Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 217/11
vom
2. August 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 2. August 2011 einstimmig

beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 16. Februar 2011 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat: Das Landgericht hat den Antrag des Angeklagten M. E. auf Einholung eines Sachverständigengutachtens und Einnahme eines richterlichen Augenscheins zur Frage der Einsichtsmöglichkeiten vom Standort der Mu. und E. E. in den Pkw der F. E. mit tragfähiger Begründung abgelehnt. Der Senat braucht deshalb nicht zu entscheiden, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt der Angeklagte W. E. , der sich dem Antrag nicht angeschlossen hat, die Ablehnung des Antrags angreifen konnte. Der Senat hält allerdings die Auffassung des 5. Strafsenats für richtig, auch in Fällen einer übereinstimmenden Interessenlage einen die Beweiserhebung nicht selbst beantragenden Mitangeklagten oder sonst Beteiligten auf die Aufklärungsrüge nach § 244 Abs. 2 StPO zu verweisen, die je nach Fallgestaltung weitergehenden Vortrags im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bedarf, während ihm die Rüge einer Verletzung der Bestimmungen des § 244 Abs. 3 bis 6 StPO dagegen nicht eröffnet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2011 - 5 StR 124/11, StraFo 2011, 280 f.; anders BGH, Urteil vom 16. Juni 1983 - 2 StR 837/82, BGHSt 32, 10, 12; Urteil vom 24. Juli 1998 - 3 StR 78/98, StraFo 1998, 375, 376, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 44, 138 ff.; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. 2011, § 244 Rn. 84, § 337 Rn. 18).

Becker von Lienen Schäfer Mayer Menges

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Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Aug. 2011 - 3 StR 217/11 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Mai 2011 - 5 StR 124/11

bei uns veröffentlicht am 04.05.2011

5 StR 124/11 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 4. Mai 2011 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Mai 2011 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urtei
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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Sept. 2014 - 1 StR 75/14

bei uns veröffentlicht am 04.09.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 S t R 7 5 / 1 4 vom 4. September 2014 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Untreue u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der am 5. August 2014 begonnenen Hauptverhandlung in de

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

5 StR 124/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 4. Mai 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Mai 2011

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 13. Juli 2010, soweit es diesen Angeklagten betrifft, nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. und den nicht revidierenden Mitangeklagten K. jeweils der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen. Gegen den Angeklagten hat es eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, gegen den Mitangeklagten eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt. Beide wurden darüber hinaus zur Zahlung von Schmerzensgeld an den Nebenkläger verurteilt. Die gegen das Urteil gerichtete, mit Verfahrensrügen und der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat – dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend – vollen Erfolg, allerdings mit der Sachrüge.
2
1. Nach den Feststellungen der Schwurgerichtskammer versetzte der Angeklagte dem Mitgefangenen und Nebenkläger S. am Vormittag des 15. März 2009 in einem Kraftsportraum der Justizvollzugsanstalt Hamburg -Fuhlsbüttel mit seiner Gehstütze mehrere kräftige Schläge gegen den Oberkörper. Der Nebenkläger lag dabei auf dem Boden und kämpfte mit dem Mitangeklagten, der ihm mit einer Hantel gegen den Kopf schlug bzw. dies versuchte.
3
Das Landgericht stützt die Feststellungen zur Tat des Angeklagten maßgebend auf die Aussage des Mitgefangenen W. und auf medizinische Befunde, die darauf hindeuten können, dass der Nebenkläger eine Rippenprellung und eine Nierenverletzung mit leichten inneren Blutungen erlitten hat. Hingegen hatte der Nebenkläger die Schläge nicht wahrgenommen. Erstmals am Nachmittag des Tattages hatte er den Mitgefangenen W. und R. über rechtsseitig aufgetretene Rückenschmerzen berichtet (UA S. 16).
4
Die Bekundungen des Zeugen W. hält das Landgericht für glaubhaft. Er habe die Tat bei einer polizeilichen Vernehmung und in der Hauptverhandlung konstant geschildert; soweit „geringe Widersprüche zu früheren Aussagen aufgetreten“ seien, beträfen sie nicht den Kernbereich der Ereignisse und seien „angesichts des Zeitablaufs sowie des sehr kurzen und dynamischen Tatgeschehens nachvollziehbar und natürlich“ (UA S. 33).
5
2. Die durch das Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung begegnet auch eingedenk des beschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabes (BGH, Urteil vom 16. November 2006 – 3 StR 139/06, NJW 2007, 384, 387 mwN, insoweit in BGHSt 51, 144 nicht abgedruckt) durchgreifenden sachlichrechtlichen Bedenken.
6
Namentlich steht die Wertung der Schwurgerichtskammer zur Konstanz der Aussage des Zeugen W. betreffend das Kerngeschehen in deutlichem Widerspruch zum Inhalt einer durch den Zeugen R. (zu einem im Urteil überdies nicht näher bezeichneten Zeitpunkt nach der Tat) gefertigten (UA S. 28) und für das vollzugliche Disziplinarverfahren bestimmten „Aktennotiz“. Darin ist – notwendig aus Anlass von Angaben des Zeugen W. – festgehalten, der Angeklagte habe „eine Krücke geworfen“ (UA S. 29). Das Landgericht spricht diesen Umstand zwar – wenngleich eher beiläufig , aber in Bezug auf den diese Tat nicht selbst wahrnehmenden Nebenkläger als Hilfserwägung nachvollziehbar – hinsichtlich der Glaubhaftigkeit der Angaben des Nebenklägers an, würdigt ihn jedoch nicht in Bezug auf die Aussage des Zeugen W. . Es verhält sich insbesondere nicht dazu, ob und gegebenenfalls wie der Zeuge diesen Widerspruch im Disziplinarverfahren und bei seinen weiteren Vernehmungen erklärt hat. Dessen Bekundungen bei der ersten polizeilichen Vernehmung vom 27. Mai 2009 (vgl. UA S. 16) bleiben im Urteil gänzlich unerwähnt (vgl. UA S. 31).
7
Mit der Entwicklung des Aussageverhaltens des Zeugen W. hätte sich das Landgericht zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit von dessen Angaben im Einzelnen auseinandersetzen müssen. Dies gilt umso mehr, als die allein durch diesen Zeugen beobachtete Tat auch keine unumstößliche Bestätigung in den medizinischen Untersuchungsbefunden und deren rechtsmedizinischer Begutachtung findet (vgl. UA S. 22, 23). Die Verurteilung des Angeklagten ruht damit nicht auf einer hinreichend fundierten Grundlage und kann keinen Bestand haben.
8
3. Eine Revisionserstreckung nach § 357 StPO auf den Mitangeklagten kommt nicht in Betracht. Denn das Urteil weist ihn betreffend nicht dieselbe rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung auf.
9
4. Weil die Revision bereits mit der Sachrüge durchdringt, kann offenbleiben , ob sie in Einklang mit der Auffassung des Generalbundesanwalts aufgrund der erhobenen Beweisantragsrügen zum Erfolg geführt hätte. Bedenklich erscheint insoweit, dass der Beschwerdeführer Ablehnungsbeschlüsse der Schwurgerichtskammer beanstandet, die auf Beweisanträge des Mitangeklagten hin ergangen sind und denen er sich nicht angeschlossen hat. Der Senat muss nicht entscheiden, ob er der in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung folgen könnte, wonach allein schon bei übereinstimmender Interessenlage einem die Beweiserhebung nicht selbst beantragen- den Mitangeklagten gleichwohl eine umfassende Rügeberechtigung zugebilligt wird (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 1983 – 2 StR 837/82, BGHSt 32, 10, 12; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 244 Rn. 84 mwN). Es liegt näher, ihn in diesem Fall auf die Möglichkeit der Aufklärungsrüge zu verweisen, die je nach Fallgestaltung weitergehenden Vortrags im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bedarf und nicht notwendig aufgrund einer Verletzung der Regeln aus § 244 Abs. 3 bis 6 StPO zum Erfolg führt.
10
5. Es steht kein die Zuständigkeit des Schwurgerichts begründender Tatvorwurf mehr in Frage. Der Senat verweist die Sache deshalb entsprechend § 354 Abs. 3 StPO an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 1994 – 2 StR 264/94, NJW 1994, 3304, 3305, insoweit in BGHSt 40, 251 nicht abgedruckt; Meyer-Goßner aaO § 354 Rn. 42).
11
Für das weitere Verfahren weist er darauf hin, dass die vom Nichtrevidenten begangene Tat im Vergleich zu der durch den Beschwerdeführer verübten durch einen deutlich höheren Unrechts- und Schuldgehalt geprägt ist, was sich – sofern es in einer neuen Hauptverhandlung abermals zu einem Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung kommen sollte – auch in der konkret verhängten Strafe und in der Bemessung der Schmerzensgeldforderung niederschlagen sollte.
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