Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Aug. 2016 - 5 StR 309/16

bei uns veröffentlicht am16.08.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 309/16
vom
16. August 2016
in dem Sicherungsverfahren
gegen
ECLI:DE:BGH:2016:160816B5STR309.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. August 2016 beschlossen :
Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 18. März 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben; die Einziehungsentscheidung entfällt.
Die weitergehende Revision des Beschuldigten wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Der Beschuldigte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und ein Messer eingezogen. Hiergegen richtet sich die auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Beschuldigten. Das Rechtsmittel erzielt lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die getroffene Einziehungsentscheidung hat keinen Bestand. Die selbstständige Einziehung eines Gegenstandes gemäß § 76a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB i.V.m. § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 StGB ist nicht im Sicherungsverfahren nach § 413 StPO, sondern nur im selbständigen Einziehungsverfahren gemäß § 440 Abs. 1 StPO möglich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. November 2003 – 3 StR 405/03 und vom 16. März 2016 – 4 StR 39/16, StraFo 2016, 256 mwN). Da der nach § 440 Abs. 1 StPO erforderliche gesonderte Antrag nicht gestellt worden ist, fehlt es für eine Einziehung an einer Verfahrensvoraussetzung.
3
Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Beschuldigten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sander Dölp König
Berger Bellay

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. Ist sie zugelassen, so kann das Gericht die Einziehung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 selbständig anordnen. Die Einziehung wird nicht angeordnet, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen oder bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist.

(2) Unter den Voraussetzungen der §§ 73, 73b und 73c ist die selbständige Anordnung der Einziehung des Tatertrages und die selbständige Einziehung des Wertes des Tatertrages auch dann zulässig, wenn die Verfolgung der Straftat verjährt ist. Unter den Voraussetzungen der §§ 74b und 74d gilt das Gleiche für die selbständige Anordnung der Sicherungseinziehung, der Einziehung von Verkörperungen eines Inhalts und der Unbrauchbarmachung.

(3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt.

(4) Ein wegen des Verdachts einer in Satz 3 genannten Straftat sichergestellter Gegenstand sowie daraus gezogene Nutzungen sollen auch dann selbständig eingezogen werden, wenn der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt und der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der ihr zugrundeliegenden Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann. Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über; § 75 Absatz 3 gilt entsprechend. Straftaten im Sinne des Satzes 1 sind

1.
aus diesem Gesetz:
a)
Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4,
b)
Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
c)
Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
d)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 2,
e)
gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a,
f)
Geldwäsche nach § 261 Absatz 1 und 2,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2,
3.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
4.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18,
6.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
7.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3,
8.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

Führt die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit oder Verhandlungsunfähigkeit des Täters nicht durch, so kann sie den Antrag stellen, Maßregeln der Besserung und Sicherung sowie als Nebenfolge die Einziehung selbständig anzuordnen, wenn dies gesetzlich zulässig ist und die Anordnung nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu erwarten ist (Sicherungsverfahren).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 405/03
vom
25. November 2003
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. November 2003 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 18. August 2003 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat gegen den Beschuldigten im Sicherungsverfahren die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sowie die Einziehung verschiedener Gegenstände angeordnet. Die Revision des Beschuldigten, die in allgemeiner Form die Verletzung materiellen Rechts beanstandet, hat Erfolg. 1. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) stellt eine Maßnahme dar, die schwerwiegend und gegebenenfalls langfristig in das Leben des Beschuldigten eingreift. Sie bedarf daher sorgfältiger Begründung , nicht nur, um dem Revisionsgericht die Überprüfung der Entscheidung zu ermöglichen, sondern auch, weil die Unterbringungsanordnung die Grundlage für die später zu treffenden Entscheidungen über den weiteren Vollzug der Maßregel darstellt (vgl. § 67 e StGB). Das angefochtene - auf dreieinhalb Seiten begründete - Urteil genügt den danach zu stellenden Anforderungen nicht. Es enthält eine Vielzahl von Feststellungsmängeln, Lücken und Widersprüchen
und belegt daher nicht hinreichend, daß die Voraussetzungen der Unterbringung des Beschuldigten nach § 63 StGB vorliegen. Im einzelnen: Das Landgericht stellt nicht fest, ob die Gaspistole, die der Beschuldigte bei der - vom Landgericht beiläufig (UA S. 4) als Bedrohung gewerteten - Anlaßtat zum Nachteil des Zeugen W. als Drohmittel einsetzte, geladen war. Das Maß der objektiven Gefährlichkeit dieser Tat bleibt daher offen. Dieses kann aber sowohl für die Gefährlichkeitsprognose nach § 63 StGB als auch bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 62 StGB Bedeutung erlangen. Gleiches gilt für die fehlenden Feststellungen zum natürlichen Vorsatz des Beschuldigten bei dieser Tat. Sein mit dem Einsatz der Gaspistole eigentlich verfolgtes Ziel wird nicht erkennbar. Nach den Urteilsgründen erscheint es möglich, daß sich der Beschuldigte lediglich dem Kontakt mit dem Zeugen W. entziehen wollte. In diesem Falle käme dem Verhalten des Beschuldigten aber wesentlich geringeres Gewicht zu. Für die "Sammlung und Lagerung der Munition und Munitionsreste" fehlt es an einer rechtlichen Zuordnung zu den Vorschriften des Sprengstoffgesetzes. Eine Beweiswürdigung zu den beiden Anlaßtaten enthält das Urteil nicht. Es begnügt sich insoweit mit dem pauschalen Hinweis, die dazu getroffenen Feststellungen beruhten auf der weitgehend geständigen Einlassung des Beschuldigten, soweit ihr die Strafkammer zu folgen vermochte, sowie den Aussagen von Zeugen und dem Inhalt von Gutachten. Damit bleibt offen, inwieweit der Beschuldigte die Anlaßtaten - glaubhaft - eingeräumt hat, und in welchem Umfang und aufgrund welcher Überlegungen sich die Strafkammer aufgrund der erhobenen Beweise im übrigen von den Anlaßtaten überzeugt
hat. Der Senat ist daher nicht in der Lage zu prüfen, ob die Beweiswürdigung des Landgerichts frei von Rechtsfehlern ist. Die Darlegungen des Landgerichts zur Schuldfähigkeit des Beschuldigten sind widersprüchlich. Während es einerseits ausführt, der Beschuldigte habe sowohl bei der "Bedrohung des Zeugen W. " als auch bei der "Sammlung und Lagerung der Munition und Munitionsreste" im Zustand krankheitsbedingter Schuldunfähigkeit gehandelt (UA S. 4), legt es andererseits dar, es sei möglich, daß der Beschuldigte "noch teilweise" in der Lage gewesen ist, das Unrecht des Sammelns und Lagerns von Sprengstoff einzusehen, und - eingeschränkt - nach dieser Einsicht zu handeln (UA S. 5). Die Unterbringung wird dann darauf gestützt, daß die Taten vom Beschuldigten "im Zustand krankheitsbedingter nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit" begangen worden seien (UA S. 5). Damit sind die Voraussetzungen des § 63 StGB nicht belegt. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus kommt nur in Betracht, wenn positiv festgestellt ist, daß der Beschuldigte bei der Anlaßtat schuldunfähig (§ 20 StGB) oder seine Schuldfähigkeit wenigstens erheblich vermindert war (§ 21 StGB). Dies läßt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen , die auch nach ihrem Gesamtzusammenhang nicht mit der gebotenen Sicherheit den Schluß zulassen, daß beim Beschuldigten zumindest die Voraussetzungen des § 21 StGB vorlagen. Im übrigen ist nach den Darlegungen des Landgerichts lediglich nicht ausgeschlossen, daß abstruse Bedrohungsszenarios des Beschuldigten für das Abfüllen des TNT in den Gewürzdosen verantwortlich gewesen sind. Kommen danach aber auch andere Ursachen für dieses Verhalten in Betracht, ist der erforderliche symptomatische Zusammenhang zwischen dem Zustand des Beschuldigten im Sinne des § 63 StGB und dieser Anlaßtat nicht belegt.
Die Gefährlichkeitsprognose hätte eingehenderer Begründung bedurft. Seit seinem Aufenthalt im Dezember 1982 in den Rheinischen Kliniken Bedburg -Hau, wo die Verdachtsdiagnose "Hebephrenie" nicht bestätigt worden war, ist der Beschuldigte bis zu der Tat vom 27. Januar 2002 weder durch Aggressivitäten aufgefallen noch strafrechtlich in Erscheinung getreten. Auch wenn er sich aufgrund der nunmehr vom Sachverständigen Dr. P. diagnostizierten hebephrenen Schizophrenie ständig bedroht fühlt und stets Gas- bzw. Schreckschußpistolen oder Stechwerkzeuge zur Verteidigung mit sich führt, hätte es - insbesondere auch im Hinblick auf die "blande Verlaufsform" der Krankheit - näherer Darlegungen bedurft, warum nach dem Krankheitsbild nunmehr mit weiteren Aggressionstaten des Beschuldigten zu rechnen ist. Dazu hätte insbesondere auch deswegen Anlaß bestanden, weil der Beschuldigte laut Urteilsrubrum erst am 6. Januar 2003 festgenommen worden war und sich den Feststellungen nicht entnehmen läßt, daß es bis zu diesem Zeitpunkt zu weiteren einschlägigen Auffälligkeiten des Beschuldigten gekommen ist. Vor diesem Hintergrund war es hier auch unerläßlich zu erörtern, ob eine Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung in Betracht kam (§ 67 b StGB). Insbesondere hätte es einer Auseinandersetzung mit der Frage bedurft, ob bei dem Beschuldigten Krankheitseinsicht besteht und - so dies der Fall sein sollte - durch Medikation eine Linderung der Krankheit und damit eine Minderung der Gefährlichkeit des Beschuldigten so weit möglich ist, daß durch entsprechende, vom Beschuldigten akzeptierte Weisungen der Heilungs- und Sicherungszweck der Maßregel auch ohne deren Vollzug erreichbar erscheint (§ 67 b Abs. 1 Satz 1 StGB). 2. Mit der Aufhebung des Maßregelausspruchs entfällt auch die - mit keinem Wort begründete - Einziehungsanordnung. Diese hätte ohnehin keinen
Bestand haben können. Im Sicherungsverfahren nach § 413 StPO können allein Maßregeln der Besserung und Sicherung angeordnet werden. Einziehungsentscheidungen als sonstige Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB kommen bei schuldunfähigen Tätern dagegen allein im selbständigen Einziehungsverfahren in Betracht (§ 440 StPO), wenn die Voraussetzungen des § 76 a Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 1 StGB vorliegen. Der danach erforderliche gesonderte Antrag (§ 440 Abs. 1 StPO) ist hier nicht gestellt worden, so daß es für die Einziehung an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt. Winkler Miebach von Lienen Becker Hubert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 39/16
vom
16. März 2016
in dem Sicherungsverfahren
gegen
alias:
ECLI:DE:BGH:2016:160316B4STR39.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , zu Nr. 1 a) auf dessen Antrag, und des Beschwerdeführers am 16. März 2016 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 26. Oktober 2015 wird
a) das Verfahren im Fall II.9. der Urteilsgründe (Nr. 9 der Antragsschrift vom 3. August 2015) eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben; die Einziehungsentscheidung entfällt. 2. Die weiter gehende Revision des Beschuldigten wird verworfen. 3. Der Beschuldigte trägt die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels und die im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenkläger.

Gründe:


1
Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und einen Ge- genstand eingezogen. Hiergegen richtet sich die auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Beschuldigten.
2
Der Senat stellt das Verfahren im Fall II.9. der Urteilsgründe auf Antrag des Generalbundesanwalts aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, weil nach Aktenlage nicht abschließend beurteilt werden kann, ob in diesem Fall ein nach § 77 Abs. 3 StGB wirksamer Strafantrag vorliegt.
3
Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat im Maßregelausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschuldigten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Dagegen hat die getroffene Einziehungsentscheidung keinen Bestand. Die selbständige Einziehung eines Gegenstandes gemäß § 76a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB i.V.m. § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 StGB ist nicht im Sicherungsverfahren nach § 413 StPO, sondern nur im selbständigen Einziehungsverfahren gemäß § 440 Abs. 1 StPO möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2003 – 3 StR 405/03, bei Becker, NStZ-RR 2005, 65, 69; Urteil vom 12. Juni 2008 – 4 StR 140/08; Rosenau in Satzger/ Schluckebier/Widmaier, StPO, 2. Aufl., § 413 Rn. 2). Da der nach § 440 Abs. 1 StPO erforderliche gesonderte Antrag nicht gestellt worden ist, fehlt es für eine Einziehung an einer Verfahrensvoraussetzung.
4
Der geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Beschuldigten teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.