Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2013 - 4 StR 461/13

bei uns veröffentlicht am03.12.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 461/13
vom
3. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3. Dezember 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 2. Juli 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und den Verfall von 6.000 € angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
2
1. In der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift wird dem Angeklagten zur Last gelegt, "in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 20.06.2011 … wöchentlich, mithin in mindestens 25 Fällen, jeweils eine Tüte mit mindestens 500 Gramm Marihuana … in die Wohnung des Zeugen B. " gebracht und von dort aus - hinsichtlich der letzten Betäubungsmittelmenge allerdings nur teilweise - verkauft zu haben.
3
In der Hauptverhandlung vom 2. Juli 2013 beantragte der Staatsanwalt, "die Strafbarkeit auf 15 Taten im Tatzeitraum der Anklage mit Blick auf die Strafbarkeit im Übrigen gemäß § 154 II StPO zu beschränken". Dem kam die Strafkammer nach; sie beschloss, dass "das Verfahren … betreffend 10 vorgeworfener Taten im Tatzeitraum gem. § 154 II StPO" eingestellt wird.
4
Nach den im Urteil mitgeteilten Feststellungen erwarb der Angeklagte zwischen 1. Januar und 31. Mai 2011 "mindestens dreimal im Monat, mithin in mindestens 15 Fällen, jeweils 500 Gramm Marihuana" und verbrachte die jeweiligen Betäubungsmittelmengen in die Wohnung des Zeugen B. , der hierfür jeweils etwa 35 Gramm Marihuana erhielt; die Restmengen verkaufte der Angeklagte bis auf einen Teil der Mailieferung.
5
2. Danach kann dem Einstellungsbeschluss auch in Verbindung mit der Anklageschrift und dem Antrag der Staatsanwaltschaft nicht zweifelsfrei entnommen werden, welche der angeklagten Taten eingestellt und welche abgeurteilt wurden. Dies hat den - vorläufigen - Erfolg des Rechtsmittels zur Folge (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung: BGH, Beschluss vom 29. Juli 2008 - 4 StR 210/08 mwN).
6
Denn bei einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO darf kein Zweifel daran bestehen, auf welche Taten sie sich bezieht. Daher sind sowohl bei der Beschränkung nach § 154 Abs. 1 bzw. § 154a Abs. 1 StPO durch die Staatsanwaltschaft , als auch bei solchen Einstellungen durch das Gericht die ausgeschiedenen Taten, Tatteile oder Strafbestimmungen konkret ("positiv") zu bezeichnen (vgl. zur Einstellung durch die Staatsanwaltschaft: BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 2011 - 1 StR 321/11, NStZ-RR 2012, 50, 51; vom 16. Juli 1980 - 3 StR 232/80, NStZ 1981, 23; zur Einstellung durch das Gericht: BGH, Be- schlüsse vom 23. März 1996 - 1 StR 685/95, NStZ 1997, 249, 250; vom 29. Juli 2008 - 4 StR 210/08 mwN). Dies war hier nicht der Fall.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

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Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 210/08
vom
29. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 29. Juli 2008 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 5. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Das Urteil hat keinen Bestand, weil unklar ist, welche der angeklagten Taten Gegenstand der Verurteilung sind.
3
1. Nach der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage vom 2. März 2007 wird dem Angeklagten zur Last gelegt, im Zeitraum von März bis Dezember 2005 in H. und anderen Orten durch sechs selbständige Handlungen tateinheitlich Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt eingeführt und mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben zu haben. Nach dem Anklagesatz transportierte der anderweitig Verfolgte Dieter Oswald K. im Auftrag des Angeklagten mit dem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen , mindestens fünfmal wenigstens 5 kg Marihuana aus den Niederlanden nach Deutschland. Bei einer dieser Kurierfahrten führte er gleichzeitig 8 kg Haschisch ein. Entsprechend der Weisung des Angeklagten übergab er die eingeschmuggelten Betäubungsmittel nach seiner jeweiligen Rückkehr aus den Niederlanden dem anderweitig Verfolgten Thorsten W. , der sie auf Anordnung des Angeklagten bei sich in seiner Wohnung in H. "bunkerte", umpackte und an ihm per Handy mitgeteilte Abnehmer aushändigte. Die letzte Lieferung von “10.0164“ Gramm Marihuana wurde bei der Festnahme des K. sichergestellt, bevor sie an W. übergeben werden konnte. Bei der Durchsuchung der Wohnung des W. wurden erhebliche Mengen an Betäubungsmitteln sichergestellt, die W. im Auftrag des Angeklagten von anderen Lieferanten als K. im Oktober 2005 erhalten hatte.
4
Danach werden dem Angeklagten die Beteiligung an drei Einfuhrfahrten des K. mit mindestens 5 kg Marihuana, an einer mit mindestens 5 kg Marihuana und 8 kg Haschisch und an einer mit ca. 10 kg Marihuana und außerdem die Lagerung einer weiteren, nicht von K. gelieferten, bei W. sichergestellten Betäubungsmittel-Handelsmenge zur Last gelegt.
5
2. Im Hauptverhandlungstermin vom 5. Februar 2008 wurde - auf entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft - durch Beschluss der Strafkammer "das Verfahren ... gem. § 154 II StPO vorläufig eingestellt, soweit dem Angeklagten mehr als 2 Taten zur Last gelegt worden sind".
6
3. In dem angefochtenen Urteil ist zum Gegenstand der Verurteilung des - geständigen - Angeklagten ausgeführt:
7
Der Angeklagte hatte Verbindung zu dem "Drogenhändler O. aus Holland" und stellte diesem den Dieter Oswald K. als "Fahrer für Drogengeschäfte" vor. K. sollte etwa alle zwei Wochen eine Fahrt durchführen. Der Angeklagte erhielt für die Vermittlung des K. 500 Euro. Sodann vermittelte der Angeklagte für O. den Thorsten W. als "Lagerhalter". Der Angeklagte sollte O. jeweils informieren, wenn sich keine Drogen mehr in der Wohnung des W. befanden und eine neue Lieferung zu erfolgen hatte. Für jede durchgeführte Fahrt sollte der Angeklagte 200 Euro erhalten.
8
Der Angeklagte informierte zweimal zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten den O. , dass sich keine Drogen mehr in der Wohnung des W. befanden und veranlasste dadurch zwei zwischen März und Dezember 2005 durchgeführte Drogentransporte des K. . Dieser holte in den beiden Fällen Marihuana mit einem Gewicht von jeweils mindestens 3,5 kg mit seinem Pkw in den Niederlanden ab und gab es dann an W. weiter, was der Angeklagte wusste. Für jede der beiden Fahrten erhielt der Angeklagte auf Veranlassung des O. 200 Euro. Insgesamt transportierte K. mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen , in der Zeit zwischen März und Dezember 2005 mindestens fünfmal wenigstens 3,5 kg Marihuana aus den Niederlanden nach Deutschland. Bei einer dieser Kurierfahrten führte er gleichzeitig 8 kg Haschisch ein. Nach seiner Rückkehr in Deutschland übergab er die eingeführten Betäubungsmittel an W. , der sie in seiner Wohnung in H. "bunkerte" und an ihm per Handy mitgeteilte Abnehmer aushändigte. Eine letzte Lieferung des K. von 10.164 kg Marihuana wurde von der Polizei sichergestellt, bevor sie von ihm weitergegeben werden konnte. In einem Fall zahlte der Angeklagte dem K. 750 Euro für den Drogentransport, die der Angeklagte von O. zurückerhielt.
9
In der rechtlichen Würdigung des angefochtenen Urteils ist ausgeführt, dass der Angeklagte sowohl den Fahrer K. als auch den "Lagerhalter" W. vermittelt und in zwei Fällen die Hintermänner in Holland telefonisch in Kenntnis gesetzt habe, dass kein Rauschgift mehr vorhanden sei und neues benötigt werde. Auf diese Weise habe er den erneuten Transport von Marihuana zum Zwecke des Verkaufs veranlasst. Er habe weiterhin in einem Fall dem Fahrer K. 750 Euro übergeben. Seine Tätigkeit sei eigennützig gewesen, da er dies getan habe, um für jede Fahrt die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zu erhalten und um ebenso für die Vermittlung des Fahrers Geld zu bekommen.
10
4. Danach ist nicht zweifelsfrei, welche der angeklagten Taten eingestellt und welche abgeurteilt wurden. In Verbindung mit den Urteilsfeststellungen könnte allenfalls davon ausgegangen werden, dass das Verfahren jedenfalls im Hinblick auf die im Urteil nicht erwähnte sechste der angeklagten Taten (bei W. sichergestellte Betäubungsmittel, die dieser im Auftrag des Angeklagten von anderen Lieferanten als K. erhalten hatte) (vorläufig) eingestellt werden sollte. Dies ist aber aus dem Einstellungsbeschluss, der die Taten, hinsichtlich derer das Verfahren eingestellt werden soll, konkret bezeichnen muss (vgl. BGH NStZ 1997, 249, 250; Beulke in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 154 Rdn. 43), auch in Verbindung mit der Anklageschrift und dem Einstellungsantrag der Staatsanwaltschaft, nicht zu ersehen. Er entfaltete daher keine Sperrwirkung (vgl. BGH NStZ 1981, 23; Beulke aaO § 154 Rdn. 52).

II.


11
Die Sache muss deshalb im gesamten angeklagten Umfang erneut verhandelt und entschieden werden. Dabei gilt das Verschlechterungsverbot zwar nur im Hinblick auf zwei (abgeurteilte) Taten (vgl. Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 331 Rdn. 11; Hanack in Löwe/Rosenberg aaO § 358 Rdn. 18, 22). Das durch die - unwirksame - teilweise Einstellung des Verfahrens möglicherweise begründete Vertrauen des Angeklagten, dass weitere angeklagte Taten nicht verfolgt werden, wird aber bei der Strafzumessung mildernd zu berücksichtigen sein (vgl. BGHSt 37, 10, 14). Falls in der neuen Hauptverhandlung - möglicherweise aus Gründen der Fairness (vgl. BGH NStZ 2001, 656, 657) - (wiederum) die teilweise Einstellung des Verfahrens in Betracht kommen sollte, müssen die eingestellten Taten eindeutig bezeichnet werden. Der neue Tatrichter wird auch zu prüfen haben, ob der Angeklagte ggf. als Täter oder ob er als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) zu verurteilen ist.
12
Im Hinblick auf die in dem angefochtenen Urteil festgestellte, der Justiz anzulastende Verfahrensverzögerung, die das Landgericht durch Verhängung niedrigerer Einzelstrafen berücksichtigt hat, weist der Senat auf die zur Kompensation derartiger Verzögerungen geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hin (vgl. BGH NStZ 2008, 234).
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 321/11
vom
7. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das AufenthG u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Oktober 2011 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 30. September 2010, soweit es ihn betrifft, aufgehoben

a) soweit er wegen Urkundenfälschung verurteilt wurde (Fall 38
der Urteilsgründe),

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Die weitergehende Revision wird verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
1. Die Strafkammer hat festgestellt:
2
a) Der Angeklagte hat einmal gleichzeitig sieben und einmal einem illegal eingereisten Vietnamesen ein Unterkommen geboten.
3
b) Der Angeklagte hatte die Beschaffung eines gefälschten niederländischen Reisepasses und eines gefälschten niederländischen Führerscheins mit zwei (unter anderem) wegen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern verurteilten, hier als „Kontaktpersonen und Zwischenverkäufer“ be- zeichneten Mitangeklagten (in nicht näher gekennzeichneter Weise) „organi- siert“; die Falsifikate waren für N. bestimmt. Der Angeklagte sollte die Mitangeklagten bezahlen (ob dies geschah, bleibt offen). Nachdem er die Falsifikate „von der Aufenthaltsanschrift“ dieser Mitangeklagten abgeholt hatte, wurden sie bei einer Kontrolle seines Fahrzeugs sichergestellt. Konkret ist nicht festgestellt, was das Ziel des Transports war.
4
2. Deshalb wurde der Angeklagte wegen zwei Fällen der Beihilfe zum Verstoß gegen § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (Einzelstrafe je vier Monate) und wegen Urkundenfälschung (Einzelstrafe sechs Monate) zu zehn Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, die wegen mehrerer Vorstrafen und Bewährungsbruchs nicht zur Bewährung ausgesetzt wurden.
5
3. Seine auf die unausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat zum Teil Erfolg.
6
a) Schuldsprüche wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das AufenthG
7
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten sind nicht ersichtlich. Es beschwert ihn nicht, dass er wegen des gleichzeitig sieben illegal eingereisten Vietnamesen gewährten Unterkommens nicht wegen Beihilfe in sieben tateinheitlichen Fällen verurteilt wurde. Die Annahme der Strafkammer, dass (außer einem anderen Mitangeklagten) “alle Angeklagten bezüglich der Schleusungstaten Bandenmitglieder waren“, widersprichtnicht der Feststellung, der Ange- klagte habe „nicht zur Schleuserbande“ gehört, da er nicht wegen Einschleu- sens von Ausländern (§ 96 AufenthG) verurteilt wurde.
8
b) Schuldspruch wegen Urkundenfälschung
9
Es ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte unechte Urkunden hergestellt , echte Urkunden verfälscht hätte oder hieran beteiligt gewesen wäre. Auch hat er die Falsifikate nicht gebraucht, sondern er wollte dies dem N. ermöglichen. Da dieser sie aber auch noch nicht gebraucht hat, sie noch nicht einmal im Besitz hatte, liegt auch keine strafbare Beihilfe zum Gebrauch vor („Akzessorietät der Teilnahme“,vgl. zusammenfassend Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 27 Rn. 8, 9 mwN).
10
4. Der Generalbundesanwalt hat im Hinblick auf eine Verfahrensbeschränkung durch die Staatsanwaltschaft beantragt, hinsichtlich der als Urkundenfälschung abgeurteilten Tat gemäß § 154a Abs. 3 StPO den Vorwurf der Verschaffung falscher amtlicher Ausweise (§ 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB) wieder einzubeziehen und den Schuldspruch demgemäß (entsprechend § 354 Abs. 1 StPO) abzuändern. Der Senat kann dem nicht folgen.
11
a) Die Verfahrensbeschränkung durch die Staatsanwaltschaft geht da- hin, dass hinsichtlich der Tatvorwürfe, „die nicht Gegenstand der Anklage sind, … das Verfahren gemäß §§ 154, 154a StPO … eingestellt“ wird. Zusätzliches ist auch nicht in der Anklage ausgeführt (vgl. demgegenüber Nr. 101a Abs. 3 RiStBV), die zwölf Angeschuldigten bei wechselnder Beteiligung 44 Taten (Fälle ) zur Last legt. Regelmäßig sind aber ausgeschiedene Tatteile oder Strafbestimmungen konkret („positiv“) zu bezeichnen, die Feststellung, das Verfahren werde gemäß § 154 StPO und/oder § 154a StPO im Sinne der Anklage beschränkt , entspricht als zu ungenau nicht dem Gesetz (fehlende Rechtssicherheit ) und ist daher unwirksam (BGH, Beschluss vom 16. Juli 1980 - 3 StR 232/80, NStZ 1981, 23; tendenziell ebenso BGH, Urteil vom 4. April 2002 - 3 StR 405/01, NStZ 2002, 489; Beulke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 154a Rn. 8, 20; Beukelmann in Graf, StPO, § 154a Rn. 7; Plöd in KMR, StPO, § 154a Rn. 13; Schoreit in KK, StPO, 6. Aufl., § 154a Rn. 12; Weßlau in SK-StPO, § 154a Rn. 21). Ein Fall, in dem wegen Eindeutigkeit des ausgeschiedenen Verfahrensstoffes der Hinweis auf die Anklage doch ausreichte (vgl. Beulke, aaO, Rn. 8; Weßlau, aaO), liegt schon wegen der zahlreichen im Einzelnen vielfach unterschiedlichen Taten und der hieran unterschiedlich beteiligten Angeklagten nicht vor. Daher ist auch § 154a Abs. 3 StPO hier nicht anwendbar.
12
b) „Sich oder einem anderen verschaffen“ i.S.d. § 276 StGB bedeutet, dass der Täter das Tatobjekt in seinen Gewahrsam bringt, Zugriff hierauf hat und darüber nach Belieben verfügen kann, oder es in den Gewahrsam eines anderen bringt und ihm dadurch diese Möglichkeiten vermittelt (vgl. Zieschang in LK-StGB, 12. Aufl., § 276 Rn. 11; Puppe in NK-StGB, 3. Aufl., § 276 Rn. 3, § 149 Rn. 11). Dass dies hier (schon) vorgelegen hätte, ergeben die Feststellungen (vgl. oben 1.) nicht eindeutig. Wäre der Angeklagte ein „Verteilungsge- hilfe“, hätte er, sofern „verschaffen“ nicht vorläge, wie jeder unmittelbare Besitzer die Alternative „verwahren“ erfüllt (Puppe, aaO, § 149 Rn. 11). Im Ergebnis sprechen also die Feststellungen dafür, dass § 276 StGB vorliegt, die Alternative ist aber ohne dem Tatrichter vorbehaltene zusätzliche Feststellungen und/ oder Würdigungen unklar. Daher sieht der Senat von einer Schuldspruchänderung ab (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Mai 2010 - 1 StR 59/10, StV 2010, 685 mwN).
13
5. Die Verurteilung wegen Urkundenfälschung war daher aufzuheben, zugleich entfällt die Gesamtstrafe. Sämtliche Feststellungen bleiben jedoch bestehen , da sie rechtsfehlerfrei getroffen und von dem aufgezeigten Mangel nicht berührt sind. Ergänzende Feststellungen, die zu den bisherigen Feststel- lungen nicht in Widerspruch stehen, sind jedoch möglich. Auch die (trotz unterschiedlichen Schuldumfangs undifferenzierten) sehr maßvollen übrigen Einzelstrafen sind rechtsfehlerfrei und können bestehen bleiben.
14
6. Der Generalbundesanwalt hat zutreffend ausgeführt, dass noch eine mögliche nachträgliche Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) mit den Strafen aus dem Urteil des Landgerichts Leipzig vom 12. Mai 2010 zu prüfen sein wird.
15
7. Dem Antrag, die Sache gemäß § 354 Abs. 3 StPO an das Amtsgericht (Strafrichter) zurückzuverweisen, folgt der Senat nicht. Außer im (seltenen) Fall einer Urteilsaufhebung wegen willkürlicher Anklage zum Landgericht (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1997 - 1 StR 701/96, BGHSt 43, 53, 55 f. mwN), ist auch unter den Voraussetzungen des § 354 Abs. 3 StPO eine Zurückverweisung an ein Gericht niedererer Ordnung nicht zwingend, sondern steht im pflichtgemäßen Ermessen des Revisionsgerichts (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 1980 - 3 StR 32/80, BGHSt 29, 341, 350; BGH, Beschluss vom 25. November 1986 - 1 StR 613/86, BGH NJW 1987, 1092 f.; BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2008 - 1 StR 359/08, BGH StraFo 2009, 33 f.; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 354 Rn. 64; Kuckein in KK StPO, 6. Aufl., § 354 Rn. 39; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 354 Rn. 42 jew. mwN; a.A. Dehne-Niemann, StraFo 2009, 34 ff. § 354 abs. 3 stpo kann verfassungsgebot sein>). In diesem Zusammenhang maßgebend können etwa Gesichtspunkte der Verfahrensökonomie und/oder -beschleunigung sein (Momsen in KMR, § 354 Rn. 48; dort auch weitere mögliche Ermessenskriterien ). Gründe des Einzelfalls, wonach ein neuer Instanzenzug mit einer Berufungsinstanz und dem Oberlandesgericht (Kammergericht) als Revisionsinstanz hier sachgerecht erschiene, sind nicht erkennbar.
Nack Wahl Graf Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 210/08
vom
29. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 29. Juli 2008 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 5. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Das Urteil hat keinen Bestand, weil unklar ist, welche der angeklagten Taten Gegenstand der Verurteilung sind.
3
1. Nach der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage vom 2. März 2007 wird dem Angeklagten zur Last gelegt, im Zeitraum von März bis Dezember 2005 in H. und anderen Orten durch sechs selbständige Handlungen tateinheitlich Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt eingeführt und mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel getrieben zu haben. Nach dem Anklagesatz transportierte der anderweitig Verfolgte Dieter Oswald K. im Auftrag des Angeklagten mit dem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen , mindestens fünfmal wenigstens 5 kg Marihuana aus den Niederlanden nach Deutschland. Bei einer dieser Kurierfahrten führte er gleichzeitig 8 kg Haschisch ein. Entsprechend der Weisung des Angeklagten übergab er die eingeschmuggelten Betäubungsmittel nach seiner jeweiligen Rückkehr aus den Niederlanden dem anderweitig Verfolgten Thorsten W. , der sie auf Anordnung des Angeklagten bei sich in seiner Wohnung in H. "bunkerte", umpackte und an ihm per Handy mitgeteilte Abnehmer aushändigte. Die letzte Lieferung von “10.0164“ Gramm Marihuana wurde bei der Festnahme des K. sichergestellt, bevor sie an W. übergeben werden konnte. Bei der Durchsuchung der Wohnung des W. wurden erhebliche Mengen an Betäubungsmitteln sichergestellt, die W. im Auftrag des Angeklagten von anderen Lieferanten als K. im Oktober 2005 erhalten hatte.
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Danach werden dem Angeklagten die Beteiligung an drei Einfuhrfahrten des K. mit mindestens 5 kg Marihuana, an einer mit mindestens 5 kg Marihuana und 8 kg Haschisch und an einer mit ca. 10 kg Marihuana und außerdem die Lagerung einer weiteren, nicht von K. gelieferten, bei W. sichergestellten Betäubungsmittel-Handelsmenge zur Last gelegt.
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2. Im Hauptverhandlungstermin vom 5. Februar 2008 wurde - auf entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft - durch Beschluss der Strafkammer "das Verfahren ... gem. § 154 II StPO vorläufig eingestellt, soweit dem Angeklagten mehr als 2 Taten zur Last gelegt worden sind".
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3. In dem angefochtenen Urteil ist zum Gegenstand der Verurteilung des - geständigen - Angeklagten ausgeführt:
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Der Angeklagte hatte Verbindung zu dem "Drogenhändler O. aus Holland" und stellte diesem den Dieter Oswald K. als "Fahrer für Drogengeschäfte" vor. K. sollte etwa alle zwei Wochen eine Fahrt durchführen. Der Angeklagte erhielt für die Vermittlung des K. 500 Euro. Sodann vermittelte der Angeklagte für O. den Thorsten W. als "Lagerhalter". Der Angeklagte sollte O. jeweils informieren, wenn sich keine Drogen mehr in der Wohnung des W. befanden und eine neue Lieferung zu erfolgen hatte. Für jede durchgeführte Fahrt sollte der Angeklagte 200 Euro erhalten.
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Der Angeklagte informierte zweimal zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten den O. , dass sich keine Drogen mehr in der Wohnung des W. befanden und veranlasste dadurch zwei zwischen März und Dezember 2005 durchgeführte Drogentransporte des K. . Dieser holte in den beiden Fällen Marihuana mit einem Gewicht von jeweils mindestens 3,5 kg mit seinem Pkw in den Niederlanden ab und gab es dann an W. weiter, was der Angeklagte wusste. Für jede der beiden Fahrten erhielt der Angeklagte auf Veranlassung des O. 200 Euro. Insgesamt transportierte K. mit dem Pkw, amtliches Kennzeichen , in der Zeit zwischen März und Dezember 2005 mindestens fünfmal wenigstens 3,5 kg Marihuana aus den Niederlanden nach Deutschland. Bei einer dieser Kurierfahrten führte er gleichzeitig 8 kg Haschisch ein. Nach seiner Rückkehr in Deutschland übergab er die eingeführten Betäubungsmittel an W. , der sie in seiner Wohnung in H. "bunkerte" und an ihm per Handy mitgeteilte Abnehmer aushändigte. Eine letzte Lieferung des K. von 10.164 kg Marihuana wurde von der Polizei sichergestellt, bevor sie von ihm weitergegeben werden konnte. In einem Fall zahlte der Angeklagte dem K. 750 Euro für den Drogentransport, die der Angeklagte von O. zurückerhielt.
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In der rechtlichen Würdigung des angefochtenen Urteils ist ausgeführt, dass der Angeklagte sowohl den Fahrer K. als auch den "Lagerhalter" W. vermittelt und in zwei Fällen die Hintermänner in Holland telefonisch in Kenntnis gesetzt habe, dass kein Rauschgift mehr vorhanden sei und neues benötigt werde. Auf diese Weise habe er den erneuten Transport von Marihuana zum Zwecke des Verkaufs veranlasst. Er habe weiterhin in einem Fall dem Fahrer K. 750 Euro übergeben. Seine Tätigkeit sei eigennützig gewesen, da er dies getan habe, um für jede Fahrt die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zu erhalten und um ebenso für die Vermittlung des Fahrers Geld zu bekommen.
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4. Danach ist nicht zweifelsfrei, welche der angeklagten Taten eingestellt und welche abgeurteilt wurden. In Verbindung mit den Urteilsfeststellungen könnte allenfalls davon ausgegangen werden, dass das Verfahren jedenfalls im Hinblick auf die im Urteil nicht erwähnte sechste der angeklagten Taten (bei W. sichergestellte Betäubungsmittel, die dieser im Auftrag des Angeklagten von anderen Lieferanten als K. erhalten hatte) (vorläufig) eingestellt werden sollte. Dies ist aber aus dem Einstellungsbeschluss, der die Taten, hinsichtlich derer das Verfahren eingestellt werden soll, konkret bezeichnen muss (vgl. BGH NStZ 1997, 249, 250; Beulke in Löwe/Rosenberg, StPO 26. Aufl. § 154 Rdn. 43), auch in Verbindung mit der Anklageschrift und dem Einstellungsantrag der Staatsanwaltschaft, nicht zu ersehen. Er entfaltete daher keine Sperrwirkung (vgl. BGH NStZ 1981, 23; Beulke aaO § 154 Rdn. 52).

II.


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Die Sache muss deshalb im gesamten angeklagten Umfang erneut verhandelt und entschieden werden. Dabei gilt das Verschlechterungsverbot zwar nur im Hinblick auf zwei (abgeurteilte) Taten (vgl. Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 331 Rdn. 11; Hanack in Löwe/Rosenberg aaO § 358 Rdn. 18, 22). Das durch die - unwirksame - teilweise Einstellung des Verfahrens möglicherweise begründete Vertrauen des Angeklagten, dass weitere angeklagte Taten nicht verfolgt werden, wird aber bei der Strafzumessung mildernd zu berücksichtigen sein (vgl. BGHSt 37, 10, 14). Falls in der neuen Hauptverhandlung - möglicherweise aus Gründen der Fairness (vgl. BGH NStZ 2001, 656, 657) - (wiederum) die teilweise Einstellung des Verfahrens in Betracht kommen sollte, müssen die eingestellten Taten eindeutig bezeichnet werden. Der neue Tatrichter wird auch zu prüfen haben, ob der Angeklagte ggf. als Täter oder ob er als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) zu verurteilen ist.
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Im Hinblick auf die in dem angefochtenen Urteil festgestellte, der Justiz anzulastende Verfahrensverzögerung, die das Landgericht durch Verhängung niedrigerer Einzelstrafen berücksichtigt hat, weist der Senat auf die zur Kompensation derartiger Verzögerungen geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hin (vgl. BGH NStZ 2008, 234).
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann