Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2011 - 5 StR 308/11

bei uns veröffentlicht am13.09.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 308/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 13. September 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. September 2011

beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten O. und B. wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 1. April 2011, soweit es diese Angeklagten betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Nichtrevidentin W. wegen Beihilfe zum Raub zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten und die Revidenten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von sieben Jahren und drei Monaten (O. ) sowie sieben Jahren und sechs Monaten (B. ) verurteilt. Die Revisionen dieser Angeklagten haben mit den erhobenen Sachrügen Erfolg.
2
1. Gegenstand der Verurteilung der drei Angeklagten ist ein im Parkhaus der Filiale der Sparkasse Holstein in Oststeinbek am 12. Juli 2010 gegen Mittag ausgeführter Raubüberfall auf den Zeugen N. , der die Wochenendeinnahmen mehrerer Tankstellen in Höhe von über 19.000 € in einer Umhängetasche mit sich führte. Hierzu hat das Landgericht festgestellt:
3
Die Mitangeklagte W. fuhr den Angeklagten B. und zwei unbekannt gebliebene Mittäter in ihrem Pkw Mercedes der M-Klasse vor ein Anwesen in unmittelbarer Tatortnähe. Der Angeklagte O. beobachtete den Aufbruch des Zeugen N. zum Tatort von einer nahegelegenen Tankstelle aus, an der die Mitangeklagte ihn zuvor abgesetzt hatte, und informierte W. unter Nutzung eines von ihr entliehenen Mobiltelefons, dass sich B. und seine beiden Tatgenossen auf den Weg machen sollten. Am Tatort brachte einer der Täter den Zeugen N. mit einem heftigen Stoß zu Boden und sprühte ihm Pfefferspray in das Gesicht. „Zugleich wurde er brüllend aufgefordert, die Tasche freizugeben. Der Zeuge hielt die über seine Schulter gehängte Tasche mit dem Geld aber fest. Um ihn zum Loslassen zu zwingen, begannen die beiden anderen auf ihn einzuschlagen und einzutreten. Der Zeuge erlitt dadurch einen Nasenbeinbruch und eine Vielzahl von Prellungen am ganzen Körper. Auf die mehrmalige Aufforderung eines der Täter, die Tasche zu nehmen, wurde ihm diese schließlich entrissen“ (UA S. 8). Die drei Täter kehrten mit der Umhängetasche des Opfers und der eingesetzten Pfefferspraydose zum Fahrzeug der Mitangeklagten W. zurück. Sie rissen die Türen auf und sprangen in das mit laufendem Motor zur Abfahrt bereite Fahrzeug. Die Mitangeklagte W. fuhr – von einem Zeugen, der das Fahrzeugkennzeichen notierte, beobachtet – sofort losund setzte die drei unmittelbaren Täter und den später wieder zugestiegenen O. an verschiedenen Orten ab. Im Pkw verblieben die benutzte Pfefferspraydose und drei Mobiltelefone der Mitangeklagten, darunter das an O. zur Kommunikation bei Tatbegehung ausgeliehene.
4
2. Das Landgericht hat sich allein aufgrund von Angaben der Mitangeklagten W. von der Täterschaft der Angeklagten B. und

O.

überzeugt.
5
a) Es hat den Gang der Ermittlungen und die hierin enthaltenen Angaben der Mitangeklagten W. , die eine Kenntnis von dem geplanten und durchgeführten Raubüberfall während des gesamten Verfahrens bestritten hat, im Wesentlichen wie folgt festgestellt:
6
Bei ihrer Festnahme etwa eine halbe Stunde nach der Tat benannte W. eine Mobiltelefonnummer des ihr bekannten „A. “, den sie auf dessen Wunsch am Tattage mit seinen zwei Begleitern nach Hamburg hätte mitnehmen wollen. Die Verifizierung dieser Telefonnummer führte am 13. Juli 2010 zum Erlass eines Haftbefehls gegen B. .
7
Auch gegen die Mitangeklagte W. erging an diesem Tag Haftbefehl. Sie hatte während ihrer Beschuldigtenvernehmung – naheliegend auf Vorhalt ausgelesener Daten aus ihren Mobiltelefonen – angegeben, mit dem ihr bekannten „K. “ außerhalb ihres Fahrzeugs auf dem Parkplatz einer Drogerie vor Tatbegehung telefoniert zu haben. Diesen Platz habe sie, nachdem die drei Männer ausgestiegen seien, aufgrund eigenen Entschlusses verlassen und die Männer später wieder an anderer Stelle in ihr Fahrzeug aufgenommen.
8
Während einer weiteren Vernehmung am 25. August 2010 räumte sie ein, dass sie von kriminellen Geschäften des O. und des B. wisse, denen sie schon zweimal Chauffeurdienste geleistet habe, als es darum gegangen sei, etwas auszukundschaften. Sie sei davon ausgegangen, dass es sich um „Geldeintreiberjobs“ gehandelt hätte. Ferner gab sie – nach Auffassung des Landgerichts wahrheitswidrig – an, am Tattag um 11.00 Uhr zusammen mit O. noch einen Freier in Glinde besucht zu haben. Der Angeklagte O. wurde am 10. September 2010 in Untersuchungshaft genommen.
9
Während eines Haftprüfungstermins am 17. September 2010 erklärte die Mitangeklagte, es könne sein, dass sie nach der Übergabe des Mobiltelefons an O. mehrfach mit diesem telefoniert habe. Sie erklärte ferner, dass sie O. in das Fahrzeug wieder aufgenommen habe, und beschrieb eine Handnarbe eines der ihr unbekannten Männer, die in ihrem Wagen mitgefahren waren. Sie schilderte weitere Einzelheiten der Abschnitte ihrer Fahrten vor und nach dem Raubüberfall. Sodann wurde sie vom weiteren Vollzug der Untersuchungshaft verschont.
10
b) Das Landgericht hat sich von dem Gehilfenvorsatz der einen solchen noch in der Hauptverhandlung bestreitenden Mitangeklagten W. beweiswürdigend überzeugt. Durch die Aussagen neutraler Zeugen und fünf nachgewiesene telefonische Kontakte zwischen 12.02 und 12.09 Uhr sei ihre Einlassung widerlegt, das Zusammentreffen mit „A. “, dessen Begleitern und mit O. sowie ihr Fahr- und Parkverhalten seien zufällig gewesen. Hinsichtlich seiner Annahme, B. und O. seien Mittäter, stützt sich das Landgericht auf die Angaben der Mitangeklagten W. , der es eine Beutebeteiligung oder eine Kenntnis der Verwendung des Pfeffersprays anders als dem ebenfalls bei der eigentlichen Tatbegehung abwesenden Angeklagten O. nicht zurechnet. Das Landgericht führt hierzu näher aus:
11
„Die Kammer war sich bei der Würdigung der Angaben der Angeklagten bewusst, dass ihre die Mitangeklagten belastenden Angaben mit großer Vorsicht zu bewerten waren. Die Angeklagte hatte durch das Nennen der Namen möglicher Tatbeteiligter Vorteile im Ermittlungsverfahren durch die Entlassung aus der U-Haft wegen des Wegfalls der Verdunkelungsgefahr wie auch in der Hauptverhandlung, weil ihr aufgrund ihrer Angaben eine Strafrahmenverschiebung gemäß § 46b StGB gewährt wurde. Allein, davon hat die Angeklagte sich zur Überzeugung der Kammer nicht zur falschen Belastung der Mitangeklagten … verleiten lassen. Auch dass die Angeklagte im Ermittlungsverfahren und auch noch in der Hauptverhandlung zum Teil falsche Angaben gemacht hat und in der Hauptverhandlung Fragen der Mitangeklagten und ihrer Verteidiger nicht beantworten wollte, ändert an dieser Einschätzung nichts. Die Angeklagte hat auf diese Art und Weise nur versucht, ihren eigenen Tatbeitrag klein zu halten und insbesondere ihr Wissen von der geplanten Tat zu verschleiern, um sich selbst der Bestrafung zu entziehen“ (UA S. 17 f.).
12
c) Umstände, die gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben der Mitangeklagten W. sprechen, hat das Landgericht wie folgt erwogen:
13
Soweit am 12. Juli 2010 auf dem Mobiltelefon des B. kein von ihr bekundeter Kontakt zu O. feststellbar gewesen sei, könne ein solcher Kontakt mit einem anderen Telefon hergestellt worden sein. Zwar könne der festgestellte Standort des von der Mitangeklagten nach eigenen Angaben erst kurz vor der Tat an O. verliehenen Mobiltelefons am Vortag in Pinneberg für eine Übergabe des Telefons schon an diesem Tag sprechen; dies beweise aber nicht die Unglaubhaftigkeit der Angabe der W. , weil eine vorherige Rückgabe ohne weiteres möglich gewesen wäre. Es bestehe auch kein Anhaltspunkt dafür, dass sie „O. und B. zu Unrecht belastet haben könnte. Immerhin war zumindest O. ein guter Freund von ihr. Gründe für ein Zerwürfnis mit ihm, das die Angeklagte veranlasst haben könnte, ihm durch eine Falschbeschuldigung eins auszuwischen, haben sich in der Hauptverhandlung nicht ergeben“ (UA S.

19).


14
3. Die Schuldsprüche gegen die Revidenten, die allein auf die Angaben der Mitangeklagten W. gestützt sind, haben keinen Bestand. Ihre Bekundungen vermögen in der allzu pauschalen Auswertung durch das Landgericht letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2001 – 5 StR 520/01, StV 2002, 235).
15
a) Allerdings geht das Landgericht im Ansatz zunächst zu Recht davon aus, dass in der Konstellation alleiniger Belastung im Verfahren durchweg schweigender Angeklagter durch einen Mitangeklagten dessen teilweise wahrheitswidrige Angaben hinsichtlich seiner eigenen Mitwirkung grundsätzlich nicht dazu nötigen, eine Bestätigung dieser belastenden Bekundungen bezüglich der Angeklagten durch außerhalb der Angaben liegende Umstände zu suchen.
16
Bemühungen der Mitangeklagten W. , zu ihrer Verteidigung im gesamten Verfahren unrichtige Angaben zu machen und hierdurch zu versuchen, einer Annahme ihres Vorsatzes als Raubgehilfin entgegenzuwirken, stehen – im Gegensatz zu teilweise falsche Belastungen enthaltenden Aussagen, namentlich von der Wahrheitspflicht unterliegenden Zeugen (vgl. BGH, Urteile vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98 – und 17. November 1998 – 1 StR 450/98, BGHSt 44, 153, 159 sowie 256, 257; vgl. dazu ferner Brause NStZ 2007, 505, 510 f.) – grundsätzlich in keinem untrennbaren Wertungszusammenhang mit den Angaben der Mitangeklagten zur Identität der von ihr in ihrem Pkw beförderten Personen. Eine Falschbelastung hinsichtlich der Umstände der Haupttat steht nicht im Raum. Hierzu hat die Mitangeklagte gar keine Angaben gemacht.
17
b) Indes erfüllt die allein auf die Angaben der Mitangeklagten gestützte Beweisführung hier wegen ihrer inhaltlichen Defizite dennoch nicht das im Verurteilungsfall zu erfüllende Gebot rational begründeter und tatsachengestützter Beweisführung (vgl. BVerfG – Kammer – NJW 2003, 2444, 2445; BGH, Urteil vom 18. September 2008 – 5 StR 224/08, StV 2011, 3, 4).
18
aa) Zwischen den Beteiligten eines Verbrechens bestehen in der Regel persönliche und jedenfalls auf die Begehung der Tat gerichtete kriminelle Beziehungen. Hierzu hat das Landgericht nichts Näheres festgestellt. Die Umstände der Freundschaft der nicht vorbestraften, damals als Prostituierte und Geschäftsfrau tätigen Mitangeklagten W. zu dem geringfügig mit zwei Geldstrafen vorbestraften Angeklagten O. , der als Angestellter eines Fitnessstudios beschäftigt war, werden nicht erhellt. Gleiches gilt für die Angabe der W. , sie kenne den – von Sozialleistungen lebenden und mit Jugendarrest und einer Geldstrafe vorbelasteten – Angeklagten B. von einer Party und er sei ihr sympathisch gewesen. Hinsichtlich der Verwendung der Tatbeute nimmt das Landgericht – indes ohne jeden Beleg – an, dass O. , B. und ihre beiden Tatgenossen die Beute unter sich geteilt hätten. Eine naheliegend vereinbarte Belohnung der Mitangeklagten W. oder auch nur ein Aufwendungsersatz für sie werden nicht erwogen. Während O. der gesamte Tatablauf ohne Problematisierung seiner Ortsabwesenheit ohne weiteres mittäterschaftlich zugerechnet wird, wird der Mitangeklagten W. nicht einmal die geplante Verwendung der später in ihrem Fahrzeug sichergestellten Tatwaffe zugerechnet.
19
bb) Das Landgericht hat es unterlassen, anhand der Angaben des Geschädigten und anderer Zeugen eine generelle Eignung des Angeklagten B. als Haupttäter hinsichtlich seines Erscheinungsbildes und anderer Umstände festzustellen. Ebenso hat es versäumt darzulegen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich die Revidenten zur Tatzeit an einem anderen Ort aufgehalten haben können. Auch zu etwa identifizierungsrelevanten Spuren im Fahrzeug der Mitangeklagten, an dem verliehenen Mobiltelefon oder dem Sprühgerät schweigt das Urteil.
20
cc) Unerörtert bleibt, dass die Mitangeklagte W. die beiden weiteren von ihr zweimal transportierten Gewalttäter nicht näher beschrieben hat und dass sie sich durch Vorschützen einer vom Landgericht als unglaubhaft bewerteten Gedächtnislücke (UA S. 17) geweigert hat, durch Angabe der tatbezogenen Gesprächsinhalte mit O. dessen Beteiligung zu konkretisieren. Insoweit hat ihr Streben nach eigener Entlastung eine mögliche Aufklärung belastender Umstände verhindert. Danach wäre die Glaubhaftigkeit der übrigen belastenden Angaben unter dem Gesichtspunkt in Frage zu stellen gewesen, dass der Belastungssachverhalt bewusst reduziert worden ist.

21
dd) Schließlich kommt hinzu, dass sich die Mitangeklagte W. nach ihrer Verhaftung bezüglich ihrer dolosen Mitwirkung an dem Verbrechen in Erklärungsnot befand und ihre Entlassung aus der Untersuchungshaft, später Strafmilderung durch Aufklärungshilfe erstrebte. Diese Interessenlage, zumal vor dem Hintergrund der bloßen sukzessiven und unvollständigen Benennung von zwei Haupttätern und des Umstands, dass sich die Mitangeklagte der konfrontativen Befragung der Verteidiger entzogen hat, hätte Anlass geben müssen zu erwägen, ob nicht doch andere Hintermänner der Tat hätten gedeckt werden sollen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 1999 – 5 StR 552/99, StV 2000, 243, 244).
22
ee) Die vom Landgericht zugesagte Bewertung der Angaben der Mitangeklagten W. „mit großer Vorsicht“ bleibt insgesamt angesichts allzu schmaler Tatsachenbasis des die Belastung begründenden Sachverhalts ohne ausreichende rationale Verankerung. Auf den in den Angaben zu einzelnen Fahrtabschnitten hervorgetretenen Detailreichtum geht das Landgericht nicht ein; er wäre indes, weil jeder Tatbeteiligte Selbsterlebtes unschwer berichten kann, hinsichtlich der Glaubhaftigkeit der Angaben zur Identität der Mittäter von eher geringerer Bedeutung (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 – 5 StR 494/06, StV 2007, 284, 285 zur Aufteilung von Tatbeiträgen). Bei dieser Sachlage konnte die Beweiswürdigung auch das Gebot der Kompensation für die nicht gewährte Konfrontation nicht erfüllen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 – 4 StR 461/08, BGHR MRK Art. 6 Abs. 3 Buchstabe d Fragerecht 7; vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Januar 2002 – 5 StR 130/01, BGHSt 47, 220, 223 f.).
23
4. Die Sache bedarf demnach neuer Aufklärung und Bewertung. Die Beweiswürdigungsmängel erfassen nicht die Überführung der nicht revidierenden Mitangeklagten als Gehilfin; es kommt mithin nicht etwa in Betracht, die Aufhebung nach § 357 StPO auf sie zu erstrecken. Für den keineswegs ausgeschlossenen Fall erneuter Verurteilung der Angeklagten müsste das Landgericht eine nahezu gleich hohe Bestrafung beider Angeklagter und eine deutliche Überschreitung der Mindeststrafe des Regelstrafrahmens des § 250 Abs. 2 StGB weitergehend als bisher begründen.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.

5 StR 520/01

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 12. Dezember 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Dezember 2001

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. Juni 2001 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt sowie sichergestellte Betäubungsmittel und drei Waagen eingezogen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte den unerlaubten Betäubungsmittelhandel seines Onkels unter anderem dadurch gefördert , daß er Kokain in seiner Wohnung lagern ließ und transportierte. Be- sitz an dem gelagerten Kokain hatte er, weil er in Abwesenheit seines Onkels die alleinige Verfügungsgewalt über die Drogen hatte.
Der Angeklagte ist geständig, er habe seit Dezember 2000 gebilligt, daû eine Menge von etwa 100 g Kokain in seiner Wohnung gelagert wurde. Er bestreitet aber, Kenntnis von der Lagerung weiterer etwa fünf kg Kokain gehabt und am 4. Januar 2001 eine Menge von etwa 100 g Kokain transportiert zu haben.
1. Das Landgericht stützt seine Überzeugung, daû der Angeklagte Kenntnis von der Lagerung weiterer fünf kg Kokain hatte, auf folgende Indizien : Weil bei der polizeilichen Wohnungsdurchsuchung am 4. Januar 2001 die etwa fünf kg Kokain im Küchenschrank an derselben Stelle gefunden wurden, an der der Angeklagte nach seiner Einlassung im Dezember 2000 zwei Beutel mit insgesamt 100 g Kokain gesehen hatte, müsse er auch die übrigen Taschen und Beutel mit Kokain gesehen haben. Daû das Rauschgift erst zu einem späteren Zeitpunkt in die Wohnung gebracht und dort gelagert worden sei, schlieût das Landgericht mit der Erwägung aus, es sei “nicht nachvollziehbar, daû der Onkel, der sich ja bereit erklärt hatte, die Kokainmenge von 100 g zu verkaufen und der sich im Dezember nicht mehr in der Wohnung aufgehalten haben soll – zumindest hat ihn der Angeklagte dort nach eigenen Angaben nicht angetroffen – am 4. Januar 2001 oder kurz zuvor eine erheblich gröûere Kokainmenge erneut in die Wohnung verbracht haben soll”.
Diese Indizien sind nicht aussagekräftig und bilden keine tragfähige Grundlage für die Widerlegung der Einlassung des Angeklagten.
Die zur richterlichen Überzeugung erforderliche persönliche Gewiûheit des Richters setzt objektive Grundlagen voraus. Diese müssen aus rationalen Gründen den Schluû erlauben, daû das festgestellte Geschehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Das ist der Nachprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich. Deshalb müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, daû die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen , verstandesmäûig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und die vom Gericht gezogene Schluûfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloûe Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag (BGH NJW 1982, 2882, 2883 m.w.Nachw.; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 7 und 26; BGHR StPO § 261 Identifizierung 6; BGHR StPO § 261 Vermutung 11; BGH, Beschl. vom 24.03.2000 ± 3 StR 585/99; Schäfer StV 1995, 147, 149).
Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Die Widerlegung der Einlassung des Angeklagten erschöpft sich insoweit in bloûen Vermutungen und in der Schilderung einer Verdachtssituation. Die im Urteil mitgeteilten Indizien lassen auch die Möglichkeit einer Einlagerung der etwa fünf kg Heroin erst im Januar 2001 zu. Die Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes der etwa fünf kg Kokain kann deshalb keinen Bestand haben.
2. Dagegen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts insoweit nicht zu beanstanden, als dem Angeklagten zur Last gelegt wird, 100 g Kokain unerlaubt besessen und Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben auch hinsichtlich der weiteren etwa fünf kg Kokain geleistet zu haben. Der Angeklagte hatte keine Vorkehrungen (etwa durch Auswechseln des Türschlosses ) gegen einen weiteren, auch umfangreicheren Handel mit Betäubungsmitteln getroffen und zumindest billigend in Kauf genommen, daû sein Onkel bei einer Rückkehr neue Betäubungsmittel mitbringt.
3. Der Senat schlieût aus, daû zum Schuldumfang weitere Festste llungen möglich wären und läût den Schuldspruch bestehen.
Dagegen hat der Strafausspruch wegen des beträchtlich geringeren Schuldumfangs hinsichtlich des nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB strafrahmenbestimmenden Verbrechens des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge keinen Bestand. Der Aufhebung von Feststellungen zur Strafe bedarf es nicht. Der neue Tatrichter hat lediglich eine neue Bewertung vorzunehmen. Ergänzende, nicht widersprechende Feststellungen zur Strafe sind möglich.
Harms Basdorf Gerhardt Brause Schaal
5 StR 494/06

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 1. Februar 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Februar 2007

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 19. Juni 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte allein wegen Raubes mit Todesfolge verurteilt ist, und im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird zur Bemessung einer neuen Strafe, auch zur Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zum Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen Mordes. Die weitergehende Revision ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Jugendkammer des Landgerichts hat mit Urteil vom 3. Dezember 1996 zwei Mittäter der nämlichen Tat wegen „gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit versuchtem Mord durch Unterlassen“ schuldig gesprochen und den erwachsenen Angeklagten N. zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren und den heranwachsenden Angeklagten S.
auch wegen weiterer – eher geringfügiger – Straftaten zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Die dagegen gerichteten Revisionen dieser Angeklagten hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes durch Beschluss vom 21. Mai 1997 – 3 StR 137/97 – gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Den Schuldsprüchen der Jugendkammer lagen Geständnisse der damaligen Angeklagten zugrunde, die in ihren Einlassungen den damals nicht auffindbaren jetzigen Angeklagten als alleinigen Verursacher sämtlicher Verletzungen des Verstorbenen bezeichnet hatten.
3
2. In weitestgehend wörtlicher Übereinstimmung mit den damaligen Feststellungen der Jugendkammer hat die Schwurgerichtskammer nunmehr folgende Feststellungen getroffen:
4
Der damals 22 Jahre alte Angeklagte durchwatete mit S. und N. am 24. Februar 1996 in Zittau von Polen kommend den Grenzfluss Neiße. Sie entschlossen sich, ein Fahrzeug zu entwenden, und warteten bis zum 27. Februar 1996 in einer G. gehörenden Gartenlaube in Eckartsberg auf eine Gelegenheit zum Diebstahl. G. fuhr zwischen 17.30 Uhr und 17.45 Uhr „mit seinem Pkw Peugeot 309 auf die Wiese vor seinem Gartengrundstück vor. Er stellte seinen Pkw ab und begab sich in Richtung seiner Laube. Der Angeklagte bemerkte dies und weckte die schlafenden N. und S. . Er teilte ihnen mit, dass nunmehr der Zeitpunkt gekommen sei, ein Fahrzeug zu besorgen. Alle drei beobachteten den Geschädigten G. . Sie fassten gemeinsam den Entschluss, den Mann zu überraschen, um sich des Fahrzeugs notfalls mit Gewalt, insbesondere durch Vorhalt eines aus einer zuvor aufgebrochenen Laube entwendeten Luftgewehrs und eines Küchenmessers sowie Fesseln des Geschädigten zu bemächtigen und mit dem Fahrzeug weiter in das Landesinnere gelangen zu können. Entsprechend dem zuvor gemeinsam gefassten Tatplan übergab der Angeklagte dem N. das Luftgewehr und nahm ein in der Laube vorgefundenes Küchenmesser an sich. Der Angeklagte durchschnitt den an der Laubentür angebrachten Klebestreifen, mit dem zuvor das selbstständige Aufgehen der nach außen zu öffnenden aufgebrochenen Laubentür verhindert worden war, und sicherte diese, indem er sie mit seinen Händen an sich zog. Gleichzeitig stellten sich N. und S. hinter den an der Tür stehenden Angeklagten und alle drei traten zusammen vor die Laube, als der Geschädigte G. im Begriff war, die Laubentür zu öffnen. N. stellte sich mit dem Luftgewehr vor den Geschädigten, während der Angeklagte hinter diesen trat und ihm sofort das mitgeführte Küchenmesser an die Kehle hielt. Er wollte die vom Geschädigten erwartete Flucht und Gegenwehr von vornherein im Keim ersticken. S. stellte sich etwa zwei Meter neben N. . Der Angeklagte verlangte von dem Geschädigten die Herausgabe der Autoschlüssel. Der völlig überraschte, durch die kräfte- und zahlenmäßige Überlegenheit und infolge des vorgehaltenen Messers und Luftgewehrs eingeschüchterte, zu keiner Gegenwehr fähige Geschädigte gab an, dass sich die Fahrzeugschlüssel im Wagen befinden würden. Der Angeklagte forderte S. auf, im Fahrzeug des Geschädigten nach dem Autoschlüssel zu sehen. Dieser weigerte sich und fragte N. , ob dieser das machen würde. N. übergab daraufhin das Luftgewehr an den Angeklagten und begab sich zu dem Fahrzeug des Geschädigten G. . Der Angeklagte schob den Geschädigten in die Laube …, fasste das Luftgewehr am Lauf und schlug dem Geschädigten für diesen und auch für den unmittelbar nach ihm in die Laube getretenen und daneben stehenden S. unerwartet zunächst einmal mit dem Gewehrkolben auf den Kopf, so dass der Geschädigte zu Boden ging. S. , der sich der Gefährlichkeit dieser Handlung für das Leben des Geschädigten G. bewusst war, rief dem Angeklagten zu, was er denn da mache. Der Angeklagte forderte ihn auf, ruhig zu sein und die Sachen einzusammeln. Er wisse, was zu machen sei. S. ließ den Angeklagten gewähren, begann die in der Laube herumliegenden Sachen zusammenzusuchen … Der Angeklagte schlug erneut mindestens dreimal auf den sich erhebenden Geschädigten mit dem Gewehrkolben ein … Der Angeklagte durchsuchte, wie von ihm beabsichtigt, die Taschen des Geschädigten und nahm die vorgefundenen Autoschlüssel sowie etwa 30 DM an sich. In der Zwischenzeit kam N. wieder in die Laube zurück und sah den im Ge- sicht blutenden Geschädigten G. am Boden liegen. Er bemerkte das am Kolben zerbrochene Luftgewehr und schloss daraus, dass der Geschädigte mit diesem niedergeschlagen worden war. N. schrie den Angeklagten an, was er gemacht habe, da auch er erkannte, dass dem Geschädigten lebensgefährliche Kopfverletzungen zugefügt wurden. Unbeeindruckt von N. s Reaktion trat der Angeklagte dem am Boden liegenden Geschädigten zweimal mit seinem beschuhten Fuß in das Gesicht. Auf die Frage des N. , warum er dies tue, antwortete der Angeklagte, dass dies geschehe , damit der Geschädigte nicht mehr aufstehe. Der Angeklagte schlug eine in der Nähe befindliche Bodenvase dem Geschädigten auf den Kopf, um sicher zu gehen, dass der Geschädigte nicht mehr in der Lage ist, bei der Polizei eine Anzeige zu erstatten, und um ohne jegliche Gegenwehr das Fahrzeug des Geschädigten in seine Gewalt zu bekommen. Zuletzt sprühte der Angeklagte dem am Boden liegenden Geschädigten den Inhalt einer mitgeführten Dose Reizgas in das Gesicht … Der Angeklagte und seine Mittäter schlossen die Tür der Laube und schoben die Bank davor, um den ursprünglichen äußeren Zustand wieder herzustellen und ein selbstständiges Aufgehen der Tür zu verhindern. Danach verließen sie mit dem Fahrzeug des Geschädigten die Gartenanlage und ließen den Geschädigten völlig hilflos zurück , um ihr Weiterkommen in das Landesinnere und damit den erfolgreichen Abschluss ihres Unternehmens zu sichern“ (UA S. 7 bis 9).
5
Gegen 18.00 Uhr des gleichen Tages verstarb G. infolge einer Einblutung in das Hirnkammersystem.
6
Der Angeklagte und die bereits Verurteilten fuhren nach Kehl. Dort stellten sie den Pkw ab. Nach einem kurzen Aufenthalt in Frankreich begehrten S. und N. am 1. März 1996 in Mannheim Asyl mit richtigen, zwei Tage später in Berlin unter falschen Namen. N. und S. wurden Ende April 1996 in Berlin verhaftet, nachdem festgestellt worden war, dass am Tatort aufgefundene Fingerabdrücke mit den ihren übereingestimmt hatten.
7
3. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung eingeräumt, dass er an der Tat zum Nachteil des G. zusammen mit S. und N. beteiligt war, ohne hierzu nähere Angaben zu machen. Er hat in Abrede genommen, dass er „alles gemacht“ habe (UA S. 11). S. habe den Mann mit dem Gewehr mindestens einmal ins Gesicht geschlagen. Er hätte den Verletzten nicht liegen gelassen, wenn er nicht von S. mit einem Messer bedroht und hierdurch zum Wegfahren gezwungen worden wäre.
8
4. Das Landgericht hat sich von einer mittäterschaftlichen Beteiligung des Angeklagten am Raub des Pkw aufgrund vom Angeklagten stammender Spuren am Tatort und der Zeugenaussage des Haftrichters des Amtsgerichts Laufen überzeugt, demgegenüber der Angeklagte während der Vernehmung am 30. März 2005 den im Haftbefehl vom 7. Mai 1996 konkret aufgeführten Tatvorwurf des gemeinschaftlichen Raubes des Pkw unter Herbeiführung lebensgefährlicher Verletzungen des Eigentümers des Fahrzeugs als grundsätzlich richtig bestätigt hatte, allerdings mit der Einschränkung, dass nicht er, sondern S. das Opfer geschlagen habe. Der Angeklagte hat ferner erklärt , er sei während der Vorfälle zum Auto gelaufen, da er Angst bekommen habe. Nach vergeblicher Suche nach den Kfz-Schlüsseln sei er in die Laube zurückgegangen und habe den bereits schwer Verletzten zusammen mit den Landsleuten durchsucht und die Schlüssel gefunden. Die Mittäter hätten sich geweigert, das Opfer in ein Krankenhaus zu bringen. Den erst in der Hauptverhandlung erhobenen Einwand des Angeklagten, er sei zur Abfahrt gezwungen worden, hat das Landgericht – für sich rechtsfehlerfrei – als unschlüssige Schutzbehauptung widerlegt.
9
Solches trägt als Mindestfeststellung den Schuldspruch wegen Raubes mit Todesfolge gemäß § 251 StGB. Der Angeklagte hat in Verfolgung des auf gewaltsame Wegnahme eines Pkw gerichteten gemeinsamen Tatplanes die, wenn nicht von ihm, so jedenfalls im Rahmen verabredeter Gewaltausübung von einem Mittäter dem Gewahrsamsinhaber beigebrachten lebensgefährlichen Körperverletzungen dazu ausgenutzt, sich und die Tat- genossen in den Besitz des Kraftfahrzeugs zu bringen (vgl. BGHSt 48, 365, 366 f.). Durch das Ansichnehmen der Kfz-Schlüssel aus der Kleidung des dann zurückgelassenen Schwerverletzten hat sich deren Vorsatz – entsprechend der Version des Angeklagten – wenigstens sukzessiv auf die Gewalthandlung des Mittäters erstreckt (vgl. BGH NJW 1998, 3361, 3362; Tröndle /Fischer, StGB 54. Aufl. § 251 Rdn. 5). Der Angeklagte hat den Todeseintritt jedenfalls leichtfertig mit herbeigeführt (vgl. BGH aaO S. 3363).
10
5. Die Revision ist indes erfolgreich, soweit sie die Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes angreift. Die diesem Schuldspruch zugrunde liegende Beweiswürdigung hat keinen Bestand.
11
a) Das Landgericht hat sich ausschließlich anhand indirekter Beweismittel , der früheren Aussagen der Mittäter S. und N. als Beschuldigte und Angeklagte, eingeführt durch Verlesung der Beschuldigtenvernehmungen und des Urteils der Jugendkammer vom 3. Dezember 1996 sowie Vernehmung des ermittelnden Kriminalbeamten und zweier beisitzender Richter der Jugendkammer als Zeugen davon überzeugt, dass es allein der Angeklagte war, der gegen das Opfer sämtliche Verletzungshandlungen ausgeführt hat. S. wurde als Zeuge in Rumänien geladen. Gegenüber der Polizei hat er dort erklärt, dass er seiner früher gemachten Aussage nichts hinzuzufügen habe. Er hat sich geweigert, eine schriftliche Erklärung abzugeben. Auch der Verurteilte N. ist als Zeuge in Rumänien geladen worden. Er soll sich aber in Spanien – für das Gericht unerreichbar – aufhalten.
12
b) Der Senat ist nicht genötigt zu entscheiden, ob bei der vom Landgericht insoweit herangezogenen Beweislage eine Verurteilung wegen Mordes ohne Verstoß gegen Artikel 6 Abs. 3 lit. d in Verbindung mit Artikel 6 Abs. 1 MRK möglich ist (vgl. BGH NJW 2005, 1132; 2007, 237 zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt; EGMR NJW 2003, 2893, 2894; 2006, 2753, 2755 f.), weil die Beweiswürdigung des Landgerichts jedenfalls sachlichrechtlichen Anforderungen nicht entspricht.
13
aa) Schon der Ausgangspunkt der Beweiswürdigung des Landgerichts begegnet gewichtigen Bedenken. Die Schwurgerichtskammer würdigt die Einlassung der anderweitig Verurteilten im Stil von Zeugenaussagen (vgl. BGH NStZ 2001, 491, 492) und prüft, ob die ehemaligen Angeklagten etwas Selbsterlebtes wiedergegeben haben. Dies lässt besorgen, dass das Landgericht nicht hinreichend bedacht hat, dass am Tatort anwesend gewesene und gemeinsam geflüchtete Mittäter fraglos weitestgehend Selbsterlebtes bekunden können und es lediglich zu beurteilen gewesen ist, ob Mittäter gemeinsam oder einzeln dem Opfer die tödlichen Verletzungen beigebracht haben. Hinzu kommt, dass die vom Landgericht herangezogenen glaubhaftigkeitssteigernden Begleitumstände, die von den Verurteilten übereinstimmend in deren polizeilichen Vernehmungen geschildert worden sind (UA S. 28 f.: Tatzeit, Art der Verschließung der Laubentür, Äußerungen des Angeklagten nach der Tat, Fahrereigenschaft des Angeklagten) und das mit den bekundeten Belastungen der Verurteilten übereinstimmende Obduktionsergebnis für die ausschlaggebende Beurteilung einer möglicherweise alternativen Aufteilung der Tatausführungsbeiträge irrelevant sind.
14
bb) Die Beweiswürdigung des Landgerichts erfüllt die sich aus der hier ebenfalls vorliegenden Konstellation Aussage-gegen-Aussage (vgl. BGH NStZ–RR 2002, 146 m.w.N.) ergebenden besonderen Erörterungspflichten nicht ausreichend. Die Schwurgerichtskammer hat nicht alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, in ihre Überlegungen einbezogen (vgl. BGHSt 44, 153, 158 f.).
15
Das Landgericht hat die den Beschuldigtenvernehmungen und Einlassungen der Verurteilten widersprechenden Aussagen vor dem jeweiligen Haftrichter nicht in die Würdigung miteinbezogen. N. hatte ursprünglich – wie jetzt teilweise der Angeklagte – angegeben, S. und der Angeklagte hätten G. getötet. S. hatte entgegen dem Beweisergebnis ausgesagt , er sei mit N. weggerannt und habe nicht mitbekommen, was in der Laube geschehen sei. Damit wäre zu beachten gewesen, dass die vom Landgericht aus den im Wesentlichen als übereinstimmend bewerteten Aussagen der Verurteilten in ihren polizeilichen Beschuldigtenvernehmungen und Einlassungen als Angeklagte abgeleitete Aussagekonstanz zumindest so stark in Zweifel zu ziehen gewesen wäre, dass die vom Schwurgericht selbst festgestellten, sogar das Kerngeschehen berührenden Widersprüche (UA S. 30: Übernahme des Gewehrs durch den Angeklagten, Umfang der Wahrnehmungen des N. , Weigerung des S. , zum Pkw zu gehen, weiteres Tatmittel Bodenvase) nicht mehr mit einer Erinnerungslücke, fehlendem Belastungseifer oder Detailergänzungen hätten erklärt werden dürfen. Der Tatrichter wäre bei dieser Sachlage vielmehr genötigt gewesen, sämtliche Qualitätsmängel der Aussagen der Verurteilten in einer Gesamtschau daraufhin zu würdigen, ob sie in ihrer Häufung zu durchgreifenden Zweifeln an der Richtigkeit des Tatvorwurfs Anlass geben konnten (vgl. BGHR StPO § 261 Zeuge 3; Indizien 1, 7). Dabei wäre auch der Umstand heranzuziehen gewesen, dass die Verurteilten zu ihrem eigenen Vorteil deutsche Behörden unmittelbar nach der Tat durch Stellung von Asylanträgen unter falschen Namen zu täuschen in der Lage waren.
16
cc) Soweit das Landgericht einen Hinweis auf die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Verurteilten darin erblickt, dass diese sich erheblich selbst belastet haben, steht solches in gewissem Widerspruch zu der im Urteil dargestellten , die Verurteilten stark belastenden Beweislage. S. und N. hatten am Tatort Fingerabdrücke hinterlassen. Der Todeszeitpunkt des Opfers stand im Einklang mit dem Verschwinden von dessen Pkw, der im weiteren Umkreis des Aufenthaltsorts der Verurteilten nach der Tat aufgefunden worden war. Als selbstbelastend konnte nur der aus der Zeit nach der unmittelbaren Tatausführung geschilderte Umstand bewertet werden, dass das Opfer noch gelebt habe, als die Verurteilten den Tatort verlassen und dabei nicht gewollt hatten, dass das Opfer zur Polizei hätte gehen können. Solches steht aber nicht im Zusammenhang mit der zu beurteilenden Zufügung der tödlichen Verletzungen.
17
dd) Das Landgericht hat es schließlich unterlassen, bei der Wertung der Beweise auf die sich aus der Konstellation Aussage-gegen-Aussage in Kumulation mit dem geringeren Beweiswert der bloß zur Verfügung stehenden mittelbaren Aussagen ergebenden erhöhten Schwierigkeiten Bedacht zu nehmen (vgl. BGH NStZ 2004, 691, 692; NJW 2007, 237, 239 m.w.N.). Daneben hätte der Umstand kritischer Erörterung bedurft, dass sich S. , den der Angeklagte in seiner Einlassung belastet hat und der nach dem Beweisergebnis des Landgerichts während der Tatausführung anwesend war, ohne Grund der Zeugenrolle entzogen hat, ähnlich einem Zeugen, der § 55 StPO in Anspruch nimmt (vgl. BGHSt 47, 220, 223 f.).
18
6. Der Senat schließt aus, dass ein neuer Tatrichter in der Lage sein wird, die aufgezeigten Schwierigkeiten der Beweisführung in dem Sinne überwinden zu können, dass eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes möglich sein wird. Demnach verbleibt es bei dem aufgrund der fehlerfrei getroffenen Mindestfeststellungen des Landgerichts (Ziffer 4 dieses Beschlusses ) sich ergebenden Schuldspruch wegen Raubes mit Todesfolge. Eine weitergehende Verurteilung ist bei der gegebenen Beweislage nicht möglich. Der Grundsatz in dubio pro reo nötigt bei den hier vorhandenen Mittätern zur Annahme, dass diese und nicht der Angeklagte das Opfer getötet haben (vgl. BGHR StPO § 261 in dubio pro reo 8).

19
Der neue Tatrichter wird demnach auf Grundlage dieser Mindestfeststellungen nur noch die Strafe zu bestimmen haben. Einer Aufhebung von Feststellungen bedurfte es nicht. Zum Lebenslauf des Angeklagten dürfen ergänzende Feststellungen getroffen werden.
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 461/08
vom
9. Juni 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 9. Juni 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Januar 2008, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass im Fall II. 3 der Urteilsgründe die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und erlaubten Munitionsbesitzes entfällt,
b) im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub und unerlaubtem Führen einer Schusswaffe und unerlaubtem Munitionsbesitz (Fall II. 3 der Urteilsgründe), wegen schweren Raubes, Verabredung zu einem schweren Raub in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe und mit unerlaubtem Munitionsbesitz, wegen Missbrauchs von Ausweispapieren sowie wegen Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 95 Abs. 2 Nr. 1 a) und b) Aufenthaltsgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen den Angeklagten die Sicherungsverwahrung angeordnet.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2
1. Im Fall II. 3 der Urteilsgründe beruht die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen unerlaubten Führens einer Schusswaffe und unerlaubten Munitionsbesitzes, worauf das Landgericht hingewiesen hat (UA 80), auf einem Versehen und muss daher entfallen. Die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe kann jedoch bestehen bleiben, weil das Landgericht bei der Strafzumessung die versehentlich in die Urteilsformel aufgenommenen Verstöße gegen das Waffengesetz ausdrücklich (UA 88/89) nicht berücksichtigt hat.
2. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Anordnung auf § 66 Abs. 1 StGB gestützt. Die bisherigen Feststellungen zu den Vorverurteilungen belegen jedoch nicht, dass der Angeklagte, wie nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB erforderlich, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt
worden ist. Zwar sind die Gesamtfreiheitsstrafen aus den Verurteilungen durch das Landgericht Frankfurt/Oder vom 16. September 1999 und durch das Landgericht Berlin vom 4. Dezember 2000 jeweils aus mehreren Einzelfreiheitsstrafen von mehr als einem Jahr gebildet worden. Diese Einzelstrafen gelten aber gemäß § 66 Abs. 4 StGB als eine einzige Verurteilung, weil die Einzelstrafen aus dem Urteil vom 16. September 1999 in die im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB durch das Urteil vom 4. Dezember 2000 verhängte Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen worden sind (vgl. BGH StV 1982, 420; BGH NStZ-RR 2004, 9, 10). Soweit der Angeklagte vom Landgericht Berlin am 17. Dezember 1991 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden ist, kann der Senat nicht überprüfen, ob die Verjährungsregelung des § 66 Abs. 4 Satz 3 und 4 StGB eingreift. Hierzu hätte es der Mitteilung der Einzelstrafen und der Tatzeiten beider Taten bedurft. Zwar
liegt beim Angeklagten auch die Anwendung der Absätze 2 und 3 des § 66 StGB nicht fern. Das Revisionsgericht kann aber die dem Tatrichter insoweit obliegende Ermessensentscheidung nicht selbst treffen (Senat, Beschluss vom 4. September 2008 – 4 StR 378/08). Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Franke
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
(nur zu B I 1 und 2)
Veröffentlichung: ja
(nur zu B I 1 und 2)
StPO § 55 Abs. 1; § 338 Nr. 1
1. Auf Besetzungsmängel in der Person eines
später durch einen Ergänzungsrichter
abgelösten Richters ist der absolute Revisionsgrund
anwendbar.
2. Die Feststellung der Verhinderung eines
Schöffen durch den Strafkammervorsitzenden
mit der Folge des Eintritts des Ergänzungsschöffen
ist vom Revisionsgericht nur auf
Willkür zu überprüfen (Ergänzung von
BGHSt 35, 366).
3. Hat ein Zeuge, dem nach § 55 StPO ein
umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht
zugebilligt wird, berechtigterweise die
Beantwortung von Fragen der Verteidigung
verweigert, bleiben seine übrigen Angaben
bei gebotener kritischer Würdigung seines
Aussageverhaltens verwertbar.
BGH, Urt. vom 23. Januar 2002 - 5 StR 130/01
LG Berlin -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 23. Januar 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
wegen Bestechung (zu 1) und Bestechlichkeit (zu 2 bis 5)
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. und
23. Januar 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt E für K ,
Rechtsanwälte S und B für P ,
Rechtsanwältin Z für R ,
Rechtsanwältin M für Sc ,
Rechtsanwalt Mi für L
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 23. Januar 2002 für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. Dezember 1999 werden verworfen.
Jeder Angeklagte trägt die Kosten seiner Revision. Die Staatskasse trägt die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft und den Angeklagten hierdurch etwa entstandene notwendige Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten K wegen Bestechung in acht Fällen verurteilt; es hat gegen ihn in Anwendung des § 55 StGB zwei Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und von einem Jahr verhängt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafen wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt ; daneben blieben anderweits rechtskräftig verhängte zäsurbegründende Geldstrafen bestehen. Das Landgericht hat ferner die Angeklagten P und Sc jeweils wegen Bestechlichkeit in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist; die Angeklagten R und L hat es jeweils wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, verbüßt durch Untersuchungshaft, verurteilt. Alle Angeklagten wurden von weiteren gleichen Anklagevorwürfen freigesprochen.

A.


Der in der Türkei geborene Angeklagte K betrieb von Herbst 1993 bis Frühjahr 1997 in Berlin-Wedding eine Fahrschule mit zahlreichen, vornehmlich türkischstämmigen Fahrschülern. Für Geldbeträge meist zwischen 1.500 und 2.000 DM erteilte er Führerscheinbewerbern, die ± vielfach wegen unzulänglicher Deutschkenntnisse, aber auch wegen intellektueller Defizite oder wegen Zeitmangels ± Probleme mit dem Erlernen der für die theoretische Fahrprüfung notwendigen Kenntnisse hatten, “Garantiezusagen” für das Bestehen der theoretischen Fahrprüfung. Um diese zu erfüllen, kam K ab Sommer 1994 mit den übrigen Angeklagten, die Fahrprüfer bei der Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr des Kraftfahrzeugüberwachungsvereins Berlin (DEKRA) waren, ± daneben noch mit weiteren dort tätigen Fahrprüfern ± überein, daß diese ihm gegen das Versprechen von Geldzahlungen über jeweils 300 bis 500 DM die Manipulation mündlicher Theorieprüfungen mit von den Kenntnissen unabhängigem Prüfungserfolg zugunsten von ihm angemeldeter Fahrschüler zusagten. Sämtliche Anklagevorwürfe haben entsprechende konkret bezeichnete Einzelfälle zum Gegenstand; acht zwischen Mai 1995 und Dezember 1996 begangene Fälle sind Gegenstand der Verurteilungen K s wegen Bestechung und jeweils eines der anderen Angeklagten wegen Bestechlichkeit.

B.


Die unbeschränkten Revisionen aller fünf Angeklagter sind ebenso offensichtlich (vgl. BGHR StPO § 349 Abs. 2 StPO Verwerfung 6) unbegründet wie die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die beschränkt sind auf die Nachprüfung sämtlicher Freisprüche, ferner der Rechtsfolgenaussprüche zum Nachteil der vier wegen Bestechlichkeit verurteilten Angeklagten. Auch der Generalbundesanwalt vertritt die Revisionen der Staatsanwaltschaft
nicht. Zur Begründung kann sich der Senat auf die im Ergebnis umfassend zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in den Antragsschriften vom 19. Juli 2001 beziehen, zu denen er lediglich folgendes ergänzend bemerkt.
I. Verfahrensrügen
1. Am 22. Sitzungstag stellte die Strafkammervorsitzende die (dauerhafte ) Verhinderung eines bis dahin an der Hauptverhandlung mitwirkenden Schöffen durch länger andauernde Erkrankung fest; für ihn trat ein Ergänzungsschöffe ein, der dann als Schöffe bei der Urteilsfindung mitgewirkt hat. Mit auf § 338 Nr. 1 StPO gestützten Besetzungsrügen machen drei Angeklagte geltend, der ursprüngliche Schöffe sei bereits an den ersten 21 Sitzungstagen teilweise krankheitsbedingt verhandlungsunfähig gewesen; einer der Revisionsführer beanstandet auch die Ablösung dieses Schöffen. Die Rügen können keinen Erfolg haben.

a) Sinn und Zweck des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 1 StPO sowie die entsprechenden Regelungen unter Nrn. 2 und 3 der Vorschrift machen deutlich, daß als erkennendes Gericht im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO ausschließlich die Gerichtsbesetzung anzusehen ist, die das mit der Revision angefochtene Urteil gefällt hat (vgl. Hanack in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 338 Rdn. 8; Kuckein in KK 4. Aufl. § 338 Rdn. 23). Allein für diese Richter hat zu gelten, daß in ihrer Person während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung kein Besetzungsmangel vorliegen darf (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1954, 151). Auf Besetzungsmängel in der Person eines später durch einen Ergänzungsrichter (§ 192 GVG) abgelösten Richters ist der absolute Revisionsgrund daher ebensowenig anwendbar wie auf solche bei einem bis zur Urteilsfindung nicht eingetretenen Ergänzungsrichter.
Aus einer Verhandlungsunfähigkeit des später wegen Krankheit ausgeschiedenen Schöffen während seiner Mitwirkung an der Hauptverhandlung könnte daher allenfalls ein relativer Revisionsgrund hergeleitet werden, wenn dieser Schöffe im Zustand der Verhandlungsunfähigkeit an einer Entscheidung mitgewirkt hätte, die sich ± ohne in fehlerfreier Besetzung bestätigt worden zu sein ± auf die Urteilsfindung ausgewirkt hätte. An entsprechendem nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unerläûlichem Revisionsvorbringen fehlt es. Abgesehen davon sind nicht einmal hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine Verhandlungsunfähigkeit des ausgeschiedenen Schöffen vor seiner Erkrankung ersichtlich.

b) Die Erkrankung wiederum gab der Strafkammervorsitzenden Anlaû , den Schöffen als verhindert ablösen zu lassen (§ 192 Abs. 2 und 3, § 77 Abs. 3 Satz 3, § 54 Abs. 1 und 3 GVG). Willkür läût ihre Entscheidung nicht erkennen. Dieser eingeschränkte revisionsgerichtliche Prüfungsmaûstab kann hier nicht anders gelten als im Fall der Feststellung der Verhinderung eines Schöffen vor Beginn der Hauptverhandlung, für den dies aus der Regelung in § 54 Abs. 3 Satz 1, § 77 Abs. 1 GVG, § 336 Satz 2 StPO folgt (Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 338 Rdn. 37; Kleinknecht/MeyerGoûner , StPO 45. Aufl. § 192 GVG Rdn. 7; noch offengeblieben in BGHSt 35, 366, 373).
2. Auch die auf § 338 Nr. 8 StPO und auf Verletzung des § 261 StPO gestützten Verfahrensrügen von drei Angeklagten im Zusammenhang mit der Befragung der Zeugin T bleiben erfolglos. Diese Zeugin, der das Landgericht ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht aus § 55 StPO zugebilligt hat, die indes nach entsprechender Belehrung zunächst zur Sache ausgesagt hatte, weigerte sich im Verlauf ihrer Vernehmung unter Berufung auf das Auskunftsverweigerungsrecht, weiterhin Fragen der Verteidigung zu beantworten.
Nach dem Revisionsvorbringen ist nicht ersichtlich, daû das Landgericht der Zeugin, die selbst wegen ähnlicher Vorwürfe wie der Angeklagte K im Zusammenhang mit der DEKRA tatverdächtig, zudem als Sekretärin seiner Fahrschule teilnahmeverdächtig war, zu Unrecht ein zum Aussageverweigerungsrecht verdichtetes Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO zugebilligt hätte (vgl. BGHSt 43, 321, 325 f.; Kleinknecht /Meyer-Goûner aaO § 55 Rdn. 2 m.w.N.). Die Zeugin war damit, auch nachdem sie auf eine Aussageverweigerung zunächst verzichtet hatte, befugt , ohne Angabe von Gründen die Beantwortung sämtlicher Fragen der Verteidiger zu verweigern (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goûner aaO § 55 Rdn. 12; § 52 Rdn. 15; Dahs in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 55 Rdn. 17). Deren und der Angeklagten eigenes Fragerecht (Art. 6 Abs. 3 Buchst. d MRK; Art. 14 Abs. 3 Buchst. e IPbürgR; vgl. dazu BGHSt 46, 93, 94 ff.) muû dem Schutz des Zeugen vor erzwungener Selbstbelastung (“nemo tenetur se ipsum accusare”; Art. 14 Abs. 3 Buchst. g IPbürgR; vgl. dazu BVerfGE 38, 105, 113; BGHSt 42, 139, 151 ff. m.w.N.; Rieû in Löwe /Rosenberg, StPO 25. Aufl. Einl. Abschn. I Rdn. 88, 96) nachstehen.
Im übrigen haben die Verteidiger das Angebot, über das Gericht Fragen an die Zeugin zu richten, nicht genutzt (UA S. 49; Beschluû des Landgerichts vom 30. August 1999, Bl. 64, 67/PB V). Der unbegründete Antrag , die Zeugin zur Beantwortung bestimmter unmittelbar von den Verteidigern formulierter Fragen zu zwingen, schloû nicht den Antrag ein, das Gericht möge diese Fragen als eigene stellen. Dies gilt umso mehr, als die Verteidigung ausdrücklich das bloûe Einräumen der Möglichkeit einer Übernahme ihrer Fragen durch das Gericht anstelle der ± notfalls auch zwangsweise ± begehrten Durchsetzung ihres eigenen Fragerechts als unzulässig erachtet hatte. Zudem ist eine zulässige Aufklärungsrüge, mit der das Unterlassen der Übernahme von Verteidigerfragen durch das Gericht im Revisionsverfahren beanstandet werden müûte, in diesem Zusammenhang nicht erhoben worden.

Die Prozeûsituation steht im Spannungsfeld zwischen dem Schutz des Zeugen vor erzwungener Selbstbelastung auf der einen und dem Fragerecht von Angeklagtem und Verteidigung auf der anderen Seite. Ein Verbot, die Angaben eines so die Aussage teilweise verweigernden Zeugen zum Nachteil des hierdurch in der aktiven Wahrnehmung seines Fragerechts beeinträchtigten Angeklagten zu verwerten, läût sich indes aus dessen Recht auf ein faires Verfahren nicht herleiten. Dieses Ergebnis folgt maûgeblich aus der Bedeutung der Wahrheitsermittlung im Strafverfahren. Allerdings ist der Tatrichter verpflichtet, ein solches Aussageverhalten im Rahmen der Beweiswürdigung bei der Beurteilung der Aussage des betreffenden Zeugen kritisch zu bewerten (vgl. BGH NStZ 2001, 440; allgemein zur Verwertbarkeit BGHR StPO § 55 Abs. 1 Auskunftsverweigerung 8; Rengier NStZ 1998, 47, 48). Nach dem Gesamtzusammenhang des Urteils ist nicht zu besorgen, daû der Tatrichter dieser Verpflichtung im Rahmen seiner Beweiswürdigung letztlich nicht genügt hätte.
3. Die auf Ablehnung von Beweisanträgen auf Vernehmung eines sprachwissenschaftlichen Sachverständigen gestützten Verfahrensrügen der Staatsanwaltschaft scheitern bereits an § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Für die hinreichende Beurteilung der Geeignetheit des Beweismittels (§ 244 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 StPO) hätte es ± bezogen auf jeden Prüfling, dessen Sprachkundigkeit sachverständig zu untersuchen begehrt wurde ± einer genauen Bezeichnung hierfür relevanter besonders tatzeitnaher aktenkundiger Erkenntnisse ± gegebenenfalls aus Prüfungsunterlagen und Vernehmungen ± bedurft. Die pauschale Bezugnahme auf in der Anklage angegebene Fundstellen in dem abgelehnten Antrag ist jedenfalls im Rahmen der Revisionsbegründung insoweit offensichtlich unzulänglich (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Beweisantragsrecht 5).
II. Sachrügen

1. Die sachlichrechtliche Überprüfung der Beweiswürdigung gibt insgesamt keinen Anlaû zu durchgreifenden Bedenken. Dies gilt letztlich auch, soweit die Staatsanwaltschaft beanstandet, daû das Landgericht trotz Feststellung länger andauernder allgemeiner Unrechtsvereinbarungen zwischen dem Angeklagten K auf der einen und den übrigen Angeklagten auf der anderen Seite nur in den Fällen zur Verurteilung gelangt ist, an die sich der geständige Angeklagte K konkret sicher erinnern konnte und bei denen zugleich gravierende Indizien für eine tatsächlich erfolgte Prüfungsmanipulation vorlagen.

a) Die überaus vorsichtige und zurückhaltende Beweiswürdigung des Tatrichters war geprägt von der dem Zusammenhang des Urteils ausreichend deutlich zu entnehmenden erheblichen Schwierigkeit der gesamten Beweislage. Diese war mitbeeinfluût von unterschiedlichen Interessen des Angeklagten K auf der einen, der übrigen Angeklagten auf der anderen Seite, und ersichtlich auch von unterschiedlichen, nicht stets am Ziel der Wahrheitsfindung orientierten Eigeninteressen verschiedener Beweispersonen. Zwar erfuhr das Pauschalgeständnis des Angeklagten K zahlreiche Stützungen, nicht zuletzt durch die Feststellungen über weitgehende Manipulationsmöglichkeiten, wie sie im Organisationsbereich der DEKRA eröffnet waren. Auch konnten generelle Falschbezichtigungsmotive des Angeklagten K rechtsfehlerfrei als fernliegend angesehen werden. Indes waren massive Bedenken gegen die Detailgenauigkeit seiner Angaben berechtigt, da er einerseits ± ersichtlich aufschneiderisch ± angab, “99 Prozent” der in Zahlungslisten enthaltenen Fahrschüler hätten eine manipulierte Prüfung erhalten, an die einzelnen Personen andererseits dann keine oder nur vage Erinnerungen hatte. Bei dieser Ausgangslage war eine nähere Konkretisierung seiner pauschalen Angaben, die zur zuverlässigen Überzeugungsbildung für die Ausführung bestimmter Bestechungstaten ausgereicht hätte, nur schwer zu erreichen. Die sachlichrechtliche Prüfung durch
den Senat ergibt in diesem Zusammenhang keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daû der Tatrichter insoweit vorhandene aussichtsreiche Beweismittel unerschöpft gelassen hätte.
Ohnehin bestand zusätzlicher Anlaû zu kritischer Würdigung ± ohne daû der Tatrichter deshalb gehalten gewesen wäre, dem Geständnis insgesamt zu miûtrauen ± im Blick auf die besondere Geständnismotivation des Angeklagten K , der ersichtlich durch seine Aussagebereitschaft eine weitere Inhaftierung zu verhindern suchte; dies gilt zumal im Blick auf das gesamte Prozeû- und Begleitverhalten dieses Angeklagten, insbesondere im Zusammenhang mit seinem schlieûlich erfolgten eigenmächtigen Ausbleiben aus der weiteren Hauptverhandlung. Der Gesamtzusammenhang des Urteils läût hinreichend deutlich erkennen, daû der Tatrichter sich bei seiner im Detail besonders zurückhaltenden Überzeugungsbildung auch von solchen berechtigten Überlegungen hat leiten lassen.

b) Auch in Fällen der hier vorliegenden Art mag freilich eine tatrichterliche Überzeugung von einem über die Einzelfallindividualisierbarkeit hinausgehenden , im Wege der Schätzung zu ermittelnden Mindestschuldumfang in Betracht zu ziehen sein, was zur Aburteilung einer unter Beachtung des Zweifelsgrundsatzes zu bestimmenden Mindestzahl weiterer von der Anklage erfaûter Einzelfälle auf wahldeutiger Tatsachengrundlage führen kann (vgl. für allerdings ganz unterschiedliche Fälle BGHSt 40, 374, 376 f.; 42, 107, 109 f.; BGH NStZ 1997, 280; wistra 1999, 426). Dies wäre namentlich zum Nachteil des an sämtlichen in Betracht zu ziehenden Taten mitbeteiligten Angeklagten K nicht undenkbar gewesen. Indes war das Landgericht hier nicht gehalten, eine solche Schätzung vorzunehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Umstände des Geständnisses des Angeklagten K und seines sonstigen Verhaltens ist es vom Revisionsgericht hinzunehmen, daû der Tatrichter bei seiner ihm obliegenden Überzeugungsbildung den Angaben dieses Angeklagten mit Zurückhaltung begegnet
ist und eine weitergehende Verurteilung im Wege der Schätzung allein auf der Grundlage seines weitgehend pauschalen Geständnisses nicht vorgenommen hat.
Da im übrigen gravierende Indizien für eine Prüfungsmanipulation nicht gegeben waren, fehlte es an einer hinreichenden Schätzungsgrundlage. Anlaû zu revisionsgerichtlicher Korrektur des Beweiswürdigungsergebnisses , namentlich zum Nachteil der Angeklagten, bestand umso weniger angesichts eines vor den festgestellten Tathintergründen eher milden, aber nicht etwa ersichtlich unausgewogenen Gesamtergebnisses.

c) Die Konkretisierungsanforderungen, die der Tatrichter bei Feststellung jeder einzelnen Tat vorausgesetzt hat, und seine daraus folgende strikte Orientierung an den angeklagten Einzelfällen sind hier zudem vom Revisionsgericht umso mehr hinzunehmen, da die Taten nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 13. August 1997 (BGBl. I 2038) zu beurteilen waren (§ 2 Abs. 3 StGB). Nach altem Recht bestanden noch strengere Anforderungen an die Bestimmtheit der Diensthandlung, die mit der Vorteilsgewährung an den Amtsträger zusammenhing (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 331 Rdn. 21 ff.; Bauer/Gmel in LK 11. Aufl. §§ 331 ± 338 ± Nachtrag ± Rdn. 7 ff.; Dölling ZStW 112 [2000], 334, 343 f.).
2. Die Schuldsprüche sind rechtsfehlerfrei. Die bestochenen DEKRA-Fahrprüfer waren Amtsträger gemäû § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StGB (vgl. BGHSt 42, 230, 233).
Auch die Rechtsfolgenaussprüche sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Namentlich im Blick auf die lange Dauer der Untersuchungs-
haft bei allen vier wegen Bestechlichkeit verurteilten Angeklagten können die Einwände der Staatsanwaltschaft gegen die jeweiligen Rechtsfolgenaussprüche keinen Erfolg haben.
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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.