Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Okt. 2018 - 4 StR 414/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
ErgÀnzend bemerkt der Senat:
Dass die Strafkammer die verschiedenen massiven Gewalthandlungen des Angeklagten zum Nachteil seines im Tatzeitraum zwei Monate alten Kindes nicht jeweils als ein rohes Misshandeln im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB bewertet hat (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 7. August 2018 â 4 StR 89/18, Rn. 4 mwN), beschwert den Angeklagten nicht. Durch die Feststellung, dass das Tatopfer in dem kurzen, insgesamt nur ca. einmonatigen Tatzeitraum infolge der wiederholten Gewalthandlungen des Angeklagten an lĂ€nger andauernden, wiederkehrenden Schmerzen litt, was dem Angeklagten auch bewusst war und von ihm billigend in Kauf genommen wurde, wird auch ein QuĂ€len im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB hinreichend belegt.
QuĂ€len im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB bedeutet das Verursachen lĂ€nger dauernder oder sich wiederholender (erheblicher) Schmerzen oder Leiden körperlicher oder seelischer Art. Es wird im Allgemeinen durch mehrere Tathandlungen bewirkt, wobei oft erst deren stĂ€ndige Wiederholung den besonderen Unrechtsgehalt des QuĂ€lens verwirklicht. Die zugefĂŒgten Schmerzen oder Leiden mĂŒssen dabei ĂŒber die typischen Auswirkungen einzelner Körperverletzungshandlungen hinausgehen und der Vorsatz des TĂ€ters sich auch hierauf erstrecken (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 â 3 StR 633/14, NStZ-RR 2015, 369, 370; Beschluss vom 24. Februar 2015 â 4 StR 11/15, StV 2016, 434; Beschluss vom 20. MĂ€rz 2012 â 4 StR 561/11, NStZ 2013, 466, 467; Beschluss vom 7. Dezember 2006 â 2 StR 470/06, Rn. 5 [insoweit in NStZ 2007, 720 nicht abgedruckt]). Das Erfordernis, dass die zugefĂŒgten Schmerzen oder Leiden ĂŒber die typischen Auswirkungen der einzelnen Körperverletzungshandlungen hinausgehen mĂŒssen, ist dabei insbesondere dann von Bedeutung , wenn die einzelnen Körperverletzungshandlungen fĂŒr sich genommen eher niederschwellig sind (vgl. den Sachverhalt in BGH, Beschluss vom 20. MĂ€rz 2012 â 4 StR 561/11, NStZ 2013, 466 ff.) und erst deren stĂ€ndige Wiederholung den gegenĂŒber § 223 StGB gesteigerten Unrechtsgehalt ausmacht (vgl. BGH, Beschluss
vom 31. August 2016 â 4 StR 340/16, NStZ 2017, 282, 284 mwN). Bringt derTĂ€ter â wie hier â dem Tatopfer vorsĂ€tzlich in enger Folge mehrere schwere Verletzungen (zeitverschiedene handgelenksnahe Speichenfrakturen auf beiden Seiten, metaphysĂ€re Kantenabrisse an beiden Oberschenkelknochen, SchlĂŒsselbeinfraktur, Unterschenkelschaftfraktur am Schien- und Wadenbein, Hirngewebsverletzungen, tiefe VerbrĂŒhung am Mundboden u.a.) bei, die jeweils schon fĂŒr sich zu lĂ€nger dauernden und erheblichen Schmerzen fĂŒhren, sodass die neu zugefĂŒgten Schmerzen und Leiden zu noch nicht oder gerade abgeklungenen Schmerzen und Leiden aus frĂŒheren Gewalthandlungen hinzutreten oder sich an diese anschlieĂen, ist auch damit ein QuĂ€len im Sinne des § 225 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegeben.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke Quentin Feilcke
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Annotations
(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die
- 1.
seiner FĂŒrsorge oder Obhut untersteht, - 2.
seinem Hausstand angehört, - 3.
von dem FĂŒrsorgepflichtigen seiner Gewalt ĂŒberlassen worden oder - 4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder ArbeitsverhÀltnisses untergeordnet ist,
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der TĂ€ter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr
- 1.
des Todes oder einer schweren GesundheitsschÀdigung oder - 2.
einer erheblichen SchÀdigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
(4) In minder schweren FĂ€llen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fĂŒnf Jahren, in minder schweren FĂ€llen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fĂŒnf Jahren zu erkennen.
(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die
- 1.
seiner FĂŒrsorge oder Obhut untersteht, - 2.
seinem Hausstand angehört, - 3.
von dem FĂŒrsorgepflichtigen seiner Gewalt ĂŒberlassen worden oder - 4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder ArbeitsverhÀltnisses untergeordnet ist,
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der TĂ€ter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr
- 1.
des Todes oder einer schweren GesundheitsschÀdigung oder - 2.
einer erheblichen SchÀdigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
(4) In minder schweren FĂ€llen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fĂŒnf Jahren, in minder schweren FĂ€llen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fĂŒnf Jahren zu erkennen.
