Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Sept. 2014 - 4 ARs 20-2/14

bei uns veröffentlicht am09.09.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 ARs20-2/14
2 StR105/14
vom
9. September 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubs u.a.
hier: Abgabebeschluss des 2. Strafsenats vom 23. Juli 2014 – 2 StR 105/14
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. September 2014 beschlossen
:
Die Übernahme der Strafsache 2 StR 105/14 wird abgelehnt.

Gründe:


1
Mit Beschluss vom 23. Juli 2014 hat der 2. Strafsenat die bei ihm unter dem Aktenzeichen 2 StR 105/14 anhängig gewordene Strafsache zuständigkeitshalber an den 4. Strafsenat abgegeben. Eine Übernahme der Strafsache kommt nicht in Betracht, weil die Abgabe nach den Regelungen des Geschäftsverteilungsplanes des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2014 verspätet erfolgt ist.

I.


2
Gegenstand des Verfahrens sind Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27. Juni 2013. Die Sache wurde am 27. Mai 2014 beim 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs anhängig. Mit Verfügung vom 17. Juni 2014 bestimmte dessen Vorsitzender Termin zur Hauptverhandlung über sämtliche Rechtsmittel auf den 23. Juli 2014. In der Hauptverhandlung beschloss der 2. Strafsenat, dass das Verfahren zuständigkeitshalber an den 4. Strafsenat abgegeben wird, weil es sich um eine Verkehrsstrafsache handele und deshalb der 4. Strafsenat zuständig sei. Die Akten gingen beim 4. Strafsenat am 3. September 2014 ein.

II.


3
Die Übernahme ist abzulehnen, weil die Abgabe durch den 2. Strafsenat erst in der Revisionshauptverhandlung erfolgt ist. In diesem Verfahrensstadium ist die Abgabe einer Strafsache an einen anderen Strafsenat nach Buchstabe A. Nr. VI. 1. a) Satz 1 des Geschäftsverteilungsplans des Bundesgerichtshofs nicht mehr möglich.
4
1. Die Regelung unter Buchstabe A. Nr. VI. 1. a) des Geschäftsverteilungsplanes bezieht sich auf alle bei dem Bundesgerichtshof nach § 130 Abs. 1 Satz 1 GVG gebildeten Senate und erfasst damit auch die Abgabe von Strafsachen.
5
a) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift („ein Senat“), die eine Differenzierung zwischen Straf- und Zivilsenaten nicht vorsieht. Damit unterscheidet sich Nr. 1. a) von anderen unter Nr. VI. getroffenen Bestimmungen , die entweder durch die ausdrückliche Benennung der betroffenen Senate (vgl. Nr. 4. a) und c): „derjenige Zivilsenat“) oder eine entsprechende Beschreibung des Regelungsgegenstandes (vgl. Nr. 1. b): „in Strafsachen“; Nr. 4. b): „Für Rechtsstreitigkeiten über Vergleiche“; Nr. 4. d): „Für Rechtsstreitigkeiten über ungerechtfertigte Bereicherung“; Nr. 9: „Rechtsstreitigkeiten in Zivilsa- chen“) eindeutige Beschränkungen des Anwendungsbereiches enthalten. Hätte das Präsidium die Verfahrensabgabe zwischen den Senaten in Nr. 1. a) für Zivilsachen und in Nr. 1. b) für Strafsachen getrennt regeln wollen, wäre danach zu erwarten gewesen, dass es dies in Nr. 1. a) durch eine eindeutige – der Wortwahl in Nr. 1. b) entsprechende – Formulierung („In Zivilsachen“; „Erachtet ein Zivilsenat“ o.ä.) zum Ausdruck bringt. Dies ist jedoch nicht geschehen.
6
Auch der Umstand, dass in Nr. 1. a) Satz 1 Halbsatz 1 von einer „münd- lichen Verhandlung“ die Rede ist, weist nicht darauf hin, dass die Vorschrift nur für Zivilsachen gelten soll. Der Begriff der „mündlichen Verhandlung“ wird auch in der Strafprozessordnung, und hier nicht nur im Rahmen von besonderen Verfahrensarten (vgl. §§ 118, 122 Abs. 2 Satz 2, § 138d, 309, 441 Abs. 3 StPO), sondern auch im strafprozessualen Regelverfahren (§ 338 Nr. 6 StPO) verwendet.
7
b) Stattdessen ist davon auszugehen, dass die unter Nr. VI. 1. getroffene Regelung für die Verfahrensabgabe zwischen den Senaten des Bundesgerichtshofs dem Regel-Ausnahme-Prinzip folgt. Dabei wird unter Nr. VI. 1. a) Satz 1 Halbsatz 1 zunächst für alle Senate bestimmt, unter welchen Bedingungen (vor der Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung, einstimmig erachtete Zuständigkeit eines anderen Senats aufgrund der Art des anzuwendenden Rechts) eine Abgabe zu erfolgen hat, während Halbsatz 2 (aus besonderen Gründen unzweckmäßig) und Nr. 1. b) (in Strafsachen keine Abgabe bei nachträglichem Entfallen einer Spezialzuständigkeit durch eine Prozesshandlung) Ausnahmen von dieser Regel enthalten.
8
2. Diese Auslegung entspricht auch Sinn und Zweck der unter Nr. VI. 1. a) getroffenen Regelung. Es wäre gerade in Strafsachen mit dem Beschleunigungsgebot nur schwer vereinbar, wenn eine Abgabe aufgrund von Zuständigkeitsfragen noch in einem Verfahrensstadium möglich wäre, in dem die mündliche Verhandlung bereits begonnen hat und das Verfahren kurz vor dem Abschluss steht. Eine Beschränkung der Abgabemöglichkeit auf den Verfahrensabschnitt bis zur Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung trägt dagegen dem Anspruch des Angeklagten auf einen zügigen Verfah- rensabschluss Rechnung und korrespondiert mit vergleichbaren Abgabevorschriften der Strafprozessordnung (§§ 6a, 16 StPO).
9
3. Die Abgabe von Sachen zwischen den Senaten wird durch Buchstabe A. Nr. VI. 1. des Geschäftsverteilungsplanes abschließend geregelt. Nach der Anberaumung eines Termins ist eine Abgabe daher nicht mehr möglich. Dass das Präsidium die Frage, unter welchen Bedingungen eine Abgabe von Sachen zwischen den Senaten möglich sein soll, nur bis zur Anberaumung der mündlichen Verhandlung regeln und im Übrigen ungeregelt lassen wollte, liegt fern.
10
4. Die Regelung in Buchstabe A. Nr. VI. 1. gerät bei einer solchen Auslegung auch nicht in Konflikt mit dem Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Eine Regelung im Geschäftsverteilungsplan , die dazu führt, dass ein Senat nach der Anberaumung eines Termins auch dann mit einer Sache befasst bleibt, wenn sich nach diesem Zeitpunkt die Zuständigkeit eines nach demselben Geschäftsverteilungsplan gebildeten Spezialspruchkörpers herausstellt, richtet sich nach allgemeinen Merkmalen und entzieht dem Angeklagten nicht seinen gesetzlichen Richter (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1983 – 2 StR 495/83, NStZ 1984, 181; SSW-StPO/Spiess, § 21e GVG Rn. 6 (Stichwort: Abstraktionsprinzip); Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 21e GVG Rn. 3, jeweils zum Fall der Zuständigkeitsbegründung mit Eröffnung des Hauptverfahrens).
11
5. Der Abgabeschluss ist für den 4. Strafsenat nicht nach Nr. VI. 1. a) Satz 2, 1. Alt. des Geschäftsverteilungsplans bindend geworden. Dabei kann es dahinstehen, ob diese Regelung überhaupt anwendbar ist, wenn die Voraussetzungen für eine wirksame Abgabe nach Nr. VI. 1. a) Satz 1 nicht vorliegen.
Eine förmliche Anhörung des 4. Strafsenats zu einer Verfahrensübernahme unter Übersendung der Akten ist nicht erfolgt. Die Akten wurden dem Senat vielmehr erstmals mit dem Abgabebeschluss des 2. Strafsenats am 3. September 2014 vorgelegt. Das am 23. Juli 2014 in einer Sitzungspause des 2. Strafsenats zwischen den Vorsitzenden der Senate geführte Telefongespräch über den Verfahrensgegenstand und die Erwägung einer Abgabe diente nicht der Anhörung des Senats und konnte eine solche deshalb nicht ersetzen.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Juli 2014 - 2 StR 105/14

bei uns veröffentlicht am 23.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 S t R 1 0 5 / 1 4 vom 23. Juli 2014 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen schweren Raubs u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Juli 2014 beschlossen: Die Sache wird zuständigkeit

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 1 0 5 / 1 4
vom
23. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Juli 2014

beschlossen:
Die Sache wird zuständigkeitshalber an den 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs abgegeben.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen schweren Raubs in Tateinheit mit Amtsanmaßung und Kennzeichenmissbrauch verurteilt. Hiergegen richten sich die zuungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft sowie die Revisionen der Angeklagten. Aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft ist auch die Annahme des Landgerichts zur Nachprüfung gestellt, dass kein Fall des § 316a StGB vorliege; hierfür ist der Senat nicht zuständig.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts überfielen die drei Angeklagten und die gesondert Verfolgten S. M. und H. am 18. Dezember 2011 den Nebenkläger, der einen Lastkraftwagen der Firma C. auf einer Transportfahrt führte.
3
Der Angeklagten S. folgte zusammen mit dem Angeklagten S. M. und dem gesondert Verfolgten H. in einem PKW dem vom Nebenkläger geführten Lastkraftwagen nach dessen Beladung am Flughafen Frankfurt am Main auf die Bundesautobahn A 3. Die Täter fuhren kurz vor dem Rastplatz auf der mittleren Fahrspur der Autobahn neben den LKW. S. , der den PKW führte, gab Hupzeichen; H. gab vom Beifahrersitz aus dem Nebenkläger, der den LKW führte, bei geöffnetem Fenster per Handzeichen zu verstehen, er solle rechts herausfahren. Der Nebenkläger nahm – wie von den Angeklagten beabsichtigt - an, dass es sich um eine Polizeistreife in Zivil handele und eine Fahrzeugkontrolle durchgeführt werden solle. Er lenkte daher den LKW auf den Rastplatz, hielt an und stellte den Motor ab. Die Angeklagten hielten ebenfalls an. H. ging auf die Fahrertür des LKW zu und rief: „Polizeikontrolle! Papiere bitte!“. Während der Nebenkläger nach den Fahrzeugpapieren und Frachtunter- lagen griff, streifte sich H. eine Unterziehhaube über das Gesicht, öffnete die Fahrertür des Lastkraftwagens und bedrohte den Nebenkläger mit einer Pistole. Er zwang ihn, sich auf das Bett in der Kabine hinter dem Fahrersitz zu legen , wo er ihn fesselte. Dann fuhr er mit dem Lastkraftwagen zu einem für das Umladen der Beute vorgesehenen Platz. Dort warteten die Angeklagten M. und Z. mit einem angemieteten Fahrzeug, auf das die Täter Waren im Wert von rund 450.000 Euro umluden.

II.

4
Das Landgericht hat angenommen, dass die Angeklagten keinen räuberischen Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a Abs. 1 StGB) begangen haben, da sie nicht, wie es hierfür erforderlich wäre, die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs zum Angriff auf den Führer eines Kraftfahrzeugs ausgenutzt hätten. Das Herauswinken des fahrenden Lastkraftwagens sei noch kein räuberischer Angriff gewesen; die Bedrohung mit der Waffe sei dagegen erst erfolgt, als der Nebenkläger den Lastkraftwagen angehalten und den Motor abgestellt habe; zu diesem Zeitpunkt sei er daher nicht mehr „Führer“ des LKW gewesen.
5
Die Revision der Staatsanwaltschaft zwingt zur revisionsrechtlichen Nachprüfung dieser rechtlichen Bewertung. Dafür ist nicht der 2. Strafsenat, sondern der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs zuständig.
6
1. Eine Verweisung käme nicht in Betracht, wenn die Annahme, es sei ein räuberischer Angriff auf Kraftfahrer gegeben, von vornherein fern läge. Dies ist aber nicht der Fall; vielmehr erscheint es nach vorläufiger Prüfung des Senats nahe liegend, dass der Tatbestand des § 316a StGB erfüllt ist.
7
Für die hier entscheidungserhebliche Frage, ob der Nebenkläger „Führer“ eines Kraftfahrzeugs im Sinne von § 316a Abs. 1 StGB war, kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt der „Angriff“ der Angeklagten erfolgte. Nach An- sicht des Senats war der Beginn des Angriffs nicht erst in dem Moment gegeben , als H. den Nebenkläger auf dem Rastplatz bedrohte. Vielmehr begann der Angriff bereits mit dem Herauswinken auf der BAB 3, also zu einem Zeitpunkt , als der Nebenkläger den LKW führte.
8
Nach der (neuen) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und herr- schender Meinung reicht es für das Merkmal des „Angriffs“ nicht aus, wenn auf den Führer eines Kraftfahrzeugs mit List eingewirkt wird, um ihn in eine Situation zu bringen, in der ein Raub durchgeführt werden soll. Dies ist etwa der Fall, wenn ein vermeintlicher Fahrgast gegenüber einem Taxifahrer ein falsches Fahrziel angibt; ebenso bei Vortäuschen eines Unfalls oder einer sonstigen Notlage , um einen Kraftfahrzeugführer zum Anhalten zu bewegen.
9
Hiervon abzugrenzen sind Handlungen, welche auf den Führer eines Kfz eine objektiv nötigungsgleiche Wirkung haben (vgl. dazu im einzelnen Fischer, StGB, 61. Aufl., § 316a Rn. 6; Lackner/Kühl, StGB 28. Aufl. § 316a Rn. 2; Sternberg-Lieben/Hecker in Schönke/Schröder, StGB 29. Aufl., § 316a Rn. 5; jew. mit weiteren Nachweisen). Es kommt hierfür nicht darauf an, ob diese Wirkung vorgetäuscht ist oder ob der objektiv Genötigte von einer Rechtswidrigkeit der Einwirkung ausgeht.
10
Fälle einer vorgetäuschten Polizeikontrolle unterscheiden sich daher substanziell von bloßen Vortäuschungen allgemein motivierender Umstände (vorgetäuschte Panne; Anhalter); sie entsprechen vielmehr Fällen der Straßensperre. Denn dem Kraftfahrzeugführer ist bei der Einwirkung durch Haltezeichen durch Polizeibeamte kein Ermessen eingeräumt; er ist vielmehr bei Androhung von Geldbuße (§ 36 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 1 StVO) verpflichtet, Haltezeichen Folge zu leisten, und befindet sich daher objektiv in einer (irrtümlich als gerechtfertigt angesehenen) Nötigungssituation.
11
Auf die Entschlussfreiheit eines Kraftfahrzeugführers wird daher bereits dann eingewirkt, wenn vom Täter eines geplanten Raubs eine Polizeikontrolle vorgetäuscht wird und sich der Geschädigte dadurch zum Anhalten gezwungen sieht (vgl. auch Geppert, DAR 2014, 128, 130; Sander in MünchKomm, StGB, 2. Aufl., § 316a Rn. 11; Steinberg, NZV 2007, 545, 550; LK-Sowada, StGB, 12. Aufl., § 316a Rn. 11).
12
2. Kommt demnach die Anwendung des § 316a StGB ernstlich in Betracht , so ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Geschäftsjahr 2014 (S. 16) für diese Prüfung ausschließlich der 4. Strafsenat zuständig, auch wenn der Tatbestand mit anderen Straftaten zusammentrifft.
13
Der Senat hat die Sache daher an den 4. Strafsenat abzugeben. Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass eine Revisionshauptverhandlung durchgeführt wurde. Aus Ziffer VI. 1. b der Schlussbestimmungen zum Geschäftsverteilungsplan , die – anders als Ziffer VI. 1. a – für Strafsachen gilt, ergibt sich, dass eine Spezialzuständigkeit eines Senats nicht durch Verfahrensbeschränkungen aufgehoben werden kann, unabhängig davon, ob eine solche außerhalb oder innerhalb einer Hauptverhandlung erfolgt. Dem liegt ersichtlich der Gedanke zugrunde, dass der Gesetzliche Richter unabhängig von solchen Verfahrenszufälligkeiten zu bestimmen ist. Soweit Ziffer VI. 1. a der Schlussbestimmungen zum Geschäftsverteilungsplan vom Verfahren „vor einer mündlichen Verhand- lung“ spricht, ist damit schon in der Terminologie das Verfahren der Zivilsenate gemeint. Aus der Regelung eines Verfahrens für die Abgabe vor der mündlichen Verhandlung folgt überdies nicht, dass eine solche in oder nach mündlicher Verhandlung nicht möglich wäre. Schließlich ist die Verweisung der ge- nannten Regelung auf die „Zweckmäßigkeit“ ersichtlich auf die Abgrenzung zwischen den Sachgebieten der Zivilsenate zugeschnitten, weil sich dort relativ häufig Überschneidungen von Rechtsgebieten ergeben. Für die Bestimmung des gesetzlichen Richters in Strafsachen kann es auf eine nicht näher bestimm- te „Zweckmäßigkeit“ im Einzelfall nicht ankommen. Fischer Schmitt Krehl Eschelbach Zeng

(1) Bei dem Bundesgerichtshof werden Zivil- und Strafsenate gebildet und Ermittlungsrichter bestellt. Ihre Zahl bestimmt der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz.

(2) Der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, Zivil- und Strafsenate auch außerhalb des Sitzes des Bundesgerichtshofes zu bilden und die Dienstsitze für Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes zu bestimmen.

(1) Bei der Haftprüfung wird auf Antrag des Beschuldigten oder nach dem Ermessen des Gerichts von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden.

(2) Ist gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt, so kann auch im Beschwerdeverfahren auf Antrag des Beschuldigten oder von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden werden.

(3) Ist die Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung aufrechterhalten worden, so hat der Beschuldigte einen Anspruch auf eine weitere mündliche Verhandlung nur, wenn die Untersuchungshaft mindestens drei Monate und seit der letzten mündlichen Verhandlung mindestens zwei Monate gedauert hat.

(4) Ein Anspruch auf mündliche Verhandlung besteht nicht, solange die Hauptverhandlung andauert oder wenn ein Urteil ergangen ist, das auf eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt.

(5) Die mündliche Verhandlung ist unverzüglich durchzuführen; sie darf ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden.

(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die Staatsanwaltschaft es beantragt.

(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden; geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.

(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist, für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen. In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem Ermessen.

(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten. Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten wiederholt werden.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach § 116 aussetzen.

(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft, so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach § 121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig wäre.

(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig, so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.

(1) Über die Ausschließung des Verteidigers wird nach mündlicher Verhandlung entschieden.

(2) Der Verteidiger ist zu dem Termin der mündlichen Verhandlung zu laden. Die Ladungsfrist beträgt eine Woche; sie kann auf drei Tage verkürzt werden. Die Staatsanwaltschaft, der Beschuldigte und in den Fällen des § 138c Abs. 2 Satz 3 der Vorstand der Rechtsanwaltskammer sind von dem Termin zur mündlichen Verhandlung zu benachrichtigen.

(3) Die mündliche Verhandlung kann ohne den Verteidiger durchgeführt werden, wenn er ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann.

(4) In der mündlichen Verhandlung sind die anwesenden Beteiligten zu hören. Für die Anhörung des Vorstands der Rechtsanwaltskammer gilt § 247a Absatz 2 Satz 1 und 3 entsprechend. Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Über die Verhandlung ist ein Protokoll aufzunehmen; die §§ 271 bis 273 gelten entsprechend.

(5) Die Entscheidung ist am Schluß der mündlichen Verhandlung zu verkünden. Ist dies nicht möglich, so ist die Entscheidung spätestens binnen einer Woche zu erlassen.

(6) Gegen die Entscheidung, durch die ein Verteidiger aus den in § 138a genannten Gründen ausgeschlossen wird oder die einen Fall des § 138b betrifft, ist sofortige Beschwerde zulässig. Dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer steht ein Beschwerderecht nicht zu. Eine die Ausschließung des Verteidigers nach § 138a ablehnende Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(1) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht ohne mündliche Verhandlung, in geeigneten Fällen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft.

(2) Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erläßt das Beschwerdegericht zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung.

Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn
a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder
b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und
aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind,
bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder
cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist;
4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat;
5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat;
6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind;
8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.

Die Zuständigkeit besonderer Strafkammern nach den Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes (§ 74 Abs. 2, §§ 74a, 74c des Gerichtsverfassungsgesetzes) prüft das Gericht bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens von Amts wegen. Danach darf es seine Unzuständigkeit nur auf Einwand des Angeklagten beachten. Der Angeklagte kann den Einwand nur bis zum Beginn seiner Vernehmung zur Sache in der Hauptverhandlung geltend machen.

(1) Das Gericht prüft seine örtliche Zuständigkeit bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens von Amts wegen. Danach darf es seine Unzuständigkeit nur auf Einwand des Angeklagten aussprechen. Der Angeklagte kann den Einwand nur bis zum Beginn seiner Vernehmung zur Sache in der Hauptverhandlung geltend machen.

(2) Ist Anklage von der Europäischen Staatsanwaltschaft erhoben worden, so prüft das Gericht auf Einwand des Angeklagten auch, ob die Europäische Staatsanwaltschaft gemäß Artikel 36 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) (ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1) befugt ist, vor einem Gericht im Geltungsbereich dieses Gesetzes Anklage zu erheben. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.

(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.

(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.

(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.

(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.

(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.