Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR548/14
vom
26. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 26. Februar 2015 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. 1. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 23. Mai 2014, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass dieser Angeklagte des besonders schweren Raubes und des versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist,
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Strafausspruch im Fall B.I. der Urteilsgründe und im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. II. 1. Auf die Revision des Angeklagten C. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass dieser Angeklagte des besonders schweren Raubes schuldig ist,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M. „wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung und wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung“ zu derGesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Den Angeklagten C. hat es „wegen schweren Raubes“ unter Auflösung einer nachträglich gebildeten Gesamtgeldstrafe und unter „Einbeziehung der Geldstrafe von neunzig Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 12.08.2013 – 730 Ds 260 Js 66/13 – 101/13 –“ zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel erzielen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Die Verurteilung des Angeklagten M. wegen (tateinheitlich begangener ) Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin A. im Fall B.I. der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
1. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe bei dem Überfall auf den Kiosk der Geschädigten G. S. am 20. Juli 2013 auch den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt, wird von den Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht getragen.
4
a) Als Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB ist jedes Hervorrufen oder Steigern eines vom Normalzustand der körperlichen Funktionen des Opfers nachteilig abweichenden Zustandes anzusehen. Dabei kommt es nicht darauf an, auf welche Art und Weise die Beeinträchtigung erfolgt ist (BGH, Urteil vom 4. November 1988 – 1 StR 262/88, BGHSt 36, 1, 6). Rein psychische Empfindungen genügen bei keiner Handlungsalternative, um einen Körperverletzungserfolg gemäß § 223 Abs. 1 StGB zu begründen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02, BGHSt 48, 34, 36; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 11. Juli 2012 – 2 StR 60/12, NStZ-RR 2012, 340 f.; OLG Düsseldorf, NJW 2002, 2118; Meyer, ZStW 115 (2003), 249, 261). Wirkt der Täter auf sein Opfer lediglich psychisch ein, liegt eine Körperverletzung daher erst dann vor, wenn ein pathologischer, somatisch-objektivierbarer Zustand hervorgerufen worden ist, der vom Normalzustand nachteilig abweicht (BGH, Urteil vom 31. Oktober 1995 – 1 StR 527/95, BGHR StGB § 223 Abs. 1 Ge- sundheitsbeschädigung 2). Bloß emotionale Reaktionen auf Aufregungen, wie etwa starke Gemütsbewegungen oder andere Erregungszustände, insbesondere Angstzustände, stellen keinen pathologischen Zustand und damit keine Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB dar (BGH, Beschluss vom 5. November 1996 – 4 StR 490/96, NStZ 1997, 123; vgl. zu Vorstehendem auch BGH, Beschluss vom 18. Juli 2013 – 4 StR 168/13, NJW 2013, 3383).
5
b) Daran gemessen genügt es – entgegen der Auffassung des Landgerichts (UA 38, 39) – für die Verurteilung des Angeklagten M. wegen Körperverletzung nicht, dass er der Zeugin A. den von ihm mitgeführten Elektroschocker an die Schläfe hielt und die Zeugin, die glaubte, ihr werde eine Pistole an den Kopf gehalten, „große Angst“ verspürte und regungslos liegen blieb. Für einen pathologischen, somatisch-objektivierbaren Zustand der Geschädigten ergeben sich auch aus dem Gesamtzusammenhang des angefochtenen Urteils keine Anhaltspunkte.
6
2. Der Senat schließt bei der gegebenen Beweislage aus, dass sich aufgrund einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen treffen lassen, die eine Verurteilung wegen vollendeter oder versuchter Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin A. tragen könnten. Er ändert deshalb den Schuldspruch im Fall B.I. der Urteilsgründe dahin ab, dass die Verurteilung des Angeklagten M. nach § 223 Abs. 1 StGB entfällt.
7
3. Darüber hinaus hat der Senat klargestellt, dass der Angeklagte M. im Fall B.I. der Urteilsgründe des besonders schweren Raubes und im Fall B.II. des versuchten besonders schweren Raubes (in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung) schuldig ist. Im Falle der Verurteilung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist auf „besonders schweren Raub“ zu erkennen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 2. März 2010 – 3 StR 496/09).
8
4. Die Änderung des Schuldspruchs im Fall B.I. der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der in diesem Fall verhängten Einzelfreiheitsstrafe; das Landgericht hat ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte zwei Straftatbestände verwirklicht hat. Dies zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.

II.


9
Die Revision des Angeklagten C. führt lediglich zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.
10
1. Die Bildung der nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11
Nach den Feststellungen des Landgerichts zur Person wurde der Angeklagte vor der Verurteilung vom 12. August 2013 mehrfach, unter anderem am 16. Mai 2012 und am 31. Oktober 2012, jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt. Feststellungen zum Vollstreckungsstand – bezogen auf den Zeitpunkt des angefochtenen Urteils – fehlen völlig; auch werden die diesen Vorverurteilungen zugrunde liegenden Tatzeiten nicht mitgeteilt. Der Senat kann daher nicht ausschließen , dass bereits der Verurteilung vom 16. Mai 2012 Zäsurwirkung für die einbezogene Strafe aus der Verurteilung vom 12. August 2013 zukommt; die hierdurch abgeurteilte Tat beging der Angeklagte am 5. Mai 2012. Auszugehen ist stets von der ersten unerledigten Verurteilung, die Zäsurwirkung entfaltet, sodass eine Gesamtstrafenbildung nur für die bis dahin begangenen Taten möglich ist (BGH, Beschluss vom 28. Juli 2006 – 2 StR 215/06, NStZ 2007, 28, 29; zu den Anforderungen an die Entscheidungsgründe bei Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. März 2010 – 3 StR 496/09, NStZ-RR 2010, 202, 203, vom 8. Februar 2011 – 4 StR 658/10, vom 3. Mai 2011 – 3 StR 110/11, vom 8. Juni 2011 – 4 StR 249/11, NStZ-RR 2011, 307, und vom 15. Januar 2015 – 4 StR 503/14).
12
Dieser Rechtsfehler kann sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, zumal das Landgericht nicht geprüft hat, ob die am 12. August 2013 verhängte Geldstrafe gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2, § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB gesondert bestehen bleiben kann.
13
2. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass nach Aufhebung einer nachträglichen Gesamtstrafe und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht die (erneute) Bildung der Gesamtstrafe gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Entscheidung zu erfolgen hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 2011 – 3 StR 374/11, NStZ-RR 2012, 106, und vom 22. August 2013 – 3 StR141/13, StraFo 2013, 474, 475). Die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer wird auch Gelegenheit haben zu prüfen, ob – wie festgestellt (UA 15) – in der einbezogenen Vorverurteilung vom 12. August 2013 „wegen versuchter Körperverletzung und Körperverletzung“ tatsächlich nur eine Geld- strafe von 90 Tagessätzen oder – der tatmehrheitlichen Verurteilung entsprechend – eine Gesamtgeldstrafe in dieser Höhe festgesetzt worden ist.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

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(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
Der Versuch einer Körperverletzung mit Todesfolge
in Form eines "erfolgsqualifizierten Versuchs" ist
möglich.
BGH, Urt. v. 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02
LG Cottbus –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Oktober 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 9. Oktober 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt S ,
Staatsanwältin K
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt H
als Verteidiger für den Angeklagten B ,
Rechtsanwalt Kl
als Verteidiger für den Angeklagten D ,
Rechtsanwalt Hi
als Verteidiger für den Angeklagten T ,
Rechtsanwalt N
als Verteidiger für den Angeklagten Ka ,
Rechtsanwalt W
als Verteidiger für den Angeklagten Ha ,
Rechtsanwalt Kn
als Verteidiger für den Angeklagten Sc ,
Rechtsanwalt M
als Verteidiger für den Angeklagten P ,
Rechtsanwalt Na
als Verteidiger für den Angeklagten He ,
Rechtsanwalt Bl ,
Rechtsanwältin G ,
Rechtsanwältin C ,
Rechtsanwältin Gi
als Vertreter der Nebenkläger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Nebenklägers M G wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 13. November 2000 dahin geändert, daß die Angeklagten B , D , T und Ka im Fall B. VII. der Urteilsgründe wegen der gegen F G begangenen Tat statt einer fahrlässigen Tötung der tateinheitlich begangenen versuchten Körperverletzung mit Todesfolge schuldig sind.
2. Auf die Revisionen des Nebenklägers Kab wird das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, daß die genannten Angeklagten und der Angeklagte Ha im Fall B. VII. der Urteilsgründe auch der tateinheitlich begangenen versuchten gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil dieses Nebenklägers schuldig sind.
3. Auf die Revisionen der Angeklagten Sc und He wird das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, daß diese Angeklagten im Fall B. VII. der Urteilsgründe wegen der gegen F G begangenen Tat statt einer fahrlässigen Tötung der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit unter anderem mit versuchter gefährlicher Körperverletzung (Tat zum Nachteil des Nebenklägers Kab ) schuldig sind.
4. Die Schuldsprüche lauten hiernach wie folgt: Der Angeklagte B ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperver- letzung, mit Nötigung, mit Volksverhetzung und mit Beleidigung sowie der Sachbeschädigung in zwei Fällen.
Der Angeklagte D ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung.
Der Angeklagte T ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung sowie des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung sowie der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie einer weiteren gefährlichen Körperverletzung.
Der Angeklagte Ka ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung sowie des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung.
Der Angeklagte Ha ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung sowie des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung sowie der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie der Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Bedrohung und mit gefährlicher Körperverletzung sowie einer weiteren gefährlichen Kör- perverletzung sowie des Diebstahls sowie des versuchten Diebstahls.
Der Angeklagte Sc ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung sowie des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung , sowie der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie des Diebstahls.
Der Angeklagte P ist schuldig der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung.
Der Angeklagte He ist schuldig der versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mit versuchter gefährlicher Körperverletzung , mit Nötigung, mit Volksverhetzung und mit Beleidigung sowie der Sachbeschädigung in zwei Fällen sowie der vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis.
5. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
6. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen (§ 74 JGG). Die Nebenkläger M G und Kab tragen die Kosten ihrer Revisionen; jedoch wird die Gebühr um ein Drittel ermäßigt.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und mit fahrlässiger Tötung – letzteres gilt nicht für die Angeklagten Ha und P – sowie wegen anderer Delikte zu Jugendstrafen verurteilt (B : zwei Jahre; D : ein Jahr zwei Monate; T : zwei Jahre acht Monate; Ka : ein Jahr; Ha : zwei Jahre; Sc : ein Jahr sechs Monate; He : ein Jahr sechs Monate). Die Vollstreckung der Jugendstrafen hat es, mit Ausnahme der gegen die Angeklagten B und T verhängten Strafen, zur Bewährung ausgesetzt. Den Angeklagten P hat das Landgericht verwarnt und ihm Auflagen sowie Weisungen erteilt. Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten – mit Ausnahme des Angeklagten Ha – und die Nebenkläger M G (als Bruder des Getöteten F G ) sowie Kab (als Geschädigter) Revision eingelegt. Die Revisionen der Angeklagten und die Revisionen der Nebenkläger – beschränkt auf die Entscheidung über die zu ihren Lasten bzw. zu Lasten ihrer Angehörigen von den damals Heranwachsenden begangenen Taten – führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Umstellung der Schuldsprüche, im übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet.

A.


Dem angefochtenen Urteil liegen – neben den Feststellungen zu anderen Taten – insbesondere folgende Feststellungen betreffend das Tatgeschehen in der Nacht zum 13. Februar 1999 zugrunde (siehe B. VII. der Urteilsgründe , UA S. 54 ff.):
In dieser Nacht besuchten der Angeklagte He , der rechtskräftig Verurteilte Ba und der Zeuge Pe die Diskothek „Dance-Club“ in Guben. Alsbald gerieten sie dort in einen Streit mit mehreren vietnamesischen Besuchern, der in eine tätliche Auseinandersetzung vor der Diskothek mündete. In deren Verlauf, es war etwa 2.30 Uhr, griff der Zeuge J N , ein kubanischer Staatsangehöriger mit dunkler Hautfarbe, zu einem flachen metallischen Gegenstand, der auch eine Machete gewesen sein kann. Als er damit auf die deutschen Jugendlichen zurannte, flüchteten diese. Er lief hinter dem Zeugen Pe her, erreichte diesen und schlug ihm mit dem Gegenstand auf den Rücken. Bei der weiteren Flucht zog sich der Zeuge Pe eine Prellung des Kniegelenks und eine oberflächliche Rißwunde zu. Im Laufe der nächsten beiden Stunden trafen der Angeklagte He und der rechtskräftig Verurteilte Ba in der Nähe der Diskothek auf die weiteren Angeklagten B , Ha , Ka , R , Sc und T sowie den gesondert Verfolgten Ku und berichteten ihnen, daß sie von Ausländern bedroht und von Vietnamesen mißhandelt worden seien. „In erregter Stimmung gegenüber dem Ausländer ‚J ‘, gegenüber Vietnamesen und gegenüber Ausländern im allgemeinen“ entschlossen sich die Angeklagten, den Kubaner auf eigene Faust zu suchen und zu ergreifen. Allen war bewußt, daß sie dabei Gewalt anwenden und die Person auch möglicherweise verletzen würden; auch die später hinzukommenden Angeklagten D und P erklärten sich damit einverstanden.
Alsbald nachdem diese nunmehr aus elf Personen bestehende Gruppe mit den, von den Angeklagten R , T und Ka geführten Fahrzeugen losgefahren waren, sahen die Angeklagten B und He in der Nähe der Diskothek die Zeugin Ga . Da sie annahmen, daß diese „mit Ausländern Bekanntschaften pflege“, sprangen beide aus den Wagen und liefen auf die Zeugin zu. Sie riefen dabei sinngemäß: „Wir haben dir was mitgebracht – Hass, Hass, Hass – Ausländer raus!“ und schütteten ihr dann Bier über den Kopf. Nach Rückkehr in die Fahrzeuge setzten die Angeklagten die Suche nach dem Kubaner fort. Dabei schrieen die Angeklagten B und
He weiterhin ausländerfeindliche Parolen; die Stimmung wurde durch das lautstarke Abspielen von Musikkassetten mit fremdenfeindlichen Texten weiter geschürt.
In dieser Situation – es war etwa 4.40 Uhr – bemerkten die Angeklagten drei Ausländer: die Zeugen (und Nebenkläger) Be und Kab , sowie den später verstorbenen F G , die nach dem Besuch des „DanceClubs“ auf dem Heimweg waren. Die Fahrer bremsten auf Höhe der Ausländer die Autos scharf ab. Die Angeklagten B und He sowie weitere Angeklagte stürmten laut schreiend aus den Fahrzeugen auf die Ausländer zu. Diese ergriffen beim Anblick der zum Teil mit sogenannten Bomberjacken und Springerstiefeln bekleideten Angeklagten angstvoll die Flucht zurück in Richtung Diskothek. Mittels der PKW, in die diese Angeklagten wieder eingestiegen waren, setzten sie die Verfolgung fort. Nach ca. 50 bis 100 m überholten sie die Flüchtlinge und bremsten die Wagen direkt vor ihnen ab, um den Weg zur Diskothek zu verstellen. Die Ausländer sahen, daß wiederum mehrere Angeklagte aus den Fahrzeugen sprangen – darin verblieben neben den Fahrern nur die Angeklagten Ha und P sowie der rechtskräftig Verurteilte Ba – und auf sie zuliefen. Aus Angst und in Panik liefen sie nunmehr in unterschiedliche Richtungen davon. Die Verfolger teilten sich entsprechend auf: Während Kab und F G durch die Angeklagten B und He verfolgt wurden, liefen der rechtskräftig verurteilte Ku sowie die Angeklagten Sc und D hinter Be her; als Ku diesen eingeholt hatte, versetzte er ihm mehrere Tritte, so daß das Opfer während des Laufs wiederholt zu Fall kam und schließlich gegen ein geparktes Auto stürzte, wobei er sich eine blutende Kopfwunde zuzog; ein in Richtung des Opfers geworfener Pflasterstein verfehlte dieses. Erst jetzt erkannte Ku an der Hautfarbe des am Boden Liegenden, daß es nicht der gesuchte Kubaner war. Er und die beiden anderen Angeklagten ließen vom Opfer ab und kehrten zu den Fahrzeugen zurück. Die Angeklagten B und He hatten hingegen die weitere Verfolgung der beiden anderen Flüchtenden nach „einigen Metern“ abgebrochen, weil sie sie aus den
Augen verloren hatten oder ihnen deren Vorsprung mittlerweile zu groß erschien. Ihre Suche nach den beiden weiteren gaben die Angeklagten jedoch nicht auf.
Indessen wähnten Kab und F G die Verfolger noch hinter sich. Sie liefen zu einem etwa 200 m von dem letzten Haltepunkt der PKW entfernten Mehrfamilienhaus. Da F G die Haustür nicht öffnen konnte, trat er in Todesangst die untere Glasscheibe der Tür ein. Dabei oder beim anschließenden Durchsteigen verletzte er sich an den im Türrahmen verbliebenen Glasresten; er zog sich eine 8,5 cm tiefe Wunde am rechten Bein und die Verletzung einer Schlagader zu. Binnen kurzer Zeit verblutete das Opfer.

B.


Die Revisionen der Nebenkläger Kab und M G führen zu der aus dem Tenor ersichtlichen Umstellung des Schuldspruchs bei den Angeklagten , die die Taten vom 13. Februar 1999 (Tatkomplex B. VII.) als Heranwachsende begangen haben (vgl. § 80 Abs. 3 JGG). Im übrigen bleiben diese Rechtsmittel ohne Erfolg.
I. Die Verfahrensrügen der Nebenkläger sind zum Teil unzulässig, weil sie nicht in der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt worden sind, im übrigen unbegründet. Der Erörterung bedarf nur folgendes:
1. Die von der Revision des Nebenklägers Kab erhobene Aufklärungsrüge ist unzulässig. Die Revision rügt, daß die Jugendkammer versäumt habe, den Psychiater Dr. H als Sachverständigen zu physischen und psychischen Folgen, die die Geschädigten Kab und Be infolge der zu ihrem Nachteil begangenen Taten erlitten hätten, zu vernehmen. Diese Beweiserhebung hätte sich nach dem Akteninhalt, insbesondere den von diesem Sachverständigen erstellten und zur Sachakte genommenen schriftli-
chen Gutachten aufgedrängt. Indes versäumt die Revision, eben diese Gutachten mitzuteilen. Zudem verschweigt die Revision, daß Dr. H in der Hauptverhandlung als sachverständiger Zeuge vernommen worden ist (Protokollband IV, Bl. 812).
2. Entgegen der Ansicht des Nebenklägers M G liegt ein absoluter Revisionsgrund im Sinne des § 338 Nr. 6 StPO nicht vor.
Die Revision teilt nicht mit, daß die Öffentlichkeit für die Beweisaufnahme über die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten bereits durch den Beschluß vom 6. Juli 2000 ausgeschlossen worden war (Protokollband IV, Bl. 881, 888). Dieser Beschluß umfaßte damit auch die Einlassung des Angeklagten Ku vom 17. Juli 2000 zu dessen persönlichen Verhältnissen. Es kann hiernach offenbleiben, ob nicht bereits § 80 Abs. 3 JGG zum Ausschluß der Rüge führen müßte, da der gerügte Öffentlichkeitsausschluß im unmittelbaren Zusammenhang mit der Vernehmung eines zur Tatzeit jugendlichen Angeklagten stand.
Der weitere Vortrag der Revision, der Angeklagte Ha habe am 17. Juli 2000 zur Sache in nichtöffentlicher Sitzung ausgesagt, ist nicht bewiesen , findet insbesondere im Protokoll der Hauptverhandlung keine Stütze. Es trifft zwar zu, daß die Öffentlichkeit zuvor allein für die Beweisaufnahme über die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten ausgeschlossen worden war. Indes hat der Angeklagte Ha an diesem Tag nach erfolgtem Ausschluß keine Angaben zur Sache gemacht. In der Sitzungsniederschrift heißt es insoweit (Protokollband IV, Bl. 905): „Der AK Ha äußerte sich zu den persönlichen Verhältnissen (Anlage 8 zum Protokoll)“. Zwar enthält die Anlage 8, auf die hier hingewiesen wird (Protokollband IV, Bl. 918 ff.), in einem eigenen Abschnitt auch Ausführungen zur Sache. Doch ist die darin enthaltene Sacheinlassung ersichtlich schon früher abgegeben worden. Denn unmittelbar vor Öffentlichkeitsausschluß – auch dies teilt die Revision nicht mit – hat sich der Angeklagte ausweislich des Protokolls bereits zur Sache ge-
äußert. Der spätere Hinweis im Protokoll auf die Anlage 8 bezieht sich mithin allein auf die dort enthaltenen Angaben zur Person.
Die weitergehende Rüge der Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes – betreffend die Vernehmung des Zeugen Z – hat ebenfalls keinen Erfolg, da schon das Beweisthema, zu dem der Zeuge gehört worden ist, nicht mitgeteilt wird. Hiernach kann nicht beurteilt werden, ob die Frage an den Zeugen, was er unter „rechtsextrem“ verstehe, und die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Verfahrensvorgänge (vgl. dazu BGHR StPO § 338 Nr. 6 Ausschluß 2 m. w. N.) der Aufklärung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten dienten. Dienten sie diesem Zweck, wäre der Ausschluß der Öffentlichkeit auf Grundlage des oben genannten Beschlusses vom 6. Juli 2000 gerechtfertigt gewesen.
3. Der Nebenkläger M G rügt ferner, daß die Jugendkammer dem Zeugen Pe – bei der Beantwortung der Frage, ob er oder andere, die in der Tatnacht in seiner Wohnung gewesen seien, dem „nationalen Widerstand“ angehörten – zu Unrecht ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO zugebilligt habe (§ 244 Abs. 2, § 245 StPO). Die Rüge ist unbegründet. Eine unzutreffende Beurteilung der Verfolgungsgefahr im Sinne des § 55 StPO in tatsächlicher Hinsicht ist im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht anfechtbar (vgl. BGHSt 10, 104, 105; BGHR StPO § 55 Abs. 1 Auskunftsverweigerung 10, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen; Lemke in HK-StPO, 3. Aufl. § 55 Rdn. 10). Rechtsfehler, die zu einer unzutreffenden Anwendung des § 55 Abs. 1 StPO geführt haben könnten, sind nicht ersichtlich. Auf die Frage, ob das Urteil auf dem behaupteten Verfahrensverstoß überhaupt beruhen könnte, kommt es daher nicht mehr an.
4. Jedenfalls unbegründet ist auch die Rüge, das Fragerecht der Nebenklage sei dadurch in unzulässiger Weise verkürzt worden, daß das Gericht Fragen an den als sachverständigen Zeugen vernommenen Dr. H (s. o. B. I. 1.) – über Befundtatsachen zu psychischen Folgen der Taten hin-
aus – zu etwaigen Schlußfolgerungen nicht zugelassen habe. Eine Verletzung der §§ 240, 241, 397 Abs. 1 Satz 3 StPO ist damit nicht dargetan.
Die Annahme der Revision, Dr. H hätte vorliegend zwingend als Sachverständiger vernommen werden müssen, mit der Folge, daß er auch zu etwaigen Schlußfolgerungen hätte befragt werden dürfen, geht fehl. Im Rahmen der ihm obliegenden Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO und gegebenenfalls nach Maßgabe der § 244 Abs. 3 bis 5, § 245 StPO bestimmt grundsätzlich allein der Tatrichter den Umfang der Beweisaufnahme. Sofern die genannten Vorschriften nicht zu einer weiteren Beweisaufnahme zwingen , steht es im Ermessen des Gerichts zu bestimmen, mit Hilfe welcher Beweismittel Beweis erhoben werden soll. Dabei hindert ein – wie hier – früher erteilter Sachverständigenauftrag das Gericht nicht, einen Sachverständigen später ausschließlich als Zeugen, somit auch nur zu von ihm wahrgenommenen Tatsachen zu vernehmen (vgl. dazu BGH GA 1976, 78, 79). Dies hat der Bundesgerichtshof für den erfolgreich als befangen abgelehnten Sachverständigen wiederholt entschieden (BGHSt 20, 222, 224; BGH NStZ 2002, 44; StV 2002, 4, 5). Fragen, die – wie vorliegend – reine Werturteile und Schlußfolgerungen betrafen, waren somit nicht zulässig und durften als „ungeeignet“ zurückgewiesen werden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 241 Rdn. 15; Vor § 48 Rdn. 2, 3).
5. Auch die sich inhaltlich anschließende Aufklärungsrüge des Nebenklägers M G (Revisionsbegründung S. 151 f.) ist unbegründet. Denn originäre Beweismittel zur Feststellung etwaiger Tatfolgen waren die beiden als Zeugen gehörten Nebenkläger. Zudem ist der Psychiater Dr. H zu den bei den Explorationen von ihm wahrgenommenen Tatsachen ergänzend als sachverständiger Zeuge vernommen worden, so daß etwaige nach Vernehmung der Geschädigten verbliebene Aufklärungsdefizite jedenfalls beseitigt werden konnten. Konkrete Angaben zu dem verstorbenen Geschädigten hätte er ohnehin nicht machen können. Soweit die Revision darauf hinweist, daß mit Hilfe eines Sachverständigen als Folgen der Tat
„posttraumatische Belastungsstörungen im Sinne des ICD-10 F 43.1“ (vgl. Dilling/Mombour/Schmidt, Internationale Klassifikation psychischer Störungen , 4. Aufl.) hätten festgestellt werden können, war dies jedenfalls bei dem Geschädigten F G auszuschließen, da dieser innerhalb kürzester Zeit an den Folgen der Verletzungen verstorben war.
6. Keinen Erfolg haben auch die weiteren Rügen, mit denen der Nebenkläger M G die Verletzung seines Frage- und Beweisantragsrechts rügt.

a) In der Hauptverhandlung fragte eine der Nebenklägervertreterinnen den Sachverständigen Dr. Sch , ob ihm anläßlich der Begutachtung des Angeklagten He – zur Tatzeit noch Jugendlicher – eine freundschaftliche Beziehung zu dem Angeklagten B – zur Tatzeit Heranwachsender – mitgeteilt worden sei. Der Vorsitzende und das nach Beanstandung seiner Anordnung angerufene Gericht wiesen die Frage zurück, da die Nebenklage bezüglich des Angeklagten He nicht zugelassen und eine Befragung des Gutachters daher nicht möglich sei. Die Rüge der Verletzung des Fragerechts dringt nicht durch (§ 240 Abs. 2, § 241, § 397 Abs. 1 Satz 2 StPO).
Bei der (früher getroffenen) Entscheidung über die nur partielle Zulassung der Nebenkläger hat sich die Jugendkammer ersichtlich an den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen orientiert. Hiernach ist in verbundenen Verfahren vor den Jugendgerichten die Nebenklage zulässig, soweit sie sich nicht gegen den Jugendlichen richtet. Dies hat der Bundesgerichtshof für nach § 103 Abs. 1 JGG verbundene Verfahren ausdrücklich entschieden (BGHSt 41, 288; BGH NStZ 1997, 97; zur Gegenansicht vgl. Eisenberg , JGG 9. Aufl. § 80 Rdn. 13, 13a). Da nach § 109 JGG die Regelung des § 80 Abs. 3 JGG auf Heranwachsende keine Anwendung findet, gilt der genannte Grundsatz auch für verbundene Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende (Brunner/Dölling, JGG 11. Aufl. § 109 Rdn. 6; Kleinknecht /Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. Vor § 395 Rdn. 6; Senge in KK 4. Aufl.
§ 395 Rdn. 18; jeweils m. w. N.). Indes hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich betont, daß das Nebeneinander von Jugendlichen einerseits und Erwachsenen andererseits im gleichen Verfahren nicht zu einer Beeinträchtigung der – das Jugendstrafrecht beherrschenden – erzieherischen Belange führen darf (BGHSt aaO S. 292). Daraus folgt, daß in Fällen gegenläufiger Interessen zwischen Nebenklage und Jugendlichen – etwa bei Ausübung des Frage- und Beweisantragsrechts zur Aufklärung des Vorwurfs gemeinsamer Tatbegehung von Jugendlichen und Heranwachsenden/Erwachsenen – im Zweifel der Position des Jugendlichen Vorrang einzuräumen ist (vgl. Ostendorf, JGG 5. Aufl. § 80 Rdn. 1a; Hilger in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. Vor § 395 Rdn. 14 f.).
Die Entscheidung des Tatgerichts, die Frage der Nebenklage zurückzuweisen , läßt hiernach keinen durchgreifenden Rechtsfehler erkennen. Zwar war die Frage der Nebenklage nicht unmittelbar an einen zur Tatzeit noch jugendlichen Angeklagten, sondern an den Sachverständigen gerichtet, doch diente sie ersichtlich (jedenfalls auch) dem Zweck, Informationen über die persönlichen Verhältnisse des bei Begehung der Tat jugendlichen Angeklagten He zu gewinnen. Sie war somit potentiell geeignet, dem mit § 80 Abs. 3 JGG verfolgten Zweck zuwiderzulaufen.

b) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, die Jugendkammer habe zu Unrecht die Vernehmung des Leiters der Polizeiwache Guben zum Inhalt von Ermittlungsverfahren abgelehnt, die gegen einzelne Angeklagte wegen weiterer Vorwürfe geführt worden seien (§ 244 Abs. 3 StPO). Allerdings trifft die Auffassung des Landgerichts nicht zu, die Unschuldsvermutung stehe der Einführung etwaiger Nachtaten im Strengbeweisverfahren grundsätzlich entgegen (vgl. BGHSt 34, 209; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. Art. 6 MRK Rdn. 156; Pfeiffer, StPO 4. Aufl. § 261 Rdn. 7). Gleichwohl hat die Rüge keinen Erfolg, da die tatsächliche Bedeutungslosigkeit der Beweisbehauptungen auf der Hand liegt (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 12, 14). Soweit im Beweisantrag behauptet wird, daß sich
der Angeklagte He fünf Stunden nach der Schändung eines für den Verstorbenen aufgestellten Gedenksteines mit weiteren Personen in einem Auto befunden habe, auf dem ein Hakenkreuz geschmiert gewesen sei, läßt dies keinen Rückschluß darauf zu, daß er an dem genannten Geschehen teilgenommen hat; gleiches gilt für die Behauptung, daß die Polizei nach einer weiteren Schändung des Gedenksteines „einen der hier Angeklagten“ – eine nähere Individualisierung erfolgt im Antrag nicht – festgenommen habe.

c) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Vernehmung des Zeugen Dr. Hä mit der Begründung abgelehnt, das im Beweisantrag näher bezeichnete Beweisthema sei bereits erwiesen (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO); die Urteilsgründe stehen zu diesem Beweisergebnis nicht in Widerspruch (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 erwiesene Tatsache 1). Ein Fehler liegt auch nicht darin, daß sich die Strafkammer mit dem Ergebnis im Urteil nicht auseinandersetzt. Eine Erörterung von für „erwiesen“ erklärten Tatsachen ist in den Urteilsgründen nicht zwingend erforderlich, zumal da die Beweiserhebung auch über nicht erhebliche Tatsachen mit dieser Begründung abgelehnt werden kann (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 244 Rdn. 57).
7. Der Revisionsführer rügt weiter einen Verstoß gegen das Gebot der „erschöpfenden Beweiswürdigung“ aus § 261 StPO (vgl. Engelhardt in KK 4. Aufl. § 261 Rdn. 49 f.), da einzelne in der Hauptverhandlung erzielte Beweisergebnisse im Urteil nicht erörtert worden seien (vgl. Revisionsbegründung F G S. 36 – 132).
Diese Rügen sind bereits unzulässig. Denn die Revision kann grundsätzlich nicht mit der Behauptung gehört werden, das Tatgericht habe sich mit einer bestimmten Aussage einer Beweisperson nicht auseinandergesetzt, wenn sich diese Aussage nicht aus dem Urteil selbst ergibt. Denn die Ergebnisse der Beweisaufnahme festzustellen und zu würdigen, ist allein Sache des Tatrichters; der dafür bestimmte Ort ist das Urteil. Was in ihm über das Ergebnis der Verhandlung zur Schuld- und Straffrage festgehalten ist, bindet
das Revisionsgericht. Eine Rekonstruktion der Beweisaufnahme ist ihm grundsätzlich verwehrt (BGHSt 38, 14, 15; 43, 212, 213).
Dies gilt letztlich auch für die gemäß § 254 StPO in die Hauptverhandlung eingeführten Vernehmungsniederschriften. Zwar ist der Inhalt von in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden im Revisionsverfahren regelmäßig rekonstruierbar (vgl. BGHSt 43, 212, 214). Doch legt die Revision entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht dar, daß die verlesenen Protokolle zum Zeitpunkt der Urteilsberatung noch beweiserheblich waren. Der Tatrichter muß aber nur die zum Zeitpunkt der Urteilsfällung wesentlichen beweiserheblichen Umstände in den Urteilsgründen erörtern. Ob der Inhalt einer Aussage zu diesem Zeitpunkt beweiserheblich war, läßt sich nur aus dem Inbegriff der gesamten Hauptverhandlung aufgrund des persönlichen Eindrucks vom Beweiswert der Beweismittel beurteilen. Ein Widerspruch zwischen den Bekundungen verschiedener Beweispersonen kann sich durch eine einfache Erklärung einer dieser Personen oder durch sonstige Beweismittel für alle Verfahrensbeteiligten zweifelsfrei gelöst haben, so daß kein Anlaß für seine Darlegung in den Urteilsgründen mehr bestand (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Beweiswürdigung 5, 6; Schäfer StV 1995, 147, 156 f.).
8. Ohne Erfolg bleibt auch die Aufklärungsrüge, mit der geltend gemacht wird, das Tatgericht hätte die Zeugen Ky und No angesichts ihrer bisherigen Angaben und der weiteren Ergebnisse der Beweisaufnahme nochmals hören müssen. Die Revision legt nicht dar, welcher Aufklärungsgewinn durch die wiederholte Vernehmung zu erzielen gewesen wäre. Auch die weiteren Aufklärungsrügen sind unzulässig, da sie das jeweilige Ergebnis , das von den begehrten Beweiserhebungen zu erwarten gewesen wäre, nicht mit der erforderlichen inhaltlichen Bestimmtheit behaupten (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 1, 4, 6, 9; Sarstedt/Hamm, Revision im Strafverfahren 6. Aufl. Rdn. 554 f.).
II. Die sachlichrechtlichen Einwendungen der Nebenkläger haben dagegen zum Teil Erfolg.
Die Angeklagten haben sich durch die zum Nachteil der Geschädigten begangenen Taten nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzung (Vorgehen gegen Be ) in Tateinheit mit Nötigung, sondern tateinheitlich dazu auch wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4, §§ 22, 23 StGB (Vorgehen gegen Kab ) und – ausgenommen die Angeklagten Ha und P – in Tateinheit mit versuchter Körperverletzung mit Todesfolge gemäß §§ 227, 22, 23 StGB (Vorgehen gegen F G ) schuldig gemacht. Im übrigen ist das sachlichrechtliche Vorbringen der Nebenkläger unbegründet.
1. Das Landgericht hat die Begehung versuchter Körperverletzungen zum Nachteil von F G und Kab verneint, da die Angeklagten zu diesen weiteren Delikten noch nicht „unmittelbar angesetzt“ hätten (§ 22 StGB). Das ist rechtsfehlerhaft.
Für ein unmittelbares Ansetzen ist nicht erforderlich, daß der Täter bereits ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Es genügt, daß er Handlungen vornimmt, die nach seinem Tatplan der Erfüllung eines Tatbestandsmerkmals vorgelagert sind und unmittelbar in die tatbestandliche Handlung einmünden. Das Versuchsstadium erstreckt sich deshalb auch auf Handlungen, die in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen sollen oder die in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los" überschreitet, es eines weiteren „Willensimpulses“ nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt , so daß sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht (vgl. BGHSt 28, 162, 163; 26, 201, 202 ff.; BGH NStZ 2000, 422; 1999, 395, 396).
Es kann dabei offenbleiben, ob die Angeklagten etwa bereits mit dem ersten Bremsmanöver und dem folgenden Hinausspringen aus den Fahrzeugen unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt haben. Spätestens mit dem zweiten Halt, der Verfolgung der Flüchtenden zu Fuß und dem weiteren , dem Verhalten der Flüchtenden angepaßten arbeitsteiligen Vorgehen haben die Angeklagten die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschritten; eines weiteren „Willensimpulses“ oder „Willensrucks“ zur Umsetzung ihrer Pläne bedurfte es hiernach nicht mehr, was auch durch die unmittelbar folgende Mißhandlung des Geschädigten Be belegt wird.
2. Der für die Vollendung eines Körperverletzungsdeliktes nach §§ 223 ff. StGB erforderliche Verletzungserfolg ist – entgegen der Ansicht der Nebenkläger – bei den Geschädigten Kab und F G nicht eingetreten. Im Hinblick auf die Schnitt- und Stichverletzungen des F G haben die Angeklagten jedenfalls nicht vorsätzlich gehandelt.
Zwar weisen die Nebenkläger zu Recht darauf hin, daß die Verfolgung bei den Opfern Angst- und Panikgefühle ausgelöst hätten. Jedoch genügen solche rein psychische Empfindungen nicht, um eine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB zu begründen. Dafür spricht neben dem Wortlaut dieser Vorschrift auch § 225 Abs. 3 Nr. 2 StGB, der zwischen der Gefahr einer erheblichen Schädigung der körperlichen und der seelischen Entwicklung ausdrücklich unterscheidet. Vielmehr liegt in diesen Fällen eine Körperverletzung nur dann vor, wenn die psychischen Einwirkungen den Geschädigten in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand versetzt haben (vgl. nur BGHR StGB § 223 Abs. 1 Gesundheitsbeschädigung 2, insoweit in BGHSt 41, 285 nicht abgedruckt; BGH NStZ 1997, 123; 1986, 166; NStZRR 2000, 106). Ungeachtet der Frage, ob auch „posttraumatische Belastungsstörungen“ (sub I. 5.) einen „pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand“ begründen können, hat das Landgericht solche Störungen weder ausdrücklich festgestellt, noch sind sie dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmen.
Die Stich- und Schnittverletzungen, die sich F G bei der Flucht zugezogen hat und die innerhalb kürzester Zeit zu seinem Tod geführt haben, sind von den Angeklagten nicht vorsätzlich herbeigeführt worden. Angesichts der gesamten Tatumstände liegt insoweit eine wesentliche Abweichung zwischen vorgestelltem und tatsächlich eingetretenem Kausalverlauf vor (vgl. BGHSt 38, 32, 34; 37, 106, 131; 7, 325, 329).
3. Die genannten Angeklagten haben sich darüber hinaus auch wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht. § 227 StGB setzt unter anderem voraus, daß der Tod der verletzten Person „durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226)“ verursacht worden ist, wobei dem Täter hinsichtlich dieser Tatfolge Fahrlässigkeit zur Last fallen muß (§ 18 StGB).

a) Dabei reicht es nicht aus, daß zwischen der Körperverletzungshandlung und dem Todeserfolg überhaupt ein ursächlicher Zusammenhang besteht, die Körperverletzung also nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß damit zugleich der Tod des Verletzten entfiele. § 227 StGB soll allein der mit der Körperverletzung verbundenen Gefahr des Eintritts der qualifizierenden Todesfolge entgegenwirken. Die genannte Vorschrift erfaßt deshalb nur solche Körperverletzungen, denen die spezifische Gefahr anhaftet, zum Tode des Opfers zu führen; gerade diese Gefahr muß sich im tödlichen Ausgang niedergeschlagen haben (BGHSt 31, 96, 98; BGHR StGB § 227 [i.d.F. 6. StrRG] Todesfolge 1; BGH NStZ 1992, 335; NJW 1971, 152, 153).
Eine solche deliktsspezifische Gefahr kann auch schon von der bloßen Körperverletzungshandlung ausgehen (BGHSt 14, 110, 112; Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 227 Rdn. 4 ff.; aA Hirsch in LK 11. Aufl. § 227 Rdn. 4 ff.; Küpper in FS H. J. Hirsch [1999] S. 615 ff.; jeweils m. w. N.). Der Wortlaut der Bestimmung steht einer solchen Auslegung nicht entgegen (BGHSt 14, 110, 112; Tröndle GA 1962, 225, 238). Auch der Gesetzgeber ist dieser Rechtsprechung nicht entgegengetreten. Vielmehr hat er § 227 Abs. 1 StGB durch den Zusatz „(§§ 223 bis 226)“ ergänzt (vgl. BGBl 1998 I 164),
ohne – was im Sinne der sogenannten Letalitätstheorie (vgl. Hirsch und Küpper aaO; Roxin Strafrecht AT Bd. 1, 3. Aufl. § 10 Rdn. 115; jeweils m. w. N.) dann aber angezeigt gewesen wäre – die in §§ 223, 224, 225 StGB enthaltenen versuchten Körperverletzungsdelikte (jeweils Abs. 2) vom Anwendungsbereich des § 227 StGB auszunehmen (vgl. Rengier, Strafrecht BT II 4. Aufl. § 16 Rdn. 4; aA Kühl in 50 Jahre Bundesgerichtshof Festgabe Bd. IV S. 237, 255). Verwirklicht sich die von der Körperverletzungshandlung ausgehende Gefahr und führt dies zum Tod des Opfers, kann die Anwendbarkeit des § 227 StGB ferner nicht davon abhängen, ob darüber hinaus ein vorsätzlich herbeigeführter Körperverletzungserfolg eingetreten ist, da dieser für den Unrechtsgehalt der Tat allenfalls von untergeordneter Bedeutung sein kann (aA zur Rechtslage vor der Versuchspönalisierung in § 223 Abs. 2 StGB [BGBl 1998 I 164]: BGH NJW 1971, 152 ohne Begründung und nicht tragend ). Mithin ist der Versuch einer Körperverletzung mit Todesfolge auch in Form eines „erfolgsqualifizierten Versuchs“ möglich. Es gilt insoweit nichts anderes als bei sonstigen erfolgsqualifizierten Delikten wie beim Raub mit Todesfolge nach § 251 oder bei der Brandstiftung mit Todesfolge nach § 306c StGB (vgl. BGHSt 7, 37; BGHSt 46, 24; BGHR StGB § 251 Todesfolge 3; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 18 Rdn. 4; Stree in Schönke /Schröder, StGB 26. Aufl. § 227 Rdn. 5 m. w. N.; differenzierend Ferschl, Problem des unmittelbaren Zusammenhangs beim erfolgsqualifizierten Delikt 1999 S. 128 ff.).

b) Eine solche im Rahmen der Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB spezifische Gefahr ging von den Handlungen der genannten Angeklagten aus und führte zum Tod des F G. Der erforderliche Zurechnungszusammenhang wurde auch nicht durch das eigene Verhalten des Opfers unterbrochen. Denn dessen Reaktion war eine naheliegende und nachvollziehbare Reaktion auf den massiven Angriff der Angeklagten. Ein solches durch eine Flucht „Hals über Kopf“ geprägtes Opferverhalten ist vielmehr bei den durch Gewalt und Drohung geprägten Straftaten geradezu
deliktstypisch und entspringt dem elementaren Selbsterhaltungstrieb des Menschen (vgl. Wessels/Hettinger, Strafrecht BT Teil 1, 25. Aufl. Rdn. 301).
Zwar hat der Bundesgerichtshof in Einzelfällen eine Zurechnung in Folge selbstgefährdenden Verhaltens des Opfers ausgeschlossen (vgl. etwa NJW 1971, 152; siehe aber auch BGHR StGB § 226 Todesfolge 5, 8 und BGH, Urt. vom 28. Juni 1960 – 1 StR 203/60); doch steht dies hier – angesichts des außergewöhnlich massiven Vorgehens der Angreifer und der weiteren Besonderheiten – dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Schon angesichts der Anzahl der Fahrzeuge, des Gebarens der Fahrzeugführer, vor allem aber in Anbetracht der Anzahl und des aggressiven Auftretens der aus den Wagen überfallartig auf sie losstürmenden Angeklagten mußten alle Geschädigten damit rechnen, binnen kürzester Zeit heftig attackiert und mißhandelt zu werden. Dies veranlaßte (auch) F G in „Todesangst zur panischen Flucht in den Hauseingang“ (vgl. UA S. 170). Daß seine Verfolger zwischenzeitlich zu den Fahrzeugen zurückgekehrt waren, ohne indes die Suche endgültig aufgegeben zu haben, ist ohne Belang, da F G dies nicht bemerkt hatte. Um nicht dort noch von den Angeklagten ergriffen zu werden und um von den Bewohnern Beistand zu erlangen, sah er keine andere Möglichkeit, als die Glastür einzutreten und in das Treppenhaus einzusteigen, wobei er sich die tödlichen Verletzungen zuzog.

c) Der Tod des F G ist im Rahmen des § 227 StGB allen Angeklagten als Mittätern zuzurechnen (§ 25 Abs. 2 StGB). Anders als bei Fahrlässigkeitsdelikten, bedarf es bei der Körperverletzung mit Todesfolge nicht des Nachweises, daß ein jeder von mehreren Beteiligten einen für den Erfolg kausalen Beitrag erbracht hat. Es macht sich nach § 227 StGB nämlich auch derjenige strafbar, der die Verletzung nicht mit eigener Hand ausführt , jedoch aufgrund eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses mit dem Willen zur Tatherrschaft zum Verletzungserfolg beiträgt. Voraussetzung ist allerdings, daß – wie vorliegend festgestellt – die Handlung der anderen im
Rahmen des allseitigen ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnisses lag (vgl. BGHR StGB § 226 Kausalität 2, 3).

d) Zudem muß ein jeder hinsichtlich des Erfolges wenigstens fahrlässig gehandelt haben, insbesondere muß der Todeserfolg für jeden vorhersehbar gewesen sein. Hierfür reicht es aus, daß der Erfolg nicht außerhalb aller Lebenserfahrung liegt; alle konkreten Einzelheiten brauchen dabei nicht voraussehbar zu sein. Es genügt die Vorhersehbarkeit des Erfolgs im allgemeinen (Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 227 Rdn. 3; § 222 Rdn. 25, 26). Dies hat das Landgericht – im Rahmen des einen gleichgelagerten Prüfungsmaßstab aufweisenden § 222 StGB – hinsichtlich der aktiv an der Verfolgung beteiligten Angeklagten rechtsfehlerfrei bejaht, im Hinblick auf die in den Fahrzeugen passiv verbliebenen Angeklagten Ha und P dagegen verneint. Gegen diese Differenzierung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Soweit das Landgericht dieses Ergebnis u.a. mit den individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten gerade dieser beiden Angeklagten und zudem, den Angeklagten P betreffend, mit dessen erheblicher alkoholischer Beeinträchtigung begründet (UA S. 169), läßt auch das keinen Rechtsfehler erkennen.
4. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen. Die hiervon betroffenen Angeklagten hätten sich gegen die Annahme einer versuchten Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung nicht anders verteidigen können.
5. Auf die Strafaussprüche bleibt dies ohne Einfluß. Der Senat schließt aus, daß ein neuerlich zur Entscheidung berufener Tatrichter auf Grundlage der aus dem Tenor ersichtlichen Schuldsprüche gegen die Heranwachsenden andere Rechtsfolgen aussprechen würde. Die Körperverletzung mit Todesfolge weist zwar gegenüber den jeweiligen Grunddelikten einen gesteigerten Unrechtsgehalt auf. Auf der anderen Seite ist jedoch zu beachten, daß seit Erlaß des tatrichterlichen Urteils beinahe zwei Jahre verstrichen
sind. Schon angesichts des außergewöhnlichen Umfangs des Verfahrens und der erforderlichen Zeit, das tatrichterliche Urteil abzusetzen, stellt dies zwar keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung dar (vgl. nur BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 11). Doch müßte allein schon der Zeitablauf bei erneuter Strafzumessung jedenfalls strafmildernd berücksichtigt werden. Hinzu kommt, daß gerade im Anwendungsbereich des Jugendstrafrechts einer zügigen strafrechtlichen Reaktion auf Straftaten ein besonderer Stellenwert zukommt (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 Strafausspruch 8; Brunner/Dölling, JGG 11. Aufl. Einf. II Rdn. 25; Eisenberg, JGG 9. Aufl. § 18 Rdn. 15e; Ostendorf, JGG 5. Aufl. § 43 Rdn. 6, 8a).

C.


Die Revisionen der Angeklagten bleiben ohne Erfolg.
I. Sämtliche von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen sind, soweit sie zulässig sind, unbegründet. Der Erörterung bedürfen nur folgende Rügen:
1. Die vom Angeklagten T erhobene Besetzungsrüge (§ 338 Nr. 1 StPO) ist unbegründet. Entgegen der Ansicht der Revision war das Präsidium des Landgerichts zu einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes während des laufenden Jahres befugt, weil die Voraussetzungen des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG vorlagen. Da der Beisitzer der 3. Strafkammer, Richter Kr , aus dem Richterdienst ausschied, lag ein „Wechsel“ im Sinne dieser Bestimmung vor (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 21e GVG Rdn. 15). Auch die zum 1. Juni 1999 und damit vor Beginn der Hauptverhandlung erfolgte Abordnung der Richterin am Landgericht Has an das Oberlandesgericht Brandenburg für eine Dauer von neun Monaten stellt einen Grund dar, der das Präsidium zur Änderung des Geschäftsverteilungsplanes im laufenden Jahr berechtigte. Eine Abordnung eines Richters führt grundsätzlich zu einer „Verhinderung“ im Sinne des
§ 21e Abs. 3 Satz 1 GVG, die jedenfalls dann auch „dauernd“ und nicht nur vorübergehend ist, wenn sie – wie hier – einen Zeitraum von drei Monaten überschreitet (so auch Katholnigg, Strafgerichtsverfassungsrecht 3. Aufl. § 21e Rdn. 9 und Pfeiffer, StPO 4. Aufl. § 21e GVG Rdn. 4 unter Hinweis auf § 21c Abs. 2 GVG; vgl. auch Kissel, GVG 3. Aufl. § 21e Rdn. 114).
2. Die von mehreren Angeklagten unter dem Gesichtspunkt etwaiger richterlicher Befangenheit (§§ 24, 338 Nr. 3 StPO) erhobenen Rügen haben ebensowenig Erfolg:

a) Die Rügen, mit denen behauptet wird, der Vorsitzende habe die Verteilung einzelner Flugblätter („Antifaschistisches Info-Blatt“) in der Nähe des Sitzungssaals während einer Unterbrechung der Hauptverhandlung gebilligt , genügen schon nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Revision des Angeklagten D teilt den Beschluß vom 7. September 1999 nicht vollständig mit (vgl. Protokollband I, Bl. 154 ff.); die Revision des Angeklagten Ka läßt die Wiedergabe der auf das Ablehnungsgesuch ergangenen dienstlichen Stellungnahmen vermissen. Vor allem aber ist in keiner Weise ersichtlich, daß die Verteilung von Flugblättern mit Wissen des Vorsitzenden erfolgte. Dieser hat vielmehr angebeben, daß er von diesem Vorgang nichts gewußt habe. Alles was die Revisionen hiergegen vorbringen, erschöpft sich in haltlosen Vermutungen und Spekulationen.

b) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, der Vorsitzende und ein Beisitzer des erkennenden Gerichts seien befangen gewesen, da sie eine Urkundsbeamtin „angewiesen“ hätten, nachträglich das Protokoll einer richterlichen Vernehmung des Angeklagten Ka zu unterschreiben, um dieses dann in der Hauptverhandlung verlesen zu können. Die Rüge ist unzulässig, da verschwiegen wird, daß die Staatsanwaltschaft zum Ablehnungsgesuch eine Stellungnahme abgegeben hat (vgl. Befangenheitsband II, Bl. 253 f.). Ungeachtet dessen sind aber auch auf Grundlage des mitgeteilten Sachverhalts keine Umstände vorgetragen, die Mißtrauen in die Unparteilichkeit der bei-
den Richter rechtfertigen könnten (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 24 Rdn. 8 m. w. N.). Schon aufgrund der dem Gericht obliegenden Amtsaufklärungspflicht war der Vorsitzende gehalten, die fehlende Unterschrift unter dem Vernehmungsprotokoll nachholen zu lassen. Soweit er diesen Vorgang in der Hauptverhandlung mit den Worten wiedergegeben hat, das Protokoll sei „auf mein Betreiben hin“ unterschrieben worden, läßt sich dieser Äußerung – entgegen der Ansicht der Revision – nicht entnehmen, daß die Urkundsbeamtin zur Unterschriftsleistung in unzulässiger Weise gedrängt worden sei, zumal da das Protokoll mit dem Zusatz übersandt wurde, daß die Urkundsbeamtin es unterschreiben solle, „sofern ihr das noch möglich ist“.
3. Die Rüge, die Hauptverhandlung habe am 29. Juni 2000 zwischen 10.50 und 11.10 Uhr in Abwesenheit der Verteidiger des Angeklagten Ka stattgefunden (§ 338 Nr. 5 StPO), ist unzulässig. Entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO hat der Revisionsführer die den Mangel enthaltenen Tatsachen nicht vollständig mitgeteilt. Zwar trägt er vor, daß Rechtsanwalt N in dieser Zeitspanne nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen hat und daß auch der weitere Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Now , die Verhandlung bereits um 10.10 Uhr verlassen habe. Doch verschweigt die Revision, daß letztgenannter Verteidiger nicht erst um 12.00 Uhr, sondern schon früher, möglicherweise schon vor 10.50 Uhr, in den Sitzungssaal zurückgekehrt ist. Denn im Protokoll der Hauptverhandlung heißt es (Protokollband IV, Bl. 861 R): „Die HV wurde ... um 11.25 Uhr unterbrochen und um 12:00 Uhr mit denselben Verfahrensbeteiligten wie vor der Unterbrechung fortgesetzt (außer Rechtsanwalt Now )“. Der Hinweis „außer Rechtsanwalt Now “ läßt eindeutig darauf schließen, daß dieser Verteidiger schon vor der Unterbrechung wieder an der Hauptverhandlung teilgenommen hatte.
4. Die Revision des Angeklagten T rügt, daß „ausweislich“ der Sitzungsniederschrift vom 8. Juni 1999 der Angeklagte und sein Verteidiger
durch Beschluß „gemäß § 231c StPO beurlaubt“ worden seien, gleichwohl sei der im Sitzungssaal verbliebene Angeklagte aber später, nachdem sich sein Verteidiger entfernt habe, zu Fall 2 der Anklage vom 23. Februar 1999 vernommen worden (§ 338 Nr. 5 StPO). Der Rüge muß der Erfolg versagt bleiben.
Es ist schon zweifelhaft, ob der Revisionsführer einen Verfahrensmangel , wie für § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erforderlich, überhaupt bestimmt behauptet oder insoweit nur eine von vornherein unzulässige „Protokollrüge“ erhebt (vgl. BGHSt 7, 162; Dahs/Dahs, Revision im Strafprozeß 6. Aufl. Rdn. 471 m. w. N.). Ungeachtet dessen teilt die Revision aber auch die im Zusammenhang mit der Vernehmung in der Hauptverhandlung verlesene Urkunde inhaltlich nicht mit, obgleich diese für die Auslegung des in der Sitzungsniederschrift verwandten Begriffs der „Angeklagten“ von Bedeutung hätte sein können.
Zudem wird der bezeichnete Verfahrensverstoß durch die Sitzungsniederschrift nicht bewiesen. Zwar enthält das Protokoll die Angabe, daß (nach Beurlaubung u.a. des Revisionsführers, seines Verteidigers und Entfernung desselben) „die Angeklagten“ „bezüglich Fall 2 ... zur Sache“ ausgesagt hätten (Protokollband I, Bl. 20). Doch ergibt sich aus dem Zusammenhang eindeutig, daß der zu diesem Zeitpunkt in der Hauptverhandlung noch anwesende und der Begehung dieser Tat – ein im September 1998 begangener Diebstahl – gar nicht beschuldigte Revisionsführer damit nicht gemeint war, sondern allein die Angeklagten Ha und Sc . Dies erschließt sich ohne weiteres schon aus dem vorhergehenden Inhalt der Sitzungsniederschrift : Da an diesem Verhandlungstag allein Beweis zu den Fällen 1 und 2 der genannten Anklageschrift erhoben werden sollte, deren Begehung aber allein den beiden genannten Angeklagten vorgeworfen worden ist, hat die Jugendkammer allen weiteren Angeklagten und deren Verteidigern gestattet, sich von der Verhandlung zu entfernen. Folgerichtig enthält das Protokoll die weitere Feststellung, daß (allein) die Angeklagten Ha und Sc
über ihr Recht, sich zu den Beschuldigungen zu äußern, belehrt worden sind (§ 243 Abs. 4 StPO) und eben (nur) diese – namentlich ausdrücklich bezeichnet; anders aber der Revisionsführer, der einen Belehrungsmangel im übrigen auch gar nicht rügt – daraufhin erklärten, aussagen zu wollen, und dies dann auch taten. Sofern unmittelbar danach im Protokoll festgehalten ist, daß sich „die Angeklagten“ zu Fall 2 der Anklage eingelassen haben, sind auch damit nur die Angeklagten Ha und Sc , nicht aber der Beschwerdeführer gemeint.
5. Die Revision des Angeklagten Ka rügt ferner die Verletzung von § 338 Nr. 6 StPO und stützt sich hierbei auf die Verlesung eines an einen der Nebenkläger gerichteten Briefes des Angeklagten R in nichtöffentlicher Hauptverhandlung. Die Rüge genügt nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Revision verschweigt, daß die Jugendkammer schon mit Beschluß vom 6. Juli 2000 (s. o.) „die Öffentlichkeit für die Beweisaufnahme über die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten ausgeschlossen“ hat (vgl. § 48 Abs. 3 JGG).
6. Die Revision des Angeklagten T macht weiter geltend, das Gericht habe die Nebenkläger entgegen § 80 Abs. 3 JGG zum Verfahren zugelassen.
Die Verfahrensrüge ist schon unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil der Beschluß des Gerichts vom 17. Mai 1999, mit der die Nebenkläger zum Verfahren zugelassen worden sind, nicht mitgeteilt wird. Im übrigen entsprach die Entscheidung, die Nebenklage nur im Hinblick auf die zur Tatzeit schon volljährigen Angeklagten zuzulassen, der Gesetzeslage (sub B. I. 6. a; vgl. zur Frage des Beruhens des Urteils nach fehlerhafter Entscheidung über die Zulassung der Nebenklage: BGH NStZ 1997, 97; Senge in KK 4. Aufl. § 396 Rdn. 13, 14 m. w. N.).
7. Schließlich macht der Angeklagte D geltend, daß das Urteil entgegen § 261 StPO eine Auseinandersetzung mit den in der Hauptverhandlung verlesenen Protokollen der richterlichen Vernehmungen der damaligen Beschuldigten T und Ka vermissen lasse.
Die Rüge kann schon deswegen keinen Erfolg haben, weil entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht mitgeteilt wird, daß die genannten Aussagen der Angeklagten aus dem Ermittlungsverfahren zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung noch beweiserheblich waren, und dem Revisionsgericht eine Rekonstruktion der Hauptverhandlung versagt ist (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Beweiswürdigung 6; s. o.). Die Rüge wäre im übrigen auch unbegründet. Die Angaben des Angeklagten T gegenüber dem Ermittlungsrichter deuten lediglich darauf hin, daß nach seiner Erinnerung der Angeklagte D nicht in seinem Wagen mitgefahren sei. Zu der insoweit allein bedeutsamen Frage, wer die Geschädigten zu Fuß verfolgt hat, konnte der Angeklagte aber keine eindeutigen Angaben machen; danach ist insbesondere nicht auszuschließen, daß auch der Angeklagte D einer der Verfolger der Opfer war. Gleiches gilt auch für die Angaben des Angeklagten Ka . Aber selbst wenn der Angeklagte D einer seiner Mitfahrer gewesen sein sollte, schließt dies nicht aus, daß dieser den PKW verlassen und die Geschädigten mit verfolgt hat, da der Angeklagte Ka es immerhin für möglich hielt, daß nach dem gemeinsamen Bremsmanöver aller drei Wagen, auch die Tür seines Fahrzeugs kurzzeitig geöffnet war. Einen Widerspruch vermag die Revision nach alledem nicht aufzuzeigen. Eine Erörterung dieser Umstände im Urteil war auch aus diesem Grund nicht erforderlich.
II. Die umfassende sachlichrechtliche Überprüfung des Urteils deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
Das Vorbringen einzelner Angeklagter zur Beweiswürdigung hat keinen Erfolg. Die Angriffe der Revision hiergegen erschöpfen sich in dem un-
zulässigen Versuch, eine eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen (vgl. BGHSt 41, 376, 380 m. w. N.). Entsprechendes gilt für die Bemessung der Straftatfolgen. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. BGHSt 34, 345, 349; 15, 224, 225 f. m. w. N.). Fehler der genannten Art liegen hier nicht vor.
Zum Vorgehen der Angeklagten T , Ka , Ha und Sc vom 28. November 1998 zum Nachteil des Zeugen Pl (B. VI. der Urteilsgründe, UA S. 50 ff.) ist folgendes anzumerken: Die Jugendkammer hat das Geschehen zutreffend als erpresserischen Menschenraub in Tateinheit mit räuberischer Erpressung bewertet. Es kann offenbleiben, ob das Verbringen des Opfers zum Kirchplatz gegen dessen ausdrücklich geäußerten Willen nicht bereits als „Entführen“ gemäß § 239a Abs. 1 StGB zu würdigen gewesen wäre. Jedenfalls erfüllten – angesichts der weiteren festgestellten Umstände – die sich über mehrere Minuten hinziehende Fahrt und das sich daran anschließende weitere Vorgehen der Angeklagten das Tatbestandsmerkmal „Sichbemächtigen“ im Sinne des § 239a Abs. 1 StGB. Die hierfür erforderliche „gewisse Stabilisierung“ der Zwangslage (vgl. BGHSt 40, 350, 359) war dadurch schon eingetreten. Die relativ geringe Dauer und Intensität des Vorgehens gegen das Opfer hat die Jugendkammer ausdrücklich berücksichtigt und das Vorgehen der Angeklagten als minder schweren Fall eingeordnet.
Der Senat ändert auch die Schuldsprüche der zur Zeit der Tat vom 13. Februar 1999 noch nicht volljährigen Angeklagten Sc , He und P in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang. Denn auch diese Angeklagten haben sich jeweils (auch) wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und die Angeklagten Sc und He in Tateinheit dazu wegen versuchter Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gemacht. Zwar waren die von den Nebenklägern eingelegten Rechtsmittel von vornherein auf die anderen (zur Tatzeit heranwachsenden) Angeklagten beschränkt. Doch ist es hier – schon aus Gründen der Gleichstellung aller Tatbeteiligten – geboten, von der Möglichkeit (vgl. BGHSt 14, 5, 7) Gebrauch zu machen, die Schuldsprüche gegen die genannten Angeklagten allein auf deren Revision schärfend zu ändern.
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 60/12
vom
11. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 11. Juli 2012 gemäß § 349Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 29. Juli 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) in den Fällen B.I.4, B.I.10 und B.I.15 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen gefährlicher Körperverletzung in sieben Fällen, vorsätzlicher Körperverletzung in zwölf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung , und wegen Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es der Nebenklägerin unter Absehen von einer weiter gehenden Entscheidung über die Adhäsionsklage ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 € zugesprochen.Gegen dieses Urteil richtet sich die auf eine Ver- fahrensrüge sowie die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang aufgrund der Sachrüge Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Nach den Feststellungen schlug und trat der Angeklagte die Nebenklägerin am Morgen eines Tages im Zeitraum zwischen dem 30. August und Anfang September 2008 aus nichtigem Anlass. Sie flüchtete ins Badezimmer und kauerte sich am Boden zusammen. Der Angeklagte setzte ihr nach und trat ihr mehrfach gegen den Kopf, so dass diese gegen die Badewanne stieß. Dadurch wurde es der Nebenklägerin schwindelig und sie erlitt eine blutende Verletzung am Ohr. Es folgten weitere Schläge mit der flachen Hand ins Gesicht der Geschädigten (Fall B.I.4 der Urteilsgründe). Am 5. Oktober 2008 prügelte der Angeklagte im Schlafzimmer auf die Nebenklägerin ein und trat sie. Dadurch wurde sie mehrfach mit dem Kopf gegen die Metallverstrebung des Bettes und gegen die Wände des Schlafzimmers gestoßen. Außerdem riss der Angeklagte ihr Haare aus (Fall B.I.10). An einem Tag Ende Januar 2009 fesselte der Angeklagte die Nebenklägerin an einen Stuhl, indem er ihre Hände mit einem Tuch hinter der Lehne des Stuhls sowie ihre Beine zusammenband. Außerdem knebelte er sie. Er drohte ihr an, ihr den Finger zu brechen, mit dem sie seine Telefonanrufe weggedrückt habe. Die Nebenklägerin geriet dadurch in Panik, zitterte und weinte. Der Angeklagte ließ die Nebenklägerin einige Minuten gefesselt, ohne seine Drohung umzusetzen; dann band er sie los (Fall B.I.15).

II.

3
Die Handlungen in den Fällen B.I.4 und B.I.10 hat das Landgericht ohne nähere Erläuterung als gefährliche Körperverletzung, die Handlung im Fall B.I.15 als vorsätzliche Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung bewertet. Dies begegnet rechtlichen Bedenken.
4
1. Es ist nicht nachzuvollziehen, welchen Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 StGB das Landgericht in den Fällen B.I.4 und B.I.10 heranziehen wollte, weil das Landgericht keine ausdrückliche Subsumtion vorgenommen hat. Das Wertungsergebnis liegt auch nicht ohne weiteres auf der Hand.
5
§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB greift nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ein, wenn der Täter das Opfer gegen einen unbeweglichen Gegenstand bewegt (vgl. BGHSt 22, 235, 236; BGH NStZ-RR 2005, 75).
6
Danach kommt als Qualifikationsgrund in den genannten Fällen nur die Begehung der Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB in Betracht. Tritte oder heftige Schläge gegen den Kopf des Opfers können eine das Leben gefährdende Behandlung darstellen (vgl. Senat, Beschluss vom 6. Juni 2007 - 2 StR 105/07). Dies gilt aber nur dann, wenn sie nach der Art der Ausführung der Verletzungshandlungen im Einzelfall zu lebensgefährlichen Verletzungen führen können. Ob das hier der Fall war, wird aus den Urteilsfeststellungen nicht abschließend deutlich.
7
Erforderlich ist zudem ein Vorsatz des Täters zur Herbeiführung einer derartigen potenziellen Lebensgefahr (vgl. BGHSt 19, 352 f.). Dazu hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen.
8
2. Im Fall B.I.15 hat das Landgericht den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) durch die Fesselung der Nebenklägerin nicht näher erläutert. Eine körperliche Misshandlung im Sinne von § 223 Abs. 1 StGB ist eine üble, unangemessene Behandlung, die zu einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung des körperlichen Wohlempfindens oder der körperlichen Unversehrtheit führt. Das körperliche Wohlempfinden kann nicht allein durch psychische Reaktionen beeinträchtigt werden (vgl. BGH NStZ 1997, 123, 124), so dass das Hervorrufen von Angst nicht als Taterfolg im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB ausreicht. Bedrohungs- oder Einschüchterungshandlungen dürfen sich hinsichtlich der Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens nicht nur auf das seelische Gleichgewicht auswirken, sondern sie müssen auch die körperliche Verfassung des Opfers betreffen (vgl. BGH NStZ 1986, 166). Ob dies hier der Fall war, bleibt nach den getroffenen Feststellungen zumindest unklar. Zudem muss der Körperverletzungserfolg vom Vorsatz des Täters umfasst sein. Dazu verhalten sich die Urteilsfeststellungen nicht. Eine Erläuterung der rechtlichen Bewertung fehlt.
9
Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Freiheitsberaubung, die für sich genommen rechtsfehlerfrei festgestellt und beurteilt wurde, kann danach ebenfalls keinen Bestand haben.
10
3. Mit der Aufhebung des Schuldspruchs und des Ausspruchs über die Einzelstrafen in den Fällen B.I.4, B.I.10 und B.I.15 mitsamt der Einsatzstrafe entfällt zugleich die Gesamtstrafe.
Becker Fischer Appl Krehl Eschelbach

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 168/13
vom
18. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 4,
§ 126 Abs. 3 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 22. November 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.
3. Der Haftbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 23. Dezember 2011 (Az. 703 Gs – 110 Js 720/11 – 1552/11) in der Fassung des Haftfortdauerbeschlusses des Landgerichts Dortmund vom 22. November 2012 wird aufgehoben. Der Angeklagte ist unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Nachstellung zum Nachteil der Zeugin V. S. in Tateinheit mit versuchter Nötigung zum Nachteil der Zeugin V. S. in 11 Fällen und mit Bedrohung zum Nachteil des Zeugen A. S. in 5 Fällen und mit Bedrohung zum Nachteil der Zeugin P. S. in 6 Fällen und mit Bedrohung zum Nachteil des Zeugen T. in 4 Fällen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin V. S. und mit vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen A. S. und mit vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil der Zeugin P. S. und mit vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen T. und mit Sachbeschädigung" zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
Die Strafkammer hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
3
Im August 2010 lernte der in Berlin lebende, damals 24-jährige Angeklagte im Urlaub die 22-jährige V. S. kennen. In der Folgezeit hielten sie zwar Kontakt zueinander, zu einer Liebesbeziehung oder regelmäßigen Treffen kam es jedoch nicht. Ende des Jahres 2010 fühlte sich V. S. vom Angeklagten vereinnahmt und zunehmend eingeengt, weshalb sie eine geplante gemeinsame Silvesterfeier zum Jahreswechsel absagte. Zum 1. Februar 2011 trat V. S. eine Stelle als Flugbegleiterin in Frankfurt an, wohin sie auch ihren Wohnsitz verlegte. In diesem Zusammenhang teilte sie dem Angeklagten mit, dass sie keine Beziehung wünsche, zumal ihr die Entfernung zwischen Berlin und Frankfurt zu weit sei. In der Folgezeit löschte sie den Angeklagten von ihrer sog. Freundesliste bei Facebook.
4
In der Zeit zwischen dem 24. Februar 2011 und der Festnahme des Angeklagten am 15. März 2012 kam es zu zahlreichen Kontaktversuchen des Angeklagten über die Internetplattform Facebook, die zum Teil an V. S. gerichtet waren, zu einem anderen Teil an deren Freundinnen, da V. S. zwischenzeitlich ihr Profil bei Facebook gelöscht hatte und deshalb für den Angeklagten nicht mehr erreichbar war. Ferner schrieb der Angeklagte ihr und ihren Eltern Briefe; in einem Fall wandte sich der Angeklagte mittels einer Facebook-Nachricht an den damaligen Lebensgefährten von V. S. , den Zeugen T. .
5
V. S. hatte den Angeklagten – ebenso wie ihre Eltern und der Zeuge T. – zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt aufgefordert, sie in Ruhe zu lassen und ihm mitgeteilt, sie wolle keinen Kontakt mehr zu ihm haben. Hierüber setzte der Angeklagte sich jedoch hinweg. In einer Vielzahl von Nachrichten und Briefen forderte er V. S. unter anderem dazu auf, ihn erneut ihrer Freundesliste in ihrem Facebook-Profil hinzuzufügen, sich bei ihm zu entschuldigen, ihm ein Armband, das er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, zurückzugeben und sich von dem Zeugen T. zu trennen. Diese Forderungen unterstrich er mit Drohungen für den Fall, dass sie seine Forderungen nicht erfüllen sollte.
6
Bei V. S. trat durch das Verhalten des Angeklagten eine „kur- ze reaktive depressive Erkrankung aufgrund äußerer Belastung“ ein.Diese äu- ßerte sich darin, dass sie sich hilflos und kraftlos fühlte und unter Schlafstörungen sowie Leistungseinbußen litt. Sie ging nicht mehr so häufig aus wie zuvor und achtete auf der Straße darauf, ob ihr jemand folgt. Zeitweise fühlte sie sich psychisch nicht mehr im Stande, ihrer Arbeit als Flugbegleiterin nachzugehen, da der Angeklagte ihr u.a. angekündigt hatte, sie auf einem Flug „fertig zu ma- chen“. Nachdem sie im August von ihrer Mutter telefonisch davon in Kenntnis gesetzt worden war, dass es an ihrem Elternhaus zu einer Sachbeschädigung durch den Angeklagten gekommen war, meldete sie sich aus Angst, der Angeklagte könne ihr, ihrem Freund oder ihren Eltern etwas antun, krank. Insgesamt kam es von April bis September 2011 zu 30 Fehltagen, die „größtenteils“ auf „psychische Probleme“ zurückzuführen waren, die sie „in Folge des Verhaltens des Angeklagten hatte“. Ferner litt sie „ab April/Mai 2011 unter Migräneanfällen“ , während sie zuvor nur „normale“ Kopfschmerzen hatte. Sie hatte „während des Tatzeitraumes“ häufig Weinkrämpfe mit Herzrasen und begab sich in „psy- chologische Behandlung“, wo Symptome einer „Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik“ diagnostiziert wurden und eine Gesprächstherapie geplant wurde. Eine Übernahme in ein festes Anstellungsverhältnis erfolgte nicht; V. S. wechselte den Beruf und zog in eine andere Stadt. Treffen mit Freunden sagte sie ab, weil der Angeklagte hiervon Kenntnis erlangt haben konnte; aus sozialen Netzwerken wie Facebook zog sie sich zurück oder trat dort nur noch unter Fantasienamen auf.
7
Bei T. trat „kurzfristig aufgrund der psychischen Belastung durch Somatisierung eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit“ ein. Er litt „während des Tatzeitraums zeitweise unter Schlafstörungen und temporär unter Schwindelzuständen“. Ferner hatte er Albträume und zeigte Nervosität sowie eine erhöhte Reizbarkeit. In „bestimmten Situationen“, die durch ein je- weiliges Verhalten des Angeklagten hervorgerufen wurden, hyperventilierte er.
8
A. S. , der Vater von V. S. , litt unter „konkreten Ängsten als zeitlich begrenzte Reaktion, die sodann wieder abklangen“. Er konnte aufgrund der Belastungssituation zunächst nicht mehr seiner Arbeit im Schichtdienst nachgehen und wurde am 21. Oktober 2011 für eine Woche krankgeschrieben. Zudem litt er unter Schlafstörungen. Bei P. S. kam es zu einer „deutlich längerfristigen Anpassungsstörung“, die allerdings nicht allein durch die Aktivitäten des Angeklagten hervorgerufen wurde. Die Zeugin befand sich schon vor den Vorfällen in psychiatrischer Behandlung. Jedoch „verstärkten sich die Probleme und wurden immer schlimmer“. Sie hatte Angst, das Haus zu verlassen und litt zudem unter Schlafstörungen und Albträumen.
9
Die durch sein Verhalten verursachten Auswirkungen auf das körperliche Wohlbefinden bzw. die körperliche Unversehrtheit der Zeugen hat der Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen.
10
Die sachverständig beratene Strafkammer nimmt bei dem Angeklagten eine narzisstische Persönlichkeitsstörung mit emotionaler und konsekutiver Verhaltensinstabilität bzw. auf der Ebene emotionaler/persönlicher Labilität vom Typ Borderline an. Seine Steuerungsfähigkeit sei daher im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert, nicht aber aufgehoben gewesen. Es bestehe „eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades", dass „der Angeklagte in Zukunft seine Tat fortführt oder/und die Tat sich in ähnlicher Weise wiederholen könnte“ (UA S. 132).

II.


11
1. Die Verurteilung wegen Körperverletzung zum Nachteil der P. S. , des A. S. , des T. und der V. S. wegen versuchter Nötigung im Fall der Tat vom September 2011 sowie die Verurteilung wegen Bedrohung der P. S. in drei Fällen, des A. S. in zwei Fällen und des T. in drei Fällen begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
12
a) Die Verurteilung wegen der Körperverletzungen wird von den Feststellungen des Landgerichts nicht getragen.
13
aa) Als Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB ist jedes Hervorrufen oder Steigern eines vom Normalzustand der körperlichen Funktionen des Opfers nachteilig abweichenden Zustandes anzusehen. Dabei kommt es nicht darauf an, auf welche Art und Weise die Beeinträchtigung erfolgt ist (BGH, Urteil vom 4. November 1988 – 1 StR 262/88, BGHSt 36, 1, 6; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 223 Rn. 5 mwN). Rein psychische Empfindungen genügen bei keiner Handlungsalternative, um einen Körperverletzungserfolg gemäß § 223 Abs. 1 StGB zu begründen (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02, BGHSt 48, 34, 36; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 11. Juli 2012 – 2 StR 60/12, NStZ-RR 2012, 340 f.; OLG Düsseldorf, NJW 2002, 2118; Mey- er, ZStW 115 (2003), 249, 261). Wirkt der Täter auf sein Opfer lediglich psychisch ein, liegt eine Körperverletzung daher erst dann vor, wenn ein pathologischer , somatisch-objektivierbarer Zustand hervorgerufen worden ist, der vom Normalzustand nachteilig abweicht (BGH aaO S. 36 f.; Urteil vom 31. Oktober 1995 – 1 StR 527/95, BGHR StGB § 223 Abs. 1 Gesundheitsbeschädigung 2). Bloß emotionale Reaktionen auf Aufregungen, wie etwa starke Gemütsbewegungen oder andere Erregungszustände, aber auch latente Angstzustände, stellen keinen pathologischen Zustand und damit keine Gesundheitsbeschädigung im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB dar (Senatsbeschluss vom 5. November 1996 – 4 StR 490/96, NStZ 1997, 123).
14
bb) Daran gemessen genügt für die Verurteilung des Angeklagten wegen Körperverletzung zum Nachteil der P. S. nicht, dass es bei ihr „aufgrund der ständigen Bedrohung durch den Angeklagten … zu einer deutlich länger- fristigen Anpassungsstörung“ kam, die „nicht allein durch die Aktivitäten des Angeklagten hervorgerufen, jedoch wesentlich gesteigert“ wurde (UA S. 119). Insofern hätte es vielmehr näherer Darlegungen dazu bedurft, worin die Anpassungsstörung konkret bestanden und wie sie sich geäußert haben soll; hinsicht- lich der „Steigerung“ der Störung waren vor dem Hintergrund, dass sich die Zeugin bereits in psychiatrischer Behandlung befand (UA S. 97), Ausführungen dazu geboten, ob hierhin ein eigenständiger Erfolg im Sinne des § 223 StGB liegt. Auch die von der Strafkammer an anderer Stelle herangezogenen „Schlafstörungen und Albträume“ der Zeugin (UA S. 97) lassen nicht erkennen, ob es sich hierbei um Beeinträchtigungen erheblichen Ausmaßes handelte, etwa weil sich das Schlafverhalten dauerhaft geändert hat (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 1996 – 4 StR 490/96, NStZ 1997, 123; Urteil vom 31. Oktober 1995 – 1 StR 527/95, NStZ 1996, 131, 132).
15
Zudem hätte es – wie auch bei den anderen Opfern – einer tragfähigen, sich nicht auf die Wiedergabe der Umschreibung des bedingten Vorsatzes beschränkenden Begründung des Wissens und Wollens des Körperverletzungserfolges bedurft (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 2012 – 2 StR 60/12, NStZ-RR 2012, 340 f.; Senatsbeschluss vom 5. November 1996 – 4 StR 490/96, NStZ 1997, 123; Beschluss vom 22. November 2006 – 2 StR 382/06, bei Miebach, NStZ-RR 2007, 65).
16
cc) Auch die Verurteilung des Angeklagten wegen Körperverletzung zum Nachteil des A. S. hat danach keinen Bestand.
17
Insofern führt das Landgericht zur Begründung seiner rechtlichen Würdigung lediglich aus, die Gesundheit des A. S. sei „kurzfristig … erheb- lich beeinträchtigt“ worden; er habe „infolge der akuten Belastungssituation durch das Verhalten des Angeklagten unter konkreten Ängsten als zeitlich be- grenzte Reaktion“ gelitten (UA S. 119). Angst als solche stellt jedoch – insbe- sondere wenn die Reaktion „zeitlich begrenzt“ bzw. „kurzfristig“ auftritt – lediglich eine Beeinträchtigung des seelischen Wohlbefindens und eine normale Reaktion auf Bedrohungen, nicht aber einen pathologischen Zustand dar (Senatsbeschluss vom 5. November 1996 – 4 StR 490/96, NStZ 1997, 123; vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 2012 – 2 StR 60/12, NStZ-RR 2012, 340 f.; OLG Köln, NJW 1997, 2191, 2192; NK-StGB/Paeffgen, 4. Aufl., § 223 Rn. 11a).
18
Auch der Umstand, dass A. S. „aufgrund der Belastungssituation … für eine Woche krankgeschrieben“ wurde (UA S. 96), ermöglicht keine revisionsgerichtliche Nachprüfung der Annahme einer Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit. Gleiches gilt aus den vorgenannten Gründen für nicht näher konkretisierte „Schlafstörungen“.
19
dd) Die Verurteilung des Angeklagten wegen Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen T. begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
20
Die insoweit im Rahmen der rechtlichen Würdigung allein herangezogene „psychische Belastung durch Somatisierung“ (UA S. 118 f.) stellt keine tragfähige Begründung für den Eintritt eines Körperverletzungserfolges dar (vgl. zur Erforderlichkeit eines pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustandes: Senatsbeschluss vom 5. November 1996 – 4 StR 490/96, NStZ 1997, 123; OLG Düsseldorf, NJW 2002, 2118). Die an anderer Stelle in dem Urteil erwähnten Schlafstörungen, temporären Schwindelzustände, Albträume, Nervosität und erhöhte Reizbarkeit reichen – wie oben ausgeführt – mangels näherer Konkretisierung ebenfalls nicht aus, um eine tatbestandsmäßige Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit zu begründen (vgl. auch OLG Köln, NJW 1997, 2191, 2192).
21
ee) Schließlich hält auch die Verurteilung wegen Körperverletzung zum Nachteil der V. S. einer Überprüfung nicht stand.
22
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar eine „massive“ depressive Verstimmung bei Hinzutreten weiterer Umstände den Körperverletzungstatbestand erfüllen (BGH, Beschluss vom 15. September 1999 – 1 StR 452/99, NStZ 2000, 25). Die vom Landgericht im Rahmen der rechtlichen Würdigung allein herangezogene „kurze reaktive depressive Erkrankung aufgrund äußerer Belastung“ (UA S. 118) erfüllt diese Voraussetzun- gen jedoch nicht.
23
Soweit die Strafkammer an anderer Stelle dargelegt hat, dass die Zeugin sich hilflos und kraftlos sowie psychisch nicht dazu in der Lage fühlte zu arbeiten (UA S. 93 f.), fehlt es an einem objektivierbaren Körperverletzungserfolg (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 1996 – 4 StR 490/96, NStZ 1997, 123; BGH, Urteil vom 9. Oktober 2002 – 5 StR 42/02, BGHSt 48, 34, 36 f.; OLG Düsseldorf, NJW 2002, 2118 mit Anm. Pollähne, StV 2003, 563, 564; OLG Köln, NJW 1997, 2191, 2192). Gleiches gilt für die nicht näher konkretisierten „Migräneanfälle“, zu denen sich die bereits vor dem Verhalten des Angeklagten vorhandenen „normalen Kopfschmerzen“ gesteigert haben sollen (UA S. 94; vgl. Pollähne, aaO). Weinkrämpfe und Herzrasen können ebenfalls eine normale körperliche Reaktion auf die mit einer Bedrohungssituation verbundenen Aufregungen unterhalb der Erheblichkeitsschwelle des § 223 StGB darstellen (zur fehlenden Tatbestandsmäßigkeit von „Herzklopfen“ bzw. „Herzrasen“ vgl. OLG Köln, NJW 1997, 2191, 2192; NK-StGB/Paeffgen, § 223 Rn. 11a; Smischek, Stalking, 2006, S. 215). Schließlich ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Zeugin sich in psychologische Behandlung begeben hat und „in der nahen Zukunft“ eine Gesprächstherapie geplant sei (UA S. 95),nicht in einer für das Revisionsgericht überprüfbaren Weise, dass im maßgeblichen Zeitpunkt ein Körperverletzungserfolg vorgelegen hat; ebenso wenig aus der nicht aussage- kräftigen Feststellung, dass „zu diesem Zeitpunkt“ eine „Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik“ vorgelegen habe (UA S. 95).
24
b) Auch die Verurteilung des Angeklagten wegen Bedrohung hält nicht in allen Fällen rechtlicher Überprüfung stand.
25
aa) Der Tatbestand der Bedrohung setzt voraus, dass die Ankündigung des Verbrechens den Bedrohungsadressaten erreicht. Dies kann auch über Dritte erfolgen, wenn die Weitergabe der Drohung an den Adressaten vom Vorsatz des Täters umfasst ist (SSW-StGB/Schluckebier, § 241 Rn. 5, 7).
26
bb) Gemessen daran tragen die Feststellungen des Landgerichts eine Verurteilung wegen Bedrohung der P. und des A. S. in den Fällen der Facebook-Nachrichtan L. Sch. vom 23. August 2011 (UA S. 49), des Briefes, der ihnen am 6. Dezember 2011 zugegangen ist (UA S. 73), und der Facebook-Nachricht an Schl. von Anfang Dezember 2011 (UA S. 72) nicht. Im Fall der Nachricht vom 23. August 2011 fehlt es an der Feststellung , dass die an L. Sch. gerichtete Facebook-Nachricht die Bedrohungsadressaten mit dem Willen des Angeklagten erreicht hat. Ein solcher Vorsatz versteht sich bei einer über Facebook an eine Freundin der Tochter gerichtete Nachricht auch nicht von selbst, zumal der Angeklagte in derselben Nachricht ankündigt, an die Eltern der V. S. ein gesondertes Schreiben richten zu wollen (UA S. 51). Der am 6. Dezember 2011 eingegangene Brief ist an die Zeugin V. S. gerichtet („V. : …“). Auch insoweit ist ein Vorsatz des Angeklagten dahingehend, dass die Bedrohung die Eltern der Angesprochenen erreichen sollte, nicht festgestellt. Die Facebook-Nachricht von Anfang Dezember 2011 an Schl. ist wiederum an eine dritte Person gerichtet , ohne dass festgestellt ist, dass diese Nachricht P. S. erreicht hat und erreichen sollte.
27
cc) Hinsichtlich der Taten zum Nachteil von T. tragen die Feststellungen des Landgerichts aus den vorgenannten Gründen die Verurteilung jeweils wegen Bedrohung in den Fällen der Facebook-Nachrichten an L. Sch. vom 22. Juli 2011, an Schl. vom 23. Juli 2011 sowie im Fall des Briefes an die Eheleute S. , der am 22. Oktober 2011 bei ihnen eingegangen ist, nicht. In keinem der genannten Fälle ist festgestellt, dass die Nachrichten den Geschädigten erreicht haben und dass dies vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war.
28
c) Soweit das Landgericht das Versenden des Schreibens, welches die Eltern der V. S. im September 2011 erreichte, als versuchte Nötigung bewertet, hat dies schon deshalb keinen Bestand, weil die Strafkammer es versäumt hat, einen den Einsatz eines Nötigungsmittels im Sinne des § 240 Abs. 1 StGB (Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel) umfassenden Tatentschluss festzustellen.
29
2. Die aufgezeigten Mängel zwingen zur Aufhebung der weiteren tateinheitlichen Verurteilungen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2013 – 1 StR 105/13). Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
30
a) Im Hinblick auf die Verurteilung wegen versuchter Nötigung durch Versenden einer Facebook-Nachricht an T. am 3. März 2012 bestehen Zweifel daran, ob diese Tat von der Anklage und von dem Eröffnungsbeschluss umfasst ist. Das in der Anklageschrift umschriebene Geschehen endet in zeitlicher Hinsicht mit dem Versenden einer Facebook-Nachricht an N. Sch. am 25. Januar 2012.
31
b) Soweit das Landgericht eine Bedrohung der P. und des A. S. im Versenden des Briefes vom 5. Januar 2012 sieht, begegnet dies Bedenken , weil sich der Ankündigung, der Zeugin V. S. und ihrer Fami- lie werde „ansonsten Schlimmeres passieren“ (UA S. 77), Verbrechensmerk- male nicht ohne Weiteres entnehmen lassen (vgl. OLG Köln, StV 1994, 245, 246). Sollte eine Verurteilung wegen Bedrohung darauf gestützt werden, dass in dem Schreiben V. S. als den Eltern nahestehende Person mit dem Tod bedroht wird, so bedarf es insoweit der Feststellung der objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer Bedrohung der Eltern durch dieses Verhalten.
32
c) Bedenken bestehen auch, soweit das Landgericht elf selbständige Fälle der versuchten Nötigung angenommen hat.
33
In Fällen, in denen der Täter mehrfach zur Vollendung einer Nötigung ansetzt, um einen bestimmten Erfolg zu erreichen, liegt nur eine Tat im Rechtssinne vor, solange der Versuch nicht fehlgeschlagen ist, der Täter also von dem Misslingen des vorgestellten Ablaufs noch nichts erfahren hat oder nicht zu der Annahme gelangt ist, er könne die Tat nicht mehr ohne zeitliche Zäsur mit den bereits eingesetzten und anderen bereitliegenden Mitteln vollenden (BGH, Urteil vom 30. November 1995 – 5 StR 465/95, NJW 1996, 936, 937). Danach wird das Landgericht zu prüfen haben, ob in den Fällen zeitlich eng zusam- menhängender Handlungen des Angeklagten – etwa der Handlungen vom 23. August 2011 (Facebook-Nachricht an L. Sch. und Brief an die Eheleute S. , den diese an diesem Tag erhielten) oder im Fall der FacebookNachricht an Schl. aus dem Dezember 2011 sowie des Briefes, den die Eheleute S. am 6. Dezember 2011 erhielten – eine odermehrere Taten der versuchten Nötigung vorliegen.
34
d) Die Verurteilung des Angeklagten wegen Nachstellung gemäß § 238 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 StGB begegnet auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen keinen Bedenken. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Tatbestandsva- riante der „anderen vergleichbaren Handlung“ (§ 238 Abs. 1 Nr. 5 StGB) eben- falls verwirklicht ist und ob die insoweit in Rechtsprechung und Schrifttum geäußerten Bedenken (zum Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG) durchgreifen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 244/09, NJW 2010, 1680, 1681, Tz. 16; hinreichende Bestimmtheit verneinend Fischer, StGB, 60. Aufl., § 238 Rn. 17c; Gazeas, JR 2007, 497, 501, jeweils mwN; kritisch auch Eisele in Schönke/Schröder, StGB, § 238 Rn. 23; aA Mosbacher, NStZ 2007, 665, 668; offen gelassen bei SSW-StGB/Schluckebier, § 238 Rn. 12).
35
Soweit das Landgericht lediglich eine Tat der Nachstellung gemäß § 238 StGB angenommen hat, weist der Senat darauf hin, dass mehrere tatbestandliche Verhaltensweisen dann nur eine Tat im Sinne des § 238 StGB bilden, wenn sie denselben tatbestandlichen Erfolg betreffen. Führt der Täter dagegen nach Eintritt eines Erfolges, etwa eines Umzuges (vgl. UA S. 95), weitere Tathandlungen aus, so kann Tatmehrheit vorliegen (Eisele in Schönke/Schröder aaO, § 238 Rn. 39).
36
3. Zum Straf- und Maßregelausspruch weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin:
37
a) Soweit das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten die „gesundheitlichen Folgen der Tat für die Geschädigten“ berücksichtigt (UA S. 121), lässt dies besorgen, dass mit dem Erfolg der Körperverletzung ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes zu seinem Nachteil in Ansatz gebracht worden ist (§ 46 Abs. 3 StGB). Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn quantitative oder qualitative Besonderheiten der Körperverletzung zum Anlass von entsprechenden Strafzumessungserwägungen genommen werden (Theune in LK, StGB, 12. Aufl., § 46 Rn. 146).
38
b) Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird ferner zu prüfen haben, ob eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB im Hinblick auf die Sanktionen aus den Strafbefehlen des Amtsgerichts Tiergarten vom 3. Februar 2012 (Az. 263b Cs – 3033 Js 364/12 – 22/12) – insoweit gegebenenfalls unter Berücksichtigung der zeitlichen Tatkonkretisierung in der Anklage (vgl. oben II. 2. a)) – und vom 4. April 2012 (Az. 263b Cs – 232 Js 5682/11 – 17/12) in Betracht kommt.
39
c) Hinsichtlich der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) weist der Senat auf Folgendes hin:
40
aa) Die Diagnose einer „Borderline-Persönlichkeitsstörung“ stellt – was die Strafkammer nicht übersehen hat – nicht ohne Weiteres eine hinreichende Grundlage für die Annahme einer relevanten Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters dar (Senatsbeschluss vom 6. Februar 1997 – 4 StR 672/96, BGHSt 42, 385 ff.; BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2001 – 3 StR 373/01, NStZ 2002, 142; Beschluss vom 1. August 1989 – 1 StR 290/89, BGHR StGB § 21 seeli- sche Abartigkeit 13) und rechtfertigt nur bei Vorliegen weiterer – vom Landgericht nicht fehlerfrei bejahter – Umstände die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (BGH aaO; Senatsbeschluss vom 25. Februar 2003 – 4 StR 30/03, NStZ-RR 2003, 165, 166; Beschluss vom 13. Oktober 2005 – 5 StR 349/05, NStZ-RR 2006, 38, 39 mwN).
41
bb) Ist die erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit auf das Zusammenwirken von Persönlichkeitsstörung und Betäubungsmittelkonsum zurückzuführen , so ist regelmäßig erforderlich, dass der Täter an einer krankhaften Betäubungsmittelabhängigkeit leidet, in krankhafter Weise betäubungsmittelüberempfindlich ist oder eine länger andauernde geistig-seelische Störung hat, bei der bereits geringer Betäubungsmittelkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen können und dies getan haben (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 – 3 StR 173/11, NStZ 2012, 209; Beschluss vom 6. Oktober 2009 – 3 StR 376/09, NStZ-RR 2010, 42).
42
cc) Besonderes Augenmerk wird die zur neuen Entscheidung berufene Strafkammer zudem auf die Gefährlichkeitsprognose zu richten haben.
43
Die prognostizierte Gefährlichkeit muss sich auf Taten beziehen, die eine schwere Störung des Rechtsfriedens zur Folge haben. Für Straftaten nach § 238 StGB ist dies nicht ohne Weiteres zu bejahen (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2012 – 4 StR 417/12, NStZ-RR 2013, 145, 147; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2010 – 5 StR 256/10, NStZ-RR 2011, 12, 13). Eine Straftat von erheblicher Bedeutung liegt vor, wenn sie mindestens der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden empfindlich stört und geeignet ist, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Straftaten , die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe unter fünf Jahren bedroht sind, sind daher nicht mehr ohne Weiteres dem Bereich der Straftaten von erheblicher Bedeutung zuzurechnen. Hierzu gehören beispielsweise das unerlaubte Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB), die Beleidigung, die üble Nachrede und die nichtöffentliche Verleumdung (§§ 185 bis 187 StGB), das Ausspähen von Daten (§ 202a StGB), die fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB), die Nötigung (§ 240 StGB) sowie die Verbreitung pornographischer Schriften einschließlich gewalt- oder tierpornographischer Schriften (§§ 184 und 184a StGB). Gleiches gilt für die Nachstellung gemäß § 238 Abs. 1 StGB. Da auch insoweit das Höchstmaß der Freiheitsstrafe drei Jahre beträgt, kann auch die Nachstellung, wenn sie nicht mit aggressiven Übergriffen einhergeht, nicht generell als Straftat von erheblicher Bedeutung angesehen werden (BVerfG, Beschluss vom 24. Juli 2013 – 2 BvR 298/12 [juris Rn. 21, 28]). Entsprechendes gilt für eine Bedrohung, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Juli 2012 – 4 StR 224/12, NStZ-RR 2012, 337, 338 mwN) allenfalls dann zur Rechtfertigung einer Unterbringungsanordnung herangezogen werden kann, wenn sie in ihrer konkreten Ausgestaltung aus der Sicht des Betroffenen die nahe liegende Gefahr ihrer Verwirklichung in sich trägt. Der bloße Besitz des in der Wohnung des Angeklagten aufgefundenen Schlagrings begründet eine solche Gefahr für sich genommen noch nicht (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2011 – 2 StR 550/10, NStZ-RR 2011, 240, 241). Erforderlich ist insoweit eine umfassende Auseinandersetzung des Tatgerichts auch mit Umständen , die gegen eine wirkliche Gewaltbereitschaft sprechen könnten (BGH aaO), insbesondere dass der Angeklagte bisher mit Gewaltdelikten nicht auffällig geworden ist.
44
Die Gefährlichkeitsprognose selbst ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstaten zu entwickeln (Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2012 – 4 StR 417/12, NStZ-RR 2013, 145, 147). An die Darlegungen und die vorzunehmende Abwägung sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je mehr es sich bei dem zu beurteilenden Sachverhalt unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 62 StGB) um einen Grenzfall handelt (BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 – 4 StR 275/13 mwN).
45
dd) Im Falle der erneuten Anordnung der Maßregel wird ferner zu berücksichtigen sein, dass mit deren Aussetzung zur Bewährung die Weisung erteilt werden kann, sich einer Therapie zu unterziehen (vgl. dazu Senatsurteil vom 23. Mai 2013 – 4 StR 70/13, Tz. 2; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 67b Rn. 4). Dem kann schon deshalb besondere Bedeutung zukommen, weil der Angeklagte sich selbst um eine ambulante Therapie bemüht hat, zu der es lediglich aufgrund der Untersuchungshaft nicht gekommen sei (UA S. 123).
46
d) Zur Fassung eines Urteilstenors verweist der Senat auf die Kommentierung bei Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 260 Rn. 21 ff.; insbesondere ist die (namentliche) Benennung der Opfer einer Straftat im Schuldspruch nicht geboten, bei gleichartiger Tateinheit ist lediglich anzugeben, wie oft der Straftatbestand verwirklicht wurde.

III.


47
Der Haftbefehl in der Fassung des Haftfortdauerbeschlusses war gemäß § 126 Abs. 3 StPO aufzuheben, weil der Senat das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne Weiteres ergibt, dass die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Mutzbauer Roggenbuck Franke Bender Quentin

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 496/09
vom
2. März 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: besonders schweren Raubes u. a.
zu 2.: schweren Raubes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 2. März
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. März 2009
a) im Schuldspruch gegen den Angeklagten B. dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe des besonders schweren Raubes schuldig ist;
b) in den Aussprüchen über die Gesamtfreiheitsstrafen gegen beide Angeklagte mit den zugehörigen Feststellungen und der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafen sowie auch über die Kosten der Rechtsmittel nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen schweren Raubes unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. Dezember 2007 verhängten Einzelstrafen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten sowie wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in drei http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 3 - Fällen zu der weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Gegen die Angeklagte A. hat es wegen schweren Raubes unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. Dezember 2007 festgesetzten Einzelstrafen die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten und ferner wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt.
2
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie Verletzungen des formellen und des materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben lediglich zu den Gesamtstrafenaussprüchen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts zu den Schuldsprüchen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht (§ 349 Abs. 2 StPO). Der den Angeklagten B. betreffende Schuldspruch war jedoch dahin abzuändern, dass er im Fall II. 1. der Urteilsgründe des besonders schweren Raubes schuldig ist. Das Landgericht hat in diesem Fall rechtlich zutreffend den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB durch den Angeklagten und seinen - gesondert verfolgten - Mittäter verwirklicht gesehen (Verwendung eines Küchenmessers als Drohmittel). Die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat macht die Kennzeichnung der jeweils gegebenen Qualifikation notwendig. Daher ist im Falle der Verurteilung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf "besonders schweren Raub" zu erkennen (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 2008 - 3 StR 229/08 - Rdn. 5 - , insoweit in NStZ-RR 2008, 342 nicht abgedruckt; BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30).
4
2. Auch die festgesetzten Einzelstrafen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Aussprüche über die verhängten Gesamtfreiheitsstrafen mussten hingegen aufgehoben werden.
5
a) Das Landgericht hat mit den für den Fall II. 1. (Tatzeit: 14./15. Dezember 2007) festgesetzten Einzelstrafen (acht Jahre gegen B. , fünf Jahre gegen A. ) und den gegen beide Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. oder 18. Dezember 2007 (vgl. Urteilsformel und UA S. 36 einerseits sowie UA S. 6 und 9 andererseits) jeweils ausgesprochenen Einzelstrafen (zweimal 90 Tagessätze zu je 10 oder 20 €; vgl. UA S. 6) nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafen von acht Jahren und drei Monaten bzw. von fünf Jahren und drei Monaten gebildet. Die Einbeziehung der durch die Strafbefehle des Amtsgerichts Mettmann vom 13. März 2008 gegen beide Angeklagte verhängten Strafen (jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe mit Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung) in diese Gesamtfreiheitsstrafen hat das Landgericht abgelehnt, weil durch die - wiederum beide Angeklagte betreffende - Verurteilung durch das Amtsgericht Düsseldorf vom 7. November 2006 eine Zäsur eingetreten sei.
6
b) Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat es versäumt, den Vollstreckungsstand der Verurteilung durch das Amtsgericht Düsseldorf vom 7. November 2006 zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung festzustellen. Gleiches gilt für den Stand der Vollstreckung hinsichtlich des Urteils des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. (oder 18.) Dezember 2007 und aller übrigen Verurteilungen gegen die Angeklagten. Da eine erledigte Strafe keine Zäsurwirkung entfaltet (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 55 Rdn. 10), kann der Senat nicht überprüfen, ob das Landgericht die Gesamtstrafen gegen beide Angeklagte rechtlich zutreffend gebildet hat. Mit Blick auf die weiteren Vorverur- teilungen der Angeklagten ist hier nicht auszuschließen, dass auch eine andere, den Beschwerdeführern günstigere Entscheidung über die Bildung von Gesamtstrafen in Betracht gekommen wäre, so dass hierüber neu entschieden werden muss.
7
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO Gebrauch.
8
Die Kostenentscheidung war dem Verfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die neuen Gesamtstrafenbildungen nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung vorzunehmen sind (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 72; Fischer aaO Rdn. 37). Im Übrigen wird für den Fall, dass wiederum mehrere gesonderte Strafen gebildet werden, unter Umständen das gesamte Strafübel zu berücksichtigen sein (vgl. BGH NStZ 2000, 137).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 215/06
vom
28. Juli 2006
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. Juli 2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Limburg vom 15. Februar 2006 im Strafausspruch dahingehend berichtigt, dass der Angeklagte unter Auflösung der im Urteil des Landgerichts Limburg vom 6. Mai 2004 - Az. 3 Js 16189/03 - gebildeten Gesamtstrafe unter Einbeziehung der dort für die gefährliche Körperverletzung verhängten Einzelstrafe von neun Monaten sowie der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Offenbach am Main vom 23. Oktober 2003 - Az. 1000 Js 70427/03 - verhängten Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 10,- Euro zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt wird. Die durch das Urteil des Landgerichts Limburg vom 6. Mai 2004 wegen räuberischen Diebstahls verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten bleibt unberührt. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Der Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Veräußerung von Betäubungsmitteln in vier Fällen ist aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift an den Senat zutreffend ausgeführten Gründen rechtsfehlerfrei; die Revision ist insoweit unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Ausführungen der Verteidigung im Schriftsatz vom 20. Juni 2006 führen zu keiner anderen Beurteilung. Der Strafausspruch leidet, wie von der Bundesanwaltschaft zutreffend ausgeführt, an Mängeln allein bei der Gesamtstrafenbildung. Hierzu ist in der Zuschrift an den Senat ausgeführt:
2
"Das Landgericht hat bei seiner Gesamtstrafenbildung sämtliche Straferkenntnisse , die nach den abgeurteilten Taten aus dem September 2003 bis zu seiner eigenen Entscheidung angefallen sind, berücksichtigt (UA S. 31). Dies ist rechtsfehlerhaft und verkennt das Wesen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB. Auszugehen ist von der ersten unerledigten Verurteilung , die Zäsurwirkung entfaltet, so dass eine Gesamtstrafenbildung nur für die bis dahin begangenen Taten möglich ist. Für danach begangene Straftaten ist deshalb auf eine selbstständige Einzel- oder Gesamtstrafe zu erkennen (vgl. dazu Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl., § 55, Rdnr. 9 f.). Erste nicht erledigte Verurteilung ist der Strafbefehl des Amtsgerichts Offenbach vom 23. Oktober 2003. Sie führt zur Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe für die darin ursprünglich abgeurteilte Tat vom 4. Februar 2003, für die verfahrensgegenständlichen vier Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubter Veräußerung von Betäubungsmittel sowie für die in dem Urteil des Landgerichts Limburg vom 14. Mai 2004 (gemeint: 6. Mai 2004) einbezogene Tat der gefährlichen Körperverletzung vom 27. April 2003 (gemeint: 17. April 2003).
3
Die weiter im Urteil des Landgerichts Limburg vom 24. Mai 2004 (gemeint : 6. Mai 2004) enthaltene Strafe für die nach dem Strafbefehl begangene Tat vom 5. November 2003 ist insoweit nicht gesamtstrafenfähig und muss - nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe - als Einzelstrafe von zwei Jahren und neun Monaten Bestand haben, da auch eine Gesamtstrafenbildung mit der am 16. Juli 2004 begangenen und vom Amtsgericht Limburg am 26. Januar 2005 abgeurteilten Tat - ungeachtet des Umstandes, dass sie bereits vollstreckt ist - nicht in Betracht kommt.
4
Bei der Bildung der Gesamtstrafe ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte , der allein die Verurteilung angegriffen hat, insgesamt nicht schlechter gestellt werden darf als in der landgerichtlichen Entscheidung, die unter Zusammenfassung sämtlicher Strafen zu einer Gesamtstrafe von vier Jahren und sechs Monaten gelangt ist. Zieht man hiervon die Einzelstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, die als Einzelstrafe bestehen bleiben muss, ab, ergibt sich als mögliche Obergrenze der - neuen - Gesamtstrafe eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Bei einer Einsatzstrafe von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe ist in Anbetracht des Umstandes, dass drei weitere Freiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten und eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen einzubeziehen sind, auszuschließen, dass eine unter der bezeichneten Obergrenze liegende Gesamtstrafe verhängt werden kann. Aus diesem Grund ist es dem Revisionsgericht ausnahmsweise möglich, selbst auf diese Gesamtstrafe zu erkennen (§ 354 Abs. 1 StPO entsprechend)."
5
Diesen Ausführungen tritt der Senat bei. Otten RiBGH Rothfuß ist infolge urlaubs- Fischer bedingter Ortsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben. Otten Roggenbuck Appl

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 496/09
vom
2. März 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: besonders schweren Raubes u. a.
zu 2.: schweren Raubes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführer
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 2. März
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. März 2009
a) im Schuldspruch gegen den Angeklagten B. dahin geändert, dass der Angeklagte im Fall II. 1. der Urteilsgründe des besonders schweren Raubes schuldig ist;
b) in den Aussprüchen über die Gesamtfreiheitsstrafen gegen beide Angeklagte mit den zugehörigen Feststellungen und der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafen sowie auch über die Kosten der Rechtsmittel nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen schweren Raubes unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. Dezember 2007 verhängten Einzelstrafen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten sowie wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in drei http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/bjg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR006290950BJNE037604301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 3 - Fällen zu der weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Gegen die Angeklagte A. hat es wegen schweren Raubes unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. Dezember 2007 festgesetzten Einzelstrafen die Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten und ferner wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt.
2
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie Verletzungen des formellen und des materiellen Rechts rügen. Die Rechtsmittel haben lediglich zu den Gesamtstrafenaussprüchen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen hat aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts zu den Schuldsprüchen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht (§ 349 Abs. 2 StPO). Der den Angeklagten B. betreffende Schuldspruch war jedoch dahin abzuändern, dass er im Fall II. 1. der Urteilsgründe des besonders schweren Raubes schuldig ist. Das Landgericht hat in diesem Fall rechtlich zutreffend den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB durch den Angeklagten und seinen - gesondert verfolgten - Mittäter verwirklicht gesehen (Verwendung eines Küchenmessers als Drohmittel). Die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat macht die Kennzeichnung der jeweils gegebenen Qualifikation notwendig. Daher ist im Falle der Verurteilung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf "besonders schweren Raub" zu erkennen (vgl. BGH, Beschl. vom 8. Juli 2008 - 3 StR 229/08 - Rdn. 5 - , insoweit in NStZ-RR 2008, 342 nicht abgedruckt; BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4; Schoreit in KK 6. Aufl. § 260 Rdn. 30).
4
2. Auch die festgesetzten Einzelstrafen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Aussprüche über die verhängten Gesamtfreiheitsstrafen mussten hingegen aufgehoben werden.
5
a) Das Landgericht hat mit den für den Fall II. 1. (Tatzeit: 14./15. Dezember 2007) festgesetzten Einzelstrafen (acht Jahre gegen B. , fünf Jahre gegen A. ) und den gegen beide Angeklagte durch Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. oder 18. Dezember 2007 (vgl. Urteilsformel und UA S. 36 einerseits sowie UA S. 6 und 9 andererseits) jeweils ausgesprochenen Einzelstrafen (zweimal 90 Tagessätze zu je 10 oder 20 €; vgl. UA S. 6) nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafen von acht Jahren und drei Monaten bzw. von fünf Jahren und drei Monaten gebildet. Die Einbeziehung der durch die Strafbefehle des Amtsgerichts Mettmann vom 13. März 2008 gegen beide Angeklagte verhängten Strafen (jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe mit Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung) in diese Gesamtfreiheitsstrafen hat das Landgericht abgelehnt, weil durch die - wiederum beide Angeklagte betreffende - Verurteilung durch das Amtsgericht Düsseldorf vom 7. November 2006 eine Zäsur eingetreten sei.
6
b) Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat es versäumt, den Vollstreckungsstand der Verurteilung durch das Amtsgericht Düsseldorf vom 7. November 2006 zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung festzustellen. Gleiches gilt für den Stand der Vollstreckung hinsichtlich des Urteils des Amtsgerichts Düsseldorf vom 17. (oder 18.) Dezember 2007 und aller übrigen Verurteilungen gegen die Angeklagten. Da eine erledigte Strafe keine Zäsurwirkung entfaltet (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 55 Rdn. 10), kann der Senat nicht überprüfen, ob das Landgericht die Gesamtstrafen gegen beide Angeklagte rechtlich zutreffend gebildet hat. Mit Blick auf die weiteren Vorverur- teilungen der Angeklagten ist hier nicht auszuschließen, dass auch eine andere, den Beschwerdeführern günstigere Entscheidung über die Bildung von Gesamtstrafen in Betracht gekommen wäre, so dass hierüber neu entschieden werden muss.
7
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO Gebrauch.
8
Die Kostenentscheidung war dem Verfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die neuen Gesamtstrafenbildungen nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung vorzunehmen sind (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 72; Fischer aaO Rdn. 37). Im Übrigen wird für den Fall, dass wiederum mehrere gesonderte Strafen gebildet werden, unter Umständen das gesamte Strafübel zu berücksichtigen sein (vgl. BGH NStZ 2000, 137).
Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 658/10
vom
8. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 8. Februar 2011 gemäß § 349 Abs.
2 und Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 19. August 2010 im Gesamtstrafenausspruch mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter anderem wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem Urteil des Amtsgerichts Neunkirchen vom 13. November 2009 und eines Strafbefehls dieses Gerichts vom 9. Dezember 2009 und Aufhebung des Gesamtstrafenbeschlusses vom 23. April 2010 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklag- ten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Ausspruch über die Gesamtstrafe hat keinen Bestand, weil das Landgericht bezüglich der nach § 55 Abs. 1 StGB einbezogenen Strafen weder die Tatzeiten noch die wesentlichen Zumessungserwägungen mitteilt (vgl. zu den zwingenden Anforderungen an die Urteilsgründe bei Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe: Fischer, StGB, 58. Aufl., § 55 Rn. 17, 34). Der Senat kann daher - auch wenn dies nahe liegen mag - insbesondere nicht überprüfen, ob das Urteil und der Strafbefehl des Amtsgerichts Neunkirchen untereinander gesamtstrafenfähig sind. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
3
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b StPO Gebrauch, die Entscheidung über den Gesamtstrafenausspruch dem Nachverfahren nach den §§ 460, 462 StPO zuzuweisen.
4
Die Kostenentscheidung kann der Senat selbst treffen, weil sicher anzunehmen ist, dass das Rechtsmittel des Angeklagten allenfalls einen geringen Teilerfolg haben wird. Eine teilweise Freistellung von der Kosten- und Auslagenlast ist daher nicht gerechtfertigt (§ 473 Abs. 4 StPO).
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 110/11
vom
3. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 3. Mai
2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 6. Dezember 2010 in den Aussprüchen über die Gesamtstrafen und im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Cloppenburg vom 27. Juli 2010 und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtgeldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten sowie wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei weiteren Fällen zu einer zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Gesamtstrafenausspruch hat insgesamt keinen Bestand, da die hierzu getroffenen Feststellungen in mehrfacher Hinsicht lückenhaft sind und eine revisionsrechtliche Überprüfung nicht zulassen.
3
Die Gesamtstrafen unterliegen bereits deshalb der Aufhebung, weil es das Landgericht unterlassen hat, die nach § 55 Abs. 1 StGB einbezogenen Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Cloppenburg vom 27. Juli 2010 mitzuteilen. Dem Senat ist es deshalb anhand der Urteilsgründe nicht möglich nachzuprüfen, ob die Gesamtfreiheitsstrafen rechtsfehlerfrei zugemessen sind.
4
Der Senat vermag darüber hinaus mangels Darlegungen zum Vollstreckungsstand nicht nachzuvollziehen, ob die in dem genannten Strafbefehl verhängte Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 10 € bei Erlass des angefochtenen Urteils noch nicht vollstreckt war und damit bei der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe nach § 55 Abs. 1 StGB berücksichtigt werden konnte. Eine Erledigung der in dem Strafbefehl festgesetzten Strafe noch vor Erlass des angefochtenen Urteils durch Zahlung oder durch Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe in Unterbrechung der seit dem 28. August 2010 vollzogenen Untersuchungshaft ist jedenfalls nicht ausgeschlossen.
5
Die Urteilsgründe enthalten schließlich keine Angaben zu den Begehungszeiten der Taten aus dem Strafbefehl vom 27. Juli 2010, so dass auch nicht geprüft werden kann, ob der Angeklagte diese vor einer früheren Vorverurteilung durch das Amtsgericht Cloppenburg vom 11. August 2009 begangen hat. Wäre dies der Fall und die frühere Vorstrafe noch nicht erledigt, hätte das Urteil vom 11. August 2009 hinsichtlich der Taten aus dem Strafbefehl vom 27. Juli 2010 Zäsurwirkung entfaltet. Der Strafbefehl wäre dann gesamtstrafenrechtlich für die verfahrensgegenständlichen Taten ohne Bedeutung gewesen (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 55 Rn. 10 ff.).
6
Da der Angeklagte durch eine rechtsfehlerhafte Bildung zweier Gesamtfreiheitsstrafen beschwert wäre, unterliegt der Gesamtstrafenausspruch insgesamt der Aufhebung. Der Senat weist für die neue Hauptverhandlung vorsorglich darauf hin, dass nach Aufhebung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht die Gesamtstrafenbildung nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten Tatsachenverhandlung vorgenommen werden muss (Fischer, aaO, § 55 Rn. 37 mwN).
7
2. Der Aufhebung unterliegt das Urteil auch, soweit das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat.
8
a) Nach den Feststellungen der sachverständig beratenen Strafkammer leidet der Angeklagte seit dem Jahr 2002 an einer anfangs drogeninduzierten, mittlerweile selbstständig verfestigten, schubweise verlaufenden paranoidhalluzinatorischen Psychose aus dem Formenkreis der Schizophrenie, die u.a. mit akustischen und optischen Halluzinationen, Angstzuständen und Wahnideen einhergeht. Schwere Krankheitssymptome zeigte der Angeklagte regelmäßig dann, wenn er seine Medikamente nicht einnahm. Das Landgericht ist der Auffassung, der Angeklagte habe sich ab Mai 2010 fortdauernd und damit auch bei Begehung der Wohnungseinbruchsdiebs tähle am 12. Juni, 18. und 22. August 2010 in einem akut psychotischen Zustand befunden, weshalb er bei Begehung der Taten sicher im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert steuerungsfähig gewesen sei. Eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit hat die Strafkammer mit Blick auf die geordneten Handlungsabläufe bei den Taten und bei der anschließenden Verwertung der Diebesbeute ausgeschlossen.
9
b) Die für die Anordnung der Unterbringung nach § 63 StGB erforderliche positive Feststellung einer zumindest erheblichen Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB belegen die Urteilsgründe nicht (BGH, Urteil vom 6. März 1986 - 4 StR 40/86, BGHSt 34, 22, 27; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 63 Rn. 5). Das Landgericht hat nicht ausreichend dargelegt, dass der Angeklagte infolge eines akuten Schubs seiner Erkrankung bei Begehung der Taten sicher erheblich vermindert schuldfähig war.
10
Seine Überzeugung, dass sich der Angeklagte von Mai 2010 bis zu seiner Festnahme dauerhaft in einem psychotischen Zustand befand, hat das Landgericht darauf gestützt, dass der Angeklagte anlässlich eines Arztbesuchs am 15. Mai 2010 und ebenso nach seiner Festnahme Ende August 2010 zum Teil erhebliche Krankheitssymptome aufgewiesen, insbesondere unter akustischen Halluzinationen, Wahnideen, zeitlicher Desorientierung und Unruhe gelitten habe. Der Schweregrad dieser Auffälligkeiten vor und nach den Taten spreche dafür, dass der Angeklagte auch im Zeitraum ab dem 15. Mai 2010 dauerhaft an einer entsprechenden Symptomatik gelitten und versucht habe, diese mit Drogen, die er sich mit der Tatbeute beschafft habe, zu lindern.
11
Die Annahme eines über mehrere Monate andauernden akut psychotischen Zustands ist nicht ausreichend mit Tatsachen belegt, da sich das Urteil nicht zu dem konkreten Störungsbild des Angeklagten während des Tatzeitraums verhält. Entsprechende Ausführungen waren hier geboten, weil der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen bei Begehung der Taten und der jeweiligen Beuteverwertung nicht nur geordnete Handlungsabläufe zeigte, sondern anlässlich zweier weiterer, tatzeitnäherer Arztbesuche am 3. Juni und am 8. Juli 2010 weder selbst über Krankheitssymptome klagte noch solche seinem behandelnden Arzt auffielen. Diese Umstände lassen sich mit den schweren Krankheitssymptomen, die der Angeklagte nach den Feststellungen während eines akuten Schubs seiner Erkrankung aufweist, nicht in Einklang bringen. Vor diesem Hintergrund beruht die Auffassung der Strafkammer, die schweren Auffälligkeiten des Angeklagten nach seiner Inhaftierung sprächen dafür, dass er bereits längere Zeit zuvor seine Medikamente nicht regelmäßig eingenommen und deshalb über einen längeren Zeitraum akut psychotisch gewesen sei, auf einer Vermutung, die die positive Feststellung einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit nicht zu begründen vermag.
12
Mit der Frage, ob die - rechtsfehlerfrei - festgestellte chronifizierte und langjährige Erkrankung des Angeklagten zu erheblichen Veränderungen seiner Persönlichkeitsstruktur geführt hat und diese Persönlichkeitsveränderungen die Begehung seiner Taten beeinflusst haben, hat sich die Strafkammer nicht auseinandergesetzt. Die Urteilsgründe ergeben daher auch nicht, ob der Angeklagte aufgrund einer krankheitsbedingten Veränderung seiner Persönlichkeit bei Begehung der Taten nicht in der Lage war, sich hinreichend zu steuern (vgl. BGH, Beschluss vom 31. August 2010 - 3 StR 260/10).
13
c) Der Rechtsfehler nötigt nicht zur Aufhebung des Urteils insgesamt, da das Landgericht mit rechtsfehlerfreien Erwägungen eine mögliche Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB ausgeschlossen hat und hiervon abweichende Feststellungen in einer neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten sind. Die möglicherweise rechtsfehlerhafte Bejahung des § 21 StGB beschwert den Angeklagten nicht. Becker von Lienen Sost-Scheible Schäfer Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 249/11
vom
8. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Juni 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 12. Januar 2011 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen bleibt dem für das Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Detmold vom 3. November 2009 und vom 6. September 2010 und unter Auflösung der im letztgenannten Urteil gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die mit der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs; im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Bildung der nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde der Angeklagte nach den hier abgeurteilten Taten und vor Erlass der einbezogenen Entscheidungen zwei weitere Male durch das Amtsgericht Detmold verurteilt, nämlich am 13. Juli 2004 zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und am 21. September 2005 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten mit Bewährung. Feststellungen zum Vollstreckungsstand - bezogen auf den Zeitpunkt des angefochtenen Urteils - fehlen völlig; auch werden die den Vorverurteilungen zugrunde liegenden Tatzeiten nicht mitgeteilt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass bereits dem Urteil vom 13. Juli 2004 Zäsurwirkung zukommt. Denn auszugehen ist von der ersten unerledigten Verurteilung, die Zäsurwirkung entfaltet , so dass eine Gesamtstrafenbildung nur für die bis dahin begangenen Taten möglich ist (BGH, Beschluss vom 28. Juli 2006 - 2 StR 215/06, NStZ 2007, 28, 29; zu den Anforderungen an die Entscheidungsgründe bei Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Februar 2011 - 4 StR 658/10 und vom 3. Mai 2011 - 3 StR 110/11).
4
Dieser Rechtsfehler kann sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass lediglich die am 13. Juli 2004 verhängte Freiheitsstrafe von zehn Monaten gemäß § 55 Abs. 1 StGB einzubeziehen ist.
5
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch, die Entscheidung über den Gesamtstrafenausspruch dem Nachverfahren nach den §§ 460, 462 StPO zuzuweisen; das danach zuständige Gericht wird auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu entscheiden haben.
6
2. Für die erneute Sachbehandlung weist der Senat darauf hin, dass bei der Bildung einer Gesamtstrafe unter Einbeziehung von zur Bewährung ausgesetzter Strafen gegebenenfalls auch über die Anrechnung im Rahmen der Bewährung erbrachter Leistungen zu entscheiden ist (§ 58 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 56f Abs. 3 StGB).
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR503/14
vom
15. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 15. Januar 2015 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 11. Juni 2014 wird die Urteilsformel dahin klargestellt und neu gefasst, dass der Angeklagte der Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug und zum versuchten Betrug schuldig ist. 2. Das vorbezeichnete Urteil wird im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen Beihilfe zur Urkundenfälschung in zehn Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug und in weiteren drei Fällen in Tateinheit mit Betrug“ unter Auflösung einer vom Amtsgericht Essen am 27. September 2012 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen und unter weiterer Einbeziehung einer vom Amtsgericht Velbert am 13. November 2012 verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Es hat ferner angeordnet, dass auf Bewährungsauflagen erbrachte Arbeitsleistungen angerechnet werden. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat nur zum Gesamtstrafenausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
Das Landgericht hat das Handeln des Angeklagten zu Recht als eine Beihilfe im Sinne des § 52 StGB angesehen, da er nach den Feststellungen durch ein und dasselbe Tun mehrere rechtlich selbständige Taten des gesondert Verfolgten K. förderte. Allerdings lässt der Tenor des angefochtenen Urteils die angenommene Tateinheit nicht erkennen. Der Senat nimmt daher die aus der Beschlussformel ersichtliche Klarstellung des Schuldspruchs vor. Hierbei sieht der Senat gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon ab, die Anzahl der jeweils tateinheitlich verwirklichten Fälle im Tenor zum Ausdruck zu bringen. Nach § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO genügt die Angabe der rechtlichen Bezeichnung der Tat. Zwar ist es grundsätzlich auch bei gleichartiger Tateinheit zulässig , diese im Urteilsspruch kenntlich zu machen. Davon kann aber abgesehen werden, wenn – wie hier – der Tenor unübersichtlich würde (BGH, Urteil vom 6. Juni 2007 – 5 StR 127/07, Rn. 41; Urteil vom 13. September 2010 – 1 StR 220/09, wistra 2010, 484, 492).
4
Keinen Bestand hat der Ausspruch über die Gesamtstrafe. Die Strafkammer hat die im Urteil des Amtsgerichts Essen vom 27. September 2012 un- ter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe verhängten Einzelstrafen in die Gesamtstrafe einbezogen, ohne die Höhe der Einzelstrafen mitzuteilen. Die Höhe der Einzelstrafen ist jedoch im Urteil anzugeben, um dem Senat die Nachprüfung der rechtsfehlerfreien Bemessung der Gesamtstrafe zu ermöglichen (BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2013 – 2 StR 64/13, Rn. 14). Darüber hinaus erweist sich das angefochtene Urteil auch insoweit als rechtsfehlerhaft, als es sich nicht dazu verhält, ob die gegen den Angeklagten verhängte Geldstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Velbert vom 11. Oktober 2010 bereits erledigt ist. Der Senat kann daher nicht beurteilen, ob diese Verurteilung eine Zäsurwirkung entfaltete.
5
Die vorgenannten Rechtsfehler zwingen jedoch nicht zur Zurückverweisung der Sache, vielmehr kann die Entscheidung über den Gesamtstrafenausspruch nach § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO dem Nachverfahren nach den §§ 460, 462 StPO zugewiesen werden. Auch die Kostenentscheidung bleibt dem Verfahren nach den §§ 460, 462 StPO vorbehalten.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.