Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2016 - 4 StR 448/15

published on 03/02/2016 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Feb. 2016 - 4 StR 448/15
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 448/15
vom
3. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
ECLI:DE:BGH:2016:030216B4STR448.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 3. Februar 2016 gemäß § 46 Abs. 1, § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 13. Mai 2015 wird als unzulässig verworfen. 2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil wird als unzulässig verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu der Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses am 13. Mai 2015 in Anwesenheit des Angeklagten verkündete Urteil legte der Angeklagte mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 20. Mai 2015, der am 21. Mai 2015 beim Landgericht einging, Revision ein. Mit Antragsschrift vom 1. Oktober 2015 beantragte der Generalbundesanwalt, die verspätet eingelegte Revision des Angeklagten als unzulässig zu verwerfen. Der Verwerfungsantrag wurde am 8. Oktober 2015 dem Verteidiger mit Empfangsbekenntnis zugestellt und formlos an den Angeklagten abgesandt. Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2015 hat der Angeklagte durch seinen Verteidiger die Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionseinlegungsfrist beantragt.
2
1. Der Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten ist mangels hinreichender Begründung unzulässig.
3
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auf Antrag demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO). Der innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO anzubringende und zu begründende Wiedereinsetzungsantrag muss nicht nur Angaben zur versäumten Frist und zum Hinderungsgrund, sondern auch zum Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses enthalten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. Februar 1991 – 1 StR 737/90, BGHR StPO § 45 Abs. 2 Tatsachenvortrag 7; vom 13. September 2005 – 4 StR 399/05, NStZ 2006, 54 f.; vom 22. Mai 2013 – 4 StR 121/13, NStZ 2013, 541). Maßgeblich für den Wegfall des Hindernisses und damit den Beginn der Wiedereinsetzungsfrist ist die Kenntnis des Angeklagten, nicht die seines Verteidigers (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 13. September 2005 – 4 StR 399/05, aaO; vom 8. Dezember 2011 – 4 StR 430/11, NStZ 2012, 276, 277). Eines entsprechenden Vortrags bedarf es selbst dann, wenn der Verteidiger ein eigenes Verschulden geltend macht, das dem Angeklagten nicht zuzurechnen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2011 – 4 StR 430/11 aaO).
4
Dieser Zulässigkeitsvoraussetzung wird das Wiedereinsetzungsgesuch des Angeklagten nicht gerecht. Dem Antragsvorbringen ist lediglich zu entneh- men, dass der Verteidiger des Angeklagten, der aus der „jüngsten Lektüre“ der Stellungnahme des Generalbundesanwalts von dem verspäteten Eingang des Revisionseinlegungsschriftsatzes erfahren habe, dies anlässlich eines Besuchs in der Justizvollzugsanstalt am 4. Dezember 2015 mit dem Angeklagten besprochen habe, der sich hinsichtlich des Vortrags des Generalbundesanwalts ebenfalls überrascht gezeigt habe. Nicht mitgeteilt wird dagegen, wann der Angeklagte vom Inhalt des Verwerfungsantrags des Generalbundesanwalts Kenntnis erlangt hat, sodass nach dem Vorbringen offenbleibt, ob der Angeklagte bereits zu einem früheren Zeitpunkt von der Fristversäumung erfahren hatte. Nach Aktenlage liegt dies angesichts der am 8. Oktober 2015 veranlassten formlosen Übersendung des Verwerfungsantrags des Generalbundesanwalts an den Angeklagten nicht fern.
5
2. Das nach Ablauf der Frist des § 341 Abs. 1 StPO verspätet eingelegte Rechtsmittel des Angeklagten ist unzulässig.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei de

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Annotations

(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht, das bei rechtzeitiger Handlung zur Entscheidung in der Sache selbst berufen gewesen wäre.

(2) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung unterliegt keiner Anfechtung.

(3) Gegen die den Antrag verwerfende Entscheidung ist sofortige Beschwerde zulässig.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Die Revision muß bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 329 Absatz 2, § 387 Absatz 1, § 411 Absatz 2 und § 434 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.