Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2016 - 4 StR 223/13

bei uns veröffentlicht am14.01.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 223/13
vom
14. Januar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:140116B4STR223.13.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 14. Januar 2016 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 15. Januar 2013 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 2 und 3 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;
b) das vorgenannte Urteil dahin geändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht näher ausgeführten Sachrüge. Der Senat hat nach Durchführung des Anfrageverfahrens mit Beschluss vom 22. Mai 2014 dem Großen Senat für Strafsachen die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterschiedlich beantwortete Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob eine einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mehrere zu deren Verwirklichung vorgenommene Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbindet. Nach der ohne Entscheidung der Vorlegungsfrage erfolgten Rückgabe der Vorlage durch den Großen Senat für Strafsachen (Beschluss vom 17. März 2015 – GSSt 1/14, NJW 2015, 3800) ist der Senat seit dem 4. November 2015 erneut mit der Sache befasst.
2
Mit Blick auf die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen stellt der Senat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 2 und 3 der Urteilsgründe jeweils wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist.
3
In dem nach der Teileinstellung des Verfahrens verbleibenden Umfang ist die Revision des Angeklagten unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
4
Die Teileinstellung des Verfahrens hat die Änderung des Schuldspruchs sowie den Wegfall der für die Taten II. 2 und 3 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe zur Folge. Die Einzelstrafe für die Tat II. 1 der Urteilsgründe von drei Jahren und sechs Monaten bleibt als alleinige Freiheitsstrafe bestehen.
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. März 2015 - GSSt 1/14

bei uns veröffentlicht am 17.03.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS GSSt1/14 vom 17. März 2015 Nachschlagewerk: ja BGHSt: ja Veröffentlichung: ja ––––––––––––––––––––––––––- GVG § 132 Abs. 2 Zur Zulässigkeit einer Vorlegung an den Großen Senat für Strafsachen. BGH, Beschluss v

Referenzen

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
GSSt1/14
vom
17. März 2015
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Zur Zulässigkeit einer Vorlegung an den Großen Senat für Strafsachen.
BGH, Beschluss vom 17. März 2015 - GSSt 1/14 - LG Dortmund
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs hat durch die Präsidentin
des Bundesgerichtshofs Limperg, den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum, die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible sowie die Richter am Bundesgerichtshof Pfister, Rothfuß,
Dr. Appl, Dr. Franke, Dr. Schäfer, die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König und Prof.
Dr. Krehl am 17. März 2015 beschlossen:
Die Sache wird an den 4. Strafsenat zurückgegeben.

Gründe:


I.


1
1. In einem beim 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs anhängigen Verfahren hat das Landgericht den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
2
Nach den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen war der Angeklagte zunächst als Auslieferungskurier von Betäubungsmitteln für seinen Neffen B. sowie für eine weitere Person tätig. Dabei lieferte er an verschiedene Abnehmer Kokain in Portionen ab 100 Gramm zum Preis von 44 € pro Gramm aus und wurde dafür jeweils mit 100 € entlohnt. Lieferant dieses Kokains war ein mit der Familie B. verwandter Marokkaner namens D. (im Folgenden D. ) in R. . Diese Mitwirkung des Angeklagten an den Taten seines Neffen ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
3
Nachdem B. dem Angeklagten die Geschäfte übergeben und ihm einen Restvorrat von 600 Gramm Kokain mit dem Bemerken überlassen hatte, er habe 20.000 € für Kokain bei D. hinterlegt, ereigneten sich die im Ausgangsverfahren abgeurteilten Taten. Der Angeklagte begab sich erstmals am 21. Mai 2012 mit seinem Pkw zu D. nach R. , der Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 % Kokainhydrochlorid in den Radkasten des Fahrzeugs einbaute, dem Angeklagten, ohne dass dieser hierfür sofort Geld zahlen musste, 1.500 € als Anzahlung auf seinen (Gewinn-) Anteil übergab und weitere 1.000 € nach dem Abverkauf des Rauschgifts in Aussicht stellte. Der Angeklagte führte das Kokain nach Deutschland ein und verkaufte es in Teilmengen von 200, 300 bzw. 500 Gramm an verschiedene, ihm aus seiner Tätigkeit als Auslieferungskurier bekannte Personen zum Preis von 44 € pro Gramm weiter (Fall II. 1 der Urteilsgründe).
4
Nach vorheriger Bestellung weiterer 500 Gramm Kokain bei D. fuhr der Angeklagte am 31. Mai 2012 erneut nach R. , wo er D. den Verkaufserlös von44.000 € aus der vorangegangenen Lieferung übergab und von ihm neben seinem Anteil die bestellten 500 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 80 % Kokainhydrochlorid erhielt. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland verkaufte er auch dieses Kokain nach Portionierung in Teilmengen ab 100 Gramm an verschiedene Abnehmer weiter, erneut zum Preis von 44 € pro Gramm (Fall II. 2 der Urteilsgründe).
5
Am 8. Juni 2012 teilte D. dem Angeklagten in einem Telefonat mit, er verfüge wieder über Kokain. Daraufhin begab sich der Angeklagte am 11. Juni 2012 mit seinem Pkw und den aus den letzten Verkäufen stammenden 22.000 € wieder nach R. . Dieses Geld übergab er D. und erhielt seinen Anteil sowie 1.088 Gramm Kokain mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 86 % Kokainhydrochlorid. Nachdem der Angeklagte aus den Niederlanden kommend die Grenze nach Deutschland passiert hatte, wurde er einer Kontrolle unterzogen, bei der das Kokain aufgefunden und sichergestellt wurde (Fall II. 3 der Urteilsgründe).
6
2. a) Diese Verurteilung wird vom Angeklagten mit der Revision umfassend angefochten. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.
7
b) Der Generalbundesanwalt hat beantragt, das angefochtene Urteil durch Beschluss gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO wegen Teilidentität der Ausführungshandlungen im Schuldspruch dahin zu ändern, dass der Angeklagte wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist, das angefochtene Urteil im gesamten Strafausspruch aufzuheben, die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen und die weiter gehende Revision zu verwerfen.
8
3. Der 4. Strafsenat möchte den Schuldspruch des angefochtenen Urteils dahin ändern, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit drei Fällen der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. Er ist der Auffassung, die objektiven Ausführungshandlungen des dreimaligen Betäubungsmittelhandels überschnitten sich jeweils in einem Teilakt, da die Fahrten nach R. in allen drei Fällen sowohl dem Transport des Erlöses aus der vorangegangenen Lieferung zum Lieferanten als auch der Abholung der neuen Lieferung gedient hätten. Der tateinheitlichen Verknüpfung der drei Handelsgeschäfte stehe auch nicht entgegen, dass der Angeklagte durch die Einfuhr der Betäubungsmittel in die Bundesrepublik jeweils auch den Tatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG erfüllt habe, der gegenüber dem Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge mit einem Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) eine um ein Jahr höhere Mindeststrafe vorsehe. Dieser Umstand ändere nichts an der annähernden Wertgleichheit der beiden Straftatbestände und könne daher einer Verklammerung der drei Einfuhrtaten durch das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht entgegenstehen. An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich der Senat durch Rechtsprechung des 3. Strafsenats gehindert. Dieser hat mit Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 3/11 – entschieden, dass mehrere zu Tateinheit zusammengefasste Bewertungseinheiten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht die schwerer wiegenden Taten der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Tateinheit verklammern können.
9
4. Auf Anfrage des 4. Strafsenats vom 31. Juli 2013 gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG (NStZ-RR 2014, 144) hat der 3. Strafsenat mit Beschluss vom 6. Februar 2014 – 3 ARs 7/13 (NStZ-RR 2014, 146) mitgeteilt, dass er an seiner der beabsichtigten Entscheidung des 4. Strafsenats entgegenstehenden Rechtsprechung festhalte. Der 2. Strafsenat hat mitgeteilt, dass die beabsichtigte Entscheidung des 4. Strafsenats der eigenen Rechtsprechung nicht entgegenstehe. Er neige jedoch dazu, die Annahme von Tateinheit mit Blick auf die weite Auslegung des Begriffs des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln durch die Rechtsprechung nicht noch weiter auf die der Anfrage zu Grunde liegende Fallkonstellation auszudehnen.
10
5. Mit Beschluss vom 22. Mai 2014 hat der 4. Strafsenat dem Großen Senat für Strafsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
11
„Verbindet eine – infolge tateinheitlicher Verknüpfung mehrerer Bewer- tungseinheiten – einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mehrere zu deren Verwirklichung vorgenommene Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge?“
12
6. Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu beschließen:
13
„Eine – infolgetateinheitlicher Verknüpfung mehrerer Bewertungseinheiten – einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge kann mehrere zu deren Verwirklichung vorgenommene Einfuhren von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht zu einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbinden.“

II.


14
Die Sache wird an den vorlegenden Senat zurückgegeben, weil die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Großen Senats nicht gegeben sind.
15
1. Gemäß § 132 Abs. 2 GVG ist eine Sache dem Großen Senat für Strafsachen vorzulegen, wenn ein Strafsenat in einer Rechtsfrage von einem anderen Strafsenat abweichen will und die Beantwortung dieser Rechtsfrage sowohl für die abweichende Vorentscheidung als auch für die beabsichtigte Entscheidung ergebnisrelevant und deshalb erheblich ist (BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1961 – 2 StR 289/61, BGHSt 16, 271, 278; Urteil vom 22. April 1997 – 1 StR 701/96, BGHSt 43, 53, 58; SSW-StPO/Quentin, § 132 GVG Rn. 2).
16
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Große Senat zwar zur eigenständigen Prüfung der Zulässigkeit der Vorlegung berufen. Er legt jedoch regelmäßig die rechtliche Wertung des Sachverhalts durch den vorlegenden Senat zu Grunde, wenn diese nicht unvertretbar ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. Mai 1996 – GSSt 1/96, BGHSt 42, 139, 144; KK-StPO/Hannich, 7. Aufl., § 132 GVG Rn. 4). Dabei ist die Prüfung am Maßstab der Vertretbarkeit nicht nur auf die rechtliche Bewertung durch den vorlegenden Senat beschränkt, sondern, soweit erforderlich, auch auf dessen Würdigung des dem Ausgangsverfahren zu Grunde liegenden Sachverhalts einschließlich der Beweiswürdigung zu erstrecken (vgl. nur BGH, Beschluss vom 15. Oktober 1956 – GSSt 2/56, BGHSt 9, 390, 392; BGH, Beschluss vom 5. November 1991 – 4 StR 350/91, BGHSt 38, 106, 108 f.). Dabei ist bislang offen geblieben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Große Senat an die Bewertung des festgestellten Sachverhalts im Vorlegungsbeschluss gebunden ist. Diese Frage bedarf auch aus Anlass des vorliegenden Falles keiner abschließenden Klärung. Denn jedenfalls kommt eine Entscheidung über die Vorlegungsfrage dann nicht in Betracht, wenn der Vorlagebeschluss eine Auseinandersetzung mit einem sich aufdrängenden anderen Sachverhaltsverständnis nicht erkennen lässt, dessen Berücksichtigung die angenommene Divergenz beseitigt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 1990 – VIII ARZ 1/90, NJW 1990, 3142).
17
2. So liegt der Fall hier.
18
a) Die Bejahung der Vorlegungsvoraussetzungen durch den 4. Strafsenat beruht ersichtlich auf einer Auslegung der im angefochtenen Urteil getroffenen (teilweise etwas unklaren) Sachverhaltsfeststellungen dahin, der Angeklagte sei in der Position eines Zwischenhändlers tätig gewesen. Er habe bei seinem Lieferanten in den Niederlanden jeweils eine bestimmte Menge an Betäubungsmitteln bestellt, diese auf Kredit ausgehändigt bekommen, nach deren Einfuhr und Weiterverkauf aus seinem Erlös den zu entrichtenden Kaufpreis an den Lieferanten bei Entgegennahme der nächsten Lieferung übergeben und die „Spanne“ aus dem Weiterverkauf als Gewinn für sichbehalten. Nach dieser Sachverhaltsauslegung wäre die im Vorlegungsbeschluss aufgeworfene Rechtsfrage entscheidungserheblich im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG.
19
b) Allerdings legen die vom Landgericht im Ausgangsverfahren getroffenen Feststellungen nahe, der Angeklagte sei nicht als (selbständiger) Zwischenhändler aufgetreten, sondern habe, im Lager des D. stehend, gemeinschaftlich mit diesem Betäubungsmittel in arbeitsteiligem Zusammenwirken an verschiedene Abnehmer gewinnbringend weiterverkauft. Die Annahme einer mittäterschaftlichen Teilnahme des Angeklagten an den Taten des D. drängt sich deshalb auf, weil der Angeklagte das Rauschgift, ohne einen Kaufpreis zahlen zu müssen, sogar zuzüglich 1.500 € als Anzahlung auf seinen Anteil erhielt und den dann von ihm erzielten Kaufpreis vollständig an D. ablieferte. Dies spricht gegen die Annahme eines selbständig tätigen Zwischenhändlers und für eine Einbindung auf Seiten des D. . Demgemäß hat die Strafkammer in dem Urteil vom 15. Januar 2013 ausdrücklich erörtert, dass der Angeklagte in allen Fällen als Täter zu bestrafen sei, da er alle Tatbestandsmerkmale eigenhändig verwirklicht und die alleinige Täterschaft sowohl bezüglich der Einfuhrfahrt als auch hinsichtlich des Abverkaufs gehabt habe, woran auch der Umstand, dass er in vorbestehende Handels- und Preisstrukturen eingestiegen sei und sein Anteil am Gewinn von vornherein festgestanden sei, nichts ändere.
20
Diese Prüfung, ob der Angeklagte Täter oder nur Gehilfe war, belegt, dass der Tatrichter selbst diesen nicht als selbständigen Zwischenhändler angesehen hat, bei dem die Annahme bloßer Beihilfe fernliegend gewesen wäre.
21
3. Bei Annahme des zuletzt (II.2b) dargelegten Tatablaufs wäre von drei selbständigen Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ohne Überschneidung in einem Teilbereich der Ausführungshandlungen auszugehen. Zwar unterfallen auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zahlungsvorgänge dem weit auszulegenden Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 4. November 1982 – 4 StR 451/82, BGHSt 31, 145; und vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NStZ 2008, 465). Im Fall des Transports von Drogengeldern, wie im vorliegenden Fall, setzt dies jedoch voraus, dass das zu Grunde liegende Rauschgiftgeschäft noch nicht beendet (BGH, Beschluss vom 5. November 1991 – 1 StR 361/91, NStZ 1992, 495), der Geldfluss noch nicht „zur Ruhe gekommen“ ist (BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158). Da die Strafkammer zu einem organisierten Absatz- und Finanzsystem keine Feststellungen getroffen hat (zur Frage der Beendigung in solchen Fällen vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 aaO), wäre im vorliegenden Fall die Tat des Handeltreibens jeweils mit dem Verkauf der letzten Teilmenge aus der jeweiligen Einfuhrfahrt und der Entgegennahme des Kaufgeldes durch den Angeklagten beendet. Die Überbringung des Erlöses vom Angeklagten an D. und die Auszahlung des Anteils an den Angeklagten wären dann lediglich als Ausgleich innerhalb der Gemein- schaft der Mittäter im Sinne einer Beuteteilung zu bewerten; der Zeitpunkt der Beendigung der jeweiligen Tat würde dadurch nicht hinausgeschoben (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 – 2 StR 31/12, NStZ 2012, 383). Danach lägen drei selbständige Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vor, deren Ausführungshandlungen sich nicht überschneiden. Die vorgelegte Rechtsfrage zur möglichen Verklammerung mehrerer Taten der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch eine einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist auf der Grundlage dieses Verständnisses der tatrichterlichen Feststellungen nicht entscheidungserheblich.
22
Die Sache ist daher an den vorlegenden Senat zurückzugeben.
Limperg Raum Sost-Scheible Pfister
Rothfuß Appl Franke Schäfer
Schneider König Krehl

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.