Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2018 - 4 StR 377/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerinnen am 18. Januar 2018 einstimmig
beschlossen:
a) hinsichtlich der Angeklagten I. und S. im Fall II. 2 der Urteilsgründe, hinsichtlich der Angeklagten I. darüber hinaus im Ausspruch über die im Fall II. 3 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe,
b) hinsichtlich der Angeklagten V. im Fall II. 8 der Urteilsgründe , sowie
c) hinsichtlich aller drei Angeklagten jeweils im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten I. , V. und S. sowie die Revision der Angeklagten F. werden verworfen.
3. Die Angeklagte F. hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagten – mit Ausnahme der Angeklagten F. jeweils unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus derselben anderweitigen Verurteilung – wie folgt verurteilt: – die Angeklagte V. wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen, wegen Wohnungseinbruchdiebstahls, wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl und wegen Beihilfe zum versuchten schweren Bandendiebstahl in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, – die Angeklagte S. wegen schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, wegen versuchten schweren Bandendiebstahls und wegen Beihilfe zum versuchten schweren Bandendiebstahl in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, – die Angeklagte I. wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in sechs Fällen, wegen Beihilfe zum versuchten schweren Bandendiebstahl und wegen Beihilfe zum Diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, – die Angeklagte F. wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in drei Fällen und wegen Beihilfe zum versuchten schweren Banden- diebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.
- 2
- Die Revisionen der Angeklagten V. , S. und I. haben jeweils mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Die weiter gehenden Rechtsmittel dieser Angeklagten sowie die Revision der Angeklagten F. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
- 3
- Zu den Revisionen der Angeklagten S. und I. :
- 4
- 1. Die Verurteilung beider Angeklagter wegen schweren Bandendiebstahls im Fall II. 2 der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben.
- 5
- a) Die bandenmäßige Begehung einer Straftat setzt voraus, dass der Täter die Tat unter Mitwirkung mindestens eines weiteren Bandenmitglieds begeht, wobei es ausreicht, dass beide bei der Tat in irgendeiner Weise zusammenwirken (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt46, 321, 338; SSW-StGB/Kudlich, 3. Aufl., § 244 Rn. 36 mwN). Dies belegen die Urteilsgründe im Fall des Einbruchs in das Wohnhaus der Zeugen H. in St. nicht.
- 6
- b) Die Strafkammer hat insoweit zwar festgestellt, dass an der Ausführung dieser Tat außer den beiden Bandenmitgliedern I. und S. als weiteres Bandenmitglied „vermutlich“die gesondert verfolgte V. V. sowie zwei unbekannte männliche Personen beteiligt waren. Die Strafkammer hat indes nur die Mitwirkung der Angeklagten I. an der Tatausführung tragfähig belegt, indem sie sich rechtsfehlerfrei auf die Auswertung der retrograden Verbindungsdaten der Rufnummer des ihr zugeordneten Mobiltelefons gestützt hat. Von einer Beteiligung der Angeklagten S. hat sich das Landgericht auf der Grundlage einer dieser Angeklagten zuzuordnenden DNASpur an einem Taschentuch überzeugt, das die Angeklagte als Insassin des zur Absicherung der Tat eingesetzten Fahrzeugs in diesem verloren hatte. Die Darlegung der Ergebnisse der molekulargenetischen Untersuchung im Urteil ist jedoch unzulänglich. Insoweit muss der Tatrichter nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 12. April 2016 – 4 StR 18/16, NStZ-RR 2016, 223; Urteil vom 24. März 2016 – 2 StR 112/14, NStZ 2016, 490; Beschluss vom 19. Januar 2016 – 4 StR 484/15, NStZ-RR 2016, 118; Beschluss vom 22. Oktober 2014 – 1 StR 364/14, NStZ-RR 2015, 87; Beschluss vom 20. Mai 2015 – 4 StR 555/14, NJW 2015, 2594; Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15, NStZ-RR 2015, 180 [Ls]) mitteilen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer weiteren Person zu erwarten ist. Nur dann kann das Revisionsgericht überprüfen, ob das Ergebnis einer auf einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung plausibel ist. Daran fehlt es hier. Ebenso ergeben die Urteilsgründe keinerlei Beleg für die Beteiligung der gesondert verfolgten V. V. an der Tatausführung.
- 7
- 2. Die im Fall II. 3 der Urteilsgründe hinsichtlich der Angeklagten I. verhängte Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten kann ebenfalls keinen Bestand haben.
- 8
- Das Landgericht hat in diesem Fall die Angeklagten V. und I. jeweils wegen Beihilfe zum versuchten schweren Bandendiebstahl verurteilt und bei beiden Angeklagten eine Milderung des Strafrahmens gemäß §§ 27, 49 Abs. 1 StGB vorgenommen. Die in Bezug auf die Angeklagte V. zusätzlich vorgenommene Milderung des Strafrahmens nach Versuchsgrundsätzen (§§ 22, 23, 49 StGB) ist bei der Bestimmung des Strafrahmens für die Angeklagte I. jedoch ohne nähere Begründung unterblieben. Der Senat kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass die Höhe der gegen die Angeklagte I. verhängten Strafe dadurch zu deren Nachteil beeinflusst wurde.
- 9
- 3. Damit ist auch den Aussprüchen über die gegen die Angeklagten S. und I. jeweils verhängte Gesamtstrafe die Grundlage entzogen.
II.
- 10
- Zur Revision der Angeklagten V. :
- 11
- 1. Die Revision der Angeklagten V. führt auf die Sachrüge – die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) – zur Aufhebung der Verurteilung im Fall II. 8 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
- 12
- a) Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 14. August 2017 insoweit ausgeführt: „Im Fall II. 8tragen die Urteilsgründe allerdings eine bandenmäßige Begehungsweise nicht. Die Kammer hat hierzu lediglich festgestellt, dass die Angeklagte und eine weitere Mittäterin sowie drei noch nicht ermittelte männliche Täter an der Tat beteiligt waren. Dass diese weiteren Tatbeteiligten Bandenmitglieder waren, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen und ergibt sich auch nicht aus der Einlassung der Angeklagten. Hiernach hat sie zwar eingeräumt, bei dieser Tat im Auto gewartet zu haben und hat darüber hinaus pauschale Angaben zu der allgemeinen Vorgehensweise gemacht (UA S. 17). Angaben zu den weiteren an dieser Tat beteiligten Personen hat sie allerdings nicht getätigt. Weitere Indiztatsachen , die eine Bandenmitgliedschaft der (weiteren) Tatbeteiligten oder - was ebenfalls ausreichen würde (Fischer, StGB, 64. Aufl., § 244 Rn. 42) - eine Beteiligung eines weiteren Bandenmitglieds ohne örtliches und zeitliches Zusammenwirken hinreichend belegen könnten, sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Auch soweit die Kammer im Rahmen der rechtlichen Würdigung auf die Angaben der Angeklagten, es sei jedem selbst überlassen, ob er bei der konkreten Tat mitwirken wolle oder nicht, abstellt (UA S. 54), bietet dies keinen Beleg für die Bandenmitgliedschaft. Dass sich grundsätzlich alle Beteiligten als Mitglieder der Bande angeschlossen haben, hat das Landgericht nicht festgestellt (vgl. UA S. 8) und hiervon ist es auch - wie die zutreffende rechtliche Bewertung im Fall II.13 zeigt (UA S. 53) - nicht ausgegangen.“
- 13
- b) Dem schließt sich der Senat an, nimmt jedoch die vom Generalbundesanwalt insoweit beantragte Änderung des Schuldspruchs nicht vor. Es ist nicht auszuschließen, dass noch Feststellungen zur bandenmäßigen Begehungsweise getroffen werden können. Dies bleibt dem neuen Tatrichter vorbehalten.
- 14
- 2. Im Übrigen hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils keinen die Angeklagte beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
III.
- 15
- Zur Revision der Angeklagten F. :
- 16
- Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der allgemein mit der Verletzung sachlichen Rechts begründeten Revision hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
Franke Quentin
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.
(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.