Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2012 - 4 StR 453/12

published on 18/12/2012 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2012 - 4 StR 453/12
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 453/12
vom
18. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Dezember 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Siegen vom 22. Juni 2012 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers ergeben.
3
2. Hingegen hat die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt keinen Bestand.
4
Nach § 64 Satz 2 StGB ergeht die Unterbringungsanordnung nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten durch die Behandlung zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen. Diese konkrete Erfolgsaussicht, die insbesondere von der Persönlichkeit des Täters, der Art und dem Stadium seiner Sucht sowie von bereits eingetretenen physischen und psychischen Veränderungen und Schädigungen abhängt (LK-Schöch, StGB, 12. Aufl., § 64 Rn. 137), ist in den Urteilsgründen nicht rechtsfehlerfrei belegt. Nach den Feststellungen ist der Angeklagte seit Jahrzehnten schwer alkoholabhängig, trägt mit Spider Naevi, Palmarerythem und Polyneuropathie bereits äußerlich erkennbare Zeichen der Alkoholkrankheit und leidet seit Jahren allmorgendlich unter Entzugserscheinungen. Die hinreichende Erfolgsaussicht hat das Landgericht allein darauf gestützt, dass der Angeklagte im Jahre 1993 im Anschluss an eine - allerdings vorzeitig abgebrochene - Entwöhnungsbehandlung etwa ein Jahr alkoholabstinent lebte. Angesichts der Tatsache, dass diese nur kurzfristig erfolgreiche Maßnahme bereits annährend zwei Jahrzehnte zurückliegt, der Angeklagte nach seinem Rückfall durchgängig Alkohol konsumiert hat und mehrere Entgiftungsbehandlungen - zuletzt im Jahre 2002 - ohne nachhaltigen Erfolg geblieben sind, erweist sich die Einschätzung des Landgerichts als nicht tragfähig (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2009 - 2 StR 288/09); über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ist daher erneut zu befinden. Mutzbauer Roggenbuck Cierniak Bender Reiter
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.