Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Apr. 2011 - 3 StR 70/11

bei uns veröffentlicht am13.04.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 70/11
vom
13. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
13. April 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 16. November 2010, soweit es sie betrifft ,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die Angeklagte der Beihilfe zur besonders schweren räuberischen Erpressung und des Besitzes von Betäubungsmitteln schuldig ist,
b) im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; die Anordnung der Maßregel entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Besitzes von Betäubungsmitteln (Fall I. 3.1 der Urteilsgründe) sowie wegen Nötigung in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung und zur vorsätzlichen Körperverletzung (Fall I. 3.2 der Urteilsgründe) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und ihre Unterbringung in einer Ent- ziehungsanstalt angeordnet. Die Revision der Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch im Falle I. 3.2 der Urteilsgründe ist nicht frei von Rechtsfehlern.
3
a) Nach den Feststellungen bedrohte der Mitangeklagte den Geschädigten mit einem Messer und versetzte ihm Schläge ins Gesicht, um ihn so zur Begleichung einer, wie er wusste, rechtlich nicht existenten Forderung oder Übergabe einer entsprechenden Menge Drogen zu veranlassen. Als er erkannte, dass der Geschädigte weder über Bargeld noch über Betäubungsmittel verfügte , verlangte er von ihm, sich seiner neuwertigen Turnschuhe zu entledigen, die er - neben anderen persönlichen Gegenständen des Geschädigten - als Pfand in Besitz nehmen wollte. Unter der fortbestehenden Bedrohung mit dem Messer und mit weiteren Schlägen kam der Geschädigte der Aufforderung nach. Währenddessen durchsuchte die Angeklagte, die den Mitangeklagten bei der Beitreibung der Forderung in Kenntnis ihrer Unrechtmäßigkeit unterstützen wollte, die bewegliche Habe des Geschädigten. Der Mitangeklagte übergab die Schuhe und andere Gegenstände aus dem Besitz des Geschädigten der Angeklagten , die sie absprachegemäß aus der Wohnung des Geschädigten wegtrug und bei sich verwahrte.
4
Dieses als einheitlich zu bewertende Geschehen stellt sich für den Mitangeklagten entgegen der Annahme des Landgerichts nicht als Nötigung in Tateinheit mit versuchter, sondern insgesamt als vollendete besonders schwere räuberische Erpressung nach §§ 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB dar; hierzu hat die Angeklagte, die den Mitangeklagten bei der Tatausführung unterstützte, Beihilfe geleistet. Denn der Täter, der die Hergabe eines Pfandgegenstands für eine nicht bestehende Forderung erzwingt, verschafft sich dadurch unmittelbar einen dem Besitzentzug stoffgleichen vermögenswerten Vorteil. Insoweit liegt der Fall anders als bei einer bestehenden oder jedenfalls vom Täter für bestehend gehaltenen Forderung (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 14. Juni 1982 - 4 StR 255/82, NJW 1982, 2265; Urteil vom 17. Dezember 1987 - 4 StR 628/87, NStZ 1988, 216; Beschluss vom 26. Februar 1998 - 4 StR 54/98, NStZ-RR 1998, 235).
5
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, denn die Angeklagte hätte sich bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Tat nicht anders verteidigen können.

b) Demgegenüber tragen die Feststellungen nicht den Schuldspruch wegen (tateinheitlich hinzutretender) Beihilfe zu der vom Mitangeklagten begangenen vorsätzlichen Körperverletzung.
6
Zwar informierte die Angeklagte den im Hauseingang lauernden Mitangeklagten vom Herannahen des Geschädigten; der Mitangeklagte setzte diesem darauf von hinten ein Messer an die Kehle, zwang ihn so die Treppe hoch in die Wohnung und verlangte von ihm dort unter Vorhalt des Messers und unter Schlägen ins Gesicht Geld oder Drogen. Nicht belegt ist aber, dass die Angeklagte bei ihrem Zuruf bereits mit Gehilfenvorsatz bezüglich des weiteren Tatgeschehens handelte. Hiergegen spricht schon die anschließende Feststellung , die Angeklagte, "die den Männern gefolgt war und alles mitbekam", habe den Mitangeklagten "durch ihre Anwesenheit und Mitwirkung bei der Beschaffung von Geld unterstützen" wollen. Inwieweit andererseits die Anwesenheit der Angeklagten in der Wohnung etwa noch fortdauernde Körperverletzungshand- lungen des Mitangeklagten - im Sinne psychischer Beihilfe - gefördert hat, lässt das Landgericht offen. Dass und wodurch die Begehung der Haupttat in ihrer konkreten Gestaltung objektiv gefördert oder erleichtert wurde, bedarf indes grundsätzlich sorgfältiger und genauer Feststellungen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2000 - 4 StR 229/00, NStZ-RR 2001, 40).
7
Der Senat schließt aus, dass in einer erneuten Hauptverhandlung solche Feststellungen noch getroffen werden können. Er ändert deshalb auch insoweit den Schuldspruch ab.
8
c) Die im Falle I. 3.2 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe hat gleichwohl Bestand, denn das Landgericht hätte diese bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Tat nicht milder als geschehen bemessen.
9
2. Keinen Bestand hat die Anordnung der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB).
10
Sachverständig beraten stellt das Landgericht fest, dass die abgeurteilten Taten auf eine langjährige massive Abhängigkeit der Angeklagten von harten Drogen zurückzuführen seien, weshalb von ihr auch die Gefahr weiterer derartiger milieutypischer Straftaten ausgehe. Da die Angeklagte "nach wie vor" bemüht sei, ihre Drogenabhängigkeit zu überwinden, erscheine trotz einer Vielzahl erfolglos beendeter Entgiftungen und Entziehungen "der Erfolg einer weiteren stationären Therapie zur Zeit noch nicht aussichtslos".
11
Dies trägt nicht den Maßregelausspruch, denn die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf nach § 64 Satz 2 StGB in der am 20. Juli 2007 in Kraft getretenen Fassung (Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychi- atrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007, BGBl. I S. 1327) nur angeordnet werden, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung zu heilen oder eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren. Mit der Erwägung, die Maßregel erscheine "nicht aussichtslos", hat das Landgericht seiner Entscheidung stattdessen den Maßstab des § 64 Abs. 2 StGB aF in dessen ursprünglichem, vom Bundesverfassungsgericht bereits mit Beschluss vom 16. März 1994 (2 BvL 3/90 u.a., BVerfGE 91, 1) als verfassungswidrig beanstandetem Verständnis zu Grunde gelegt.
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Da die seit 2001 heroinabhängige Angeklagte mittlerweile 14 stationäre Entgiftungen erfolglos durchlaufen hat, schließt der Senat aus, dass ein neuer Tatrichter zu Feststellungen gelangt, welche die Annahme rechtfertigen, eine Behandlung der Angeklagten im Maßregelvollzug biete nunmehr eine hinreichend konkrete Aussicht auf Erfolg. Er bringt den Maßregelausspruch deshalb in Wegfall.
Becker von Lienen Hubert Schäfer Mayer

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

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(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

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(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

Strafgesetzbuch - StGB | § 255 Räuberische Erpressung


Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 229/00
vom
25. Juli 2000
in der Strafsache
gegen
wegen des Verdachts der Beihilfe zum versuchten schweren Raub
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. Juli 2000 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 3. Dezember 1999, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Halle - Jugendrichter - zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten der Beihilfe zum versuchten schweren Raub für schuldig befunden und ihm nach §§ 15 Abs. 1 Nr. 3, 105 Abs. 1 JGG eine Arbeitsauflage erteilt. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt und das Verfahren beanstandet.
1. Die Sachrüge führt zur Aufhebung der Verurteilung; auf die Frage der Zulässigkeit der Verfahrensrüge kommt es daher nicht an.

a) Nach den Urteilsfeststellungen wollten die Angeklagten H. und R. unter Einsatz einer Waffe einen Drogenhändler in dessen Wohnung berauben. Sie weihten die Angeklagten G. und Re. in ihren Plan ein und ließen sich sodann von G. in dessen Auto zur Wohnung des Drogenhändlers fahren. Der Angeklagte Re. fuhr ebenfalls mit. Er wartete zusammen mit G. in des-
sen etwa 50 m vom Wohnhaus des Opfers geparkten Fahrzeug auf die Rückkehr der beiden anderen. Aufgrund der Gegenwehr des Opfers kam es nicht zur Vollendung des Raubes.

b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten Re. wegen Beihilfe zum versuchten schweren Raub nicht, denn es ist weder dargetan , daß er einen die Tatbegehung objektiv fördernden Beitrag erbracht, noch daß er mit Gehilfenvorsatz gehandelt hat. Zwar kann auch die bloße Anwesenheit die Tat eines anderen im Sinne aktiven Tuns fördern oder erleichtern (vgl. BGH StV 1982, 517; BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 15 mit weit. Nachw.), jedoch bedarf es bei solchen Fallgestaltungen sorgfältiger und genauer Feststellungen dazu, daß und wodurch die Tatbegehung in ihrer konkreten Gestaltung objektiv gefördert oder erleichtert wurde (BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 12, 13; BGH NStZ 1995, 490). Weder aus den Urteilsfeststellungen noch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe läßt sich entnehmen, daß der Angeklagte durch das Mitfahren zum Tatort die Haupttäter in ihrem Tatentschluß bestärkt hat. Auch daß er ihnen dadurch das Gefühl erhöhter Sicherheit vermittelt haben könnte, liegt angesichts der Tatsache, daß er in dem etwa 50 m vom Hauseingang entfernt abgestellten Fahrzeug auf deren Rückkehr wartete, fern.
2. Eine eigene Entscheidung des Senats nach § 354 Abs. 1 StPO kam nicht in Betracht.
Zwar sind weitere, zur Bejahung einer Beihilfe zum versuchten schweren Raub führende Feststellungen unter den gegebenen Umständen auch in einer neuen Verhandlung nicht zu erwarten; jedoch ist in dem Vorwurf, an einer Ka-
talogtat im Sinne des § 138 StGB beteiligt gewesen zu sein, zugleich (§ 264 StPO) der Vorwurf enthalten, die beabsichtigte Begehung des Delikts nicht angezeigt zu haben (vgl. BGHSt 36, 167, 169; BGH NStZ-RR 1998, 204). Deswegen wird der neu entscheidende Tatrichter zu prüfen haben, ob sich der Angeklagte , wenn ihm die Beteiligung an dem versuchten schweren Raub nicht nachzuweisen ist, nach § 138 Abs. 1 Nr. 8 StGB strafbar gemacht hat.
Der Senat verweist die Sache nach § 354 Abs. 3 StPO an das Amtsgericht Halle - Jugendrichter - zurück, da dessen Strafgewalt ausreicht. § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO ist zu beachten.
3. Durch die Urteilsaufhebung ist die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen die Kostenentscheidung gegenstandslos (Kleinknecht/MeyerGoßner StPO 44. Aufl. § 464 Rdn. 20).
Meyer-Goßner Maatz Athing Ernemann

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.