Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 113/18
vom
20. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2018:200618B5STR113.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 20. Juni 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 29. November 2017 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Adhäsionsausspruch aufgehoben und von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen wird. Die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch das Adhäsionsverfahren entstandenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Zudem hat es dem Adhäsionskläger einen Betrag von 4.786,86 Euro zugesprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügenden Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Schuld- und Strafausspruch halten rechtlicher Prüfung stand. Jedoch kann die Adhäsionsentscheidung keinen Bestand haben. Von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag ist insgesamt abzusehen.
3
a) Der Adhäsionsausspruch ist nicht tragfähig begründet. Das Urteil lässt nicht erkennen, was dem Adhäsionskläger zugesprochen wurde. Es wird nicht mitgeteilt, welche Schadenspositionen Grundlage des Leistungsurteils sind (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2017 – 3 StR 414/17; LR-StPO/Hilger, 26. Aufl., § 406 Rn. 5). Zudem erscheint es nicht ausgeschlossen, dass Ansprüche des Adhäsionsklägers auf Erstattung von Heilbehandlungskosten zuerkannt wurden, die nach § 116 SGB X bzw. § 86 VVG etwa auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
4
b) Im Urteilstenor ist darüber hinaus nicht zum Ausdruck gebracht, dass das Landgericht – ohne Begründung – nicht über den vom Adhäsionskläger gestellten Antrag auf Gewährung immateriellen Schadensersatzes entschieden hat. Insoweit wäre der Ausspruch erforderlich gewesen, dass von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2018 – 5 StR 347/17 mwN). Auch hätte der Adhäsionskläger im Rubrum oder in der Urteilsformel in einer § 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO entsprechenden Weise bezeichnet werden müssen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 406 Rn. 3).
5
c) Da die Zurückverweisung der Sache allein wegen des zivilrechtlichen Teils der Entscheidung nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2017 – 3 StR 515/17, NStZ-RR 2018, 121, 122), sieht der Senat von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag insgesamt ab (§ 406 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 3 StPO).
6
2. Der nur geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Beschwerdeführer teilweise von den durch sein Rechtsmittel veranlassten Kosten freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO). Die Auslagenentscheidung für das Adhäsionsverfahren fußt auf § 472a Abs. 2 StPO.
Mutzbauer Sander Schneider
König Köhler

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 414/17
vom
2. November 2017
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen besonders schwerer Brandstiftung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:021117B3STR414.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 2. November 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 24. Mai 2017 im Adhäsionsausspruch aufgehoben ; von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag wird abgesehen.
2. Die weitergehende Revision der Angeklagten wird verworfen. 3. Die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch das Adhäsionsverfahren entstandenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.
Die Beschwerdeführerin hat die verbleibenden Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen besonders schwerer Brandstiftung und Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten sowie darüber hinaus verurteilt, an die Adhäsionsklägerin einen Be- trag in Höhe von 8.060,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basis- zinssatz ab dem 3. Januar 2017 zu zahlen. Dagegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf die Rüge der Verletzung formellen Rechts und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Entscheidung über den Adhäsionsantrag der Nebenklägerin begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Es fehlen Ausführungen dazu, um welche Kosten es sich konkret handelt und wodurch diese entstanden sind. Die Ausführungen auf UA S. 37 erlauben dem Senat nicht die Nachprüfung, ob der insoweit zuerkannte Anspruch auf materiellen Schadensersatz dem Grunde und der Höhe nach rechtsfehlerfrei bestimmt worden (vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2011 - 4 StR 600/11, juris Rn. 4) und gegebenenfalls nach § 116 SGB X bzw. § 86 VVG auf einen Versicherungsträger übergegangen ist. Dies hat die Aufhebung des Adhäsionsausspruchs zur Folge. Da die Zurückverweisung der Sache allein wegen des zivilrechtlichen Teils des angefochtenen Urteils nicht in Betracht kommt, sieht der Senat gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 3 StPO von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag ab (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2014 - 3 StR 372/13, juris Rn. 6 mwN; vom 27. März 2014 - 3 StR 33/14, juris Rn. 2 und vom 10. Januar 2017 - 3 StR 496/16, NStZ-RR 2017, 223, 224).
3
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels bietet keinen Anlass, die Verfahrenskosten oder die notwendigen Auslagen der Angeklagten auch nur teilweise der Staatskasse aufzuerlegen (§ 473 Abs. 4 StPO). Die Kosten- und Auslagenentscheidung des Adhäsionsverfahrens folgt aus § 472a Abs. 2 StPO.
Becker Schäfer Gericke Tiemann Hoch

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.

(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 347/17
vom
21. Februar 2018
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
ECLI:DE:BGH:2018:210218U5STR347.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 21. Februar 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Dölp, Dr. Berger als beisitzende Richter,
Bundesanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt G. als Verteidiger,
Rechtsanwalt F. als Vertreterin des Neben- und Adhäsionsklägers,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen des Angeklagten und des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 23. Januar 2017 werden verworfen, die des Angeklagten mit der Maßgabe, dass bezüglich des weitergehenden Adhäsionsantrags von einer Entscheidung abgesehen wird.
2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Eine Auslagenerstattung findet nicht statt.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Braunschweig vom 22. Mai 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und darüber hinaus eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Mit ihren Rechtsmitteln rügen sowohl der Angeklagte als auch der Nebenkläger die Verletzung sachlichen Rechts, der Angeklagte beanstandet darüber hinaus das Verfahren. Beide Revisionen haben keinen Erfolg. Auf die Revision des Angeklagten war lediglich der Tenor hinsichtlich der Adhäsionsentscheidung zu ergänzen.

I.


2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
3
a) Am 20. Mai 2014 begegnete der Angeklagte an einem Treffpunkt der Drogenszene in Braunschweig zufällig dem ihm bekannten Nebenkläger, der sich dort neben anderen auch mit dem Zeugen B. aufhielt. Zwischen unter anderem dem Nebenkläger und dem Angeklagten war es etwa zwei Wochen zuvor zu einer Auseinandersetzung gekommen, in deren Verlauf der Angeklagte eine leichte Kopfverletzung erlitten hatte. Aus Verärgerung hierüber ent- schloss sich der Angeklagte spontan, dem Nebenkläger einen „Denkzettel“ zu verpassen und schlug dem Nebenkläger unvermittelt mit der Faust ins Gesicht. Hierdurch ging dieser zu Boden und fiel mit seinem Kopf auf eine gepflasterte Fläche. Der etwa 90 kg schwere Angeklagte trat sodann dem keinen Widerstand leistenden Nebenkläger mit seinen mit festem Schuhwerk versehenen Füßen mehrfach gegen den Kopf. Darüber hinaus sprang er mindestens fünfmal mit beiden Füßen auf den Kopf des Nebenklägers, um ihm eine Lehre zu erteilen. Der Zeuge B. versuchte einmal erfolglos, den Angeklagten von dem Nebenkläger wegzudrücken. In dieser Phase des Tatgeschehens wurde der Angeklagte durch ein kurzzeitiges Eingreifen seiner Ehefrau unterstützt, die in Kenntnis und mit Billigung des Angeklagten mit ihrer Handtasche nach dem Nebenkläger schlug und ihm einmal gegen den Kopf trat.
4
Schließlich sah der Angeklagte aus für die Strafkammer nicht sicher feststellbaren Gründen von weiteren Einwirkungen auf den Nebenkläger ab und verließ mit seiner Ehefrau den Tatort. Möglicherweise tat er dies, weil er der Auffassung war, der Nebenkläger habe nun „genug“ bekommen, weil er – der Angeklagte – inzwischen Polizeisirenen wahrgenommen oder weil der Zeuge B. einen zweiten Versuch unternommen hatte, dem Nebenkläger zur Hilfe zu kommen. Der Nebenkläger war zu diesem Zeitpunkt „erkennbar schwer verletzt, röchelte aber noch vernehmbar“. Mehrere Bekannte des Nebenklägers befanden sich am Tatort, so dass mit rascher Hilfe zu rechnen war, wasdem Angeklagten auch bewusst war.
5
Der Nebenkläger erlitt multiple Gesichtsfrakturen und befand sich fast zwei Wochen in stationärer Behandlung. Im Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung bestanden immer noch Einschränkungen des Kurzzeitgedächtnisses und ein nahezu vollständiger Verlust des Geschmackssinns.
6
b) Das Landgericht hat einen freiwilligen Rücktritt vom unbeendeten Versuch des Totschlags nach § 24 Abs. 1 StGB bejaht und den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB verurteilt. Es hat in dubio pro reo angenommen, dieser sei davon ausgegangen, durch bloße Beendigung seiner Einwirkungshandlungen den Eintritt des Todeserfolgs verhindern zu können.
7
Zu der Frage, aus welchem Beweggrund der Angeklagte die weitere Tatausführung beendet habe, hat es keine sicheren Feststellungen treffen können. Aufgrund des Zweifelssatzes sei daher zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen, er sei der Auffassung gewesen, der Nebenkläger habe mit der Zufügung erheblicher Verletzungen „genug“.

II.


8
Die Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg. Sie führt lediglich zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Ergänzung des Tenors. Bei einem Grund- oder Teilur- teil nach § 406 Abs. 1 Satz 2 StPO ist im Tenor auszusprechen, dass im Übrigen von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen wird (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2018 – 5 StR 488/17; Beschluss vom 4. November 2014 – 1 StR 432/14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 406 Rn. 13a mwN).

III.


9
Auch die Revision des Nebenklägers hat keinen Erfolg.
10
1. Die Erwägungen des Landgerichts zum freiwilligen Rücktritt vom unbeendeten Totschlagsversuch halten sachlich-rechtlicher Prüfung stand.
11
a) Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass das Landgericht vom unbeendeten Versuch ausgegangen ist.
12
aa) Es hat zutreffend den nach ständiger Rechtsprechung geltenden Maßstab für die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch zugrunde gelegt, der sich nach dem Vorstellungsbild des Täters nach Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung, dem sogenannten Rücktrittshorizont, bestimmt (BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227; Urteile vom 3. Dezember 1982 – 2 StR 550/82, BGHSt 31, 170, 175; vom 12. November 1987 – 4 StR 541/87, BGHSt 35, 90, 91 f., und vom 2. November 1994 – 2 StR 449/94, BGHSt 40, 304, 306). Wenn bei einem Tötungsdelikt der Täter den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht, liegt ein beendeter Versuch vor. Die zum beendeten Versuch führende gedankliche Indifferenz des Täters gegenüber den von ihm bis dahin angestrebten oder doch zumindest in Kauf genommenen Konsequenzen ist eine innere Tatsache, die festgestellt werden muss, wozu es in der Regel einer zusammenfassenden Würdigung aller maßgeblichen objektiven Umstände bedarf (BGH, Urteile vom 2. November 1994, 2 StR 449/94, aaO und vom 3. Juni 2008 – 1 StR 59/08, NStZ 2009, 264; Beschlüsse vom 22. Mai 2013 – 4 StR 170/13, NStZ 2013, 703, 704, und vom 27. Januar 2014 – 4 StR 565/13, NStZ-RR 2014, 202 f.).
13
bb) Bei der an diesen Maßstäben ausgerichteten Gesamtwürdigung hat das Landgericht die für den Rücktrittshorizont relevanten Umstände aus dem festgestellten Lebenssachverhalt berücksichtigt und ist unter Anwendung des für den Rücktrittshorizont geltenden Zweifelssatzes (BGH, Beschluss vom 22. Mai 2013 – 4 StR 170/13, NStZ 2013, 703, 704) rechtsfehlerfrei zur Annahme eines unbeendeten Versuchs gelangt.
14
Zwar setzt die Annahme eines unbeendeten Versuchs gerade bei besonders gefährlichen Gewalthandlungen eines mit bedingtem Tötungsvorsatz handelnden Täters voraus, dass auch Umstände festgestellt werden, die im Rahmen der Gesamtwürdigung die Wertung zulassen, er habe nach Beendigung der Tathandlung den tödlichen Erfolg nicht (mehr) für möglich gehalten (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2010 – 2 StR 536/10). Einen solchen Umstand hat die Strafkammer in wahrnehmbaren Lebenszeichen des Nebenklägers (Atemgeräuschen) gesehen und in ihre Gesamtwürdigung zum Rücktrittshorizont einbezogen. Dies ist vom Revisionsgericht hinzunehmen, auch wenn andere Schlüsse möglich gewesen wären oder gar näher gelegen hätten (BGH, Urteile vom 27. Juli 2017 – 3 StR 172/17, und vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178, 179).
15
Soweit das Landgericht darüber hinaus schon bei der Abgrenzung des beendeten vom unbeendeten Versuch auf den Grundsatz in dubio pro reo zu- rückgreift, begegnet auch dies keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2013 – 4 StR 170/13, NStZ 2013, 703, 704; Urteil vom 8. Dezember 2010 – 2 StR 536/10). Denn dieser verbietet es in Fällen , in denen Vorstellungen des Angeklagten in Bezug auf den Erfolgseintritt nicht festgestellt werden können, auf deren Fehlen – und damit auf das Vorliegen der Voraussetzungen eines beendeten Versuchs – zu schließen (BGH, Beschlüsse vom 22. Mai 2013 – 4 StR 170/13, NStZ 2013, 703, 704, und vom 27. Januar 2014 – 4 StR 565/13, NStZ-RR 2014, 202, 203; SSWStGB /Kudlich/Schuhr, 3. Aufl., § 24 Rn. 38). Für die zum beendeten Versuch führende Annahme der gedanklichen Indifferenz des Täters bedarf es deren eigenständiger Feststellung (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2014 – 4 StR 565/13, aaO), zu der das Landgericht jedoch – rechtfehlerfrei – gerade nicht gelangt ist.
16
b) Die Erwägungen des Landgerichts zur Freiwilligkeit des Rücktritts halten revisionsgerichtlicher Überprüfung ebenfalls stand.
17
Auch bei der Feststellung der Freiwilligkeit wirken sich Zweifel an dieser inneren Tatsache zu Gunsten des Täters aus (BGH, Beschlüsse vom 19. Dezember 2006 – 4 StR 537/06, NStZ 2007, 265, 266 und vom 20.August 2004 – 2 StR 281/04, NStZ-RR 2004, 361; SSW-StGB/Kudlich/Schuhr, aaO, § 24 Rn. 67). Das Landgericht hat vorliegend drei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mögliche Abläufe bzw. Motivationsfaktoren für das Ablassen des Angeklagten vom Nebenkläger in Betracht gezogen, wobei keine der erwogenen Konstellationen zur Überzeugung der Strafkammer letztlich festgestellt werden konnte. Auf dieser Beweisgrundlage hat die Strafkammer bei der Bewertung der Freiwilligkeit des Rücktritts rechtsfehlerfrei unter Anwendung des Zweifelssat- zes die für den Angeklagten günstigste der drei Varianten („Opfer hatte genug“) zugrunde gelegt, die zur Annahme eines freiwilligen Rücktritts führt.
18
c) Das Landgericht hat zudem zu Recht die Prüfung des Rücktritts vom Totschlagsversuch am Maßstab des § 24 Abs. 1 StGB ausgerichtet. Eine Beteiligung der Ehefrau am versuchten Tötungsdelikt, die zur Anwendung von § 24 Abs. 2 StGB hätte führen können, wird durch die Feststellungen nicht belegt.
19
2. Die Entscheidung im Adhäsionsverfahren durch ein Grundurteil gemäß § 406 Abs. 1 Satz 2 StPO ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat ausreichend dargelegt, dass der Rechtsstreit über die Höhe des geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs nicht entscheidungsreif war (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2002 – 5 StR 291/02, BGHSt 47, 378, 380; Hilger in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 406 Rn. 9; Velten in SK-StPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 8). Eine Hinweispflicht besteht bei Entscheidung durch Grundurteil nach § 406 Abs. 5 Satz 1 StPO nicht (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 406 Rn. 14; Stöckel in KMR-StPO, § 406 Rn. 28; Meyer/Dürre, JZ 2006, 18, 24).
Mutzbauer Sander Schneider
Dölp Berger

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 515/17
vom
19. Dezember 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. und 3.: besonders schweren Raubes u.a.
zu 2.: Beihilfe zum besonders schweren Raub u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:191217B3STR515.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 19. Dezember 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten Ad. N. und A. N. wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 17. Mai 2017, soweit es sie betrifft, im Adhäsionsausspruch aufgehoben.
Von einer Entscheidung über den gegen diese Angeklagten gerichteten Adhäsionsantrag wird abgesehen.
Die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren entstandenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten Ad. N. und A. N. und die Revision des Angeklagten K. gegen das vorgenannte Urteil werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die (verbleibenden) Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten K. und A. N. wegen versuchten besonders schweren Raubes und wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Gegen den Angeklagten K. hat es auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten, gegen den Angeklagten A. N. auf eine Jugendstrafe von zwei Jahren erkannt; die Vollstreckung der Jugendstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten Ad. N. hat es wegen Beihilfe zum versuchten besonders schweren Raub und wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es die Angeklagten K. , Ad. N. und A. N. verurteilt, als Gesamtschuld- ner an den Nebenkläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 3. April 2017 zu zahlen, und festgestellt, dass der Schmerzensgeldanspruch auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht. Die auf sachlich-rechtliche Beanstandungen gestützten Rechtsmittel der Angeklagten Ad. N. und A. N. haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind sie ebenso wie die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten K. unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Adhäsionsausspruch hat hinsichtlich der Angeklagten Ad. N. und A. N. keinen Bestand.
3
Nach den Feststellungen versetzte der Angeklagte K. dem Adhäsionskläger zur Ermöglichung eines mittäterschaftlich geplanten Raubes eine Vielzahl von Schlägen mit einem Baseballschläger; zehn bis 15 Mal traf er dabei dessen Kopf. Die Schläge führten zu multiplen Verletzungen; sie waren po- tentiell lebensgefährlich und mit einer solchen Wucht geführt, dass der Schläger schließlich zerbrach.
4
Diese schweren und lebensgefährlichen Misshandlungen (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) hat das Landgericht allein dem Angeklagten K. , mangels entsprechenden Vorsatzes nicht aber den Angeklagten Ad. N. und A. N. zugerechnet; deren Verhalten hat es lediglich als gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB (A. N. ) beziehungsweise als Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB (Ad. N. ) gewertet. Dennoch hat das Landgericht die Angeklagten Ad. N. und A. N. verurteilt, als Gesamtschuldner ein Schmerzensgeld an den Adhäsionskläger in gleicher Höhe wie der Angeklagte K. zu zahlen.
5
Dagegen bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken. Das Landgericht hat die Höhe des Schmerzensgeldes mit dem Ausmaß der dem Geschädigten zugefügten Verletzungen begründet. Die schweren und lebensgefährlichen Verletzungen fügte ihm jedoch allein der Angeklagte K. - insoweit im Exzess handelnd - zu. Damit kommt eine Zurechnung dieser Tatbeiträge aber auch bei der Prüfung der Frage, inwieweit sich die Angeklagten Ad. N. und A. N. im Sinne des § 830 Abs. 1 BGB als Mittäter an einer die zivilrechtliche Haftung begründenden deliktischen Verhaltensweise beteiligten, nicht in Betracht, was wiederum den Umfang ihrer gesamtschuldnerischen Haftung nach § 840 Abs. 1 BGB begrenzt. Die Beurteilung richtet sich insoweit nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Die wechselseitige Zurechnung der einzelnen Tatbeiträge reicht dabei nicht weiter als der gemeinsame Vorsatz und scheidet aus, soweit einer der Mittäter im Exzess Handlungen begeht, die vom gemeinsamen Tatplan und dem Vorsatz der anderen nicht gedeckt sind. Auch die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes bei vorsätz- lichen Körperverletzungsdelikten kann - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht zur Begründung dafür herangezogen werden, die Angeklagten Ad. N. und A. N. in gleicher Höhe wie den Angeklagten K. zur Schmerzensgeldzahlung zu verurteilen (vgl. zum Ganzen BGH, Beschlüsse vom 7. Februar 2013 - 3 StR 468/12, juris; vom 8. Januar 2014 - 3 StR 372/13, StraFo 2014, 217; vom 28. April 2015 - 3 StR 52/15, NStZ-RR 2015, 320).
6
2. Da die Zurückverweisung der Sache allein wegen des zivilrechtlichen Teils der Entscheidung nicht in Betracht kommt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 406a Rn. 5 mwN), sieht der Senat von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag gegen die Angeklagten Ad. N. und A. N. ab (§ 406 Abs. 1 Satz 3 und 6 StPO).
Becker Schäfer Spaniol Berg Hoch

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Soweit dem Antrag auf Zuerkennung eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs stattgegeben wird, hat der Angeklagte auch die dadurch entstandenen besonderen Kosten und die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Sinne der §§ 403 und 404 zu tragen.

(2) Sieht das Gericht von der Entscheidung über den Adhäsionsantrag ab, wird ein Teil des Anspruchs dem Antragsteller nicht zuerkannt oder nimmt dieser den Antrag zurück, so entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, wer die insoweit entstandenen gerichtlichen Auslagen und die insoweit den Beteiligten erwachsenden notwendigen Auslagen trägt. Die gerichtlichen Auslagen können der Staatskasse auferlegt werden, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten.