Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 465/11
vom
5. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 5. Oktober 2011 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 19. Mai 2011 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Der Erörterung der Sachrüge und der weiteren Verfahrensrüge bedarf es daher nicht.
2
1. Nach den Feststellungen griff der Angeklagte die auf dem Sofa schlafende Geschädigte ohne Vorwarnung an und würgte sie in Tötungsabsicht, bis die gemeinsame Tochter Janine H. das Zimmer betrat. Die sich gegen den Vorwurf der Heimtücke richtende Einlassung des Angeklagten, der Angriff sei aus einer verbalen Streitigkeit heraus entstanden, die in eine körperliche Auseinandersetzung umgeschlagen sei, hat das Landgericht insbesondere aufgrund der Zeugenaussagen der Geschädigten und der gemeinsamen Tochter Janine H. als widerlegt erachtet. Die Tochter hatte in der Hauptverhandlung erklärt, von einem Röcheln geweckt worden zu sein, Kampfgeräusche aber nicht gehört zu haben.
3
2. In der Hauptverhandlung beantragte der Verteidiger die Vernehmung der Zeugin S. zum Beweis der Tatsache, dass Janine H. gegenüber dieser unmittelbar nach der Tat angegeben habe, sie habe Geräusche in der Wohnung gehört, als ob etwas geschoben oder geruckelt werde, und sei deswegen aufgestanden, was die Annahme nahe lege, dass es, der Einlassung des Angeklagten entsprechend, zwischen diesem und dem Tatopfer vor der Tat einen Streit gegeben habe. Das Landgericht wies den Antrag zurück und führte zur Begründung aus, „bei verständiger Auslegung“ sei der Beweisantrag wegen Ungeeignetheit gem. § 244 Abs. 3 StPO abzulehnen, da sich mit diesem Be- weismittel das im Antrag begehrte Beweisergebnis nicht „nach sicherer Lebenserfahrung erzielen“ lasse. Ausführungen zum Grund für die angenommene Ungeeignetheit fehlen.
4
3. Die Ablehnung des Antrags ist rechtsfehlerhaft und zwingt zur Aufhebung des Urteils.
5
a) Ein Beweisantrag kann wegen völliger Ungeeignetheit des Beweismittels im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt werden, wenn dessen Inanspruchnahme von vornherein gänzlich aussichtslos wäre, so dass sich die Erhebung des Beweises in einer reinen Förmlichkeit erschöpfen müsste (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2010 – 3 StR 519/09, NStZ-RR 2010, 211 m.w.N.). Dies ist dann der Fall, wenn mit dem vom Antragsteller benannten Beweismittel die behauptete Beweistatsache nach sicherer Lebenserfahrung nicht bestätigt werden kann (LR-Becker, StPO, 26. Aufl., § 244, Rn. 230). Zeugen sind grundsätzlich geeignete Beweismittel zum Nachweis des Inhaltes von ihnen geführter Gespräche. Im vorliegenden Fall käme die Annahme völliger Ungeeignetheit der Zeugin als Beweismittel daher nur dann in Betracht, wenn ausgeschlossen werden könnte, dass diese Zeugin den Gesprächsverlauf zuverlässig in ihrem Gedächtnis behalten hat (vgl. Senatsbeschluss vom 14. September 2004 – 4 StR 309/04, BGHR StPO, § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 23). Dies hat der Tatrichter anhand allgemeiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung aller Umstände zu beurteilen, die dafür oder dagegen sprechen, dass ein Zeuge die in sein Wissen gestellten Wahrnehmungen gemacht hat und sich an sie erinnern kann (Senatsbeschluss vom 14. September 2004 – 4 StR 309/04, aaO). Eine solche Beurteilung enthält die Begründung des den Antrag ablehnenden Beschlusses nicht. Die völlige Ungeeignetheit der Zeugin als Beweisperson zu Bekundungen über ein Gespräch, das bei Antragstellung weniger als sieben Monate zurücklag und das einen außergewöhnlichen Lebensvorgang zum Gegenstand hatte, lag auch nicht auf der Hand.
6
b) Das Urteil beruht auf dem Verfahrensfehler. Das Landgericht hat sich bei der Annahme heimtückischer Tatbegehung wesentlich darauf gestützt, die Einlassung des Angeklagten, dem Würgen sei eine Auseinandersetzung vorausgegangen , werde auch durch die Bekundung der Tochter Janine widerlegt, die bekundet hatte, keine darauf hindeutenden Geräusche gehört zu haben. Es ist nicht auszuschließen, dass das Ergebnis der beantragten Beweiserhebung Einfluss auf die Überzeugungsbildung des Landgerichts hinsichtlich der Annahme des Mordmerkmals der Heimtücke gehabt hätte.
7
4. Der Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung des Urteils insgesamt, wenngleich die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB an sich rechtsfehlerfrei erfolgt ist (vgl. Senatsurteil vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Ernemann Cierniak Franke Mutzbauer Quentin

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

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(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 519/09
vom
12. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 12. Januar 2010 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 26. Juni 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gemäß § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB in Tateinheit mit Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gemäß § 232 Abs. 4 Ziffer 1 StGB und in Tateinheit mit Zuhälterei sowie wegen gefährlicher Körperverletzung und Vergewaltigung" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und eine Entscheidung im Adhäsionsverfahren getroffen. Die hiergegen gerichtete Revision rügt mit Erfolg die fehlerhafte Behandlung von Beweisanträgen.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts brachte der Angeklagte die damals 20jährige Nebenklägerin mit Schlägen und der Drohung, sie ansonsten den Hells Angels zu übergeben, zur Aufnahme der Prostitution. Er bestimmte sodann Zeit, Ort und Ausmaß der Tätigkeit. In einem Fall erzwang er den Anal- verkehr mit dem Opfer, bei anderer Gelegenheit schlug und trat er die Nebenklägerin und würgte sie bis zur einsetzenden Bewusstlosigkeit.
3
Der Angeklagte hat die Vorwürfe lediglich in seinem letzten Wort pauschal bestritten, im Übrigen hat er zu ihnen geschwiegen. Das Landgericht hat sich seine Überzeugung "insbesondere" aufgrund "der glaubhaften Aussage der Nebenklägerin" verschafft.
4
Das Urteil muss aufgehoben werden, weil das Landgericht mehrere Beweisanträge mit rechtsfehlerhafter Begründung abgelehnt hat und der Senat nicht ausschließen kann, dass das Urteil auf diesen Fehlern beruht.
5
1. Die Verteidigung hatte die Vernehmung eines Arztes und seiner Ehefrau als Zeugen zu der Tatsache beantragt, dass die Nebenklägerin zumindest im Sommer/Frühherbst 2007 keinerlei sichtbare Verletzungen an den Armen, Schultern oder im Gesichtsbereich hatte. Sie hatte dazu ausgeführt, die Nebenklägerin und der Angeklagte hätten in diesem Zeitraum im Haus der Zeugen in deren Anwesenheit gearbeitet und bei Tätigkeiten im Garten auch nur spärliche Kleidung getragen. Hintergrund des Antrags war die Behauptung der Nebenklägerin , vom Angeklagten im Jahr 2007 häufig geschlagen worden zu sein und am ganzen Körper Hämatome davongetragen zu haben. Das Landgericht hat den Antrag abgelehnt, "da die Vernehmung der Zeugen völlig ungeeignet" sei, "die Angaben der Nebenklägerin zu durch Einwirkung des Angeklagten erlittenen Hämatomen zu widerlegen. Selbst wenn die Zeugen bei der Nebenklägerin keine Hämatome bemerkt haben sollten, wäre das nicht einmal ein Indiz dafür, dass tatsächlich keine vorhanden waren."
6
Dies findet in § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO keine Stütze. Die Ablehnung eines Beweisantrags wegen Ungeeignetheit der Beweiserhebung ist dort nicht vorgesehen. Sollte das Landgericht gemeint haben, die benannten Beweismittel seien ungeeignet, wäre auch dies hier rechtsfehlerhaft. Zwar kann ein Beweisbegehren , das sich auf ein völlig ungeeignet es Beweismittel stützt, nach § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt werden. Dabei muss es sich aber um ein Beweismittel handeln, dessen Inanspruchnahme von vornherein gänzlich aussichtslos wäre, so dass sich die Erhebung des Beweises in einer reinen Förmlichkeit erschöpfen müsste (vgl. BGH StV 1997, 338, 339). Der ablehnende Beschluss bedarf einer Begründung, die ohne jede Verkürzung oder sinnverfehlende Interpretation der Beweisthematik alle tatsächlichen Umstände dartun muss, aus denen das Gericht auf die völlige Wertlosigkeit des angebotenen Beweismittels schließt. Hieran fehlt es. Für die völlige Ungeeignetheit der benannten Zeugen ist auch sonst nichts erkennbar.
7
Sofern das Landgericht zuletzt den Ablehnungsgrund der Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache vor Augen gehabt haben sollte, hielte die Entscheidung ebenfalls rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Tatrichter darf eine Tatsache nur dann als (aus tatsächlichen Gründen) bedeutungslos ansehen, wenn zwischen ihr und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sachzusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen kann, weil sie nur mögliche, nicht aber zwingende Schlüsse zulässt, und das Gericht den möglichen Schluss nicht ziehen will. Dies ist vom Tatrichter in freier Beweiswürdigung auf der Grundlage des bisherigen Beweisergebnisses zu beurteilen. Allerdings darf das Gericht dabei die unter Beweis gestellte Tatsache nicht in Zweifel ziehen oder Abstriche an ihr vornehmen; es hat diese vielmehr so, als sei sie voll erwiesen, seiner antizipierenden Würdigung zu Grunde zu legen (BGH StV 2008, 288 m. w. N.). Danach hätte das Landgericht der in das Wissen der Zeugen gestellten Tatsache den Charakter eines den Angeklagten entlastenden Indizes nicht schlechthin absprechen dürfen, sondern darlegen müssen, aus welchen Gründen es in Ansehung des bisherigen Beweisergebnisses der Tatsache keine Bedeutung für die Erschütterung seiner bisherigen Überzeugung (von der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin) beizumessen vermochte. Auch hieran fehlt es.
8
2. Mit demselben Ziel hatte die Verteidigung die zeugenschaftliche Vernehmung eines Polizeibeamten beantragt zum Beweis der Tatsache, dass die Nebenklägerin auch in dessen Haushalt im Sommer 2007 zusammen mit dem Angeklagten gearbeitet hatte und dem Zeugen trotz luftiger Kleidung keine Verletzungsspuren an der Nebenklägerin aufgefallen waren. Diesen Antrag hat das Landgericht abgelehnt, "da das Beweismittel völlig ungeeignet ist, die Angaben der Nebenklägerin zu widerlegen" und sich im Übrigen auf die Ablehnung des vorigen Beweisantrags (vorstehend 1.) bezogen. Auch diese Entscheidung ist aus den vorgenannten Gründen rechtfehlerhaft.
9
3. Auf der fehlerhaften Ablehnung der Beweisanträge beruht das angefochtene Urteil. Hierzu im Einzelnen:
10
Ein Urteil beruht schon dann auf einem Rechtsfehler, wenn es als möglich erscheint oder wenn nicht auszuschließen ist, dass es ohne den Rechtsfehler anders ausgefallen wäre. An dem Beruhen fehlt es nur, wenn die Möglichkeit , dass der Verstoß das Urteil beeinflusst hat, ausgeschlossen oder rein theoretisch ist (Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 337 Rdn. 255). Die Entscheidung über das Beruhen hängt - insbesondere bei Verstößen gegen das Verfahrensrecht - stark von den Umständen des Einzelfalls ab (Hanack aaO Rdn. 257).
11
Bei mit fehlerhafter Begründung abgelehnten Beweisanträgen kann ein Beruhen des Urteils in Ausnahmefällen ausgeschlossen werden, wenn die Anträge mit anderer Begründung zu Recht hätten abgelehnt werden können und die Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten hierdurch nicht berührt wurden (Kuckein in KK 6. Aufl. § 337 Rdn. 38 m. w. N.). Insbesondere im Zusammenhang mit Hilfstatsachen des Beweises, also mit Tatsachen, die einen zwingenden oder möglichen Schluss auf den Beweiswert eines Beweismittels zulassen, kann sich für das Revisionsgericht die Überzeugung ergeben, dass der Tatrichter den Beweisantrag auch mit der Begründung der tatsächlichen Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache hätte zurückweisen und der Angeklagte sich in Kenntnis einer solchen Ablehnung nicht weitergehend hätte verteidigen können. Hierfür ist die gesamte Beweissituation, wie sie sich aus dem Urteil darstellt, ebenso von Bedeutung wie die Art und Anzahl der gestellten Beweisanträge.
12
Vorliegend hat sich der Angeklagte mit einer Vielzahl von Beweisanträgen verteidigt. Soweit dabei Tatsachen unter Beweis gestellt wurden, handelte es sich überwiegend um solche, die der Widerlegung einzelner, mit dem Tatgeschehen nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehender Bekundungen der Nebenklägerin oder allgemein der Weckung von Zweifeln an deren Glaubwürdigkeit dienen sollten. Die Revision rügt über die beiden vorgenannten Fälle hinaus die Ablehnung weiterer Beweisanträge als rechtsfehlerhaft. Auch insoweit weisen die Entscheidungen des Landgerichts Mängel auf, die den Generalbundesanwalt veranlasst haben, in seinem Antrag, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, jeweils umfangreich darzulegen, dass ein Beruhen des Urteils auf dem einzelnen Rechtsfehler ausgeschlossen werden könne.
Was bei isolierter Betrachtung der Beweisanträge und ihrer Behandlung durch die Strafkammer möglicherweise zu einer solchen Überzeugung des Revisionsgerichts hätte führen können, ist dem Senat vorliegend aufgrund einer Gesamtschau aller Umstände nicht möglich.
13
Die Sache muss deshalb erneut verhandelt werden.
VRiBGH Becker ist wegen Pfister RiBGH von Lienen ist wegen Urlaubs an der Unterschrifts- Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhindert. leistung verhindert. Pfister Pfister Hubert Schäfer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 309/04
vom
14 September 2004
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. September 2004
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 16. Februar 2004 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Verurteilung des die Taten zum Nachteil seiner Schwiegertochter, der Nebenklägerin Manuela B. , bestreitenden Angeklagten hatte es allein auf die Aussage der Nebenklägerin gestützt. Dieses Urteil hat der Senat auf eine Aufklärungsrüge des Angeklagten durch Beschluß vom 25. Februar 2003 - 4 StR 499/02 - aufgehoben und die Sache zur erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. In der neuen Hauptverhandlung ist das Landgericht zu dem selben Schuldspruch gelangt. Es hat den Angeklagten nunmehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Das Rechtsmittel hat mit zwei Verfahrensrügen Erfolg; einer Erörterung der Sachrüge und der weiteren Verfahrensrüge bedarf es daher nicht.
1. Der Angeklagte hat erklärt, die Nebenklägerin habe auch früher schon Menschen, die sie kritisiert hätten, mit dem Vorwurf einer „unsittlichen Annäherung“ belastet. So habe sie ständig davon berichtet, ihr Vater, zwei Bekannte, die beim letzten Umzug der Familie geholfen hätten, und auch zwei Kollegen seien ihr „an die Wäsche gegangen“.
Die Verteidigung beantragte deshalb die Vernehmung der Zeugin Emmy F. zum Beweis der Tatsache, die Nebenklägerin habe anläßlich ihres ersten Besuches bei Frau F. unter Verwendung dieser Worte erklärt, sie sei von ihrem Vater "sexuell belästigt" worden.
Das Landgericht hat diesen Beweisantrag, soweit es um den konkreten Wortlaut der behaupteten Äußerung geht, mit der Beg ründung abgelehnt, die Zeugin sei ein untaugliches Beweismittel. Nach allgemeiner Lebenserfahrung erscheine es unmöglich, daß die Zeugin sich an den genauen Wortlaut einer Äußerung erinnern könne, die im Rahmen eines Gesprächs vo r über acht Jahren getätigt worden sei. Zwar habe die Zeugin bei einer telefonischen Befragung durch den Vorsitzenden Richter die Beweisbehauptung bestätigt und angegeben , sie könne sich deshalb so genau an den Wortlaut dieser Äußerung erinnern, weil sie "diese als ungehörig empfunden" und danach und in späteren Jahren (auch während des laufenden Verfahrens) im ganzen Verwandtenkreis immer wieder weitererzählt habe. Nach dem Ablauf "von vielen Jahren" könne aber der konkrete Wortlaut der Äußerung nicht reproduzi ert werden. Das häufige Weitererzählen könne allenfalls dazu führen, daß die Erinnerung an den
ge Weitererzählen könne allenfalls dazu führen, daß die Erinnerung an den Ursprungsvorgang hinsichtlich des Wortlauts schlechter werden und zum Schluß eine Rückbesinnung an den Ursprungswortlaut ganz unmöglich werde. Soweit der Antrag des Angeklagten dahin auszulegen sei, daß die Nebenklägerin bei einem Gespräch mit Frau F. Übergriffe ihres Vaters geschildert habe , die diese als sexuelle Übergriffe verstanden habe, könne die behauptete Tatsache als wahr unterstellt werden.
Die Ablehnung des Beweisantrages ist rechtsfehlerhaft.

a) Die Annahme des Landgerichts, die Zeugin sei, soweit es den genauen Wortlaut der Äußerung der Nebenklägerin betrifft, ein völlig ungeeignetes Beweismittel im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 4 m.w.N.), begegnet schon deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil es einen allgemeinen Erfahrungssatz, daß ein Zeuge nach Ablauf „von vielen Jahren“ (hier: nach mehr als acht Jahren) den Wortlaut der Äußerung nicht mehr zuverlässig wiederg eben kann, nicht gibt. Auch die übrigen Erwägungen des Landgerichts sind verfahrensfehlerhaft.
Ob ein Zeuge, der für länger zurückliegende Vorgänge benannt worden ist, völlig ungeeignet ist, weil auszuschließen ist, daß er sie zuverlässig in seinem Gedächtnis behalten hat (vgl. BGHSt 14, 339, 342; BGH StV 1982, 339, 341; NStZ 1999, 362, 363), hat der Tatrichter anhand allgemeiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung aller Umstände, die dafür oder dagegen sprechen , daß der Zeuge die in sein Wissen gestellten Wahrnehmungen gemacht und im Gedächtnis behalten hat, zu beurteilen (vgl. BGH NStZ 1993, 295, 296; Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 244 Rn. 60 m.w.N.). Maßgeblich für die Beur-
teilung ist insbesondere, ob der Vorgang, zu dem der Zeuge aussagen soll, für ihn bedeutsam gewesen ist, sein Interesse geweckt hat und ob sich der Zeuge auf Erinnerungshilfen stützen kann (vgl. Meyer-Goßner aaO). Bei der Prüfung der Geeignetheit des Beweismittels ist zwar in Grenzen eine Vorwegnahme der Beweiswürdigung und dabei auch Freibeweis zulässig, wobei jedoch feststehen muß, dass eine verwertbare Aussage keinesfalls zu erwarten ist (vgl. BGH NStZ 1999, 362, 363 m.w.N.). Das ist hier aber schon deshalb nicht der Fall, weil die Zeugin bei ihrer freibeweislichen Anhörung nachvollziehbare Gründe dafür genannt hat, daß sie den Wortlaut der Äußerung im Gedächtnis behalten hat. Hinzu kommt, was das Landgericht nicht bedacht hat, daß Gegenstand der Beweisbehauptung kein völlig belangloser Vorgang war (vgl. BGH NStZ 1993, 295, 296), sondern eine Äußerung der Nebenklägerin üb er sexuelle Belästigungen durch ihren leiblichen Vater, die für die Zeugin so bedeutsam gewesen sein kann, daß sie deren Wortlaut trotz des Zeitablaufs zuverlässig im Gedächtnis behalten hat. Bei einer solchen Sachlage würde die Zulässigkeit einer vorweggenommenen Beweiswürdigung die Ersetzung des Strengbeweises durch den Freibeweis in einem für die Schuldfrage wesentlichen Punkt bedeuten (vgl. BGH NStZ 1999, 362, 363).

b) Rechtsfehlerhaft ist auch die Wahrunterstellung der vom Landgericht dahin modifizierten Beweisbehauptung, die Zeugin habe die Äußerungen der Nebenklägerin als Schilderung sexueller Übergriffe verstanden. Diese Auslegung des eindeutig auf die Beweiserhebung über den genauen Wortlaut der Äußerungen der Nebenklägerin gerichteten Antrages verkür zt die Beweisbehauptung in unzulässiger Weise (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Wahrunterstellung 4). Der Beweisantrag war objektiv nicht unklar und deshalb einer
Auslegung nicht zugänglich (vgl. Herdegen in KK-StPO 5. Aufl. § 244 Rdn. 47 m.w.N.).
2. Die Revision beanstandet ferner zu Recht die Ablehnung des von der Verteidigung im Rahmen der Schlußvorträge hilfsweise gestellten Antrages, den Richter am Landgericht Dr. G. zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, daß die Nebenklägerin in der vorangegangenen Hauptverhandlung nicht bekundet hat, der Angeklagte habe sie mit einer Hand an beiden Händen festgehalten und mit der anderen Hand berührt. Das Landgericht hat aufgrund der Bekundungen der Nebenklägerin in der neuen Hauptverhandlung zur ersten Tat entsprechende Feststellungen getroffen und hat in den Urteilsgründen zur Ablehnung des Hilfsbeweisantrages ausgeführt, es handele sich insoweit um einen Beweisermittlungsantrag, weil nicht dargetan worden sei, was die Zeugin konkret geäußert haben solle. Auch die Aufklärungspflicht zwinge nicht zu der beantragten Vernehmung, zumal offen sei, in welcher Weise und mit welchen Nachfragen dieser Punkt behandelt worden sei.
Die Behandlung des Antrages als Beweisermittlungsantrag, der lediglich der Vorbereitung von Beweisanträgen dient, die von der Verteidigung noch nicht gestellt werden konnten, weil sie die Beweistatsache nicht kannte (vgl. BGHSt 30, 131, 142; Meyer-Goßner aaO § 244 Rdn. 25 m.w.N.), ist rechtsfehlerhaft. Zwar liegt grundsätzlich wegen der Notwendigkeit der Trennung von Beweistatsache und Beweisziel besonders dann, wenn - wie hier - Negativtatsachen in das Wissen eines Zeugen gestellt werden, die Annahme einer bloßen Beweisanregung nahe (vgl. BGHSt 39, 251, 254; BGH NStZ 1999, 362 f.; Meyer-Goßner aaO § 244 Rdn. 20, jeweils m.w.N.). So liegt es hier jedoch nicht. Der Hilfsbeweisantrag enthält eine Tatsachenbehauptung über die Be-
kundungen der Nebenklägerin in der vorangegangenen Hauptverhandlung und genügt damit den Anforderungen, die an die Bestimmtheit der in einem Antrag bezeichneten Beweistatsache zu stellen sind (vgl. BGHSt 39, 251, 253). Da der als Zeuge benannte Richter an der ersten Hauptverhandlung und damit an der Vernehmung der Nebenklägerin teilgenommen hat, sind die Bekundungen der Zeugin in jener Verhandlung und damit auch die in das Wissen des Zeugen gestellte Negativtatsache seiner unmittelbaren eigenen Wahrnehmung zugänglich gewesen, so daß die behauptete Negativtatsache, ohne daß der Charakter des auf Vernehmung des Zeugen gerichteten Antrags als Beweisantrag gefährdet wäre, Beweisthema sein kann (vgl. BGHSt 39, 251, 253; BGH NStZ 1999, 362, 363).
3. Auf den aufgezeigten Verfahrensfehlern kann das Urteil beruhen.
Die Bekundungen der Nebenklägerin zu ihrem Vorleben und zu den Tatvorwürfen weisen ebenso wie das Aussageverhalten der Nebenklägerin im Ermittlungsverfahren und den beiden Hauptverhandlungen zahlreiche Widersprüche und andere Ungereimtheiten auf, die jedoch nach Auffassung des Landgerichts auch, soweit sie nicht erklärbar sind, keinen Anlaß geben, an der Richtigkeit der Angaben insgesamt zu zweifeln.
Das Landgericht hat zur Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin unter anderem ausgeführt, während der gesamten Aussage sei deutlich geworden, daß es für die Nebenklägerin überaus unangenehm und belastend gewesen sei, die sexualbezogenen Details des Geschehens mit eigenen Worten zu schildern. Sie pflege nach eigenem Bekunden auch im alltäglichen Leben keinen offenen Umgang mit sexualbezogenen Themen. Hiermit läßt sich die mit dem Antrag
auf Vernehmung der Zeugin F. unter Beweis gestellte Tatsache, daß die Nebenklägerin der ihr damals fremden Zeugin erklärt habe, sie sei von ihrem leiblichen Vater sexuell belästigt worden, nicht ohne weiteres in Einklang bringen.
Das Landgericht hat zudem im Hinblick auf Widersprüche in den Bekundungen der Nebenklägerin zum Alkoholgenuß des Angeklagten für möglich gehalten, daß diese in einzelnen Punkten versucht hat, ihre Angaben anzupassen , es hat dem aber keine entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin zugemessen. Ferner hat es hervorgehoben, daß die Nebenklägerin als einzige Zeugin des Geschehens durchaus schwerwiegendere Anschuldigungen hätte vorbringen können, dies aber "gerade nicht getan" habe. Möglicherweise wäre das Landgericht insoweit zu einer anderen Beurteilung gelangt, wenn die Nebenklägerin, wie von der Verteidigung mit dem rechtsfehlerhaft abgelehnten Hilfsbeweisantrag auf Vernehmung des Zeugen Dr. G. unter Beweis gestellt worden ist, Angaben zu der Fixierung ihrer Hände durch den Angeklagten bei der ersten Tat erstmals in der neuen Hauptverhandlung gemacht hat, zumal der Senat in dem Beschluß vom 25. Februar 2003 für die neue Hauptverhandlung vorsorglich darauf hingewiesen hatte, daß die sexuelle Nötigung erst mit der Ausführung der durch Gewalt erzwungenen sexuellen Handlung vollendet ist.
Bei dieser Sachlage kann nicht ausgeschlossen werden, daß das Landgericht , wären die rechtsfehlerhaft abgelehnten Beweiserhebungen durchgeführt worden, bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Indizien, die gegen die Glaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin sprechen können (vgl. BGH StraFo 1997, 245 m.w.N.), zu durchgreifenden Zweifeln an der Richtigkeit des
Tatvorwurfs gelangt wäre; dies gilt umso mehr, als hier Aussage gegen Aussage steht und die Fragwürdigkeiten sich häufen.
4. Der Senat macht von der Möglichkeit der Zurückverweisung an ein anderes Gericht Gebrauch (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.