Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2016 - 4 StR 42/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:160316B4STR42.16.0
bei uns veröffentlicht am16.03.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 42/16
vom
16. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:160316B4STR42.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 16. März 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 9. September 2015 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen, des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Schuldspruchänderung im Fall II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Nach den Feststellungen fasste der Angeklagte, der viele Jahre – teils gegen Entlohnung – als Informant der Polizei tätig gewesen war, im Mai 2014 den Entschluss, mit B. , der im Raum D. einen „schwungvollen“ Handel mit Betäubungsmitteln, insbesondere Kokain, betrieb, Betäubungsmittelgeschäfte zu machen. Er tat dies entweder in der Absicht, die von B. erworbenen Betäubungsmittel gewinnbringend weiterzuverkaufen, oder aber in dem Bestreben, durch die Drogengeschäfte näheren Zugang zuB. zu gewinnen, dessen Umfeld auszuleuchten und die hierdurch erlangten Informationen anschließend der Polizei anzubieten, wovon er sich eine angemessene Entlohnung für seine Tätigkeit oder die Zahlung einer Erfolgsprämie versprach. Kleinere Gewinne rechnete er mit ein, weil er sich dadurch die Mittel für seinen Eigenkonsum von Marihuana verdienen wollte.
3
In der Folgezeit bezog der Angeklagte meist nach vorangegangener telefonischer Bestellung von B. in acht Fällen Kokain in Mengen zwischen 10 und 50 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils 40 %, das er in vier Fällen mit Gewinn (Taten II.2. Nr. 3 bis 6 der Urteilsgründe) und in vier Fällen zum Selbstkostenpreis (Taten II.2. Nr. 1, 2, 7 und 13 der Urteilsgründe) an Abnehmer weiterveräußerte. In weiteren fünf Fällen stellte der Angeklagte den Kontakt von B. zu Abnehmern her, die jeweils Kokain verschiedener Qualität in Mengen zwischen 30 und 60 Gramm erwarben oder erwerben wollten (Taten II.2. Nr. 8, 10, 11, 18 und 19 der Urteilsgründe). Ferner verkaufte er Marihuana , das er in Mengen von zweimal 1 Kilogramm von B. und von 100 Gramm von einem anderen Lieferanten bezogen hatte, mit Gewinn weiter (Taten II.2. Nr. 9, 12 und 14 der Urteilsgründe). Am 5. November 2014 erwarb der Angeklagte zunächst von einem weiteren Lieferanten 9,807 Gramm Kokainzubereitung mit einem Wirkstoffgehalt von 99,4 %, die er zum Selbstkostenpreis an einen Abnehmer abgeben wollte, und wenig später 21,98 Gramm Marihuana , das zur Hälfte zum Eigenkonsum und zur anderen Hälfte zur Weitergabe an Kollegen zum Selbstkostenpreis bestimmt war (Tat II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe). Schließlich wurden bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten am 21. Januar 2015 im Keller 5 Gramm Kokain aufgefunden, die der Angeklagte einige Tage zuvor unentgeltlich von B. mit der Bestimmung erhalten hatte, dafür einen Kunden zu suchen (Tat II.2. Nr. 22 der Urteilsgründe

).


II.


4
Die Revision des Angeklagten führt lediglich zu einer Schuldspruchänderung im Fall II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe. Ansonsten hält der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils einer rechtlichen Prüfung stand.
5
1. Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auch in den Fällen , in denen der Angeklagte von seinem Lieferanten B. bezogene Betäubungsmittel zum Einkaufspreis an Abnehmer abgab (Taten II.2. Nr. 1, 2, 7 und 13 der Urteilsgründe) oder ohne Provisionserwartung den Kontakt zwischen B. und Abnehmern von Betäubungsmitteln vermittelte (Taten II.2. Nr. 8, 10, 11, 18 und 19 der Urteilsgründe).
6
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG setzt eigennütziges Handeln voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256). Eigennützig ist eine Tätigkeit , wenn das Tun des Täters vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder wenn er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder – objektiv messbar – immateriell bessergestellt wird (st. Rspr.; vgl. nur Urteil vom 24. Juni 1986 – 5 StR 153/86, BGHSt 34, 124, 126; Beschlüsse vom 26. August 1992 – 3 StR 299/92, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 34; vom 6. November 2012 – 2 StR 410/12, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 80; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Rn. 150 mwN). Da der Vorteil weder tatsächlich erlangt werden noch unmittelbar aus dem Umsatzgeschäft resultieren muss (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 1981 – 5 StR 56/81, StV 1981, 238; Urteil vom 4. Dezember 2007 – 5 StR 404/07, insoweit in NStZ 2008, 354 nicht abgedruckt ; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 323), reicht die Erwartung mittelbarer Vorteile aus, um die Eigennützigkeit zu begründen. Danach ist in den genannten Fällen ein eigennütziges Handeln des Angeklagten gegeben. Mit dem von einem finanziellen Eigeninteresse getragenen Bestreben, als Informant der Polizei gegen Entgelt verwertbare Informationen über seinen Lieferanten zu erhalten , zielte das Handeln des Angeklagten jeweils auf die Erlangung eines materiellen Vorteils, der nach den Vorstellungen des Angeklagten auch an seine auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit anknüpfte und damit einen hinreichenden Umsatzbezug (vgl. hierzu Weber aaO, Rn. 330; Rahlf in MüKoStGB, 2. Aufl., § 29 BtMG Rn. 387) aufwies. Dass die erstrebten geldwerten Informationen erst später durch Weitergabe an die Polizei zu Geld gemacht werden sollten, steht der Annahme von Eigennützigkeit nicht entgegen. Aus denselben Gründen ist auch im Fall II.2. Nr. 22 der Urteilsgründe ein eigennütziges Handeln des Angeklagten zu bejahen.
7
2. In den Fällen, in denen der Angeklagte den Kontakt zwischen dem Lieferanten B. und den Abnehmern von Betäubungsmitteln herstellte (Taten II.2. Nr. 8, 10, 11, 18 und 19 der Urteilsgründe), ist durch die Urteilsfeststellungen ein täterschaftliches Handeln des Angeklagten hinreichend belegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 339/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 75; vom 4. September 2012 – 3 StR 337/12, NStZ-RR 2013, 46).
8
3. Dagegen kann der Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG im Fall II.2. Nr. 21 der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben. In diesem Fall, in dem der Angeklagte die Kokainzubereitung nicht von B. sondern von einem anderen Lieferanten bezog, um es zum Selbstkostenpreis an einen Abnehmer abzugeben, ist ein eigennütziges Verhalten des Angeklagten in den Urteilsgründen nicht festgestellt. Der Angeklagte hat sich nach den Feststellungen indes wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen. Der Strafausspruch wird durch die Schuldspruchänderung nicht berührt. Angesichts der identischen Strafandrohung kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte.
9
4. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch das Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

5 StR 404/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 4. Dezember 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. Dezember
2007, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Richterin
alsVertreterinderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
alsVerteidiger,
Justizhauptsekretärin ,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinnenderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 16. März 2007 im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt ist, und im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und unter Einbeziehung der am 23. November 2004 vom Amtsgericht Tiergarten in Berlin verhängten Freiheitsstrafen (ein Jahr zwei Monate und neun Monate) nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erkannt. Hinsichtlich eines weiteren Tatvorwurfs des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat es den Angeklagten freigesprochen. Die gegen die Verurteilung mit einer Verfahrens - und der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten führt zur Änderung des Schuldspruchs und Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.
2
1. Das Landgericht hat sich auf der Grundlage der überwiegend geständigen Angaben des Angeklagten und der Aussage des Zeugen N. H. von dem folgenden Tatgeschehen überzeugt:
3
a) N. H. , ein entfernter Verwandter des Angeklagten und spätestens ab 2003 Mitglied einer in Brandenburg mit Drogen handelnden Bande um die gesondert Verfolgten R. und A. , wandte sich im Frühjahr 2003 an den Angeklagten. Der Zeuge hoffte, dass der Angeklagte, der damals einen Club in Göttingen betrieb, ihm jemanden benennen könne, der in den Niederlanden zur Beschaffung von Drogen in der Lage sei. N. H. wollte seine Stellung in der Bande verbessern, indem er einen von R. und A. gewünschten Ankauf von Amphetamintabletten in großer Menge aus den Niederlanden zu vermitteln versuchte. Dies gelang ihm mit Hilfe des Angeklagten. Dieser erklärte sich schließlich bereit, ihm zu helfen , weil N. H. ihn einerseits permanent anrief oder aufsuchte und ihn bedrängte, andererseits aber auch, weil N. H. ihm Geld in Höhe von 3.000 Euro schuldete und ihm gesagt hatte, dass er die Schulden bei Gelingen des beabsichtigten Drogengeschäfts tilgen könne. Ein im kriminellen Milieu Göttingens einflussreicher Bosnier übergab dem Angeklagten die Mobiltelefonnummer des in den Niederlanden lebenden N. . Der Angeklagte reichte diese Telefonnummer an N. H. weiter. Auf dessen Bitten trat der Angeklagte später gegenüber R. , A. und N. H. in einem Göttinger Cafe als scheinbar souveräner und professioneller Drogenboss auf.
4
Nachdem am 19. Juni 2003 zwischen R. und A. auf der einen und N. auf der anderen Seite die Lieferung von 5.000 Ecstasytabletten zu je einem Euro verabredet worden war, rief der Angeklagte am 23. oder 24. Juni 2003 bei N. H. an und teilte mit, dass N. ihn davon unterrichtet hätte, dass die bestellten Drogen (Wirkstoffgehalt 250 g MDMA Base) in Leipzig abgeholt werden könnten. Wenige Tage nach deren Übernahme durch N. H. rief N. den Angeklagten erneut an und forderte von ihm die Zahlung des restlichen Kaufpreises, falls R. und A. nicht alsbald zahlen würden. Der Angeklagte fuhr sodann nach Brandenburg an der Havel, um die Angelegenheit direkt mit R. und A. zu klären. R. teilte dem Angeklagten mit, N. H. und A. hätten den Restkaufpreis in einem Casino verspielt, und sicherte zu, die restliche Schuld dem N. überweisen zu lassen. Dieser teilte dem Angeklagten schließlich den Eingang von 2.250 Euro telefonisch mit.
5
b) Anfang Juli 2003 lehnte der Angeklagte eine Mitwirkung an einem von N. H. für R. und A. gewünschten Kauf von 1 kg Amphetamin ab. Der dafür zur Verfügung stehende Kaufpreis von 3.000 Euro erschien dem Angeklagten zu gering. Der schließlich von N. H. als 1 kg Amphetamin für 3.000 Euro übernommene Stoff erwies sich als Zucker.
6
2. Das Landgericht hat ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten hinsichtlich der 5.000 Ecstasytabletten mangels Bandenzugehörigkeit des Angeklagten und fehlenden Eigeninteresses abgelehnt. Die in Aussicht gestellte Rückzahlung von 3.000 Euro durch N. H. genüge für die Annahme eines eigenen Interesses des Angeklagten am konkreten Drogengeschäft nicht.
7
Das Landgericht hat die gefundene Strafe dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG entnommen.
8
Hinsichtlich des zweiten Tatvorwurfs hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
9
3. Die gemäß § 338 Nr. 6 StPO erhobene Verfahrensrüge ist unzulässig.
10
a) Zwar trägt die Revision vor, dass das Landgericht mit der folgenden Anordnung des Vorsitzenden anstatt durch Gerichtsbeschluss, wie es § 174 Abs. 1 Satz 2 GVG vorsieht, die Öffentlichkeit ungesetzlich beschränkt hat: „Im Einverständnis mit dem Angeklagten und dem Verteidiger wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit ausgeschlossen, da anderenfalls eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eintreten kann.“ Diese – im Übrigen mit dem Wortlaut der in § 172 GVG genannten Ausschließungsgründe nicht vollständig übereinstimmende – Anordnung begründet nach tradiertem Verständnis (vgl. RGSt 64, 385, 388 m.w.N.) den geltend gemachten absoluten Revisionsgrund (BGH NStZ 1999, 371 [4 StR 585/98]), und zwar sogar bei eigener Antragstellung des Angeklagten auf Ausschluss der Öffentlichkeit (vgl. Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 338 Rdn. 46 m.w.N.), daher auch hier, bei erklärtem Einverständnis des Angeklagten.
11
Der Senat braucht nicht näher zu prüfen, ob die in dieser Rechtsauffassung zum Ausdruck kommende Bedeutung des Öffentlichkeitsgrundsatzes in dieser Verfahrenslage heutigen Vorstellungen von Verfahrensgerechtigkeit in unerträglichem Maß widerspricht und Anlass zur Prüfung einer Verwirkung einer darauf gerichteten Verfahrensrüge gegeben ist (vgl. Basdorf StV 1997, 488, 492; Mosbacher JR 2007, 387, 389; vgl. auch BGH NJW 2006, 3579, 3580). Der Senat weist lediglich auf Folgendes hin: Der Angeklagte hat hier nach Prüfung der Sach- und Rechtslage durch seinen Verteidiger ausdrücklich sein Einverständnis mit einer bestimmten verfahrensbezogenen Entscheidung – Ausschluss der Öffentlichkeit – als mit seinen Interessen übereinstimmend erklärt. Warum er dann im Revisionsverfahren berechtigt sein soll, in bewusster Abkehr von seinem in der Hauptverhandlung sachgerecht bekundeten Willen die Aufhebung des Sachurteils – zumal nicht etwa wegen einer sachlich verfehlten Einschränkung der Öffentlichkeit , sondern allein wegen eines formalen Fehlers – zu erlangen, er- scheint widersprüchlich und erschließt sich weder aus der Interessenlage des Angeklagten noch aus dem Bedürfnis nach Einhaltung wesentlicher unverzichtbarer Verfahrensgrundsätze.
12
b) Jedenfalls genügt das Revisionsvorbringen nicht dem Erfordernis vollständigen Tatsachenvortrags nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Wegen der besonderen Fallkonstellation des Teilfreispruchs hätte es weiteren Vortrags bedurft, um den Senat in die Lage zu versetzen, zu prüfen, ob § 338 Nr. 6 StPO deshalb unanwendbar ist, weil das Beruhen des Urteils auf dem Fehler denkgesetzlich ausgeschlossen ist (vgl. BGHR StPO § 338 Aufhebungsumfang 1; § 338 Nr. 6 StPO Ausschluss 3; BGH NStZ 1999, 371 [1 StR 636/98]; Meyer-Goßner aaO § 338 Rdn. 50b). Die Revision hätte hierzu ausnahmsweise jedenfalls pauschal den Gegenstand der Aussage des Zeugen Ar. mitteilen müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. April 2004 – 4 StR 67/04; BGH, Beschluss vom 8. August 2007 – 2 StR 224/07). Nur in dessen Kenntnis könnte in der Sache entschieden werden, ob die unter Verstoß gegen die Vorschriften über die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung erfolgte Zeugenvernehmung überhaupt zur Verurteilung des Angeklagten herangezogen worden ist und nicht etwa allein den der Freisprechung des Angeklagten anheim fallenden Tatkomplex betroffen hat (vgl. dazu UA S. 10 f., 13). Das Verbot einer Rekonstruktion der Hauptverhandlung, das primär Verfahrensrügen grundlegend einschränkt, die auf eine Verletzung des § 261 StPO gestützt sind, wird durch die hier verlangte Vortragspflicht nicht berührt, zumal keine Wiedergabe des Inhalts der Zeugenaussage im Einzelnen verlangt wird, sondern eine eher pauschale Bezeichnung des Vernehmungsgegenstands ausreichen wird.
13
4. Die Sachrüge nötigt zur Änderung des Schuldspruchs und Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.
14
a) Das Landgericht hat bei seiner Subsumtion übersehen, dass die bei dem Angeklagten fehlende Bandenzugehörigkeit ein strafschärfendes per- sönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB darstellt (BGH, Beschluss vom 3. April 1992 – 4 StR 131/92, StV 1992, 379 [L]; Weber, BtMG 2. Aufl. § 30 Rdn. 75; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 28 Rdn. 9; vgl. auch BGHSt [GS] 12, 220, 226; BGHSt 46, 120, 128), was wegen der beim Teilnehmer in einem solchen Fall vorzunehmenden Tatbestandsverschiebung (vgl. BGHSt 6, 308, 310; BGHR StGB § 28 Abs. 2 Merkmal 2; BGH NStZRR 2007, 279, 280) hier eine Anwendung des § 30a Abs. 1 BtMG zum Nachteil des Angeklagten ausschließt. Auf die in der Sache unzutreffenden Einwände der Revision gegen die Annahme des Landgerichts, R. , A. und N. H. hätten sich zu einer Bande von Betäubungsmittelhändlern zusammengeschlossen, kommt es demnach nicht an.
15
b) Der Senat ist indes nicht gehalten, den Schuldspruch – wie es danach folgerichtig geboten wäre – auf Beihilfe zum Grunddelikt, dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG), umzustellen. Das Landgericht ist nämlich bei seiner Subsumtion rechtsfehlerhaft zugunsten des Angeklagten von Beihilfe statt von Täterschaft ausgegangen. Dies ist vom Revisionsgericht dahingehend zu korrigieren, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) zu verurteilen ist.
16
aa) Dieser Eingriff des Revisionsgerichts ist auch bei der hier alleinigen Urteilsanfechtung durch den Angeklagten zulässig und geboten, weil auch dadurch noch eine Beschwer des Angeklagten beseitigt wird (vgl. Meyer -Goßner aaO § 354 Rdn. 17) und ansonsten das Revisionsgericht genötigt wäre, einen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten zu vertiefen, was nicht Gegenstand seines Rechtsmittelangriffs sein kann.
17
Die Beschwer des Angeklagten liegt in Folgendem: Der Angeklagte ist durch die Verurteilung wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aus einem mit zwei Jahren Freiheitsstrafe beginnenden Strafrahmen verurteilt worden. Bei dem Schuldspruch wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge würde die Strafe dagegen aus einem mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr beginnenden Strafrahmen entnommen werden und eröffnete dem Angeklagten die zusätzliche Chance, bei der Anwendung der neu zu prüfenden Vorschrift des § 29a Abs. 2 BtMG eine noch mildere Sanktion zu erreichen. Im Blick auf die bisher noch im untersten Bereich des Strafrahmens gefundene Strafe kann dem Umstand, dass der Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG über den bisher vom Landgericht angewandten hinausreicht , keine Bedeutung zukommen.
18
bb) Der Angeklagte ist auf der Grundlage der fehlerfrei getroffenen Feststellungen des täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig.
19
(1) Das Landgericht hat das Merkmal der Eigennützigkeit des Handeltreibens (vgl. BGHSt [GS] 50, 252, 256; Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 212 m.w.N.) zu Unrecht verneint. Der Angeklagte hätte eigennützig gehandelt, falls er seine Tatbeiträge auch geleistet hätte, weil er sich einen persönlichen Vorteil versprochen hat, durch den er materiell besser gestellt wird (vgl. BGHSt 34, 124, 126; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 48).
20
So liegt es hier. Der Angeklagte war Inhaber eines nicht liquiden Zahlungsanspruchs gegen N. H. über 3.000 Euro. Nur eine erfolgreiche Durchführung des Rauschgiftgeschäfts hätte die Zahlungsfähigkeit des Schuldners des Angeklagten hergestellt und zur Begleichung der Schuld geführt. In diesem, dem Angeklagten glaubhaft bekannt gewordenen Geschehensablauf liegt ein Vermögensvorteil für den Angeklagten als Gläubiger, den der Angeklagte durch seine Vermittlungstätigkeit mit verfolgt hat. Er handelte demnach eigennützig.
21
(2) Im Übrigen belegen die Feststellungen eine so wesentliche Förderung des Rauschgiftgeschäfts insgesamt (erfolgreiche Vermittlung des Lieferanten im Ausland; Mitwirkung bei der Übergabe und der Bezahlung des Rauschgifts), dass eine täterschaftliche Begehungsweise auf der Hand liegt (vgl. BGH NJW 2007, 1220; zur Aufnahme in BGHSt bestimmt).
22
(3) An der Schuldspruchänderung ist der Senat durch § 265 Abs. 1 StPO nicht gehindert. Schon die Anklage lautete auf täterschaftliches Handeltreiben.
23
5. Demnach sind die Strafe und die Gesamtstrafe neu zu bestimmen. Der Aufhebung von Feststellungen bedurfte es bei dem hier vorliegenden Wertungsfehler nicht, so dass der neue Tatrichter die Strafe auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen zu bestimmen haben wird, die freilich um solche Feststellungen ergänzt werden dürfen, die den bisher getroffenen nicht widersprechen.
Basdorf Raum Brause Schaal Jäger

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 339/10
vom
5. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
5. Oktober 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 1. Juni 2010 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch im Fall III. 3. der Urteilsgründe,
b) im gesamten Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch im Fall III. 3. der Urteilsgründe hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
3
a) Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte von dem gesondert verfolgten O. eine Bestellung über 300 g Kokain entgegen und sagte zu, die nötigen Kontakte zu vermitteln. Hierfür sollte er zumindest 400 € erhalten. Auf Anfrage des Angeklagten erklärte sich der gesondert verfolgte E. bereit, das Rauschgift zu besorgen. Beide verabredeten, das Kokain in der Wohnung eines Dritten gegebenenfalls vor der Übergabe an O. zu strecken, der es weiterverkaufen wollte. Hierzu kam es nicht, weil die Beteiligten jeweils auf ihrem Weg zu der als Übergabeort vorgesehenen Wohnung festgenommen wurden.
4
b) Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte täterschaftlich Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge getrieben hat.
5
Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531; Beschluss vom 20. Dezember 2000 - 2 StR 468/00, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltrei- ben 56). Diese Grundsätze gelten auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft vermittelt (Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 394 und 611 mwN).
6
Nach diesem Maßstab rechtfertigen die bisherigen Feststellungen nur die Annahme einer Beihilfe des Angeklagten zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Er vermittelte und begleitete lediglich ein fremdes Umsatzgeschäft, wofür ihm ein vergleichsweise geringer Festbetrag als Entlohnung zugesagt war. Einen eigenen Einfluss auf das Betäubungsmittelgeschäft , die angefragte Menge, deren Preis sowie deren Weiterverkauf hatte er nicht; ebensowenig sollte er eigenständigen Besitz an dem gehandelten Kokain erlangen. Auch enthält das landgerichtliche Urteil keine ausreichenden Feststellungen dazu, dass mit der Begleitung des Haupttäters bei der Übergabe des Rauschgifts Aktivitäten des Angeklagten verbunden waren oder sein sollten, die geeignet gewesen wären, Tatherrschaft zu begründen.
7
2. Der Strafausspruch in den Fällen III. 1. und 2. der Urteilsgründe hat keinen Bestand; denn die Bestimmung des Strafrahmens durch das Landgericht ist rechtsfehlerhaft. Hierzu gilt:
8
Die Strafkammer hat einen "gemäß § 31 BtMG i.V.m. § 49 StGB gemilderten" Strafrahmen des § 29a BtMG von 3 Monaten bis 11 Jahre und 3 Monate Freiheitsstrafe angenommen. Ein solcher ergibt sich bei einer Milderung des Strafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG nach § 49 Abs. 1 StGB, auf den die Neufassung des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG (idF des 43. StrÄndG vom 29. Juli 2009, BGBl I 2288, in Kraft seit 1. September 2009) verweist. Demgegenüber weist der Umstand, dass das Landgericht die vom Angeklagten erst nach Erlass des Eröffnungsbeschlusses geleistete Aufklärungshilfe nicht als gemäß § 31 Satz 2 BtMG nF i.V.m. § 46b Abs. 3 StGB verspätet angesehen hat, darauf hin, dass es - in der Sache zutreffend (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524) - für die im Mai und August 2009 begangenen Taten III. 1. und III. 2. der Urteilsgründe die alte Fassung des § 31 Nr. 1 BtMG angewandt hat, die eine solche zeitliche Grenze für die Aufklärungshilfe nicht vorsieht. § 31 Nr. 1 BtMG aF ermöglicht jedoch eine Milderung nach § 49 Abs. 2 StGB und eröffnet damit einen Strafrahmen von Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe von einem Monat bis 15 Jahre Freiheitsstrafe.
9
Da sich die verhängten Einzelstrafen für die Taten III. 1. und III. 2. in Höhe von sechs und zehn Monaten jeweils an der unteren Grenze des Strafrahmens bewegen, kann der Senat nicht ausschließen, dass sich die rechtsfehlerhafte Strafrahmenbestimmung zu Lasten des Angeklagten auf die Strafzumessung ausgewirkt hat.
10
3. Der Senat schließt nicht aus, dass das neue Tatgericht Feststellungen treffen kann, die im Fall III. 3. der Urteilsgründe ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge belegen. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall III. 3. der Urteilsgründe sowie der Wegfall der hierfür und für die Fälle III. 1. und 2. verhängten Einzelstrafen lässt die Gesamtstrafe entfallen. Der Senat hebt auch den Strafausspruch im Fall III. 4. der Urteilsgründe sowie die jeweils zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter eine insgesamt einheitliche Strafzumessung zu ermöglichen. Mit Blick auf die Urteilsgründe besteht insgesamt Anlass zu dem Hinweis, dass deren Abfassung auch dann eines Mindestmaßes an Sorgfalt bedarf, wenn das Urteil auf einer Absprache beruht (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 222/10 Rn. 8).
11
4. Der Senat bemerkt im Übrigen, dass das Landgericht im Fall III. 3. der Urteilsgründe in der Sache schon deshalb zutreffend § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nF angewendet hat, weil die Tat erst im Dezember 2009 und damit nach Inkrafttre- ten der Neufassung begangen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 3 StR 65/10, NStZ 2010, 523, 524). Auf die Frage, ob dieser Fall mit den Fällen III. 1. und 2. der Urteilsgründe eine Tat im Sinne des autonomen Tatbegriffs des § 31 BtMG bildet, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Dieser Tatbegriff ist dann von Belang, wenn zu beurteilen ist, ob die Aufklärungshilfe des Angeklagten nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nF wesentlich dazu beigetragen hat, dass "die Tat" über seinen eigenen Beitrag hinaus aufgedeckt werden konnte. Er ist aber nicht maßgebend für die Entscheidung, welches Strafzumessungsrecht zeitlich gilt.
Becker Pfister von Lienen
Ri'inBGH Sost-Scheible befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Schäfer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 337/12
vom
4. September 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 4. September 2012 gemäß § 349
Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 29. Februar 2012, soweit es ihn betrifft , mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
2
Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
1. Nach den Feststellungen vermittelte der Angeklagte ein Rauschgiftgeschäft über mehr als 600 g Heroin zwischen dem früheren Mitangeklagten K. auf Käuferseite, den er von einem vorangegangenen Geschäft über zehn Kilogramm Streckmittel kannte, und einem Lieferanten, der das Heroin beschaffen und in den Niederlanden bereit halten sollte. Dafür sollte der Angeklagte von seinem Lieferanten einen nicht näher bestimmbaren Anteil des Kaufpreises erhalten. Nachdem die Geschäftsanbahnung zunächst ins Stocken geraten war, teilte K. dem Angeklagten, der ihm die Verfügbarkeit von Heroin bereits per SMS angezeigt hatte, mit, wie viel Geld er zur Verfügung habe und dass er dafür Heroin guter Qualität kaufen wolle; der Angeklagte bestätigte das Vorhandensein von Heroin guter Qualität. Nachdem K. sich in Begleitung des weiteren früheren Mitangeklagten S. aus Mazedonien zum Angeklagten nach Düsseldorf begeben hatte, fuhren alle drei gemeinsam in die Niederlande, wo K. und/oder S. das Heroin erwarben; der Angeklagte dolmetschte dabei die Gespräche zwischen ihnen und dem türkischsprachigen Lieferanten. Anschließend war er K. bei der Organisation der Rückreise des S. nach Deutschland behilflich, der die Betäubungsmittel allein über die Grenze schaffen und dann nach Prag verbringen sollte. Eine weitere Vergütung sollte der Angeklagte dafür nicht erhalten.
4
2. Diese Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte täterschaftlich Handel mit Betäubungsmitteln trieb.
5
a) Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein. Diese Grundsätze gelten auch für denjenigen, der ein Betäubungsmittelgeschäft vermittelt (BGH, Beschluss vom 14. August 2012 - 3 StR 274/12; Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 339/10, NStZ-RR 2011, 57 mwN).
6
b) Nach diesen Maßstäben rechtfertigen die bisherigen Feststellungen nur die Annahme einer Beihilfe des Angeklagten zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Er vermittelte und begleitete lediglich ein fremdes Umsatzgeschäft. Zur Höhe der Entlohnung, die ihm zugesagt war, hat die Kammer keine Feststellungen treffen können; jedoch spricht das in der Beweiswürdigung zitierte Gespräch mit seinem Lieferanten, nach dem im Wesentlichen andere an dem Geschäft verdienen würden, gegen einen hohen Grad des eigenen finanziellen Tatinteresses. Einen eigenen Einfluss auf das Betäubungsmittelgeschäft , die angefragte Menge, deren Preis sowie deren Weiterverkauf hatte der Angeklagte nicht; ebenso wenig sollte er die gehandelten Betäubungsmittel in Besitz nehmen. Sein Beitrag bei dem Erwerb und der Übergabe des Heroins beschränkte sich auf das Dolmetschen zwischen den Käufern und dem Lieferanten, so dass auch insoweit keine hinreichend gewichtigen Aktivitäten festgestellt sind, die eine Täterschaft des Angeklagten belegen könnten.
7
3. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bedingt auch die Aufhebung der von dem Rechtsfehler nicht betroffenen Verurteilung wegen der tateinheitlich dazu begangenen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Um dem neuen Tatrichter eine Beurteilung auf widerspruchsfreier Grundlage zu ermöglichen, hat der Senat auch die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Schäfer Pfister Mayer
Gericke Spaniol

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.