Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2017 - 3 StR 469/17

bei uns veröffentlicht am16.11.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 469/17
vom
16. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 16. November 2017 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Krefeld vom 12. Januar 2017 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Zwar verhält sich die in den Urteilsgründen dargestellte Beweiswürdigung
nicht explizit zum Vorsatz des Angeklagten. Jedoch lässt sich
dem Gesamtzusammenhang der Gründe mit hinreichender Deutlichkeit
entnehmen, dass dem Angeklagten die die Beschäftigungsverhältnisse
der polnischen und rumänischen (scheinselbständigen) Arbeitnehmer
ECLI:DE:BGH:2017:161117B3STR469.17.0
das von den zwei betroffenen Tierschutzvereinen entrichtete Entgelt. So trat er nach den Feststellungen als erster Vorsitzender beider Vereine auch tatsächlich stets in der Rolle des "Chefs" auf. Er war für deren Buchhaltung und Finanzen zuständig. Vormittags war er, wenn er nicht im Ausland weilte, im Büro der Vereine tätig; nachmittags begab er sich regelmäßig in das Tierheim "vor Ort". Die generelle Kenntnis von der Pflicht zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer der Vereine hat die Strafkammer - dargelegt im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - beanstandungsfrei aus seiner langjährigen Erfahrung als erster Vorsitzender der Vereine und der Beschäftigung von zahlreichen weiteren Mitarbeitern geschlossen. Die Abfassung der Urteilsgründe gibt Anlass zu dem Hinweis, dass es nicht geboten ist, für jede einzelne Feststellung - sei sie mit Blick auf den Tatvorwurf und dessen Ahndung noch so unerheblich, wie etwa die Tiertransporte aus dem Ausland oder die Verhältnisse hier nicht betroffener Tierschutzvereine - einen Beleg in den Urteilsgründen zu erbringen ; denn dies stellt sich lediglich als überflüssige Beweisdokumentation dar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Juli 2017 - 3 StR 111/17, juris; vom 4. Oktober 2017 - 3 StR 145/17, juris). Handelt es sich hingegen - wie die Feststellungen zur subjektiven Tatseite - um für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch wesentliche Umstände, so kann auf eine tragfähige Beweiswürdigung regelmäßig nicht verzichtet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 2. November 2016 - 3 StR 356/16, juris Rn. 7; BeckOK StPO/Peglau, § 267 Rn. 26). Becker Schäfer Gericke Spaniol Berg

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2017 - 3 StR 469/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2017 - 3 StR 469/17

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2017 - 3 StR 469/17 zitiert 1 §§.

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2017 - 3 StR 469/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2017 - 3 StR 469/17 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Okt. 2017 - 3 StR 145/17

bei uns veröffentlicht am 04.10.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 145/17 vom 4. Oktober 2017 in der Strafsache gegen 1. alias: 2. 3. 4. wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung ECLI:DE:BGH:2017:041017B3STR145.17.0 Der 3. Strafsenat des Bundesger

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juli 2017 - 3 StR 111/17

bei uns veröffentlicht am 25.07.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 111/17 vom 25. Juli 2017 in der Strafsache gegen wegen Betruges ECLI:DE:BGH:2017:250717B3STR111.17.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Be

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Nov. 2016 - 3 StR 356/16

bei uns veröffentlicht am 02.11.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 356/16 vom 2. November 2016 in der Strafsache gegen wegen Geiselnahme u.a. ECLI:DE:BGH:2016:021116B3STR356.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des General
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Nov. 2017 - 3 StR 469/17.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Feb. 2019 - 1 StR 604/17

bei uns veröffentlicht am 28.02.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 604/17 vom 28. Februar 2019 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2019:280219U1STR604.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vo

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 111/17
vom
25. Juli 2017
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2017:250717B3STR111.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Juli 2017 einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil desLandgerichts Düsseldorf vom 25. Oktober 2016 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1a StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Zur Abfassung der Urteilsgründe bemerkt der Senat: Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden; die Sachverhaltsschilderung soll ein geschlossenes Ganzes bilden und - unter Weglassung alles Unwesentlichen - kurz, klar und bestimmt sein (Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 271). Beruht die Überzeugung des Landgerichts auf einer Vielzahl von Indizien - wie hier zur Täterschaft des Angeklagten darauf, dass er im Besitz einer Vielzahl verfahrensrelevanter Dokumente war -, so ist es im Interesse der Verständlichkeit des Urteils dringend angezeigt, diese Indizien nicht in den Feststellungen , sondern ausschließlich im Rahmen der Beweiswürdigung abzuhandeln. Dies vermeidet eine umfangreiche, das eigentliche Tatgeschehen in den Hintergrund drängende Darstellung von zuerst mehr oder minder belanglos erscheinenden Umständen und stellt zudem sicher, dass nur solche Tatsachen Erwähnung im Urteil finden, die in der Beweiswürdigung eine Rolle spielen (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - 3 StR 238/05, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 14).
Die Beweiswürdigung wiederum soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist regelmäßig verfehlt, die Aussagen von Zeugen und Sachverständigen aus der Hauptverhandlung in ihren Einzelheiten mitzuteilen (BGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 3 StR 179/15, juris Rn. 4 mwN). Es ist auch nicht nötig, für jede einzelne Feststellung einen Beleg in den Urteilsgründen zu erbringen, denn auch dies stellt sich lediglich als Beweisdokumentation, nicht aber als Beweiswürdigung dar (MeyerGoßner /Appl aaO, Rn. 350 mwN). Dies gilt insbesondere, wenn sich - wie hier - zahlreiche Indizien aus Urkunden ergeben, die in der Hauptverhandlung verlesen wurden oder im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt wurden. Da es insoweit auf den Inbegriff der Hauptverhandlung ankommt, ist es zudem verfehlt, Blattzahlen dieser Urkunden aus der Gerichtsakte in den Urteilsgründen anzugeben, zumal dem Revisionsgericht eine Überprüfung des Akteninhalts insoweit ohnehin verwehrt ist. Becker Schäfer Gericke Tiemann Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 145/17
vom
4. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
1.
alias:
2.
3.
4.
wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung
ECLI:DE:BGH:2017:041017B3STR145.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 4. Oktober 2017 einstimmig
beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. Oktober 2016 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zu den Antragsschriften des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO sind bei Verfahrensrügen die den Mangel enthaltenden Tatsachen vorzutragen. Dazu ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass die Verfahrenstatsachen so mitgeteilt werden, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Revisionsbegründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft (allgemeine Meinung, vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 344 Rn. 21 mwN). Das Erfordernis, sämtliche auch nur im zeitlichen Zusammenhang mit dem Rügevorbringen stehenden Verfahrensvorgänge vorzutragen , ergibt sich daraus nicht. Es war deshalb hier mit Blick auf die Rüge der Verletzung des § 229 StPO nicht erforderlich, eine den Angeklagten F. betreffende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, weil sich dessen Erkrankung angesichts der bereits vorher bestehenden und auch weiter andau- ernden Erkrankung des Vorsitzenden auf die Hemmung der Unterbrechungsfrist nicht auswirken konnte. Es kommt für die Prüfung des Verfahrensmangels auch nicht auf die Vorlage diverser Aufenthaltsbestätigungen und Bescheinigungen von Krankenhäusern an, weil - wie der Generalbundesanwalt selbst zutreffend in seiner Antragsschrift ausführt - die Erkrankungen des Vorsitzenden und des Angeklagten S. sowie ihre Dauer nicht in Zweifel stehen. Die Bedeutung des genauen Inhalts dieser Urkunden für die revisionsrechtliche Überprüfung des Rügevorbringens erschließt sich deshalb hier nicht. Die von den Angeklagten E. , F. und S. jeweils erhobenen Rügen sind aber aus den weiteren in den Antragsschriften des Generalbundesanwalts genannten Gründen unzulässig (Revisionsbegründungen für dieAngeklagten E. und S. ) bzw. jedenfalls deshalb unbegründet, weil die Unterbrechungsfrist durch die Erkrankung des Vorsitzenden und die sich daran unmittelbar anschließende des Angeklagten S. durchgehend vom 20. Juni 2016 bis einschließlich zum 19. Juli 2016 gehemmt war und durch die Fortsetzung der Hauptverhandlung am 9. August 2016 gewahrt wurde.
Die Abfassung der Urteilsgründe gibt - erneut - Anlass, darauf hinzuweisen , dass die Beweiswürdigung keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen soll, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist deshalb regelmäßig verfehlt, den Inhalt der überwachten Kommunikation (Chats, E-Mails, Protokolle von Telefon- und Innenraumgesprächen) wörtlich (hier UA S. 72 bis 74, 100 bis 103, 105 bis 109, 113, 115, 120 bis 121, 123 bis 146, 148 bis 150, 152 bis 174, 176 bis 177, 179 bis 180, 183 bis 185, 187, 189 bis 196, 199, 201, 203 bis 205 und 207 bis 210) oder auch nur in einer ausführlichen Inhaltsangabe wiederzugeben (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 3 StR 179/15, juris Rn. 4 mwN; s. auch Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Straf- sachen, 29. Aufl., Rn. 350 mwN). Es ist auch nicht nötig, für jede einzelne Feststellung - und sei sie mit Blick auf den Tatvorwurf und dessen Ahndung noch so unwesentlich, wie etwa hier die Studienleistungen des Angeklagten E. oder das Datum der Aushändigung der Einbürgerungsurkunde an den Angeklagten F. - einen Beleg in den Urteilsgründen zu erbringen, denn auch dies stellt sich lediglich als Beweisdokumentation, nicht aber als Beweiswürdigung dar (Meyer-Goßner/Appl aaO, Rn. 350 mwN).
Schäfer Gericke Spaniol Tiemann Hoch
7
Für die Annahme, dass die wöchentlichen Übergaben von Marihuana an den Zeugen S. jeweils mindestens 100 g betrafen und am 27. Oktober 2014 begannen, fehlt im Urteil jeder Beleg. Damit beruhen die Feststellungen zu dem Tatzeitraum, der Anzahl der Einzeltaten und den gehandelten Mengen nicht auf einer tragfähigen Beweiswürdigung. Zwar dient die Darstellung der Beweiswürdigung in den Urteilsgründen nicht dazu, jede getroffene Feststellung zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2014 - 3 StR 27/14, NStZ-RR 2014, 279, 280; Beschluss vom 21. September 2005 - 2 StR 311/05, StraFo 2005, 510, 511; KK-Ott, StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 82). Handelt es sich aber - wie hier - um für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch wesentliche Umstände , so kann auf einen Beleg in aller Regel nicht verzichtet werden (vgl. BeckOK StPO/Peglau, § 267 Rn. 19). Im Einzelnen: