Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2006 - 4 StR 223/06
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat - jeweils unter Freisprechung im Übrigen - den Angeklagten S. wegen bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten in Tateinheit mit Betrug und Urkundenfälschung in sieben Fällen sowie wegen schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten N. wegen schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es bei beiden Angeklagten den Verfall von Wertersatz in Höhe von jeweils 44.000 Euro angeordnet.
- 2
- Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte S. beanstandet darüber hinaus auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben die Aufhebung und den Wegfall der Verfallsanordnun- gen zur Folge; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- Nach den Feststellungen entwendeten die Angeklagten als Bandenmitglieder in den Fällen II. B 1 bis 11 bei verschiedenen Tankstellen insgesamt 66.000 Liter Dieselkraftstoff, den sie veräußerten. In Bezug auf diese Taten hat die Strafkammer bei beiden Angeklagten gemäß § 73 a Satz 1 StGB Verfall des Wertersatzes in Höhe von jeweils 44.000 Euro angeordnet.
- 4
- Diese Anordnungen halten im Hinblick auf § 73 Abs. 1 Satz 2 StPO rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 5
- Ist dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch gegen den Täter oder Teilnehmer erwachsen, dessen Erfüllung diesem den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde, so ist die Anordnung des Verfalls und des Wertersatzverfalls gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB grundsätzlich allein schon durch die Existenz dieser Forderung ausgeschlossen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Verletzte bekannt ist, er den Täter oder den Teilnehmer tatsächlich in Anspruch nimmt oder hiermit zumindest noch zu rechnen ist (vgl. BGH NStZ 1984, 409 f.; NStZ-RR 2004, 242, 244; 2006, 138). So verhält es sich hier.
- 6
- Dass den durch die Diebstahlstaten Verletzten Ansprüche gegen die Angeklagten entstanden sind, liegt auf der Hand. Diese Ansprüche stehen gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Verfallsanordnung entgegen. Eine andere Beurteilung ergibt sich in Anbetracht der derzeitigen Gesetzeslage und des eindeutigen Wortlauts des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts nicht daraus, dass die Geschädigten bis auf eine Ausnahme ( -Tankstelle in Rostock, UA 14) nicht ermittelt werden konnten und deren Feststellung auch künftig nicht zu erwarten, mithin mit der Geltendmachung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen die Angeklagten nicht zu rechnen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - 3 StR 41/06).
- 7
- Da weiter gehende Feststellungen, etwa zum Vorliegen einer Ausnahme von den oben dargelegten Grundsätzen (vgl. hierzu BGH aaO), nicht zu erwarten sind, hat der Senat die Verfallsanordnungen in Wegfall gebracht.
- 8
- Der nur geringfügige Erfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten teilweise von den durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.
Ernemann Sost-Scheible
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch den Richter. Er soll mit diesen eine Absprache treffen, innerhalb welcher Frist die Gutachten erstattet werden können.
(2) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es fordern.
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.
(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.
(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat