Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2019 - 1 StR 570/19
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 18. Dezember 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 5.250 € angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit welcher er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
I.
- 2
- Nach den Feststellungen des Landgerichts bestellte der Zeuge E. beim Angeklagten, der sich vom gesondert verfolgten
P.
als dessen Ersatz in die Absatzkette einspannen ließ, in zwölf Fällen Heroin in einer Menge von zehn bis 15 Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von 1,5 Gramm bis 2,25 Gramm Heroinhydrochlorid, in den Fällen 1 und 4 zudem auch für einen unbekannt gebliebenen Abnehmer. Der Angeklagte bezog seinerseits das Heroin von einem nicht ermittelten Verkäufer; er lieferte es im Zeitraum vom 4. September 2018 bis zum 21. September 2018 an E. bzw. in den Fällen 1 und 4 zudem an den anderen Abnehmer aus, wobei die Verkaufsmengen bei den beiden zuletzt genannten Taten jeweils aus demselben Erwerbsvorgang stammten. Der Angeklagte übergab die von den beiden Käufern erhaltenen Bargelder in Höhe von insgesamt 5.250 € seinem Lieferanten, um seine eigenen Kaufpreisschulden zu erfüllen. Der Vorteil des Angeklagten aus diesen Betäubungsmittelgeschäften bestand in einem Gramm Heroin pro Tag, das er von seinem Verkäufer zum Eigenkonsum erhielt.II.
- 3
- 1. Die konkurrenzrechtliche Beurteilung des rechtsfehlerfrei festgestellten Geschehens als zwölf tatmehrheitlich begangene Fälle (§ 53 Abs. 1 StGB) des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es kommt in Betracht, dass zumindest manche oder gar alle Fälle zueinander in gleichartiger Tateinheit stehen (§ 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB). Damit hat sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt , obwohl sich Folgendes aufgedrängt hat:
- 4
- a) Ausführungshandlungen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Sinne der § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG sind nicht nur Tätigkeiten , die unmittelbar dem Beschaffen und Weitergeben von Betäubungsmitteln an einen Abnehmer dienen, sondern ebenfalls dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17, BGHSt 63, 1 Rn. 20 mwN und vom 14. Mai 2019 – 3 StR 65/19 Rn. 9). Begibt sich ein Händler zu seinem Lieferanten , um beim Abholen der neuen, zuvor bestellten Lieferung den – gestundeten – Kaufpreis in bar für eine vorangegangene zu übergeben, betrifft dieser Einzelakt des Aufsuchens beide Umsatzgeschäfte, die sich auf unterschiedliche Betäubungsmittelmengen beziehen; die Umsätze überschneiden sich daher. Diese Teilidentität in der Ausführung verbindet beide Betäubungsmittelgeschäfte zu gleichartiger Tateinheit (nicht etwa zu einer Bewertungseinheit ; st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17, BGHSt 63, 1 Rn. 23; vom 10. Januar 2019 – 3 StR 448/18 Rn. 9; vom 24. Juli 2018 – 3 StR 236/15 Rn. 9; vom 14. Mai 2019 – 3 StR 65/19 Rn. 9; vom 22. Mai 2019 –
- 4
- StR 579/18 Rn. 3 und vom 19. Dezember 2018 – 4 StR 526/18 Rn. 2). Übernimmt der Zwischenhändler innerhalb einer bestehenden Lieferbeziehung ohne teilidentische Ausführungshandlung (lediglich) aus Anlass der Bezahlung einer vorangegangenen Lieferung eine neue, ist – mit dem gleichen Konkurrenzergebnis – natürliche Handlungseinheit anzunehmen (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 10. Juli 2019 – GSSt 4/17, BGHSt 63, 1 Rn. 28-30; vom 24. Juli 2018 – 3 StR 88/17 Rn. 5; vom 10. Januar 2019 – 3 StR 448/18 Rn. 9 und vom 10. Oktober 2019 – 1 StR 407/19 Rn. 4).
- 5
- b) Solche Bezahlvorgänge im Zusammenhang mit den neuen Lieferungen liegen hier insbesondere angesichts der dicht gedrängten, überwiegend an darauffolgenden Tagen ausgeführten Umsätze und dem Fehlen eigener Finanzmittel des Angeklagten nahe. Eine Durchentscheidung auf Tateinheit ist dem Senat indes verwehrt, weil zur Übergabe der Bargelder durch den Angeklagten an seinen Lieferanten keine näheren Feststellungen getroffen worden sind.
- 6
- 2. Die Feststellungen sind von der rechtsfehlerhaften konkurrenzrechtlichen Beurteilung nicht betroffen; sie können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und tragen einen Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge:
- 7
- a) Der Angeklagte war nicht lediglich als ʺLäuferʺ seines Lieferanten tätig. Denn er bestimmte nach Verhandlungen mit seinen beiden Abnehmern selbständig den Umfang der Verkaufsmenge; dies geht weit über eine bloße weisungsgebundene Transporttätigkeit hinaus, bezieht sich vielmehr auf das ganze Umsatzgeschäft und macht den Angeklagten zum Zwischenhändler (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Februar 2019 – 4 StR 22/19 Rn. 5; vom 29. Januar 2019 – 4 StR 589/18 Rn. 4; vom 3. Juli 2014 – 4 StR 240/14 Rn. 4; vom 24. April 2013 – 5 StR 135/13 Rn. 5 und vom 22. August 2012 – 4 StR 272/12 Rn. 3).
- 8
- b) Der Angeklagte handelte eigennützig.
- 9
- aa) Eigennützig ist eine Tätigkeit, wenn das Tun des Täters vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder – objektiv messbar – immateriell bessergestellt wird; eine Entlohnung in Geld ist daher für die Annahme von Eigennützigkeit nicht zwingend (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2019 – 2 StR 384/19 Rn. 8 f.; vom 10. Oktober 2018 – 4 StR 247/18 Rn. 4 und vom 16. März 2016 – 4 StR 42/16 Rn. 6; Urteil vom 24. Juni 1986 – 5 StR 153/86, BGHSt 34, 124, 126). Wer Rauschgift indes ohne irgendeinen Gewinn weiterverkauft, handelt nicht eigennützig (BGH, Beschluss vom 6. November 2012 – 2 StR 410/12 Rn. 2, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 80), ebenso wenig derjenige, der aus der ohne Gewinnaufschlag weiter zu veräußernden Gesamtmenge einen Anteil zum Eigenkonsum erhalten will (BGH, Beschluss vom 22. Februar 1985 – 2 StR 62/85 Rn. 5 f.). Die Vorteile müssen sich nach alledem aus dem Umsatzgeschäft ergeben, nicht aus einem anderen Umstand, namentlich dem Erwerb (BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 131/12 Rn. 6; Urteil vom 6. Dezember 2017 – 2 StR 46/17 Rn.
10).
- 10
- bb) Der Angeklagte strich zwar – anders als sein Lieferant – weder einen Geldgewinn ein noch erhielt er einen sonstigen ihm verbleibenden Vorteil von seinen Abnehmern; indes veräußerte er die Betäubungsmittel weiter, um von seinem Verkäufer gesondert von den Liefermengen mit Heroin zum Eigenkonsum entlohnt zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1996 – 1 StR 1/96 Rn. 10 und Beschluss vom 17. September 2009 – 5 StR 325/09 Rn. 3). Dieser geldwerte Vorteil bezieht sich mithin auf die Weiterveräußerung und ist aus diesem für den unbekannt gebliebenen Verkäufer gewinnträchtigen Absatz finanziert.
- 11
- c) Die Feststellungen sind indes um solche zu den Bezahlvorgängen zu ergänzen. Im Übrigen dürfen neue Feststellungen den bisherigen nicht widersprechen.
- 12
- 3. Auch auf die Einziehungsentscheidung (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) wirkt sich der Rechtsfehler bei den Konkurrenzen nicht aus. Da die Feststellungen in Rechtskraft erwachsen, steht fest, dass der Angeklagte die Verfügungsgewalt über die Kaufpreisgelder entweder ʺdurch eine rechtswidrige Tatʺ oder durch mehrere rechtswidrige Taten erlangte (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2019 – 1 StR 407/19 Rn. 5; vgl. zur Aufrechterhaltung der Einziehung nach Durchentscheidung zum Schuldspruch: BGH, Beschlüsse vom 6. Juni 2018 – 5 StR 231/18 Rn. 4; vom 22. Mai 2019 – 4 StR 579/18 Rn. 6; vom 19. Dezember 2018 – 4 StR 526/18 Rn. 5 und vom 7. Mai 2019 – 2 StR 129/19). Eine Aufrechterhaltung der Einziehung wäre indes ausgeschlossen gewesen, wenn die zum Schuldspruch zugehörigen Feststellungen aufgehoben worden wären (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2019 – 3 StR 448/18 Rn. 14; Urteil vom 13. März 2019 – 1 StR 424/18 Rn. 17).
Raum Cirener Fischer Bär Leplow
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2019 - 1 StR 570/19
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2019 - 1 StR 570/19
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2019 - 1 StR 570/19 zitiert oder wird zitiert von 22 Urteil(en).
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, - 2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt, - 3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, - 4.
(weggefallen) - 5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt, - 6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel - a)
verschreibt, - b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
- 6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt, - 6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht, - 7.
entgegen § 13 Absatz 2 - a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke, - b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
- 8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt, - 9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen, - 10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet, - 11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt, - 12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind, - 13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt, - 14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt, - 2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Januar 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, Wimmer, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Berg, Hoch als beisitzende Richter,
Richterin am Amtsgericht als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizfachangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe hat es zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer wirksam auf den Strafausspruch beschränkten und mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts begründeten Revision, die auch auf die Aufhebung der zugehörigen Feststellungen gerichtet ist.
- 2
- Das Rechtsmittel hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg.
I.
- 3
- Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen brachte der Angeklagte zwei Päckchen Heroin mit einem Gesamtgewicht von 983 Gramm und einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 624 Gramm HHCI, die unbekannte Personen auf Veranlassung des Mitangeklagten Z. im Motorraum seines PKW versteckt hatten, aus den Niederlanden kommend über die Grenze nach Deutschland. Dabei wusste er, dass er eine große Menge Heroin nach Deutschland transportierte, wo es, wie ihm ebenfalls bekannt war, von dem Mitangeklagten gewinnbringend verkauft werden sollte. Hierzu kam es aufgrund der Festnahme der beiden Angeklagten nach der Einreise nicht.
- 4
- Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet und die Strafe dem Strafrahmen des § 30 Abs. 2 BtMG entnommen, da ein minder schwerer Fall der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorliege.
II.
- 5
- Die Strafzumessung hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Die Wahl des Strafrahmens, dem das Landgericht die verhängte Strafe entnommen hat, weist Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten auf.
- 6
- 1. Nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB ist bei tateinheitlicher Begehung mehrerer Delikte die Strafe dem Gesetz zu entnehmen, das die schwerste Strafe bestimmt. Vorliegend hat sich der Angeklagte zweier tateinheitlicher Delikte - der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - schuldig gemacht. Während das Landgericht hinsichtlich der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge einen minder schweren Fall angenommen hat, verhält sich das Urteil nicht dazu, ob auch die Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BtMG zu werten ist. Damit stellt sich der für die Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge anzuwendende , nach §§ 27, 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG als der schwerere Strafrahmen dar. Denn während § 30 Abs. 2 BtMG - ebenso wie § 29a Abs. 2 BtMG - für den minder schweren Fall einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsieht, ermäßigt sich im Falle der Milderung nach §§ 27, 49 Abs. 1 StGB die Mindeststrafe des § 29a Abs. 1 BtMG zwar auf ebenfalls drei Monate, die Höchststrafe beträgt jedoch nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB drei Viertel der angedrohten Höchststrafe, also elf Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe.
- 7
- 2. Darüber hinaus hat das Landgericht nicht bedacht, dass der Angeklagte , der das Rauschmittel in seinem Fahrzeug transportierte, sich damit auch des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht hat. Zwar tritt der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Auffangtatbestand konkurrenzrechtlich hinter die gleichzeitig verwirklichte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zurück (Weber, BtMG, 5. Aufl., § 30 Rn. 285 mwN). Jedoch entfaltet bei Gesetzeskonkurrenz das zurücktretende Delikt grundsätzlich eine Sperrwirkung jedenfalls hinsichtlich der Mindeststrafe (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - 3 StR 349/02, NJW 2003, 1679, 1680 mwN). Somit darf bei Anwendung des minder schweren Falles nach § 30 Abs. 2 BtMG die Strafe nicht milder sein als nach dem Strafrahmen der verdrängten Vorschrift des § 29a Abs. 1 BtMG, sofern nicht auch insoweit die Voraussetzungen eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG gegeben sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - 3 StR 349/02, aaO).
- 8
- 3. Das Urteil kann im Strafausspruch schon deshalb keinen Bestand haben. Auf die übrigen Beanstandungen der Strafzumessung kommt es daher nicht mehr an. Die insoweit getroffenen Feststellungen erweisen sich indes als rechtsfehlerfrei und können bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie dem rechtskräftig Festgestellten nicht widersprechen.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft, - 2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt, - 3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein, - 4.
(weggefallen) - 5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt, - 6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel - a)
verschreibt, - b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
- 6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt, - 6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht, - 7.
entgegen § 13 Absatz 2 - a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke, - b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
- 8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt, - 9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen, - 10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet, - 11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt, - 12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind, - 13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt, - 14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt, - 2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.
(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 6. Dezember 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl als Vorsitzender,
der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eschelbach, die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, Wimmer, der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Staatsanwalt bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger für den Angeklagten C. , Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger für den Angeklagten T. , Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte T. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und der Angeklagte C. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit zwei Fällen von tateinheitlicher Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig sind,
b) in den Strafaussprüchen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und den Angeklagten C. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in weiterer Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen und außerdem Verfallsanordnungen getroffen.
- 2
- I. Hinsichtlich des abgeurteilten Tatgeschehens hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
- 3
- Einige Zeit vor dem 8. Januar 2015 planten beide Angeklagte den Erwerb von jeweils 5,5 kg Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Das Rauschgift sollte nach der Absprache der Angeklagten gemeinsam bestellt und zusammen geliefert werden. Dementsprechend orderte der Angeklagte T. bei einem unbekannt gebliebenen Lieferanten insgesamt 11 kg zu einem Einkaufspreis zwischen 6 und 6,50 Euro. Der genaue Einkaufspreis sollte im Anschluss an die Lieferung zwischen den Beteiligten festgelegt werden. Von den 11 kg sollten beide Angeklagte jeweils etwa 5,5 kg erhalten. Nach vorangegangener telefonischer Absprache verabredete sich der Angeklagte C. mit einem unbekannten Kurierfahrer des Lieferanten am 8. Januar 2015 in H. , nahm die gesamte Rauschgiftmenge, insgesamt 11,54 kg mit einem Wirkstoffgehalt von 1.222,84 Gramm THC, entgegen und verbrachte sie in seine ebenfalls in H. gelegene Wohnung. Am darauffolgenden Tag veräußerte der Angeklagte aus einer in einer blauen Kühlbox befindlichen Teil- menge 307 Gramm an einen Abnehmer, der ihn in seiner Wohnung aufgesucht hatte. Am gleichen Tag erschien nach vorangegangener Vereinbarung der Angeklagte T. in der Wohnung des Angeklagten C. . Dort wurde das Rauschgift in etwa hälftig aufgeteilt. Beide verließen anschließend die Wohnung , wobei der Angeklagte T. das ihm zustehende Rauschgift (5.624,3 Gramm) in einer blauen Sporttasche und der Angeklagte C. in einer Plastiktüte zwei Kilogramm aus seinem Vorrat bei sich führte. Die Angeklagten setzten sich in ein Auto und wurden kurze Zeit später von den sie schon länger observierenden Polizeikräften gestellt. Das Marihuana, zudem 334,7 Gramm Amphetamin aus der Wohnung des Angeklagten C. , wurden sichergestellt, ebenso größere Geldbeträge, die die Angeklagten mit sich führten bzw. in den Wohnungen des Angeklagten C. und seiner Mutter aufgefunden wurden.
- 4
- Die Strafkammer hat die Angeklagten im Hinblick auf das Marihuana wegen mittäterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bezogen auf die Gesamtmenge, den Angeklagten C. darüber hinaus hinsichtlich des in seiner Wohnung aufgefundenen Amphetamins wegen tateinheitlichen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in weiterer Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Bei der Strafrahmenwahl und bei der Strafzumessung hat es jeweils zu Lasten beider Angeklagter die Qualität und die erhebliche Menge an Marihuana berücksichtigt.
- 5
- II. Die Revisionen der Angeklagten führen jeweils zur Schuldspruchberichtigung und zur Aufhebung der jeweiligen Strafaussprüche; im Übrigen sind sie unbegründet.
- 6
- 1.a) Die Verurteilung des Angeklagten T. (allein) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (bezogen auf die Gesamthandelsmenge) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte ist – weil ihm entgegen der Ansicht des Landgerichts täterschaftliches Handeltreiben bezogen auf die Gesamthandelsmenge nicht vorzuwerfen ist – neben der Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (bezogen auf die eigene Handelsmenge) – zudem wegen tateinheitlicher Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Be- täubungsmitteln in nicht geringer Menge des Mitangeklagten C. zu verurteilen.
- 7
- aa) Es ist schon fraglich, ob die Annahme mittäterschaftlichen Handelns des Angeklagten T. als solche im Hinblick auf die Gesamthandelsmenge tragfähig begründet ist. Ob ein Beteiligter als Mittäter des anderen handelt, ist auch im Betäubungsmittelstrafrecht nach den allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Hierzu bedarf es einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung des Beteiligten umfassten Umstände; wesentliche Anhaltspunkte für (mit-)täterschaftliches Handeln können das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein. Verschaffen sich die Beteiligten die von ihnen jeweils zur Weiterveräußerung bestimmten Betäubungsmittel in Einkaufsgemeinschaft oder im Wege eines Sammeleinkaufs, gilt nichts anderes (BGH, Beschluss vom 14. August 2002 – 2 StR 249/02, NStZ 2003, 90; Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154; MüKoStGB/Oğlakcıoğlu, 3. Aufl., § 29 BtMG Rn. 419).
- 8
- Beide Angeklagte handelten zwar arbeitsteilig bei der Beschaffung der gesamten Handelsmenge zusammen. So bestellte der Angeklagte T. das Rauschgift, während es von dem Angeklagten C. entgegengenommen und anschließend bis zur Aufteilung verwahrt wurde. Allerdings ist bei dieser Gestaltung des Betäubungsmittelgeschäftes noch kein Mitbesitz des Angeklagten T. an der gesamten Handelsmenge entstanden (vgl. zu diesem Kriterium für die Begründung von Mittäterschaft BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154 f.; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29, Rn. 670 f.).
- 9
- Zudem fehlt es an einem gemeinsamen Interesse beider Angeklagter im Hinblick auf den Erwerb der aufgrund eines einheitlichen Tatentschlusses erworbenen Gesamtmenge. Es war von vornherein beabsichtigt, dass das Rauschgift hälftig aufgeteilt werden sollte. Eine Beteiligung an den Geschäften des anderen war nicht vorgesehen; die Angeklagten planten jeder für sich, das Marihuana jeweils an einen eigenen festen Abnehmerkreis weiterzuverkaufen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154). Eine Reduzierung von Transportkosten, die nach der Rechtsprechung des 1. und des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs das Interesse am Sammelkauf der Gesamtmenge belegen soll (Beschluss vom 9. Oktober 2002 – 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57; siehe auch BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2012 – 4 StR 392/12, NStZ-RR 2013, 81; Beschluss vom 13. April 2013 – 4 StR 547/12), ist nicht festgestellt; die Betäubungsmittel wurden den Angeklagten durch einen Kurier des Lieferanten zugestellt. Auch ist den Urteilsgründen – was für ein Interesse am gesamten Geschäft sprechen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2002 – 1 StR 137/02, NStZ-RR 2003, 57; BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2012 – 4 StR 392/12, NStZ-RR 2013, 81; Beschluss vom 13. April 2013 – 4 StR 547/12) – nicht zu entnehmen, dass wegen der größeren Menge das Rauschgift günstiger eingekauft worden wäre. Darauf hat sich im Übrigen auch die Strafkammer nicht gestützt.
- 10
- bb) Selbst wenn man davon ausginge, dass tatsächlich ein Mengenrabatt gewährt worden wäre und sich daraus ein gemeinsames Interesse an der Durchführung des auf die Gesamthandelsmenge bezogenen Handelsgeschäfts ergeben sollte, käme im Hinblick auf die von dem Mitangeklagten C. erworbene Handelsmenge eine Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht in Betracht. Denn dafür ist Eigennützigkeit des Handelns erforderlich (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Rn. 213), die hier hinsichtlich der für den Mitangeklagten bestimmten Handelsmenge fehlte. Eigennütziges Handeln setzt ein Erstreben von Vorteilen voraus, die sich vor allem aus dem Umsatzgeschäft ergeben (vgl. MüKo-StGB/Oğlakcıoğlu, 3. Aufl., § 29 BtMG Rn. 419). Nicht in diesem Sinne umsatzbezogen ist ein Vorteil, der dem Täter aus einem anderen Vorgang, namentlich dem Erwerb, erwächst. Eigennützigkeit ist daher nicht gegeben, wenn der Vorteil allein in günstigeren Konditionen liegt, die mehrere Betäubungsmittelhändler in einer bloßen Einkaufsgemeinschaft aufgrund der bestellten Gesamtmenge erhalten. Der insoweit erstrebte Vorteil erschöpft sich in Umständen, die den eigenen Erwerb betreffen und sich auch nur auf den Umfang des durch das eigene Geschäft beabsichtigten Gewinns auswirken (BGH, Beschluss vom 17. April 2012 – 3 StR 131/12, StV 2013, 154; zur fehlenden Eigennützigkeit, wenn der Vorteil allein in günstigeren Einkaufsbedingungen liegt: BGH, Beschluss vom 27. März 2012 – 3 StR 64/12, NStZ 2012, 516; siehe auch Senat, Beschluss vom 9. Januar 1991 – 2 StR 359/90, StV 1992, 65).
- 11
- Eigennütziges Handeln lässt sich auch nicht auf die Erwägungstützen, arbeitsteiliges Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten C. habe das Entdeckungsrisiko für den Angeklagten T. verringert. Zwar reicht es für die Annahme eigennützigen Handelns auch aus, wenn der Täter sich von seinem Tun irgendeinen persönlichen Vorteil verspricht, der auch lediglich immaterieller Art sein kann (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom 6. November 2012 – 2 StR410/12). Vorteile immaterieller Art begründen Eigennützigkeit aber nur dann, wenn sie nicht nur den Empfänger in irgendeiner Weise besser stellen, sondern auch einen objektiv messbaren Inhalt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 2016 – 4 StR 42/16, NStZ-RR 2016, 212, 213 mwN). Ob dies gegeben ist, ist aufgrund einer restriktiven Auslegung festzustellen (BGH, Beschluss vom 29. Februar 2000 – 1 StR 46/00, NStZ-RR 2000, 234; Beschluss vom 16. November 2001 – 3 StR 371/01, StV 2002, 254 f.). Allein aus einem arbeitsteiligen Vergehen von Tatbeteiligten und einem dadurch möglicherweise verringerten Entdeckungsrisiko ergibt sich kein solcher objektiv messbarer persönlicher Vorteil.
- 12
- Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. Es ist nicht zu erwarten , dass eine neue Hauptverhandlung Erkenntnisse bringen könnte, die die Annahme eigennützigen Handelns tragen könnten. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da der insoweit geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
- 13
- b) Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Dieser beruht auf einer Zurechnung der Gesamthandelsmenge gemäß § 25 Abs. 2 StGB und berücksichtigt ausdrücklich die mehr als 163fache Überschreitung des Wirkstoffgehalts zu Lasten des Angeklagten sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte T. bei rechtsfehlerfreier Würdigung zu einer niedrigeren Strafe verurteilt worden wäre.
- 14
- 2. a) Auch die Verurteilung des Angeklagten C. (allein) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (bezogen auf die Gesamthandelsmenge an Marihuana) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Angeklagte ist – weil auch ihm entgegen der Ansicht des Landgerichts die Gesamthandelsmenge nicht zuzurechnen ist – auch neben der rechtsfehlerfreien Verurteilung im Hinblick auf das in seiner Wohnung aufgefundene Amphetamin (wegen unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) und des täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (bezogen auf den eigenen Anteil) zudem wegen tateinheitlicher Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (des Mitangeklagten T. ) in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (ebenfalls bezogen auf den Anteil des Angeklagten T. ) zu verurteilen.
- 15
- Auch bei dem Angeklagten C. fehlt es jedenfalls aus dendargelegten Gründen an der Eigennützigkeit. Er ist allerdings im Hinblick auf den Besitz des Anteils des Mitangeklagten, die eine nicht geringe Menge darstellt, zusätzlich zu verurteilen. Insoweit tritt der Besitztatbestand – anders als bei dem zum Verkauf vorgesehenen eigenen Anteil – nicht hinter dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zurück. Er verbindet die an sich selbständigen Fälle der Beihilfe zum Handeltreiben mit nicht geringer Menge zur Tateinheit (vgl. BGH NStZ 2011, 163).
- 16
- Der Senat ändert den Schuldspruch. Weitergehende Feststellungen, die eine Verurteilung wegen täterschaftlichen Handeltreibens auch bezogen auf die vom Angeklagten T. bestellte Handelsmenge ermöglichen könnten,sind in einer neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
- 17
- b) Die Änderung des Schuldspruchs führt auch bei dem Angeklagten C. zur Aufhebung des Strafausspruchs. Dieser beruht auf einer Zurechnung der Gesamthandelsmenge an Marihuana und berücksichtigt ausdrücklich die mehr als 163-fache Überschreitung des Wirkstoffgehalts zu Lasten des Angeklagten sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte bei rechtsfehlerfreier Würdigung zu einer niedrigeren Strafe verurteilt worden wäre. Krehl Eschelbach Bartel Wimmer Grube
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat
Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , hinsichtlich der Verwerfung der Revision auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Mai 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel führt zu einer Konkurrenzkorrektur; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Der Angeklagte vereinbarte nach den Feststellungen des Landgerichts mit dem gesondert verfolgten T. , dass dieser ihm Marihuana im Kilobereich liefert. Das Landgericht hat elf verschiedene Lieferungen von Marihuana in Mengen zwischen einem und fünf Kilogramm festgestellt. Im ersten Fall leistete der Angeklagte zunächst eine Anzahlung. Der Rest des Kaufpreises wurde bei der nachfolgenden Lieferung bezahlt. Für die folgenden Fälle hat das Landgericht keine näheren Feststellungen zu den Modalitäten der Kaufpreiszahlung getroffen. Zur zehnten Lieferung hat es die geständige Einlassung des Angeklagten mitgeteilt, wonach diese Lieferung zunächst nicht bezahlt worden sei; diese Lieferung habe er erst im letzten Fall mitbezahlt.
- 3
- Das Landgericht hat der Sache nach alle Drogenlieferungen als rechtlich selbständige Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bewertet. Jedoch bilden die Fälle II.1. und II.2. sowie die Fälle II.10. und II.11. der Urteilsgründe jeweils eine Tat im Sinne von § 52 StGB. Sie sind durch die Bezahlung des Kaufpreises oder Restkaufpreises der vorangegangenen Lieferung bei der jeweils nachfolgenden Drogenlieferung zur Tateinheit verknüpft. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führen Überschneidungen der Ausführungshandlungen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dadurch, dass der Kaufpreis für eine Drogenportion ganz oder teilweise erst bei der Übergabe der nächsten Drogenlieferung bezahlt wird, zur gleichartigen Idealkonkurrenz (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17, BGHSt 63, 1, 8; besonders für Kommissionsgeschäfte Senat, Beschluss vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97; Urteil vom 22. August 2012 – 2 StR 530/11, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 13; Urteil vom 21. Februar 2018 – 2 StR 374/17; BGH, Beschluss vom 24. Juli 2018 – 3 StR 88/17, NStZ-RR 2018, 351; Beschluss vom 13. Januar 2016 – 4 StR 322/15, NStZ 2016, 420 f.).
- 4
- Dies führt zur Zusammenfassung der Fälle II.1. und II.2. sowie der Fälle II.10. und II.11. der Urteilsgründe zur Tateinheit. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte dagegen nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Die Schuldspruchänderung hat den Wegfall der jeweils geringsten Einzelstrafen in den Fällen II.1. und II.10. der Urteilsgründe zur Folge.
- 5
- Der Senat schließt aus, dass der Tatrichter danach eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.