 18) aufrechterhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe sowie wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist von vier Jahren für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis festgesetzt.
2
Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Spätestens während der Fahrt durch ein Waldgebiet fasste der Angeklagte den Entschluss, den im Range Rover neben ihm sitzenden Zeugen Jörg B. zu töten, „wobei seine Motivlage nicht geklärt werden konnte.“ Der Angeklagte hielt den Range Rover gegen 11:30Uhr unter einem Vorwand auf dem Randstreifen der Landstraße an und verließ das Fahrzeug. Unbemerkt von Jörg B. , der im Range Rover wartete, kehrte der Angeklagte zu dem Fahrzeug zurück, öffnete die Fahrertür und schoss mit seiner Pistole vom Typ Beretta auf Jörg B. , um diesen unter Ausnutzung seiner Arg- und Wehrlosigkeit zu töten. Das Projektil durchdrang die Muskulatur des Geschädigten oberhalb des linken Schlüsselbeins. Jörg B. verließ den Range Rover und rannte im Zick Zack auf die Straße und von dort aus in den Wald. Die weiteren drei Schüsse, die der Angeklagte auf den fliehenden Jörg B. abgab, verfehlten diesen. „Er geriet aus dem Blickfeld des Angeklagten, der dem Zeugen nicht in den Wald folgte, sondern bei seinem Fahrzeug verblieb und sein Tötungsvorhaben als gescheitert ansah.“
4
Der Angeklagte wendete den Range Rover und verblieb am Tatort. Als Jörg B. "nach einiger Zeit" aus dem Wald herauskam und versuchte, den Fahrer eines etwa 40 m vor dem Range Rover haltenden BMW zu veranlassen, ihn mitzunehmen, beugte sich der Angeklagte aus seinem Fahrzeug heraus und schoss erneut auf Jörg B. , ohne diesen zu treffen. Der Angeklagte folgte Jörg B. , der wegzulaufen versuchte, mit dem Range Rover. Als er diesen erreicht hatte, hielt er sein Fahrzeug an und rief Jörg B. zu: “Was hab ich getan , was hab ich getan, steig ein.“ Jörg B. forderte den Angeklagten auf, die Waffe wegzuwerfen, was dieser tat, stieg in den Range Rover ein und bat den Angeklagten, ihn ins Krankenhaus zu fahren.
5
Während der Fahrt auf der Landstraße telefonierte Jörg B. mit seinem Bruder. Der Angeklagte entschloss sich, Jörg B. zu töten, weil er befürchtete, dieser werde seinem Bruder den wirklichen Tathergang schildern. Er beschleunigte den Range Rover auf etwa 100 km/h und lenkte ihn „kurz nach 11:51" Uhr gezielt nach rechts mit der rechten Vorderfront gegen einen am Randstreifen stehenden Baum. Jörg B. überlebte den Unfall.
6
2. Nach Auffassung des Landgerichts hat der Angeklagte den fünften Schuss auf Jörg B. aufgrund eines neuen Tatenschlusses abgeben und hat danach freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgegeben. Der strafbefreiende Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB erstrecke sich aber nicht auf den vorangegangenen Mordversuch, weil der Angeklagte diesen als fehlgeschlagen angesehen habe. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
Bei einem mehraktigen Geschehen ist der Rücktritt hinsichtlich des ersten Tatabschnitts allerdings dann ausgeschlossen, wenn dieser als ein bereits fehlgeschlagener Versuch zu erachten ist (vgl. BGHSt 34, 53, 55; 41, 368, 369; 44, 91, 94). Von einem solchen, auch durch spätere Handlungen nicht mehr rücktrittsfähigen fehlgeschlagenen Versuch ist - bei aktivem Tun - jedoch nur dann auszugehen, wenn der Täter nach dem Misslingen des vorgestellten Tatablaufs zu der Annahme gelangt, er könne die Tat nicht mehr ohne zeitliche Zäsur mit den bereits eingesetzten oder anderen bereitliegenden Mitteln vollen- den, so dass ein erneutes Ansetzen notwendig sei, um zum gewünschten Ziel zu gelangen (BGHSt 41, 368, 369 m.w.N.). Zwar hat der Angeklagte nach den bisherigen Feststellungen sein Vorhaben, den Jörg B. zu töten, nach dessen Flucht in den Wald als gescheitert angesehen. Diese Feststellung findet aber in der Beweiswürdigung des Landgerichts keine Grundlage. Vielmehr lässt die – entgegen der Auffassung der Revision – rechtsfehlerfrei festgestellte objektive Sachlage, die insoweit von Bedeutung ist, als sie Rückschlüsse auf die innere Einstellung des Täters gestattet (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 7), nicht ohne Weiteres den Schluss zu, der Angeklagte habe den Mordversuch nach Abgabe des vierten Schusses als gescheitert angesehen. Nach den bisherigen Feststellungen hatte der Angeklagte auch nach Abgabe des vierten Schusses objektiv weiterhin die Möglichkeit, die Tat ohne zeitliche Zäsur mit dem bereits eingesetzten Mittel zu vollenden. In seiner funktionstüchtigen Pistole befanden sich noch zwei Patronen, so dass er das Tatopfer hätte verfolgen können, um in eine günstigere Schussposition zu gelangen. Anhaltspunkte dafür , dass der Angeklagte hierzu – etwa aus physischen Gründen – nicht in der Lage gewesen wäre, enthält das Urteil nicht.
8
Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte nach dem vierten Schuss die ihm möglich erscheinende weitere Ausführung der Tat freiwillig aufgegeben hat und dass er sowohl von dem Mordversuch als auch von dem dann rechtlich selbständigen nachfolgenden weiteren Tötungsversuch strafbefreiend zurückgetreten ist. Nach den bisherigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen kommt aber, worauf die Revision zutreffend hingewiesen hat, auch in Betracht, dass der Angeklagte von der Verfolgung Jörg B. s deshalb absah, weil er mit dessen alsbaldiger Rückkehr zur Straße rechnete und die Tat dann vollenden wollte. Insoweit hätte der Prüfung bedurft, ob die dann durch einen fortbestehenden Tötungsvorsatz verbundenen Einzelakte bis zum Weg- werfen der Pistole in einem derart unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, dass das gesamte Handeln des Angeklagten in diesen Handlungsabschnitten auch für einen Dritten als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint (vgl. BGH NStZ 2005, 263; 2007, 399, jew. m. w. N.).
9
Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
10
3. Soweit der Angeklagte im dritten Handlungsabschnitt des Tatgeschehens versucht hat, Jörg B. zu töten, indem er mit dem Range Rover mit hoher Geschwindigkeit gezielt mit der Beifahrerseite des Fahrzeugs gegen einen Straßenbaum fuhr, ist der Schuldspruch wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr zwar für sich genommen im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hebt das Urteil aber gleichwohl auch insoweit auf, um dem neuen Tatrichter Gelegenheit zu geben, zu den Motiven des Angeklagten - und damit auch zu den in Betracht kommenden Mordmerkmalen - widerspruchsfreie Feststellungen zu treffen. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen in diesem Handlungsabschnitt können jedoch bestehen bleiben. Die ihnen zu Grunde liegende Beweiswürdigung ist entgegen der Auffassung der Revision rechtlich nicht zu beanstanden; insbesondere weist sie auch keine Lücken auf.
11
4. Die Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Würdigung geben Anlass auf Folgendes hinzuweisen:
12
a) Wer die tatsächliche Gewalt über eine Waffe außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums ausübt, führt eine Waffe (Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 WaffG Abschnitt 2 Nr. 4). Der gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 WaffG strafbare unerlaubte Besitz und das nach dieser Vor- schrift strafbare unerlaubte Führen einer Waffe stehen in Tateinheit (vgl. BGH NStZ 2001, 101).
13
b) Soweit das Landgericht neben einer das Leben gefährdenden Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB auch die Tatbestandsvariante des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB bejaht und das eingesetzte Kraftfahrzeug als gefährliches Werkzeug angesehen hat, wird vorsorglich auf die Entscheidung des Senats vom 16. Januar 2007 - 4 StR 524/06 (BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 2 i.d.F. des 6. StrRG Werkzeug 3) hingewiesen.
14
c) Die Gefährdung des vom Täter geführten, ihm aber nicht gehörenden Fahrzeugs scheidet aus dem Schutzbereich des § 315 b StGB aus (vgl. BGHSt 27, 40; Fischer StGB 55. Aufl. § 315 c Rdn. 15 b m.w.N.).
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Mutzbauer

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 326/04
vom
25. November 2004
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25.
November 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 5. April 2004 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
2. In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen Geiselnahme zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich die Nebenklägerin mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision. Sie beanstandet die Verurteilung des Angeklagten wegen einer zu ihrem Nachteil begangenen gefährlichen Körperverletzung und erstrebt insoweit eine Verurteilung wegen versuchten Mordes in zwei Fällen.
Das entgegen dem auf Aufhebung des gesamten Urteils gerichteten Revisionsantrag nach der Revisionsbegründung auf die Anfechtung der Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung beschränkte (vgl. BGHR StPO § 344
Abs. 1 Antrag 3; Kuckein in KK-StPO 5. Aufl. § 344 Rdn. 5 m.w.N.) und demgemäß zulässige Rechtsmittel (§ 400 Abs. 1 StPO) hat Erfolg.

I.


1. Der Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Der Angeklagte wollte mit Hilfe des Zeugen R. seine persönlichen Sachen aus der Wohnung der Nebenklägerin, seiner früheren Lebensgefährtin , holen. Hierbei kam es zum Streit mit der Nebenklägerin. Als sie erklärte , sie habe eine sexuelle Beziehung zu einem anderen Mann, wurde der Angeklagte "ausbruchartig zunehmend aggressiver". Er zerstörte Einrichtungsgegenstände und bedrohte die Nebenklägerin mit einem Messer. Nach einer Rangelei mit dem Zeugen R. , der versuchte, den Angeklagten zurückzuhalten , verfolgte der Angeklagte die in das Schlafzimmer geflüchtete Nebenklägerin. Dort würgte er sie „mindestens 6 oder 7 Sekunden“ lang, um sie zu töten. Der Zeuge R. riß den Angeklagten schließlich von der Nebenklägerin weg.
Nachdem der Zeuge den Angeklagten von der Nebenklägerin getrennt hatte, machte der Angeklagte den Festnetzanschluß der Nebenklägerin unbrauchbar , nahm das Mobiltelefon an sich, um zu verhindern, daß die Nebenklägerin die Polizei anrief, und verließ mit dem Zeugen R. die im 7. Stockwerk des Hauses gelegene Wohnung. Im Hausflur kniete der Angeklagte einige Minuten zusammengekauert und weinend auf dem Boden. Der ZeugeR. und der Angeklagte fuhren dann mit dem Fahrstuhl ins Erd-
geschoß. Dort erklärte der Angeklagte dem Zeugen, er brauche seine Ruhe und wolle für sich allein sein.
Sodann ging der Angeklagte in den Keller des Hauses, holte aus einem Kellerraum ein Messer mit 20 cm Klingenlänge, fuhr mit dem Fahrstuhl hinauf in den 7. Stock und trat die Tür zur Wohnung der Nebenklägerin ein. Die Nebenklägerin war inzwischen in eine ein Halbgeschoß tiefer gelegene Wohnung geflüchtet und hatte mit der Mutter des Angeklagten und der Polizei telefoniert. Der Angeklagte, der möglicherweise im Flur die Stimme der Nebenklägerin gehört hatte, drang in die Wohnung ein und griff die Nebenklägerin - "immer noch" in Tötungsabsicht - mit dem Messer an. Er versetzte ihr einen mehrere Zentimeter tiefen Stich in den linken Brustkorb, der die Lunge verletzte und zu starken inneren Blutungen führte. Der Angeklagte entriß der Nebenklägerin den gemeinsamen Sohn Leon, den diese noch auf ihrem rechten Arm trug, warf ihn auf ein Sofa und versetzte der Nebenklägerin einen Stich in die linke Unterbauchseite , der zu einer 5 bis 6 cm großen äußeren Verletzung und einer zweifachen Durchtrennung des Dünndarms führte. Ohne notärztliche Versorgung wäre die Nebenklägerin binnen weniger Stunden an den Folgen der beiden Stichverletzungen durch Verbluten verstorben.
Dem Zeugen R. , der dem Angeklagten nachgeeilt war, gelang es, diesen nach einem Gerangel, in dessen Verlauf die Nebenklägerin weitere, geringfügigere Verletzungen erlitt, vorübergehend zu Boden zu bringen. Die Nebenklägerin flüchtete aus der Wohnung, ging über die Treppe zwei Stockwerke tiefer. Dort setzte sie sich, durch die Verletzungen geschwächt, zu Boden und bat eine vorbeikommende Hausbewohnerin um Hilfe. Als der Angeklagte , der sich inzwischen von dem Zeugen R. hatte losreißen können,
mit dem Messer in der Hand hinzukam, bat die Nebenklägerin ihn flehentlich, er möge doch endlich aufhören, es sei genug. Dabei zeigte sie ihm ihre Bauchwunde , aus der Darmschlingen hervorquollen. Der Angeklagte gab nunmehr sein Vorhaben, die Nebenklägerin zu töten, auf, flüchtete mit seinem Sohn Leon , den er der Nebenklägerin entriß, in das 7. Stockwerk, von dort auf das vor dem Haus stehende Baugerüst und drohte, mit seinem Sohn hinunterzuspringen , falls die Polizei eingreife.
2. Nach Auffassung des Landgerichts hat sich der Angeklagte durch die mit Tötungsvorsatz ausgeführten Verletzungshandlungen einer „tateinheitlich begangenen“ gefährlichen Körperverletzung (§§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 5 StGB) schuldig gemacht. Zwar liege ein „deutlicher zeitlicher Abstand“ zwischen dem Würgen und dem Messerangriff auf die Nebenklägerin. Es sei aber nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, daß der Angeklagte den einmal gefaßten Tötungsvorsatz zwischenzeitlich aufgegeben und einen neuen Tatentschluß für den Angriff mit dem Messer gefasst habe. Da der Angeklagte sich schließlich entfernt habe, obwohl es für ihn ein leichtes gewesen sei, weitere Verletzungshandlungen mit Tötungsvorsatz auszuführen, sei er mit strafbefreiender Wirkung von dem versuchten Totschlag zurückgetreten. Zu seinen Gunsten sei von einem unbeendeten Versuch auszugehen, weil nicht aufklärbar sei, ob der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt habe erkennen können, daß er zur Vollendung der Tat alles Erforderliche getan hatte, mithin die Verletzungen der Nebenklägerin "sicher zum Tode geführt hätten".

II.


Sowohl die Annahme nur einer Tat im Rechtssinne zum Nachteil der Nebenklägerin als auch die Annahme eines unbeendeten Totschlagsversuchs begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Daß der Angeklagte seinen einmal gefaßten Tötungsvorsatz während des mehraktigen Tatgeschehens nicht aufgegeben hat, vermag auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen die Annahme nur einer Tat im Rechtssinne nicht zu rechtfertigen.

a) Eine natürliche Handlungseinheit und damit eine Tat im materiellrechtlichen Sinne liegt bei einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen nach der Rechtsprechung vielmehr nur dann vor, wenn die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind und zwischen ihnen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, daß das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint (vgl. BGHSt 41, 368; BGHSt 43, 381, 387; BGH NStE Nr. 39 zu § 24 StGB, jeweils m. w. N.). Auch für die Beurteilung einzelner Versuchshandlungen als eine natürliche Handlungseinheit ist eine solche Gesamtbetrachtung vorzunehmen (st. Rspr., vgl. BGHSt 40, 75, 76). Dabei begründet der Wechsel eines Angriffsmittels nicht ohne weiteres eine die Annahme einer Handlungseinheit ausschließende Zäsur (vgl. BGHSt 40, 75, 77; 41, 368, 369). Eine tatbestandliche Handlungseinheit endet jedoch mit dem Fehlschlagen des Versuchs (vgl. BGHSt 41, 268, 269; 44, 91, 94). Ein solcher Fehlschlag, der nach der Rechtsprechung einen Rücktritt aussschließt (vgl. BGHSt 34, 53, 56; 35, 90, 94; 39, 221, 228), liegt vor, wenn der Täter die Tat, wie er weiß, mit den bereits eingesetzten oder den zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr ohne zeitliche Zäsur
vollenden kann (vgl. BGHSt 39, 221, 228; BGHSt 41, 368, 369; BGH NStZ-RR 2002, 168), so daß ein erneutes Ansetzen notwendig ist, um zu dem gewünschten Ziel zu gelangen (vgl. BGHSt 39, 221, 232; 41, 368, 369).

b) Nach diesen Grundsätzen legen die bisherigen Feststellungen - unbeschadet des fortbestehenden Tötungsvorsatzes - die Annahme zweier Taten im Rechtssinne nahe, durch die sich der Angeklagte jeweils des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gemacht hat:
Objektiv hat der Geschehensablauf durch das massive Eingreifen des Zeugen R. , das schließlich zur Beendigung des für die Nebenklägerin lebensgefährdenden Würgens und dazu führte, daß der Angeklagte die Wohnung der Nebenklägerin mit dem Zeugen verließ, eine Zäsur erfahren. War der Angeklagte durch das Eingreifen des Zeugen gehindert, die Nebenklägerin weiter zu würgen oder den angestrebten Taterfolg ohne zeitliche Zäsur mit anderen bereitstehenden Mitteln - etwa dem zuvor zur Drohung eingesetzten Messer - herbeizuführen, so war der Versuch, die Nebenklägerin in deren Wohnung zu töten, fehlgeschlagen. War der Versuch, die Nebenklägerin durch Würgen zu töten, fehlgeschlagen, kommt ein strafbefreiender Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 StGB nur hinsichtlich des zweiten, mittels eines Messers begangenen Totschlagsversuchs in Betracht.
2. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht insoweit die Annahme eines unbeendeten, durch bloße Aufgabe der weiteren Tatausführung rücktrittsfähigen Versuchs im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB begründet
hat, beruhen jedoch auf einem unzutreffenden Ansatz zur Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch.
Ein beendeter Versuch im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB, der für die Straffreiheit Gegenmaßnahmen des Täters zur Erfolgsabwendung verlangt , liegt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht erst bei Kenntnis vom sicheren Todesverlauf (vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, beendeter 4), sondern schon dann vor, wenn der Täter die naheliegende Möglichkeit des Erfolgseintritts erkennt, selbst wenn er ihn nunmehr weder will noch billigt (BGHSt 31, 170, 177; 33, 295, 300). Die Kenntnis der tatsächlichen Umstände , die den Erfolgseintritt nach der Lebenserfahrung nahe legen, reicht aus. Sie liegt bei gefährlichen Gewalthandlungen und schweren Verletzungen, insbesondere bei tief in den Brust- oder Bauchraum eingedrungenen Messerstichen , deren Wirkungen der Täter, wie hier, wahrgenommen hat, auf der Hand (BGHSt 39, 221, 231 m.w.N.; vgl. auch BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, beendeter 8; BGHR aaO Versuch, unbeendeter 13; BGH NStZ 1993, 279 f.; BGH, Urt. vom 2. Juli 1997 - 2 StR 248/97). Dies gilt auch dann, wenn der Täter bei unverändert fortbestehender Handlungsmöglichkeit mit einem tödlichen Ausgang zunächst noch nicht gerechnet hat, unmittelbar darauf jedoch erkennt, daß er sich insoweit geirrt hat (BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, beendeter 12). Unbeachtlich ist deshalb, ob der Angeklagte, weil die Nebenklägerin flüchten konnte, zunächst weitere Verletzungshandlungen für erforderlich gehalten hat und er eine umfassende Kenntnis der Umstände, die nach der Lebenserfahrung den Erfolgseintritt nahe legen, erst erlangte, als ihm die nunmehr am Boden sitzende Nebenklägerin ihre Bauchverletzung zeigte, aus der Darmschlingen hervorquollen.
Ein beendeter Versuch wäre im übrigen auch dann anzunehmen, wenn sich der Angeklagte bei Aufgabe der weiteren Tatausführung keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns gemacht hätte (vgl. BGHSt 40, 304, 306). Auch hiermit hätte sich das Landgericht vor einer Anwendung des Zweifelssatzes auseinandersetzen müssen, denn dieser greift erst nach abgeschlossener Würdigung aller Umstände ein (vgl. BGH, Urt. vom 2. Februar 1997- 2 StR 248/97).
3. Die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung hat daher keinen Bestand. Die insoweit gebotene Aufhebung des Urteils hat die Aufhebung auch des Ausspruchs über die Gesamtstrafe zur Folge.
Da die Sache in diesem Umfang neu zu verhandeln und entscheiden ist, bedürfen die weiteren von der Revision gegen das Urteil erhobenen Einwendungen keiner Erörterung, zumal die Ausführungen der Revision zu den Mordmerkmalen der Heimtücke, der Mordlust und der Grausamkeit in den Urteilsgründen keine Stütze finden und nach den bisherigen Feststellungen die Annahme niedriger Beweggründe fern liegt.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 294/12
vom
6. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Betrugs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 6. Dezember 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 16. Dezember 2011 dahingehend geändert, dass der Angeklagte des bandenmäßigen gewerbsmäßigen Betrugs schuldig ist und zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wird. Die weitergehende Revision des Angeklagten W. wird verworfen. 2. Die Revisionen der Angeklagten P. , R. S. , A. S. und D. werden verworfen. 3. Der Antrag des Angeklagten D. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils wird als unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde des Angeklagten D. gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des angefochtenen Urteils wird als unzulässig verworfen. 4. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: - den Angeklagten W. wegen Betrugs "im besonders schweren Fall" und bandenmäßigen gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten - den Angeklagten P. wegen Betrugs "im besonders schweren Fall" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten - den Angeklagten R. S. wegen bandenmäßigen gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren - den Angeklagten A. S. wegen bandenmäßigen gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten - den Angeklagten D. wegen leichtfertiger Geldwäsche zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen.
2
Die Revision des Angeklagten W. hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
1. Die konkurrenzrechtliche Einordnung des Tatgeschehens bei dem Angeklagten W. hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, denn die Bewertung als zwei tatmehrheitlich begangene Betrugstaten wird durch die Urteilsgründe nicht belegt. Nach den Feststellungen lag den Zahlungen der geschädigten Anleger durchgängig das von dem Angeklagten W. entwickelte betrügerische Konzept zugrunde, den Interessenten eine sichere, hoch- rentierliche Geldanlage zu versprechen, bei der die eingezahlten Beträge nur als Kapitalnachweis dienten und während der gesamten Investitionszeit nicht angetastet werden durften, während die Gelder tatsächlich zu der Finanzierung des Lebensunterhalts der Angeklagten, der Zahlung von Provisionen an die Anlagevermittler und zum gelegentlichen Ausgleich von Rendite- und Rückzahlungsforderungen der Altinvestoren bestimmt waren. Allein der Umstand, dass die Anlagegelder im Fallkomplex 1 auf einem Rechtsanwaltsanderkonto des Angeklagten P. gesammelt wurden, während sie im Fallkomplex 2 auf ein Treuhandkonto der R. - - AG mit Sitz in der Schweiz eingezahlt wurden, führt zu keiner eine Tatmehrheit (§ 53 StGB) begründenden Zäsur in dem ansonsten einheitlichen Geschehen, zumal die Anlagegelder dem Angeklagten W. weiterhin in vollem Umfang zur Verfügung standen.
4
Da weitergehende Feststellungen zum Konkurrenzverhältnis nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da der Angeklagte W. sich gegen den Vorwurf nur einer (bandenmäßigen und gewerbsmäßigen) Betrugstat nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
5
2. Die Änderung des Schuldspruchs hat den Fortfall der vom Landgericht festgesetzten Einzelstrafen zur Folge. Der Senat kann jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen lassen. Er schließt aus, dass das Landgericht allein aufgrund der geänderten Konkurrenzverhältnisse eine niedrigere Strafe verhängt hätte, weil eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei - wie hier - unverändertem Schuldumfang kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR344/03, BGHSt 49, 177, 184; Beschluss vom 9. März 2005 - 2 StR 544/02, NStZ-RR 2005, 199, 200).
6
3. Der Antrag des Angeklagten D. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung ist unzulässig, da er aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht glaubhaft gemacht hat, ohne eigenes Verschulden an der Einlegung der Kostenbeschwerde innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 Satz 1 StPO gehindert gewesen zu sein.
7
Die sofortige Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung ist nicht innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 Satz 1 StPO eingelegt und damit unzulässig.
8
4. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten W. von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen auch nur teilweise zu entlasten, § 473 Abs. 3 StPO.
Becker Schmitt Berger Eschelbach Ott

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urteil auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe.

(2) Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 422/11
vom
29. März 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
29. März 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Hubert,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten A. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 30. Juni 2011, soweit es die Angeklagten betrifft, im jeweiligen Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen schuldig gesprochen und den Angeklagten K. zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie den Angeklagten A. zu einer solchen von einem Jahr und sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, die sie jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts stützen, der Angeklagte A. darüber hinaus auch auf eine Verfahrensbeanstandung. Die Rechtsmittel haben mit den Sachbeschwerden zu den Strafaussprüchen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen festgestellt:
3
In der Nacht vom 28. auf den 29. Dezember 2010 waren die Angeklagten sowie der Mitangeklagte und Nichtrevident D. als Türsteher in der Diskothek in M. tätig. Gegen 1.00 Uhr forderte D. nach einem Wortwechsel den Geschädigten Y. auf, die Diskothek zu verlassen, und begleitete ihn zur Tür. Y. war deswegen verärgert. Auf sein Geheiß ging sein Begleiter Mä. zum Eingang der Diskothek zurück und forderte den Angeklagten D. auf, nach draußen zu kommen, um die Sache mit dem Zeugen Y. "Mann gegen Mann" zu klären. Gemeinsam mit den Angeklagten K. und A. begaben sich D. , Y. und Mä. vor die Diskothek , wobei allen Beteiligten klar war, dass es nun zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Y. und D. kommen würde. Sogleich begann eine Rangelei zwischen diesen beiden, in deren Verlauf sich - entgegen der Erwartung der drei Angeklagten - der Zeuge Y. als der Überlegene herausstellte. Es gelang ihm, den Angeklagten D. zu Fall zu bringen, sich auf ihn zu setzen und auf ihn einzuschlagen. Dieser unerwartete Verlauf missfiel den Angeklagten K. und A. , so dass sie sich entschlossen, zugunsten des Mitangeklagten D. in die Auseinandersetzung einzugreifen, um das Blatt zu dessen Gunsten zu wenden. Sie traten und schlugen daher gemeinsam gegen Kopf und Körper des Zeugen Y. , der währenddessen - von den übrigen Beteiligten unbemerkt - von D. mehrfach mit einem - ohne Wis- sen der beiden anderen Angeklagten mitgeführten - Faustmesser gestochen wurde. Als der bis dahin an der Auseinandersetzung völlig unbeteiligte Mä. bemerkte, dass sein Freund sich nunmehr drei Gegnern gegenübersah, versuchte er mit den Worten: "Was soll das, ausgemacht war einer gegen einen", dem Geschädigten Y. zur Hilfe zu kommen. Er wurde daraufhin von den Angeklagten A. und K. abgewehrt und geschlagen, wodurch er ein blaues Auge und Prellungen im Rippenbereich erlitt. Gleichwohl leistete er heftigen Widerstand, weswegen die Angeklagten K. und A. zunächst von ihm abließen und sich - vermutlich ins Innere der Diskothek - zurückzogen. Dies nutzte der Geschädigte Mä. , um den Angeklagten D. , der zwischenzeitlich die Oberhand gewonnen hatte und auf dem Zeugen Y. saß, von diesem herunterzuziehen und die beiden voneinander zu trennen. Gemeinsam mit Y. , der bereits sichtbar aus mehreren Stich- und Schnittverletzungen an den Armen, Beinen und am Oberkörper blutete und sich nur noch humpelnd fortbewegen konnte, flüchtete Mä. in Richtung seines Autos. Die drei Angeklagten waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu sehen.
4
Nachdem die beiden Geschädigten etwa 30 Meter zurückgelegt hatten, wurden sie von allen drei Angeklagten, die sich zwischenzeitlich jeder mit einem Schlagwerkzeug - vermutlich mit Baseballschlägern oder Teleskopschlagstöcken - bewaffnet hatten, verfolgt. Als Mä. sich umdrehte und die Angeklagten K. und A. auf sich zukommen sah, rannte er davon. Währenddessen stürzte sich D. mit gezücktem Messer auf Y. und stach, nunmehr in der Absicht, ihn zu töten, mindestens sechs Mal gezielt auf dessen Hals, Kopf und Rücken ein. Der Zeuge Y. erlitt dadurch und durch die vorangegangenen Stiche zahlreiche erhebliche Verletzungen. Nachdem Y. gestürzt war und D. sein Messer verloren hatte, schlug der Mitangeklagte mit Fäusten weiter auf sein Opfer ein. Die Angeklagten K. und A. , denen es nicht gelungen war, den Zeugen Mä. einzuholen, begaben sich jetzt ebenfalls zu dem auf dem Boden liegenden Y. und schlugen mit ihren Schlagwerkzeugen auf diesen ein, wodurch der Geschädigte unter anderem erhebliche Gesichtsschädelverletzungen erlitt.

II.


5
1. Die Verfahrensrüge des Angeklagten A. versagt. Zwar hat sich die Strafkammer in den Urteilsgründen in Widerspruch zu einem Teil der Begründung gesetzt, mit der sie den Beweisantrag des Angeklagten, den Zeugen V. zum Beweis dafür zu vernehmen, dass der Geschädigte Y. - entgegen seiner Bekundung als Zeuge - intensiv Kampfsport betreibe, wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache im Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 StPO zurückgewiesen hat (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 244 Rn. 56 mwN); denn während sie im Ablehnungsbeschluss die Glaubhaftigkeit der Angaben des Geschädigten Y. und dessen Glaubwürdigkeit selbst bei (unterstellter) Richtigkeit der Beweisbehauptung u.a. deshalb nicht als erschüttert angesehen hat, weil der Geschädigte Erinnerungslücken und Unsicherheiten eingeräumt sowie auf besondere Nachfrage, wer ihn mit einem Stock geschlagen habe, angegeben habe, dies nicht mehr sicher sagen zu können, führt sie in den Urteilsgründen aus, sie habe sich von einem Schlagstockeinsatz durch den Angeklagten A. gegen den Geschädigten Y. auch deshalb überzeugt, weil dieser sich sicher gewesen sei, auch A. habe mit einem Schlagstock auf ihn eingeschlagen.
6
Indes beruht die Verurteilung des Angeklagten auf diesem Verfahrensfehler nicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Sowohl die antizipierende Beweiswürdigung im Ablehnungsbeschluss als auch die im Urteil mitgeteilte, Schuld- und Strafausspruch tragende Überzeugungsbildung sind - je für sich - frei von Rechtsfehlern. Der hier maßgebliche Verfahrensfehler liegt deshalb darin, dass die Strafkammer ihre von einem Teil der Begründung des Ablehnungsbeschlusses abweichende Beweiswürdigung dem Antragsteller vor der Urteilsverkündung nicht bekannt gegeben und ihm somit die Möglichkeit genommen hat, sein Verteidigungsverhalten auf diese teilweise Abkehr von der Begründung der Zurückweisung des Beweisantrages einzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1963 - 1 StR 501/62, BGHSt 19, 24, 26 f.; LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 139). Der Senat kann aber unter den hier gegebenen Umständen ausschließen , dass der Angeklagte bei einem (rechtzeitigen) Hinweis auf die allein in einem Teilaspekt abweichende Überzeugungsbildung des Landgerichts die Möglichkeit gehabt hätte, durch weitere Anträge oder Darlegungen Schuldoder Strafausspruch für ihn günstig zu beeinflussen. Die Revision bringt insofern auch nicht vor, wie sich der Angeklagte nach einem solchen Hinweis insoweit erfolgversprechender hätte verteidigen, insbesondere die Glaubwürdigkeit des Geschädigten Y. in entscheidungserheblicher Weise hätte erschüttern können. Dafür ist dem Senat auch sonst nichts ersichtlich. Dies gilt insbesondere für das vom Landgericht widersprüchlich behandelte Sachverhaltsdetail eines Schlagstockeinsatzes durch den Angeklagten A. gegen den Geschädigten Y. ; denn seine das Urteil tragende Überzeugung, dass dieser stattgefunden hat, stützt das Landgericht nicht nur auf die Aussage dieses Geschädigten , sondern auch auf die Angaben des Geschädigten Mä. , der sich "auch auf mehrfache Nachfrage 100%ig sicher" gewesen sei, dass gerade der Angeklagte A. mit einem Schlagstock auf den Geschädigten Y. eingeschlagen habe. Zudem ist das von den beiden Verletzten geschilderte Kerngeschehen durch die geständige Einlassung des Mitangeklagten D. bestätigt worden. Dieser hatte sich zunächst dahin eingelassen, dass er zu den Tatbei- trägen der Angeklagten nichts sagen könne, hat nach der Vernehmung der beiden Geschädigten zum Tatgeschehen indes deren Darstellung als zutreffend bezeichnet. All dies belegt, dass das Landgericht bei verfahrensfehlerfreier Vorgehensweise zu keinem anderen Urteil gelangt wäre.
7
2. Die aufgrund der erhobenen Sachbeschwerden veranlasste Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Dies gilt auch für die konkurrenzrechtliche Bewertung ihrer Taten als jeweils zwei tatmehrheitliche gefährliche Körperverletzungen. Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts sind die Voraussetzungen einer natürlichen Handlungseinheit nicht gegeben.
8
a) Unter dem Gesichtspunkt einer natürlichen Handlungseinheit liegt eine Tat im sachlichrechtlichen Sinne vor, wenn mehrere, im Wesentlichen gleichartige Handlungen von einem einheitlichen Willen getragen werden und aufgrund ihres engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs so miteinander verbunden sind, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches Geschehen darstellt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 - 4 StR 683/93, StV 1994, 537; Beschluss vom 4. September 1990 - 1 StR 301/90, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Entschluss, einheitlicher 1). Sie ist gekennzeichnet durch einen solchen unmittelbaren Zusammenhang zwischen mehreren menschlichen, strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen, dass sich das gesamte Tätigwerden an sich (objektiv) auch für einen Dritten bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt (vgl. LK/Rissing-van Saan, StGB, 12. Aufl., vor § 52 Rn. 10 ff.). Richten sich die Handlungen des Täters gegen höchstpersönliche Rechtsgüter der Opfer, wird die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit zwar nicht grundsätzlich aus- geschlossen, sie liegt jedoch bereits nicht nahe (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., vor § 52 Rn. 7). Denn höchstpersönliche Rechtsgüter sind einer additiven Betrachtungsweise allenfalls in Ausnahmefällen zugänglich. Deshalb können Handlungen, die sich nacheinander gegen höchstpersönliche Rechtsgüter mehrerer Personen richten, grundsätzlich weder durch ihre enge Aufeinanderfolge noch durch einen einheitlichen Plan oder Vorsatz zu einer natürlichen Handlungseinheit und damit zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn ein einheitlicher Tatentschluss gegeben ist und die Aufspaltung des Tatgeschehens in Einzelhandlungen wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhanges , etwa bei Messerstichen oder Schüssen innerhalb weniger Sekunden, willkürlich und gekünstelt erschiene (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09, BGHR StGB § 232 Konkurrenzen 1; LK/Rissing-van Saan, aaO, Rn. 14).
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b) Nach diesen Maßstäben können die Körperverletzungshandlungen der Angeklagten gegen die beiden Geschädigten im Hinblick auf die Rechtsfigur der natürlichen Handlungseinheit jeweils nicht zu einer einheitlichen Tat zusammengefasst werden. Im Ausgangspunkt wollten sich allein der Mitangeklagte D. und der Geschädigte Y. körperlich auseinandersetzen und taten dies auch. Die Angeklagten sind (im ersten Handlungsabschnitt) erst dann gemeinschaftlich gegen den Geschädigten Y. vorgegangen und haben diesen mit Tritten und Schlägen gegen Kopf und Körper verletzt, als sie erkannt hatten, dass der Mitangeklagte D. zu unterliegen drohte. Als daraufhin der Zeuge Mä. seinem Freund Y. zu Hilfe kommen wollte, haben sich die Angeklagten dem Geschädigten Mä. zugewandt und haben diesen gemeinsam geschlagen, wodurch er ein blaues Auge und Prellungen im Rippenbereich erlitt. Nachdem sich die Angeklagten vom ersten Tatort ent- fernt und mit Schlagwerkzeugen bewaffnet hatten, verfolgten sie (im zweiten Handlungsabschnitt) zunächst Mä. und wandten sich dann - als sie Mä. nicht einzuholen vermochten - dem am Boden liegenden Geschädigten Y. zu, auf den sie sodann am zweiten Tatort - gemeinschaftlich auch mit dem Mitangeklagten D. - jeweils mit ihren Schlaginstrumenten einschlugen. Auf der Grundlage dieses Geschehensablaufes, der insbesondere durch mehrere Tatentschlüsse der Angeklagten gekennzeichnet ist, die durch zeitlich aufeinanderfolgende, jeweils neue Sachverhaltsentwicklungen bedingt waren und zu unterschiedlichen Verletzungshandlungen der Angeklagten gegen beide Geschädigte an mehreren Orten führten, stellt sich die Annahme von Tatmehrheit unter keinem Blickwinkel als willkürlich und gekünstelt dar. Danach liegt auch keine der von der Rechtsprechung bei Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter mehrerer Personen anerkannten Ausnahmen vor; insbesondere beruhen die verschiedenen Angriffe schon nicht auf einem einheitlichen Tatentschluss. Dass das Landgericht die Angeklagten im Hinblick auf die infolge ihres zwischenzeitlichen Rückzuges zum Zwecke der Bewaffnung eingetretene (zeitliche, räumliche und sachliche) Zäsur im Tatgeschehen nicht wegen weiterer, rechtlich selbständiger Straftaten schuldig gesprochen hat, beschwert diese nicht.
10
3. Die Strafaussprüche können demgegenüber nicht bestehen bleiben. Mit Recht weisen die Revisionen darauf hin, dass die strafschärfenden Erwägungen , die Angeklagten hätten jeweils den bis dahin unbeteiligten Zeugen Mä. "ohne Not in eine Schlägerei verwickelt" und sie hätten sich "ohne Not in die ... Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten D. und dem Zeugen Y. eingemischt", rechtsfehlerhaft sind; denn damit hat das Landgericht das Fehlen von Strafmilderungsgründen strafschärfend berücksichtigt und bei beiden Angeklagten straferhöhend gewertet, die Taten überhaupt begangen haben (§ 46 Abs. 3 StGB; vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2010 - 3 StR 218/10, StraFo 2010, 466 und vom 15. Januar 2008 - 4 StR 530/07; Fischer, aaO, § 46 Rn. 76). Durchgreifend rechtsfehlerhaft ist weiterhin, dass das Landgericht zu Lasten des Angeklagten K. berücksichtigt hat, er habe es "in der Hand (gehabt), es nicht zu einer Auseinandersetzung kommen zu lassen" und die "ihm gegenüber weisungsgebundenen Angeklagten A. und D. zurückzuhalten", da schon nicht festgestellt ist, dass der Angeklagte K. der Vorgesetzte der beiden anderen Angeklagten war und im Übrigen auch eine auf anderer Grundlage fußende spezifische Pflicht, deren Auseinandersetzungen zu verhindern, nicht ersichtlich ist. Im Hinblick darauf begegnet auch die weitere zu Lasten des Angeklagten K. angestellte Erwägung, er habe "nicht einmal die kurze Kampfunterbrechung zur Deeskalation genutzt, sondern sich mit einem Schlagwerkzeug bewaffnet", rechtlichen Bedenken. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Zumessung mildere Strafen gegen beide Angeklagte verhängt hätte. Unter den gegebenen Umständen kommt eine Sachbehandlung gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO bei beiden Angeklagten nicht in Betracht.
Becker Pfister Hubert Mayer Menges

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 222/01
vom
7. Februar 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen: zu 1. und 4.: versuchten Betruges
zu 2. und 3.: Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Februar 2002 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I.1. Auf die Revisionen der Angeklagten Prof. Dr. B. und Dr. K. wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23. August 2000 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Angeklagten betrifft. 2. Der Angeklagte Prof. Dr. B. wird im Fall I der Anklage (versuchter Betrug, Kreditbetrug - Fall OP. ) freigesprochen. Insoweit fallen die ausscheidbaren Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen dieses Angeklagten der Staatskasse zur Last. 3. Im übrigen (Fall III der Anklage; versuchter Betrug durch Abgabe einer sog. Blockiererklärung) wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. II. 1. Auf die Revisionen der Angeklagten W. und S. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es diese Angeklagten betrifft, aufgehoben
a) im Falle II Teil 1 der Anklage (Betrug zum Nachteil der F. AG), soweit Feststellungen hinsichtlich des Schuldscheindarlehens “Göttingen” getroffen sind,
b) im Falle III der Anklage (versuchter Betrug durch Abgabe einer sog. Blockiererklärung) mit den zugehörigen Feststellungen ,
c) im gesamten Strafausspruch. 2. Die weitergehenden Revisionen dieser Angeklagten werden verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten W. und S. wegen Betruges , Untreue und versuchten Betruges verurteilt, und zwar W. zu fünf Jahren und drei Monaten, S. zu vier Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe. Gegen den Angeklagten Prof. Dr. B. hat es wegen versuchten Betruges in zwei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten, gegen den Angeklagten Dr. K. wegen versuchten Betruges - unter Strafaussetzung zur Bewährung - eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verhängt. Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten, die Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde erhe-
ben. Die Rechtsmittel der Angeklagten W. und S. haben teilweise, diejenigen der Angeklagten Prof. Dr. B. und Dr. K. in vollem Umfang Erfolg. Gegenstand des angefochtenen Urteils sind vier Taten, die die Angeklagten bei unterschiedlicher Beteiligung begangen haben: Im ersten Fall (Fall II Teil 1 der Anklage) hat das Landgericht die Angeklagten W. und S. des Betruges schuldig gesprochen, weil sie als Bankvorstände der Raiffeisenbank G. -O. eG (im folgenden: RGO) beim Handel mit Schuldscheindarlehen der öffentlichen Hand (sog. Pensionsgeschäfte , vgl. § 340b HGB) daran mitwirkten, sieben solcher Schuldscheindarlehen gegen Zahlung von 156 Mio. DM an die F. AG zu verkaufen, obgleich - wie sie wußten - diese Darlehensforderungen nicht “werthaltig” waren; sie waren - wegen vorangegangener anderweitiger Abtretungen - der RGO zuvor nicht wirksam übertragen worden. Im zweiten Fall (Fall II Teil 2 der Anklage) hat die Strafkammer eine Untreue der Angeklagten W. und S. gegenüber ihrer Bank darin gesehen , daß diese die - wirksam an die RGO abgetretene und damit werthaltige - Schuldscheindarlehensforderung "Berlin" (nominell 50 Mio. DM) zugunsten der Gesellschaft für Geld- und Kapitalverkehr GmbH (im folgenden: GGK) ohne jede Gegenleistung “ausbuchen” und abrechnen ließen. Im dritten Fall (Fall I der Anklage) hat die Strafkammer den Angeklagten Prof. Dr. B. des versuchten Betruges als schuldig erachtet, weil dieser mit der OP. GmbH in Frankfurt/Main eine Provisionsvereinbarung schloß für die Vermittlung eines Käufers für ein Berliner Grundstück (einschließlich Abschluß eines sog. Generalunternehmervertrages zur Bebauung für 520 Mio.
DM), Kontakt zu einer Firma E. S.A. in Luxemburg als potentieller Käuferin herstellte, wider besseren Wissens deren Leistungsfähigkeit beteuerte und schlieûlich den Abschluû eines Kaufvertrages herbeiführte, obgleich er die schlechte wirtschaftliche Lage der Käuferin kannte. Diese konnte schon die im notariellen Vertrag vorgesehene bankmäûige Absicherung des Kaufpreises nicht erbringen. Im vierten Fall (Fall III der Anklage) hat das Landgericht alle vier Angeklagten des versuchten Betruges für schuldig gehalten. Die RGO gab durch die Angeklagten W. und S. eine sog. Blockiererklärung ab, in der diese Angeklagten wahrheitswidrig versicherten, die RGO verwahre im einzelnen aufgeführte Schuldscheine öffentlich-rechtlicher Körperschaften im Nominalwert von mehr als drei Milliarden DM, die "gut, einwandfrei und unbelastet" und zugunsten des "BIE-Consortiums" gesperrt seien. Diese Blockiererklärung sollte der Bank of Lisbon in Johannesburg/Südafrika übermittelt werden und als Sicherheit für einen "darlehensweisen Geldfluû" in Höhe von 50 Mio. US-Dollar zugunsten des "BIE-Consortiums" dienen. Bei der Vorbereitung und Durchführung des entsprechenden Planes wirkten die Angeklagten Prof. Dr. B. und Dr. K. mit. Die um Übermittlung dieser Blockiererklärung im sog. SWIFT-Verkehr ersuchte damalige Bayerische Hypotheken- und Wechselbank in München lehnte dies ab und erstattete Verdachtsanzeige nach dem Geldwäschegesetz.

I.

Zum ersten Fall (Betrug der Angeklagten W. und S. zum Nachteil der F. AG):
1. Mit Recht rügen die Revisionen der Angeklagten W. und S. als Verstoû gegen § 261 StPO, daû die Urteilsfeststellungen von den in die Beweisaufnahme eingeführten Urkunden zu den Zeitpunkten der Abtretung der Schuldscheindarlehensforderung "Göttingen" (über 28 Mio. DM nominell) von der GGK an die BEWAG - Berliner Kraft und Licht AG - einerseits und an die RGO andererseits abweichen. Dieser Verfahrensfehler kann die Frage der Wirksamkeit der Weiterabtretung dieses Schuldscheindarlehens von der RGO an die F. AG und mithin den Schuldumfang des in diesem Falle begangenen Betruges beeinflussen. Damit hat es folgende Bewandnis : Das sog. Darlehen "Göttingen" gehörte zu den nach den Urteilsgründen nicht wirksam von der GGK an die RGO abgetretenen und von dieser deshalb nicht werthaltig und wirksam an die F. AG weiter abgetretenen Schuldscheindarlehen. Das Urteil geht davon aus, daû die GGK diese Darlehensforderung am 28. November 1994 an die BEWAG abgetreten hat und daû am 29. November 1994 in Höhe eines Teilbetrages eine weitere, stille Abtretung desselben Darlehens durch die GGK an die RGO erfolgte, die jedoch infolge der vorgenannten Abtretung an die BEWAG unwirksam gewesen sei (UA S. 28, 32, 337 f.). Beide Abtretungen durch die GGK - sowohl diejenige an die BEWAG als auch die an die RGO - waren indes zunächst auch deshalb unwirksam, weil das Schuldscheindarlehen "Göttingen" erst am 9. Dezember 1994 von der Allgemeinen Hypothekenbank, bei der es "verpensioniert" war, an die GGK rückabgetreten wurde. Das Landgericht sieht im rechtlichen Ansatz zutreffend, daû nach dem Prioritätsgrundsatz mit Erlangung der Verfügungsmacht über die Darlehensforderung durch die GGK die zeitlich erste Abtretung durch diese - die zunächst als Nichtberechtigte gehandelt hatte - Wirkung erlangte (§ 185 Abs. 2 BGB).
Die Revision trägt unter Vorlage des Inhaltes der in die Beweisaufnahme eingeführten Darlehensakten der GGK vor, die Abtretung des Darlehens an die BEWAG sei erst am 16. Dezember 1994 erfolgt, mithin nach der Abtretung an die RGO. Deshalb habe die Abtretung des Darlehens "Göttingen" von der GGK an die RGO Wirksamkeit erlangt, ebenso infolgedessen die weitere Abtretung der RGO an die F. AG. Ein Betrug komme deswegen hinsichtlich dieser Darlehensforderung nicht in Betracht. Die von der Revision vorgelegten, in die Beweisaufnahme eingeführten Urkunden aus den Darlehensakten der GGK belegen, daû die Abtretung des Schuldscheinsdarlehens "Göttingen" durch die GGK - im Sinne einer Verfügung über die Darlehensforderung - zuerst an die RGO und erst danach an die BEWAG erfolgt ist. Aus den Urkunden über die Abtretung an die BEWAG ergibt sich, daû diese am 16. Dezember 1994 erfolgte. Unter diesem Datum ist das Begleitschreiben der GGK an die BEWAG abgesetzt ("Abtretung vom heutigen Tage"); von diesem Tage datiert die entsprechende Erklärung der GGK, auch wenn diese die Formulierung enthält, "alle Forderungen, Rechte und Nebenrechte aus der Schuldurkunde" stünden "mit Wirkung vom 28. November 1994 ... in vollem Umfang der" BEWAG zu. Rechtserheblich ist, zu welchem Zeitpunkt die Verfügung über die Darlehensforderung getroffen wurde. Da die GGK die Darlehensforderung "Göttingen" vor dem 9. Dezember 1994 mangels Verfügungsmacht nicht wirksam abtreten konnte, sondern als Nichtberechtigte handelte, wurde mit der Rückabtretung der Darlehensforderung von der Allgemeinen Hypothekenbank an sie die vorherige Abtretung an die RGO wirksam (§ 185 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dem steht selbst weiterer, aber nach diesem Zeitpunkt (9. Dezember 1994) liegender Schriftverkehr der GGK mit der BEWAG (vom 12. und 14. Dezember 1994) nicht entgegen, der für sich gesehen den in den anderen bezeichneten Erklärungen gegenüber der BEWAG
genannten Abtretungszeitpunkt (16. Dezember 1994) in Frage stellen könnte (vgl. auch § 185 Abs. 2 Satz 2 BGB). Daû die jeweiligen Parteien vom Verfügungsdatum abweichende "Laufzeiten" vereinbart hatten, ändert ebenfalls nichts. Insoweit handelt es sich ersichtlich nur um ergänzende Absprachen darüber, wem für welchen Zeitraum Zins und Tilgung zustehen sollten. Bei alledem geht der Senat vom Vortrag der Revisionen zur urkundsbeweislichen Lage und ihrer Erhebung in der Hauptverhandlung aus, weil die Staatsanwaltschaft dem nicht in einer Gegenerklärung entgegengetreten ist (vgl. § 347 Abs. 1 Satz 2 StPO; Nr. 162 Abs. 2 RiStBV; BGH NStZ 2000, 437, 438). In den Urteilsgründen hat das Landgericht die Frage der Wirksamkeit der beiden kollidierenden Abtretungen nicht näher erörtert. Es hat lediglich die Abtretungszeitpunkte benannt und dabei ersichtlich auf den Beginn der in den Unterlagen genannten "Laufzeit" der Abtretung an die BEWAG abgehoben. Zwar ist vorstellbar, daû es sich überdies auf die Aussagen der als Zeugen vernommenen, in gesonderten Verfahren rechtskräftig verurteilten Verantwortlichen der GGK, Ge. und Sym. , gestützt und möglicherweise auch in Betracht gezogen hat, daû die Akten über die Abtretung dieses Darlehens an die RGO sog. Doppelakten waren, in denen die - nach Auffassung der Verantwortlichen der GGK - unwirksamen Doppelabtretungen dokumentiert waren. Wollte sich die Strafkammer aber von den Verfügungsdaten entfernen, die sich aus dem Urkundsbeweis ergaben, so hätte dies ausdrücklicher Würdigung bedurft. Daran fehlt es. Der Rechtsfehler berührt den Schuldspruch wegen Betruges im ersten Falle nicht, sondern lediglich den Schuldumfang. Das Darlehen "Göttingen" war nur eines von insgesamt sieben an die F. AG verkauften. Selbst wenn diese aber tatsächlich Inhaber der Darlehensforderung
"Göttingen" geworden wären, käme ein Betrugsschaden insoweit noch unter dem Gesichtspunkt einer Vermögensgefährdung wegen der jedenfalls gegebenen unsicheren zivilrechtlichen Lage angesichts kollidierender Verfügungen und Laufzeitvereinbarungen in Betracht. Aus den Urteilsgründen ergibt sich in ihrem Zusammenhang, daû die Angeklagten W. und S. - diese jedenfalls im Sinne bedingten Vorsatzes - und die Verantwortlichen der GGK davon ausgingen, auch das Darlehen "Göttingen" sei nicht werthaltig, also nicht wirksam an die RGO abgetreten gewesen (UA S. 44 bis 47). Dementsprechend wurde diese Abtretung auch in den sog. Doppelakten behandelt, die Abtretung an die BEWAG hingegen in den regulären Darlehensakten der GGK dokumentiert. Dennoch vermag der Senat nicht sicher auszuschlieûen, daû der Schuldumfang in einer Weise beeinfluût sein kann, die sich auf die Höhe der gegen die Angeklagten W. und S. in diesem Falle angesetzten Einzelstrafen ausgewirkt haben kann. Er läût deshalb den Schuldspruch bestehen , hebt aber die Feststellungen hinsichtlich des Darlehens "Göttingen" auf (vgl. dazu Kuckein in KK 4. Aufl. § 353 Rdn. 13). Damit unterliegen auch die Einzelstrafen in diesem Falle und die Gesamtstrafen gegen diese Angeklagten der Aufhebung. 2. Die weiteren Verfahrensrügen, die den ersten Fall betreffen, greifen hingegen nicht durch.
a) Auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des auf Vernehmung des Zeugen Kl. gerichteten Beweisantrages kann die Verurteilung der Angeklagten W. und S. nicht beruhen. aa) Der Zeuge sollte bekunden, daû die Bank für Sozialwirtschaft die Schuldscheindarlehen "Baden-Württemberg" und "Hessen" am 27. April 1995 "mit Wirkung zum 2. Mai 1995" an die GGK abgetreten gehabt habe. Das
Landgericht hat den Antrag ohne weitere Begründung abgelehnt, weil die in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien. Das war schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil dem Ablehnungsbeschluû eine nachvollziehbare Begründung fehlt und die Ablehnungsgründe auch nicht auf der Hand lagen (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 2 Satz 3 Bedeutungslosigkeit 9, 11, 12; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 244 Rdn. 146). Letzteres wird bereits durch die ausführliche Begründung belegt, die das Landgericht dafür im Urteil gibt. Dennoch kann auf der Ablehnung des Beweisantrages nichts zu Lasten der Angeklagten beruhen. Das Verfahrensgeschehen, welches zu dem Beweisantrag und seiner Ablehnung geführt hat, ist auf der Grundlage der Urteilsfeststellungen zu verstehen : Die Schuldscheindarlehen "Baden-Württemberg" und "Hessen" gehörten zu denjenigen, die die RGO unter Mitwirkung der Angeklagten W. und S. an die F. AG abgetreten hatten und die nach Auffassung des Landgerichts nicht werthaltig waren, über die also die RGO keine Verfügungsmacht hatte, weil sie vor der vorangegangenen Abtretung durch die GGK an die RGO bereits von der GGK bei der Bank für Sozialwirtschaft "verpensioniert" gewesen seien. Wäre aber zeitlich nach der - zunächst mangels Verfügungsmacht unwirksamen - Abtretung durch die GGK an die RGO und vor der Weiterabtretung durch die RGO an die F. AG eine stille Rückabtretung der Schuldscheindarlehensforderungen von der Bank für Sozialwirtschaft an die GGK erfolgt, so könnte die Abtretung der Forderungen von der GGK an die RGO gemäû § 185 Abs. 2 Satz 1 BGB doch noch zur Forderungsinhaberschaft der RGO vor der Weiterabtretung an die F. AG geführt haben. Dann wären die Verantwortlichen der F. AG insoweit nicht getäuscht worden
und es läge kein Schaden vor. Darauf wollte die Verteidigung mit ihrem Beweisantrag hinaus. Im Urteil legt die Strafkammer ausführlich dar, weshalb die im Beweisantrag behauptete stille Rückabtretung der Forderungen von der Bank für Sozialwirtschaft an die GGK unerheblich gewesen sei (UA S. 336 bis 339): Mit den Darlehensschuldnern war in den Schuldscheinen eine Abtretungsbeschränkung des Inhalts vereinbart, daû die Abtretung nur dreimal zulässig sei (UA S. 336 ff.). Die stille Rückabtretung der Darlehen "Baden-Württemberg" und "Hessen" von der Bank für Sozialwirtschaft an die GGK sei aber die vierte in der Historie der Darlehen und mithin gemäû § 399 BGB nicht wirksam gewesen. Das ist im Ergebnis nach der Darstellung des Landgerichts auch hinsichtlich des Darlehens "Hessen" deshalb richtig, weil zwar die Rückabtretung dieses Darlehens von der Bank für Sozialwirtschaft an die GGK nur die dritte in der Geschichte dieses Darlehens war, diese aber nun einer weiteren, zunächst durch die GGK als Nichtberechtigter vorgenommenen Abtretung als vierter Abtretung in der Kette (GGK an RGO) hätte zur Wirksamkeit verhelfen sollen (§ 185 Abs. 2 Satz 1 BGB). bb) Die Rüge bleibt im Ergebnis ohne Erfolg. Das Landgericht hat die eigentliche Beweisbehauptung im Urteil als erwiesen (hinsichtlich des Schuldscheindarlehens "Baden-Württemberg") bzw. als wahr (hinsichtlich des Schuldscheindarlehens "Hessen") behandelt (UA S. 337 bis 339; vgl. dazu Alsberg/Nüse, Beweisantrag, 5. Aufl. S. 593 Fuûn. 118 m.w.Nachw., S. 594, 908 f.). Es hat die Kette der Abtretungen für die beiden Darlehen im einzelnen dargestellt. Für das Darlehen "Baden-Württemberg" hat es ausgeführt, daû es "Anfang Mai 1995" zu einer stillen Rückabtretung der Bank für Sozialwirtschaft an die GGK kam (UA S. 337). Für das Darlehen "Hessen" vermochte es sol-
ches nicht auszuschlieûen (UA S. 338 f.). Das Landgericht geht also in tatsächlicher Hinsicht von dem behaupteten Abtretungsvorgang aus, versagt ihm aber in rechtlicher Hinsicht die von der Verteidigung gewünschten Folgen hinsichtlich der Wirksamkeit der Folgeabtretungen. Damit ist die Beweistatsache dem Urteil zugrundegelegt, nicht aber die zivilrechtliche Wirkung, die diese nach Auffassung der Verteidigung auch ausweislich der Begründung des Beweisantrages haben sollte. In dieser Begründung hatten die Beweisantragsteller ausgeführt, mit dem behaupteten Abtretungsvorgang sei die GGK nachträglich verfügungsberechtigt geworden und die Darlehensforderungen deshalb der RGO zugefallen. Insoweit handelt es sich allerdings lediglich um eine Rechtsbehauptung , nicht um eine der Beweiserhebung zugängliche Tatsachenbehauptung. Nach allem kann allein noch in Betracht kommen, daû die Unterrichtungswirkung eines näher begründeten Ablehnungsbeschlusses der Verteidigung die Möglichkeit einer Argumentation gegen die Würdigung des Landgerichts hätte eröffnen können, die entscheidenden Abtretungen seien wegen der vereinbarten Abtretungsbeschränkung unwirksam. cc) Der Senat schlieût allerdings bei der gegebenen Sach- und Rechtslage aus, daû hierdurch irgendetwas zugunsten der Angeklagten hätte bewirkt werden können. Alle vorstellbaren und nicht nur abseitigen Gegenargumente sind ersichtlich ohne weiteres auszuräumen: Die - vom Landgericht nicht erwähnte - Regelung in § 354a HGB sieht zwar vor, daû eine Abtretung trotz vereinbarten Abtretungsverbots wirksam ist, wenn der Schuldner eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Die Vorschrift ist aber erst am 30. Juli 1994 in Kraft getreten. Nach der Rechtsprechung des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat an-
schlieût, gilt sie nicht für Abtretungsverbote, die vor dem Inkrafttreten der Bestimmung vereinbart worden sind, wenn die abgetretene Forderung vor diesem Zeitpunkt entstanden ist. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, § 354a HGB unter den genannten Voraussetzungen keine Rückwirkung zukommen zu lassen (siehe näher BGH, X. Zivilsenat, NJW 2001, 1724). Die hier in Rede stehenden Schuldscheindarlehensforderungen waren ausweislich der Urteilsgründe vor dem maûgeblichen Inkrafttretenszeitpunkt entstanden; die Abtretungsbeschränkungen waren zuvor vereinbart worden. Der Senat kann bei der im Urteil wiedergegebenen Formulierung der Abtretungsbeschränkung, die in den Schuldscheinen selbst enthalten war, auch ausschlieûen, daû den Abtretungsbeschränkungen lediglich verpflichtende und keine unmittelbar rechtsgestaltende (dingliche) Wirkung zukommen sollte. Vielmehr liegt angesichts der getroffenen Feststellungen auf der Hand, daû die Abtretungsbeschränkungen den Darlehensforderungen wesensmäûig zugeordnet sein sollten; die Forderungen sollten schon begründet werden mit der Eigenschaft nur eingeschränkter Abtretbarkeit (siehe dazu auch Palandt /Heinrichs BGB 61. Aufl. § 399 Rdn. 8; Staudinger/Busche <1999> BGB § 399 Rdn. 51 ff.; siehe weiter BGHZ 112, 387, 389). Schlieûlich kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, die Rückabtretung der Schuldscheindarlehensforderungen von der Bank für Sozialwirtschaft an die GGK zähle für die Zahl der Abtretungen im Sinne der vereinbarten Abtretungsbeschränkung nicht mit, weil sie die Zahl der bisherigen Gläubiger nicht mehre; denn die GGK sei zuvor schon einmal Forderungsinhaberin gewesen, wie die Revisionen der Angeklagten W. und S. meinen. Der Wortlaut der Abtretungsbeschränkung knüpft an die Anzahl der Abtretungsvorgänge an ("die Abtretung ... ist dreimal zulässig"; vgl. UA S. 336, 338).
Dieses Verständnis entspricht ersichtlich auch dem Sinn und dem Zweck der Abrede, wie ihn das Landgericht ausdrücklich hervorgehoben hat (UA S. 337): Es gilt, den Schutz des Darlehensschuldners vor häufigen Gläubigerwechseln und dem damit verbundenen Aufwand zu gewährleisten. Deshalb liegt auch kein Fall vor, in dem bei einer für das Abtretungsverbot "fehlenden Interessenlage" dessen Wirkungen entfallen könnten (vgl. dazu MünchKomm-Roth BGB 4. Aufl. § 399 Rdn. 47). Nichts anderes ergibt sich daraus, daû eine sog. stille Abtretung in der Kette der Forderungsübertragungen mitgezählt worden ist. Auch sie ist eine Abtretung. Die ausbedungene Beschränkung auf drei Abtretungsvorgänge differenziert nicht näher danach, wie diese konkret ausgestaltet sind. Auch das hat einen Sinn: Eine häufigere, über die Beschränkung hinausgehende Abtretung würde um deren Wirksamkeit willen auf diese Weise eine ausdrückliche Vereinbarung mit dem Darlehensschuldner erfordern, der damit verhindern kann, daû seine Darlehensverbindlichkeit durch eine Vielzahl stiller Abtretungen gleichsam vagabundiert, ohne daû ihm dies bekannt sein müûte. Ebensowenig kann ernstlich in Betracht gezogen werden, die die Abtretungsbeschränkung miûachtenden und deshalb unwirksamen Abtretungen der Schuldscheindarlehensforderungen "Baden-Württemberg" und "Hessen" von der GGK an die RGO seien durch sog. Saldenbestätigungsschreiben der Landesschuldenverwaltungen der Länder Baden-Württemberg und Hessen genehmigt worden; darin sei gar eine Abrede über die Aufhebung der Abtretungsbeschränkung zu sehen. Das hat das Landgericht zu Recht in bündiger Kürze verneint (UA S. 337, 339; siehe auch UA S. 28). Die von der Revision im Rahmen der Verfahrensrüge in Ablichtung vorgelegten Schreiben lassen es als von vornherein ausgeschlossen erscheinen, in der Abzeichnung des Schuldsaldos gegenüber der GGK, weil diese ªeine Sonderprüfung durch beauftragte Wirtschaftsprüfer bei einer neuen Hausbank zu bedienenº hatte, mit dem Ver-
merk "Kenntnis genommen und i.O." durch die Landesschuldenverwaltungen eine Genehmigung der Abtretung an die RGO oder eine vertragliche Aufhebung der Abtretungsbeschränkung zu sehen. Daran ändert auch nichts, daû die Schreiben den Hinweis enthalten: "Refinanziert über Raiffeisenbank G -O. eG" (es folgen Daten). In den Schreiben ist nicht mitgeteilt, wie die Refinanzierung konkret ausgestaltet war. Die GGK wird hingegen ausdrücklich als Gläubigerin der Darlehensforderung genannt. Es ist nicht erkennbar , daû eine Abtretung an die RGO und deren Genehmigung in Rede stehen solle. Nach allem kommen gegenüber der Annahme des Landgerichts, die Abtretung der Schuldscheindarlehensforderungen "Baden-Württemberg" und "Hessen" von der GGK an die RGO habe aus Rechtsgründen auch nicht infolge einer stillen Rückabtretung dieser Darlehen von der Bank für Sozialwirtschaft an die GGK Wirksamkeit erlangen können, keinerlei aussichtsreiche sachlich-rechtliche Verteidigungsmöglichkeiten in Betracht. Deshalb beruht der vom Landgericht angenommene Schuldumfang im ersten Falle nicht auf der rechtsfehlerhaften Ablehnung des Beweisantrages. Im übrigen würde selbst dann, wenn man dies anders sehen wollte, auch insoweit vergleichbares gelten wie hinsichtlich des Schuldscheindarlehens "Göttingen". Auch hier gingen die Angeklagten W. und S. dem Zusammenhang der Urteilsgründe zufolge jedenfalls im Sinne bedingten Vorsatzes davon aus, diese Darlehensforderungen seien zum Zeitpunkt der Übertragung auf die F. AG nicht werthaltig gewesen (UA S. 44 bis 47).
b) Die weiteren den ersten Fall betreffenden Verfahrensrügen der Revisionen der Angeklagten W. und S. bleiben aus den in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts angeführten Gründen ohne Erfolg
(§ 349 Abs. 2 StPO). Soweit durch diese Verfahrensrügen im Ergebnis der vom Landgericht angenommene Betrugsvorsatz der Angeklagten W. und S. in Frage gestellt werden soll, bemerkt der Senat ergänzend, daû die Tat erst im August 1995 zwischen W. und S. sowie den Verantwortlichen der GGK abgesprochen und die in Rede stehenden Schuldscheindarlehensforderungen erst Ende August 1995 an die F. AG abgetreten wurden. Es lag deshalb auf der Hand, daû die Motive und Vorstellungen des Prüfers des Genossenschaftsverbandes, He. , im Mai 1995 in tatsächlicher Hinsicht unerheblich waren. Das gilt gleichermaûen, soweit das Landgericht es als erwiesen erachtet hat, der Prüfer habe dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates der RGO im Mai 1995 mitgeteilt, hinsichtlich der Schuldscheindarlehen bestehe kein aktueller Handlungsbedarf. Das Landgericht muûte diesen Umstand nicht in seine ausdrückliche Würdigung zur subjektiven Tatseite einbeziehen, wie die Revision des Angeklagten S. meint. Tragend ist die im Rahmen kollusiven Zusammenwirkens mit den Verantwortlichen der GGK im August 1995 getroffene Absprache, vorrangig nicht werthaltige Schuldscheindarlehen an gutgläubige Abnehmer weiter zu verkaufen (UA S. 45/46). Aus denselben Gründen konnte es nicht darauf ankommen, ob die RGO wegen völlig unverfänglicher Umstände keine Originalschuldscheine vorzuweisen vermochte (Beweisantrag auf Vernehmung der Zeugin Fe. ). Im übrigen ändert das nichts daran, daû die Prüfung durch die "C & L Deutsche Revision AG" im Auftrag des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen jedenfalls die Dokumentationslage beanstandet und die Nachweisketten für die Abtretungen in Frage gestellt hatte, und daû der Angeklagte Dr. K. in einer Besprechung am 21. Juli 1995 den Verantwortlichen der GGK, Ge. , be-
reits des Betruges beschuldigt hatte, ehe es zu der hier entscheidenden kollusiven Absprache kam. 3. Die Verurteilung der Angeklagten W. und S. im ersten Falle wegen Betruges begegnet auch keinen durchgreifenden sachlichrechtlichen Einwänden. Hinsichtlich der rechtlichen Wirkungen der für die Schuldscheindarlehen "Baden-Württemberg" und "Hessen" mit den Darlehensschuldnern vereinbarten Abtretungsbeschränkungen gilt das oben zur Verfahrensrüge Ausgeführte (Ziffer 2 a). Soweit die Revision des Angeklagten S. weitergehende Feststellungen zu den zivilrechtlichen Grundlagen der Schuldscheindarlehens -Geschäfte vermiût, zeigt sie keinen den Schuldspruch gefährdenden Rechtsfehler auf. Die getroffenen Feststellungen sind tragfähig; sie belegen die Erfüllung des Tatbestandes des Betruges zum Nachteil der F. AG hinreichend, namentlich den eingetretenen Schaden sowie die mittäterschaftliche Beteiligung der Angeklagten W. und S. . Das gilt eingedenk dessen, daû die Strafkammer von einer unsicheren und ungeklärten Rücknahmeverpflichtung der GGK hinsichtlich der Schuldscheindarlehensforderungen ausgeht (UA S. 320; vgl. auch UA S. 279). Eine solche Rücknahmeverpflichtung würde – wie im übrigen auch eine etwaige Schadensersatzpflicht – nichts daran ändern, daû den F. AG nicht werthaltige Forderungen gegen Zahlung von 156 Mio. DM übertragen worden sind (vgl. Tiedemann in LK 11. Aufl. § 263 Rdn. 161 f.). 4. Die zur neuen Entscheidung berufene Strafkammer mag bedenken, ob sich hinsichtlich des Darlehens ªGöttingenº eine Verfahrensweise nach § 154a StPO anbietet.

II.

Zum zweiten Fall (Untreue der Angeklagten W. undS. zum Nachteil der Raiffeisenbank G. -O. eG): Die Verurteilung der Angeklagten W. und S. wegen Untreue zum Nachteil ihrer Raiffeisenbank hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Urteilsgründe lassen in ihrem Zusammenhang die Voraussetzungen der Untreue noch hinreichend erkennen. Die Feststellungen hierzu sind zwar unübersichtlich und schwer verständlich, tragen den Schuldspruch aber im Gesamtzusammenhang noch. Soweit die Revision des Angeklagten S. meint, es fehle an einem Vermögensnachteil der RGO, weil das Darlehen "Berlin" an die L-Bank als Refinanziererin abgetreten gewesen sei, geht sie daran vorbei, daû mit dieser in Verfolgung der kollusiven Absprache zwischen den Angeklagten W. und S. sowie den Verantwortlichen der GGK ein Sicherheitentausch vereinbart war (UA S. 47 f.), der im Ergebnis auch vollzogen wurde (UA S. 48). Die ªAusbuchungº und ªAbrechnungº (siehe UA S. 369) des werthaltigen Schuldscheindarlehens "Berlin" bei der RGO führte auf Grund der getroffenen Absprache dazu, daû der Erlös aus der Weiterabtretung dieser Darlehensforderung durch die GGK an die BEWAG ohne Gegenleistung und ohne Rechtsgrund der GGK zugute kam und von dieser zur Ablösung einer Wertpapiertreuhandanleihe eingesetzt wurde (UA S. 48). Die für diese Tat gegen die Angeklagten W. und S. verhängten Einzelstrafen haben allerdings keinen Bestand. Der Senat kann nicht ausschlieûen, daû diese durch die Bemessung der anderen Einzelstrafen, die der Aufhebung unterliegen (siehe oben I., unten IV.), mit beeinfluût sein können.

III.

Zum dritten Fall (versuchter Betrug des Angeklagten Prof. Dr. B. ): Die sachlich-rechtliche Nachprüfung führt zur Aufhebung des Urteils und zum Freispruch des insoweit wegen versuchten Betruges zum Nachteil der OP. GmbH verurteilten Angeklagten Prof. Dr. B. . 1. Dieser Tat liegen folgende Feststellungen zu Grunde: Der Angeklagte schloû mit der OP. GmbH hinsichtlich eines Grundstückes in Berlin eine Provisionsvereinbarung. Für die Vermittlung eines Käufers sollte er über 15 Mio. DM erhalten. Ein Teilbetrag von rund drei Mio. DM sollte bereits mit bankmäûiger Absicherung des Grundstückskaufpreises fällig sein, die Restprovision später. Der Angeklagte stellte den Kontakt zu dem Unternehmen E. aus Luxemburg her, von dem er wuûte, daû es sich um ein "vermögensloses Gebilde" handelte. Nach Abschluû des notariellen Kaufvertrages konnte die Käuferin nicht einmal die vereinbarte Bankbürgschaft zur Absicherung eines für den Fall der Vertragsauflösung ausbedungenen pauschalierten Aufwendungsersatzanspruchs beibringen. Am 19. Dezember 1994 teilte der Angeklagte der Verkäuferin jedoch per Telefax mit, daû die Käuferin uneingeschränkt bereit und in der Lage sei, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Zehn Tage später schloû der nunmehr auch als Vertreter der Käuferin auftretende Angeklagte mit der Verkäuferin eine notarielle Nachtragsvereinbarung. Er handelte dabei in der Absicht, der Käuferin das Grundstück und sich die Provision zu verschaffen. Inhalt der Zusatzvereinbarung war, daû die Käuferin den Kaufpreis nun erst in knapp drei Monaten bezahlen und bereits binnen einer Woche zur Absicherung der Verkäuferin Schuldscheine in Höhe von 215 Mio. DM in ein Depot der Verkäuferin überstellen sollte. Die Übertragung
des Grundstückseigentums und von Geschäftsanteilen an der betreffenden Projektentwicklungsgesellschaft stand dabei unter der auflösenden Bedingung, daû die Schuldscheinsicherheiten erbracht werden. Für den Fall der Vertragsauflösung war ein pauschalierter Aufwendungsersatzanspruch der Verkäuferin in Höhe von 2,5 Mio. DM vereinbart. Die Vertreter der Verkäuferin gingen aufgrund der wahrheitswidrigen Angaben des Angeklagten davon aus, daû ihre Vertragspartnerin zumindest den Aufwendungsersatzanspruch werde zahlen können. Die Käuferin konnte aber - wie vom Angeklagten vorhergesehen - ihre Verpflichtungen wiederum nicht erfüllen. Die Verkäuferin blieb daher Eigentümerin des Grundstücks, muûte aber 300.000 DM Anwalts- und Notarkosten zahlen. 2. Das Landgericht hat das als versuchten Betrug des Angeklagten gewertet. Durch das erwähnte Telefax habe der Angeklagte die Verkäuferin über die Leistungsfähigkeit der Käuferin getäuscht. Ein der angestrebten Provision oder dem fremdnützig angestrebten Grundstückseigentum entsprechender stoffgleicher Schaden sei nicht eingetreten; daher sei lediglich von einem untauglichen Versuch auszugehen. Der durch das Herbeiführen der Kaufpreisstundung ebenfalls erfüllte Kreditbetrug sei gegenüber dem versuchten Betrug subsidiär. 3. Diese Würdigung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Eine Bestrafung wegen versuchten Betruges zum Nachteil der Grundstücksverkäuferin scheitert am Fehlen der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen. aa) Soweit der Angeklagte eine Provision erstrebte, die erst nach Beibringung der vereinbarten Sicherheiten zu erwarten war, fehlt es am Vorsatz
hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des angestrebten Vermögensvorteils; denn für den Fall des Erbringens der Sicherheiten hätte er einen vertraglichen Anspruch auf die Provision gehabt (vgl. Hohmann/Sander, Strafrecht BT I, 2. Aufl. § 11 Rdn. 168). Insoweit liegt auch kein untauglicher Versuch vor, der bei irrtümlicher Annahme der Rechtswidrigkeit des erstrebten Vermögensvorteils an sich möglich ist (BGHSt 42, 268, 272 f.). Der Angeklagte kannte hier aber die Vertragsbestimmungen. Es liegt daher fern, daû er insoweit etwas anderes als das vertraglich Vereinbarte erreichen wollte. bb) Für einen versuchten fremdnützigen Betrug zum Nachteil der Verkäuferin im Hinblick auf den Erhalt des Kaufgegenstandes durch die Käuferin fehlt es an einem Schädigungsvorsatz. Der Angeklagte wuûte, daû die Verkäuferin aufgrund der in den Verträgen vereinbarten Absicherungen den Kaufgegenstand vor Kaufpreiszahlung nicht verlieren konnte, nicht einmal in Form einer konkreten schadensgleichen Vermögensgefährdung. cc) Daû bereits die vertraglichen Vereinbarungen trotz ihrer wirtschaftlichen Undurchführbarkeit einen Wert hatten und die Bereicherungsabsicht des Angeklagten sich hierauf bezog, ist weder festgestellt noch sonst wahrscheinlich. dd) Hinsichtlich der von der Verkäuferin nutzlos aufgewendeten Rechtsanwalts - und Notargebühren ist das Verhalten des Angeklagten nicht wegen vollendeten Betruges strafbar, weil es an der Stoffgleichheit zwischen dem erstrebten Vermögensvorteil und dem Schaden des Opfers fehlt. Mangels irriger Annahme dieses Tatbestandsmerkmals (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 263 Rdn. 45) scheidet insoweit auch ein untauglicher Versuch aus.

b) Ebensowenig ist der Tatbestand des Kreditbetruges (§ 265b Abs. 1 Nr. 1 b StGB) erfüllt. Zwar hat der Angeklagte durch die unrichtigen Angaben zur Bonität den Abschluû des Änderungsvertrages herbeigeführt, der hinsichtlich des Kaufpreises einen späteren Fälligkeitszeitpunkt vorsah. Die Stundung einer Geldforderung kann als Kreditvergabe zu werten sein (Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 265b Rdn. 12). Fraglich ist aber bereits, ob die hier vor Erbringung der Gegenleistung vorgenommene Vertragsänderung eine solche Kreditgewährung darstellt. Jedenfalls waren die allein entscheidenden schriftlichen Angaben des Angeklagten in dem genannten Telefax nicht "für die Entscheidung über einen solchen Antrag erheblich" i.S.d. § 265b Abs. 1 StGB. Für die Erheblichkeit kommt es auf die Sicht eines "verständigen, durchschnittlich vorsichtigen Dritten" an (BGHSt 30, 285, 292). Der Angeklagte hatte lediglich mitgeteilt, "daû die Käuferin uneingeschränkt bereit sei, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen; sie sei dazu auch in der Lage". Diese allgemeine Anpreisung kann nicht als erhebliche Angabe angesehen werden, zumal die mangelnde Leistungsfähigkeit der Käuferin bereits offenbar geworden war und die Anpreisung von einer Person stammte, die eine Provision verdienen wollte und die als Vertreter der Käuferin auftrat.
c) Der Senat sieht hinsichtlich des dritten Falles von einer Zurückverweisung der Sache ab und entscheidet insoweit gemäû § 354 Abs. 1 StPO selbst auf Freispruch, weil angesichts der vorliegenden vertraglichen Vereinbarungen weitere Feststellungen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind.

IV.

Zum vierten Fall (versuchter Betrug durch alle Angeklagten wegen Abgabe einer sog. Blockiererklärung): Im vierten Fall ist die Verurteilung der vier Angeklagten wegen versuchten Betruges auf die Sachrügen hin aufzuheben. Auf die Verfahrensrügen, die diesen Komplex betreffen, kommt es deshalb nicht an. 1. Der Verurteilung liegen folgende Feststellungen zu Grunde: Die Angeklagten wollten zu Gunsten des "BIE-Consortiums" einen "darlehensweisen Geldfluû" in Höhe von mindestens 50 Mio. US-Dollar "durch nicht genau feststellbare Geldgeber - wohl ein Bankenkonsortium" erreichen. Als Sicherheit für die Darlehensgeberin sollte eine dazu angefertigte sog. Blockiererklärung dienen. Dabei handelte es sich um die Versicherung der RGO, daû dort eine Vielzahl von im einzelnen aufgeführten Schuldscheinen öffentlich-rechtlicher Körperschaften (über mehr als drei Milliarden DM) sicher verwahrt würden und diese Vermögenswerte "gut, einwandfrei und unbelastet" und zu Gunsten des BIE-Consortiums gesperrt seien. Diese Erklärung war - wie die Angeklagten wuûten - inhaltlich falsch. Insbesondere waren die blockierten Forderungen keineswegs unbelastet und zudem war der genannte Kurswert weit überhöht. Nach den Plänen der Angeklagten sollte die Blockiererklärung mit Hilfe einer Münchener Bank mittels des bankinternen SWIFT-Systems an die Bank of Lisbon - Filiale Johannesburg/Südafrika - übermittelt werden und nach Überprüfung des Textes, Einschaltung der Dresdner Bank (die die Korrespondenzbank der Lisbon-Bank ist) und Hinterlegung des Originals bei der Dresdner Bank den darlehensweisen Geldfluû auslösen. Zur Auszahlung eines Kredites kam es allerdings nicht. Die um Weiterleitung der Blockiererklärung gebetenen
Banken verweigerten ihre Mitwirkung; die damalige Bayerische Hypothekenund Wechselbank erstattete Anzeige nach dem Geldwäschegesetz. 2. Das Verhalten der Angeklagten hat das Landgericht als mittäterschaftlich begangenen versuchten Betrug zum Nachteil der nicht genau feststehenden Kreditgeberin gewertet. Mit der Übergabe der Blockiererklärung an die Bank in München und der gleichzeitigen Bitte um SWIFT-Übermittlung dieser Urkunde hätten die Angeklagten zur beabsichtigten Täuschung unmittelbar angesetzt; die Angelegenheit sei damit von ihnen "aus der Hand gegeben" worden. 3. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen versuchten Betruges nicht, weil ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung nicht dargetan ist (§ 22 StGB). Für den Eintritt in das Versuchsstadium kommt es darauf an, wie weit derjenige, der den Entschluû zur Begehung der Straftat gefaût hat, mit der Ausführung des Entschlusses gekommen ist. Dazu muû das, was er zur Verwirklichung seines Vorhabens getan hat, zu dem in Betracht kommenden Straftatbestand in Beziehung gesetzt werden. Danach ist zunächst zu beurteilen , ob der Täter bereits Merkmale des Straftatbestandes erfüllt oder lediglich Handlungen vorgenommen hat, die noch auûerhalb des Straftatbestands liegen. Im ersten Fall ist die Grenze zum Versuch in der Regel bereits überschritten ; im zweiten Fall bedarf es weiterer Prüfung (BGHSt 37, 294 = JR 1992, 121 mit Anm. Kienapfel; BGH NStZ 1997, 31; BGH StV 2001, 272, 273). Merkmale des Tatbestandes hatten die Angeklagten noch nicht erfüllt. In Betracht zu ziehen ist eine Täuschungshandlung. Tatbestandsmäûig im Sinne
des § 263 StGB täuscht der Täter aber erst dann, wenn er denjenigen Irrtum hervorruft, der den Getäuschten zu der schädigenden Vermögensverfügung bestimmen und damit für den Eintritt des Schadens ursächlich werden soll (BGHSt 37, 294, 296). Die unrichtige Blockiererklärung hat den Darlehensgeber hier nicht erreicht. Allein durch die Einreichung dieser Erklärung bei der Bank in München haben die Angeklagten dem Darlehensgeber (den Mitarbeitern des nicht genau feststellbaren ausländischen Geldgebers, der die Darlehenssumme auszahlen sollte) noch nicht das Vorhandensein einer Sicherheit vorgespiegelt. Dazu wäre - objektiv und auch nach der Vorstellung der Angeklagten - jedenfalls zunächst noch die Weiterleitung der Blockiererklärung an die Bank of Lisbon und möglicherweise von dort an den Darlehensgeber erforderlich gewesen. Das Versuchsstadium kann allerdings auch schon erreicht sein, bevor der Täter einzelne Tatbestandsmerkmale verwirklicht. Es müûte dann bereits eine Handlung der Angeklagten vorliegen, die nach dem Tatplan im ungestörten Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen soll. Das ist der Fall, wenn die Täter subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht es los" überschritten und objektiv zur tatbestandsmäûigen Angriffshandlung angesetzt haben, so daû ihr Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung übergeht (BGHSt 37, 294, 297). Den Urteilsfeststellungen ist nicht zu entnehmen, wer genau der Darlehensgeber sein sollte, wie der Darlehensvertrag im einzelnen gestaltet war, ob er überhaupt bereits abgeschlossen war oder ob wenigstens ein konkretes Vertragsangebot vorlag; damit bleiben auch die genauen Voraussetzungen des "darlehensweisen Geldflusses" im unklaren. Nach den Plänen der Angeklagten waren vor Auszahlung der Darlehensvaluta ausweislich der Urteilsgründe (UA
S. 77) zumindest noch folgende Zwischenschritte erforderlich: Die Blockiererklärung muûte mittels des bankinternen SWIFT-Systems an die Bank of Lisbon übermittelt werden; es sollte noch eine Überprüfung des Textes stattfinden; falls - was die Strafkammer offen läût - die Bank of Lisbon nicht die Darlehensgeberin sein sollte, so muûte die Blockiererklärung auch noch an jene weitergeleitet werden, und zudem war die Original-Blockiererklärung noch bei der Dresdner Bank zu hinterlegen. Schon der Umstand, daû die Bewerkstelligung einer SWIFTÜbermittlung den Angeklagten erhebliche Schwierigkeiten bereitete (die RGO war am SWIFT-System nicht beteiligt; zwei angesprochene Banken verweigerten die Mitwirkung), muûte Zweifel aufkommen lassen, ob der bereits geleistete Tatbeitrag nach der Vorstellung der Angeklagten "unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen" sollte und ob damit subjektiv bereits die Schwelle zum "jetzt geht es los" überschritten war. Erforderlich war überdies der letztgenannte Zwischenschritt, die Hinterlegung der Original-Blockiererklärung, die von den Angeklagten noch zu bewerkstelligen war. Dieser Schritt stellt sich als "besonderer, selbständiger, nach zeitlichen, örtlichen und sonstigen Umständen deutlich ... zu unterscheidender Akt" (vgl. BGHSt 37, 294, 298) dar, u.a. weil SWIFT-Übermittlung und Hinterlegung der Originalurkunde bei unterschiedlichen Banken erfolgen sollten. Aus diesem Grunde hatten die Angeklagten das Geschehen noch nicht ganz aus ihrem Herrschaftsbereich entlassen ("aus der Hand gegeben"); das anzugreifende Rechtsgut, das Vermögen des Darlehensgebers, war noch nicht konkret und unmittelbar gefährdet. Die Angeklagten hatten demnach bereits Vorbereitungshandlungen vorgenommen (u.a. die Anfertigung der inhaltlich falschen Blockiererklärung), die darauf abzielten, unrichtige Vorstellungen beim Darlehensgeber zu erwecken.
Die Schwelle zum Versuch war aber aus den vorgenannten Gründen noch nicht überschritten. Soweit die Strafkammer darauf verweist, daû der Senat die rechtliche Würdigung als Versuch in dem gesondert geführten Strafverfahren gegen den auch insoweit beteiligten Verantwortlichen der GGK, Ge. , als rechtlich unbedenklich erachtet habe (1 StR 13/99), bemerkt der Senat, daû dort ein in erheblichen Punkten abweichender Sachverhalt festgestellt war: Die Auszahlung eines bezifferten Darlehensbetrages sollte dort allein durch die Übermittlung der Blockiererklärung im SWIFT-Verkehr an die Bank of Lisbon als Kreditgeberin ausgelöst werden (Urteil des Landgerichts vom 7. August 1998, S. 67, 304).
b) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen scheidet auch ein versuchter Kreditbetrug aus. Die Tathandlung des § 265b StGB muû nämlich im Zusammenhang mit einem Kreditantrag begangen werden (vgl. OLG Frankfurt/M. StV 1990, 213). Hinsichtlich der geplanten oder bereits getroffenen Vereinbarungen mit der unbekannten Kreditgeberin fehlt es an Feststellungen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob lediglich inländische Kreditgeber oder nur solche mit einem Sitz innerhalb der Europäischen Union unter den Schutzbereich dieser Vorschrift fallen (vgl. Tiedemann in LK 11. Aufl. § 265b Rdn. 117 ff.).
c) Eine täterschaftlich bzw. als Teilnehmer begangene Untreue zum Nachteil der Raiffeisenbank durch Abgabe der mit enormen Haftungsrisiken für die Bank verbundenen Blockiererklärung ist nicht gegeben, weil insoweit keine Vollendung eingetreten und der Versuch der Untreue nicht strafbar ist.
d) Die Sache bedarf somit im vierten Fall ("Blockiererklärung") - soweit nicht bei den Angeklagten W. und S. nach § 154 StPO verfahren werden sollte - hinsichtlich aller Angeklagten neuer Verhandlung und Entschei-
dung. Der Senat kann insoweit nicht selbst in der Sache entscheiden (§ 354 Abs. 1 StPO), weil in einer erneuten Hauptverhandlung möglicherweise weitere Tatsachen festgestellt werden können, die eine Verurteilung wegen versuchten Betruges zu tragen vermögen. So stehen bisher nicht gehörte Zeugen zur Verfügung (ausweislich u.a. UA S. 418 f. etwa Sh. vom "BIEConsortium" oder Vertreter der "Bank of Lisbon"), die möglicherweise Auskünfte hinsichtlich der konkreten vertraglichen Vereinbarungen sowie der geplanten Geschäftsabwicklung im Zusammenhang mit der unrichtigen Blockiererklärung erteilen können.

V.

Die angefochtene Entscheidung gibt dem Senat Anlaû zu folgendem Hinweis: Die Urteilsgründe müssen die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben , in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO). Darüber hinaus soll in den Feststellungen das enthalten sein, was zum Verständnis und zur Beurteilung der Tat notwendig ist. Es ist nicht erforderlich, die der Feststellung der Straftaten vorausgehenden Geschehnisse in allen ihren Einzelheiten zu schildern. Die schriftlichen Urteilsgründe dienen auch nicht dazu, den Inhalt der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise zu dokumentieren. Sie sollen das Ergebnis der Hauptverhandlung wiedergeben und die rechtliche Nachprüfung der getroffenen Entscheidung ermöglichen. Die Beweiswürdigung hat sich mit der Einlassung der Angeklagten auseinanderzusetzen, soweit diese von den für Schuld- und Rechtsfolgenausspruch wesentlichen Feststellungen abweicht. Mit der Beweiswürdigung soll der Tatrichter lediglich belegen, warum er bestimmte, bedeutsame tatsächliche Umstände so festgestellt hat. Hierzu wird er Zeugenaussagen, Urkunden
u.ä. heranziehen, soweit deren Inhalt für die Überzeugungsbildung wesentlich ist. Deshalb ist es regelmäûig verfehlt, nach den tatsächlichen Feststellungen die Aussagen sämtlicher Zeugen der Reihe nach und in ihren Einzelheiten mitzuteilen oder zahlreiche umfangreiche Urkunden in das Urteil hineinzukopieren (vgl. BGH NStZ 1998, 51). So etwas steht nicht nur der Verständlichkeit des Urteils entgegen; es birgt auch die Gefahr, daû beim Abfassen des Urteils die unbedingt erforderliche Feststellung derjenigen Umstände aus dem Blick gerät, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören. Zudem zeigt sich hier, daû das 510seitige Urteil, dem keine Inhaltsübersicht beigefügt ist, mit umfangreichen, als "Überleitung" bezeichneten Passagen befrachtet ist, die in diesem Umfang - ebenso wie die zahlreichen hineinkopierten Urkunden - weder für das Verständnis noch aus anderen Gründen abgedruckt werden muûten. Schäfer Nack Wahl Schluckebier Kolz

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.