Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2015 - 4 StR 39/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der Angeklagte K. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 25. August 2014 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte in den Fällen B.VII. und B.VIII. der Urteilsgründe verurteilt worden ist, sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten M. wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels dieses Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen „Beihilfe zum Dieb- stahl in sechs Fällen, wovon es in drei Fällen beim Versuch blieb,“ zu einer Ge- samtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten M. hat es wegen „Diebstahls in vier Fällen, wovon es in zwei Fällen beim Versuch blieb,“ eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verhängt. Hiergegen wenden sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachrüge; der Angeklagte K. hat zudem eine – nicht ausgeführte – Verfahrensrüge erhoben. Das Rechtsmittel des Angeklagten K. führt lediglich zu einer Klarstellung des Schuldspruchs. Die Revision des Angeklagten M. hat hinsichtlich der Verurteilung in den Fällen B.VII. und B.VIII. der Urteilsgründe und – infolgedessen – im Gesamtstrafenausspruch Erfolg.
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- 1. Die Beweiswürdigung ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen stellt. Die schriftlichen Urteilsgründe müssen daher so sorgfältig und strukturiert abgefasst sein, dass die tatgerichtliche Entscheidung nachvollziehbar und einer revisionsrechtlichen Überprüfung anhand dieses Maßstabes zugänglich ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. August 2014 – 3 StR 224/14 mwN).
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- Dabei dienen die schriftlichen Urteilsgründe nicht der Nacherzählung des Ablaufs der Ermittlungen oder der Dokumentation des Gangs der Hauptverhandlung. Die Annahme, es sei notwendig, das Revisionsgericht im Detail darüber zu unterrichten, welche Ergebnisse die im Hauptverhandlungsprotokoll verzeichneten Beweiserhebungen erbracht haben, ist verfehlt (BGH aaO). Auch muss der Tatrichter nicht für alle Feststellungen einen Beleg erbringen (BGH, Urteil vom 17. April 2014 – 3 StR 27/14, NStZ-RR 2014, 279 f. mwN). Er ist im Fall einer Verurteilung des Angeklagten grundsätzlich aber verpflichtet, die für den Schuldspruch wesentlichen Beweismittel im Rahmen seiner Beweiswürdigung heranzuziehen und einer erschöpfenden Würdigung zu unterziehen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 20. März 2002 – 5 StR 448/01). Insofern beurteilt sich die Erörterungsbedürftigkeit nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme; (nur) mit Umständen, die im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch beweiserheblich waren, muss sich der Tatrichter im Urteil auseinandersetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Mai 2000 – 1 StR 183/00, NStZ-RR 2001, 174 f.; Urteil vom 24. Januar 2006 – 5 StR 410/05). Es ist deshalb regelmäßig überflüssig, nach den tatsächlichen Feststellungen sämtliche in der Hauptverhandlung erhobenen Beweismittel, auf denen das Urteil beruhen soll, aufzuzählen; dies kann die Würdigung der Beweise nicht ersetzen (so bereits BGH, Beschluss vom 17. Oktober 1996 – 1 StR 614/96) und stellt lediglich eine vermeidbare Fehlerquelle dar, da sie Anlass zu Rügen nach § 261 StPO geben kann (BGH, Beschluss vom 17. November 1999 – 3 StR 385/99, NStZ 2000, 211).
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- 2. Daran gemessen ist verfehlt, dass das Landgericht im Anschluss an die Feststellungen mitteilt, dass diese unter anderem auf den Angaben von 17, teils sogar mit ihren Geburtsnamen bezeichneten Zeugen, auf im Einzelnen aufgeführten, in der Hauptverhandlung verlesenen Urkunden und in Augenschein genommenen Lichtbildern beruhen, es indes auf die Lichtbilder weder gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO verweist, noch die Inhalte der Urkunden näher mitteilt und von den 17 vernommenen Zeugen im Folgenden lediglich fünf Aussagen dargestellt und erörtert werden.
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- 3. Hierauf beruht das Urteil hinsichtlich des Angeklagten K. aber nicht. Denn das Landgericht stützt seine Überzeugung von der Täterschaft dieses Angeklagten auf dessen Geständnis sowie auf das dieses bestätigende (Teil-) Geständnis des an einem Teil der dem Angeklagten K. zur Last gelegten Taten beteiligten Angeklagten M. und eines weiteren, als Zeugen vernommenen Beteiligten an einer der Taten.
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- Da das Urteil hinsichtlich des Angeklagten K. auch im Übrigen keinen ihn beschwerenden Rechtsfehler aufweist, hat sein Rechtsmittel keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat fasst jedoch – entsprechend der Anregung des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 23. Januar 2015 – den Schuldspruch neu, um insbesondere klarzustellen, dass der Angeklagte K. nicht einer versuchten Beihilfe zum Diebstahl in drei Fällen schuldig ist, sondern dreier Fälle der Beihilfe zum versuchten Diebstahl.
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- 4. Dagegen hat das Rechtsmittel des Angeklagten M. in den Fällen B.VII. und B.VIII. der Urteilsgründe Erfolg.
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- Hinsichtlich des Falls B.III. der Urteilsgründe stützt das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft zwar rechtsfehlerfrei auf die Geständnisse des Angeklagten M. und des Angeklagten K. . Auch trägt im Fall B.VI. der Urteilsgründe insbesondere das Geständnis des Angeklagten K. und die Aussage des an dieser Tat beteiligten Zeugen die Feststellung, der Angeklagte M. sei Mittäter dieses Einbruchdiebstahls.
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- Nicht von den Ausführungen in der Beweiswürdigung getragen wird aber die Feststellung, der Angeklagte M. habe sich auch in den Fällen B.VII. und B.VIII. der Urteilsgründe als (Mit-)Täter an den (versuchten) Einbruchdiebstählen beteiligt. Zu diesen Tatvorwürfen schwieg der Angeklagte M. , der Angeklagte K. war an ihnen nicht beteiligt und ein Augenzeuge konnte im Fall B.VIII. nur eine „grobe Beschreibung“ eines Täters geben, die – ohne dass die Strafkammer dies näher erläutert – „durchaus auf den Angeklagten M. zutrifft“ (UA S. 11). Ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten M. stützt die Strafkammer wesentlich darauf, dass im Fall B.VII. vor dem Gebäude, in das eingebrochen worden war, ein Kopfhörer und im Fall B.VIII. am Tatort ein Hammer mit der DNA des Angeklagten M. gefundenwurde (UA S. 11). Nähere Ausführungen zu den DNA-Gutachten – die vermutlich in der Einleitung zur Beweiswürdigung als verlesene Urkunden „aufgelistet“ sind – enthält das Urteil nicht.
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- Dies genügt den Anforderungen an eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung nicht. Denn das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind. Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung ist danach erforderlich, dass der Tatrichter mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, inwieweit dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454, 2455).
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- Da das Urteil hierzu keinerlei Ausführungen enthält, hat es hinsichtlich des Angeklagten M. in den Fällen B.VII. und B.VIII. der Urteilsgründe keinen Bestand. Dies hat die Aufhebung des Ausspruchs über die gegen ihn verhängte Gesamtstrafe zur Folge. Im Übrigen weist das Urteil keinen diesen Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf (§ 349 Abs. 2 StPO).
Mutzbauer Bender
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.