Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2018 - 4 StR 414/18

published on 10.10.2018 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2018 - 4 StR 414/18
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 414/18
vom
10. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Misshandlung eines Schutzbefohlenen
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des BeschwerdefĂŒhrers am 10. Oktober 2018 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 8. Juni 2018 wird als unbegrĂŒndet verworfen, da die
NachprĂŒfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Der BeschwerdefĂŒhrer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2018:101018B4STR414.18.0

ErgÀnzend bemerkt der Senat:
Dass die Strafkammer die verschiedenen massiven Gewalthandlungen des Angeklagten zum Nachteil seines im Tatzeitraum zwei Monate alten Kindes nicht jeweils als ein rohes Misshandeln im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB bewertet hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. August 2018 – 4 StR 89/18, Rn. 4 mwN), beschwert den Angeklagten nicht. Durch die Feststellung, dass das Tatopfer in dem kurzen, insgesamt nur ca. einmonatigen Tatzeitraum infolge der wiederholten Gewalthandlungen des Angeklagten an lĂ€nger andauernden, wiederkehrenden Schmerzen litt, was dem Angeklagten auch bewusst war und von ihm billigend in Kauf genommen wurde, wird auch ein QuĂ€len im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB hinreichend belegt.
QuĂ€len im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB bedeutet das Verursachen lĂ€nger dauernder oder sich wiederholender (erheblicher) Schmerzen oder Leiden körperlicher oder seelischer Art. Es wird im Allgemeinen durch mehrere Tathandlungen bewirkt, wobei oft erst deren stĂ€ndige Wiederholung den besonderen Unrechtsgehalt des QuĂ€lens verwirklicht. Die zugefĂŒgten Schmerzen oder Leiden mĂŒssen dabei ĂŒber die typischen Auswirkungen einzelner Körperverletzungshandlungen hinausgehen und der Vorsatz des TĂ€ters sich auch hierauf erstrecken (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – 3 StR 633/14, NStZ-RR 2015, 369, 370; Beschluss vom 24. Februar 2015 – 4 StR 11/15, StV 2016, 434; Beschluss vom 20. MĂ€rz 2012 – 4 StR 561/11, NStZ 2013, 466, 467; Beschluss vom 7. Dezember 2006 – 2 StR 470/06, Rn. 5 [insoweit in NStZ 2007, 720 nicht abgedruckt]). Das Erfordernis, dass die zugefĂŒgten Schmerzen oder Leiden ĂŒber die typischen Auswirkungen der einzelnen Körperverletzungshandlungen hinausgehen mĂŒssen, ist dabei insbesondere dann von Bedeutung , wenn die einzelnen Körperverletzungshandlungen fĂŒr sich genommen eher niederschwellig sind (vgl. den Sachverhalt in BGH, Beschluss vom 20. MĂ€rz 2012 – 4 StR 561/11, NStZ 2013, 466 ff.) und erst deren stĂ€ndige Wiederholung den gegenĂŒber § 223 StGB gesteigerten Unrechtsgehalt ausmacht (vgl. BGH, Beschluss
vom 31. August 2016 – 4 StR 340/16, NStZ 2017, 282, 284 mwN). Bringt derTĂ€ter – wie hier – dem Tatopfer vorsĂ€tzlich in enger Folge mehrere schwere Verletzungen (zeitverschiedene handgelenksnahe Speichenfrakturen auf beiden Seiten, metaphysĂ€re Kantenabrisse an beiden Oberschenkelknochen, SchlĂŒsselbeinfraktur, Unterschenkelschaftfraktur am Schien- und Wadenbein, Hirngewebsverletzungen, tiefe VerbrĂŒhung am Mundboden u.a.) bei, die jeweils schon fĂŒr sich zu lĂ€nger dauernden und erheblichen Schmerzen fĂŒhren, sodass die neu zugefĂŒgten Schmerzen und Leiden zu noch nicht oder gerade abgeklungenen Schmerzen und Leiden aus frĂŒheren Gewalthandlungen hinzutreten oder sich an diese anschließen, ist auch damit ein QuĂ€len im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegeben.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke Quentin Feilcke
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

3 Referenzen - Gesetze

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schĂ€digt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fĂŒnf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die 1. seiner FĂŒrsorge oder Obhut untersteht,2. seinem Hausstand angehört,3. von dem FĂŒrsorgepflichtigen seiner Gewalt ĂŒberlassen worden oder4.
6 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 07.08.2018 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 89/18 vom 7. August 2018 in der Strafsache gegen wegen schwerer Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2018:070818B4STR89.18.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nac
published on 20.03.2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 561/11 vom 20. MĂ€rz 2012 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des BeschwerdefĂŒhrers am 20. MĂ€rz 2012 gemĂ€ĂŸ § 349
published on 31.08.2016 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 340/16 vom 31. August 2016 in der Strafsache gegen wegen Misshandlung einer Schutzbefohlenen u.a. ECLI:DE:BGH:2016:310816B4STR340.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbunde
published on 23.07.2015 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 S t R 6 3 3 / 1 4 vom 23. Juli 2015 in der Strafsache gegen wegen gefÀhrlicher Körperverletzung u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Juli 2015, an der teilgenommen
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 08.11.2018 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 61/18 vom 8. November 2018 in der Strafsache gegen wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen u.a. ECLI:DE:BGH:2018:081118B4STR61.18.1 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesan
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

1.
seiner FĂŒrsorge oder Obhut untersteht,
2.
seinem Hausstand angehört,
3.
von dem FĂŒrsorgepflichtigen seiner Gewalt ĂŒberlassen worden oder
4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder ArbeitsverhÀltnisses untergeordnet ist,
quĂ€lt oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige VernachlĂ€ssigung seiner Pflicht, fĂŒr sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schĂ€digt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der TĂ€ter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr

1.
des Todes oder einer schweren GesundheitsschÀdigung oder
2.
einer erheblichen SchÀdigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
bringt.

(4) In minder schweren FĂ€llen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fĂŒnf Jahren, in minder schweren FĂ€llen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fĂŒnf Jahren zu erkennen.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schĂ€digt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fĂŒnf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

1.
seiner FĂŒrsorge oder Obhut untersteht,
2.
seinem Hausstand angehört,
3.
von dem FĂŒrsorgepflichtigen seiner Gewalt ĂŒberlassen worden oder
4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder ArbeitsverhÀltnisses untergeordnet ist,
quĂ€lt oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige VernachlĂ€ssigung seiner Pflicht, fĂŒr sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schĂ€digt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der TĂ€ter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr

1.
des Todes oder einer schweren GesundheitsschÀdigung oder
2.
einer erheblichen SchÀdigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
bringt.

(4) In minder schweren FĂ€llen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fĂŒnf Jahren, in minder schweren FĂ€llen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fĂŒnf Jahren zu erkennen.