Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2013 - 2 StR 603/12

bei uns veröffentlicht am12.03.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 603/12
vom
12. März 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 12. März 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und S. wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. Juli 2012, soweit es sie betrifft, im Adhäsionsausspruch und im Kostenausspruch , soweit sie zur Tragung der besonderen Kosten des Entschädigungsverfahrens verurteilt sind, aufgehoben. Von einer Entscheidung über den Entschädigungsantrag des Adhäsionsklägers wird abgesehen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen. 3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren erwachsenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten B. und S. wegen (besonders ) schweren Raubes zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren und sechs Monaten bzw. fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Zusätzlich hat es diese beiden Angeklagten zusammen mit dem nicht revidierenden Mitangeklagten J. als Gesamtschuldner zur Zahlung von Schmerzensgeld, einer Auslagenpauschale und außergerichtlichen Kosten nebst Zinsen an den Nebenkläger verurteilt. Darüber hinaus hat es deren Verpflichtung ausgesprochen, dem Adhäsionskläger sämtliche weiteren immateriellen Schäden zu ersetzen.
2
Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Das Landgericht hat seine Adhäsionsentscheidung nicht in dem erforderlichen Umfang begründet (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 - 2 StR 100/10). Was die Bemessung des Schmerzensgeldes anbelangt, versäumt es die Strafkammer, im Hinblick auf die konkret zugrunde liegende Tat hinreichend deutlich zu machen, wie sie zu dem ausgeurteilten Betrag gelangt. Insbesondere wird nicht deutlich, ob die Strafkammer, wie regelmäßig erforderlich, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Tatbeteiligten berücksichtigt hat.
4
Ausführungen zu der ausgesprochenen Verpflichtung zur Erstattung weiterer immaterieller Schäden finden sich in den Urteilsgründen nicht. Verletzungen des Nebenklägers, die einen Dauer- oder Zukunftsschaden wahrscheinlich machen, sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Bei dieser Sachlage wäre es deshalb erforderlich gewesen darzutun, warum ein solcher Ausspruch gerechtfertigt ist (BGH, Beschluss vom 29. Juli 2003 - 4 StR 222/03).
5
Eine Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung allein über den Adhäsionsausspruch kommt nicht in Betracht (BGH NStZ 1988, 237). Von einer Entscheidung hierüber war deshalb abzusehen.
6
2. Die Erstreckung der Aufhebung des Adhäsionsausspruchs auf den Nichtrevidenten J. kommt nicht in Betracht. Es liegt kein Fall des § 357 StPO vor, weil die Aufhebung nicht wegen einer Gesetzesverletzung bei Anwendung eines Strafgesetzes erfolgt (BGH StV 2004, 61).
Becker Fischer Appl Krehl Ott

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 357 Revisionserstreckung auf Mitverurteilte


Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 222/03
vom
29. Juli 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundes-
anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 29. Juli 2003 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landau vom 16. Dezember 2002 im Adhäsionsanspruch aufgehoben, soweit über die Zahlung von Schmerzensgeld hinaus die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz sämtlicher materieller und immaterieller Schäden ausgesprochen worden ist. Von einer Entscheidung über diesen Teil des Entschädigungsantrags der Adhäsionsklägerin wird abgesehen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch eines Kindes , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es ihn verurteilt, an die Adhäsionsklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro zu zahlen. Weiterhin hat es festgestellt, daß der Angeklagte verpflichtet ist, der Adhäsionsklägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, soweit sie mit dem Tatgeschehen vom 12./13. Au-
gust 2000 in Verbindung stehen, zu ersetzen, sofern die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Mit seiner gegen dieses Urteil eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlußformel ersichtlichen, geringfügigen Erfolg; im übrigen ist es aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Entscheidung über den Feststellungsantrag hat keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat dazu zutreffend ausgeführt:
"Das Landgericht hat in der Urteilsformel eine umfassende Verpflichtung des Angeklagten ausgesprochen, ohne zwischen bereits entstandenen und zukünftigen Schäden zu unterscheiden , während die Urteilsgründe lediglich Ausführungen zum Zukunftsschaden enthalten, der nicht auszuschließen sei (UA S. 46). Aber auch insoweit genügt die aus einem Satz bestehende, pauschal formelhafte Erwägung den Anforderungen an die Begründungspflicht, die auch für die im Strafurteil getroffene Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche gilt, nicht. Vielmehr wären in Anbetracht, dass die Tat zurzeit des Urteils bereits ein Jahr und vier Monate [richtig: zwei Jahre und vier Monate] zurücklag und Verletzungen der Nebenklägerin, die einen Dauer- oder Folgeschaden wahrscheinlich machen, den Urteilsgründen nicht zu entnehmen sind, auch unter Berücksichtigung der nur maßvollen Anforderungen an einen solchen Anspruch (vgl. BGH NJW 1993, 2382 f. und NJW 1998, 160) eingehende Ausführungen angezeigt gewesen. "
Eine Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung allein über den Feststellungsanspruch kommt nicht in Betracht (vgl. BGH NStZ 1988, 237).
Wegen des geringen Erfolgs des Rechtsmittels ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Maatz Kuckein Athing

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.