Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2014 - 4 StR 498/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
I.
- 1
- Mit Beschluss vom 27. Februar 2014 hat der Senat das Verfahren auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 31. Mai 2013 gemäß § 154 Abs. 2 StPO hinsichtlich der Verurteilung wegen Betruges im Fall B III. 6 eingestellt und die Urteilsformel entsprechend neu gefasst. Ferner hat er das vorbezeichnete Urteil unter Verwerfung des Rechtsmittels im Übrigen mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zurückverwiesen , soweit festgestellt worden ist, dass Ansprüche Verletzter einer Verfallserklärung entgegenstehen und der Wert des durch den Angeklagten Erlangten auf 873.068,45 € festgesetzt worden ist.
II.
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- Der nochmaligen Entscheidung des Senats liegt folgender Verfahrensgang zu Grunde:
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- 1. Dem Verteidiger des Angeklagten war der Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 3 StPO am 9. Dezember 2013 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2013, beim Bundesgerichtshof eingegangen am selben Tage, hatte der Verteidiger in Erwiderung auf diesen Antrag die zuvor nur allgemein erhobene Sachrüge näher begründet. Bei seiner Beschlussfassung über das Rechtsmittel des Angeklagten am 27. Februar 2014 hat dem Senat dieser Schriftsatz aus nicht mehr aufklärbaren Gründen nicht vorgelegen.
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- 2. Gleichwohl ist der zulässige, insbesondere rechtzeitig gestellte Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) im Ergebnis unbegründet.
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- a) Zwar hat der Senat den Anspruch des Verurteilten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) objektiv verletzt. Er hat den Schriftsatz des Verteidigers vom 11. Dezember 2013 mit dem Vortrag zur Sachrüge nicht zur Kenntnis genommen. Dies verhilft der Anhörungsrüge jedoch nicht zum Erfolg ; denn die unterbliebene Kenntnisnahme hat sich auf das Ergebnis der Revisionsentscheidung nicht ausgewirkt, so dass der Anspruch des Verurteilten auf rechtliches Gehör nicht „in entscheidungserheblicher Weise“ verletzt worden ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. August 2010 – 3 StR 105/10, StraFo 2011, 55; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 356a Rn. 3).
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- b) Hätte der Senat den genannten Schriftsatz vor seiner Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten zur Kenntnis genommen, wäre diesem gleichwohl der Erfolg versagt geblieben.
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- Auf Grund der erhobenen Sachrüge hatte der Senat die Gründe des angefochtenen Urteils ohnehin umfassend auf Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten zu überprüfen. Auch die Beanstandungen in dem Schriftsatz des Verteidigers zeigen einen solchen durchgreifenden, den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht auf. Die Auffassung des Verteidigers, Anknüpfungspunkt für den Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil des Polizeibeamten S. sei der Aufprall des Dienstfahrzeugs des Geschädigten S. auf den Pkw des Angeklagten gewesen, ist mit den Urteilsgründen nicht vereinbar. Danach hat das Landgericht im Zusammenhang mit diesem (ersten) Geschehensabschnitt ein fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten des Angeklagten in Bezug auf eine Verkehrsstraftat oder eine Körperverletzung gerade nicht als erwiesen angesehen (UA 58). Den strafrechtlichen Vorwurf leitet die Strafkammer vielmehr aus dem anschließenden, durch das versehentliche Einlegen des Rückwärtsganges durch den Angeklagten hervorgerufenen (zweiten) Kollisionsgeschehen her, bei dem das Fahrzeug des Geschädigten S. mit diesem am Steuer durch einen vom Angeklagten verursachten Aufprall ruckartig weggeschoben wurde (UA 45). Die mit der Anhörungsrüge in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen waren Gegenstand der Senatsberatung am 27. Februar 2014.
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- Dass der Angeklagte nach den Feststellungen in Panik handelte und sich dem polizeilichen Zugriff entziehen wollte, stellt die für den Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung erforderliche subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts hier nicht in Frage. Sein Erregungszustand erfüllt auch keines der in § 20 StGB genannten Eingangsmerkmale (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1993 – 5 StR 493/93, BGHSt 39, 374 und vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00, Rn. 31, insoweit in NStZ 2001, 29 nicht abgedruckt).
Bender Quentin
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(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.
(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.