Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2008 - 3 StR 425/08

bei uns veröffentlicht am10.11.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 425/08
vom
10. November 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 10. November
2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. April 2008 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an einen anderen Senat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet i. S. des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Während der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung standhält, kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben.
3
Schon die Erwägung, dass vor allem zu Lasten des Angeklagten zu berücksichtigen sei, dass er Rädelsführer einer - näher dargelegten - besonders gefährlichen kriminellen Vereinigung in einem Zeitraum von über einem Jahr gewesen sei, erscheint unter dem Gesichtspunkt des § 46 Abs. 3 StGB nicht frei von Bedenken.
4
Nicht mehr hinnehmbar ist indes, dass straferschwerend die "Selbstverständlichkeit ins Gewicht fiel, mit der der Angeklagte zur Erreichung seiner politischen Ziele bereit war, gegen die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu verstoßen". Diese Formulierung lässt besorgen, dass das Oberlandesgericht dem Angeklagten zur Last legt, dass er überhaupt die Straftat begangen hat, anstatt von ihr Abstand zu nehmen. Das ist rechtsfehlerhaft (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 106; 2001, 295; BGHR § 46 Abs. 2 StGB Wertungsfehler 14). Die angenommene "Selbstverständlichkeit" ist zudem nicht belegt; sie lässt sich auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnehmen.
5
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafe ohne den aufgezeigten Rechtsfehler und die bedenkliche Erwägung - andere Umstände hat das Oberlandesgericht nicht strafschärfend berücksichtigt - milder ausgefallen wäre.
6
Die Strafe muss deshalb neu zugemessen werden. Becker Miebach Pfister Sost-Scheible Hubert

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2008 - 3 StR 425/08

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2008 - 3 StR 425/08

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2008 - 3 StR 425/08 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2008 - 3 StR 425/08 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2008 - 3 StR 425/08.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2019 - 4 StR 381/18

bei uns veröffentlicht am 26.03.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 381/18 vom 26. März 2019 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. wegen zu 1. bis 4. und 6. bis 7.: versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a. zu 5. und 8.: versuchter gefährlicher Körperver

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 21. Juli 2010 - 11 S 541/10

bei uns veröffentlicht am 21.07.2010

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2010 – 11 K 3543/09 – wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 25. Jan. 2010 - 11 K 3543/09

bei uns veröffentlicht am 25.01.2010

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1  Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus dem Bu

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.