Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Feb. 2016 - 2 StR 251/14

bei uns veröffentlicht am18.02.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 251/14
vom
18. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2016:180216B2STR251.14.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 18. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 19. August 2013 aufgehoben
a) im Fall II.2 der Urteilsgründe,
b) im Gesamtstrafenausspruch,
c) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 200.000 € ange- ordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit Verfahrensrügen und der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

2
Nach den zu Fall II.1 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen mieteten der Angeklagte und der gesondert verfolgte Me. im August 2009 gegen Zahlung von 20.000 € von dem Zeugen A. einenEinliegerhof in D. . In einer auf dem Hof befindlichen Halle stellte Me. innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen für den Angeklagten mindestens 20 kg Amphetaminbase mit einem Wirkstoffgehalt von 66 % Base her. Die Betäubungsmittel wurden in der Folge durch den Angeklagten gewinnbringend weiterverkauft. An wen und auf welche Weise der Angeklagte die Betäubungsmittel veräußert hat, konnte das Landgericht nicht feststellen.
3
Im Fall II.2 der Urteilsgründe bestellte der gesondert verfolgte S. am 10. August 2010 für den Angeklagten einen Container mit 1.000 kg Salzsäure. Nachdem der Container am 16. August 2010 zur Firma des S. in M. verbracht und auf dem Betriebsgelände abgestellt worden war, erfolgte am 23. August 2010 die Verladung auf einen Lkw des Angeklagten und am 27. August 2010 der Transport nach Ma. in den Niederlanden. Dort wurde die Salzsäure zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 11. Mai 2011 in einem Amphetaminlabor zur Herstellung von mindestens 150 kg Amphetamin-Base mit einem Wirkstoffgehalt von 66 % reiner Base verwendet. Der Angeklagte, der für die Lieferung der Salzsäure zuständig war, betrieb das Amphetaminlabor entweder allein oder mit weiteren Tatbeteiligten und wirkte auch an der Produktion der Betäubungsmittel mit. Zudem war er an dem Gewinn aus der später erfolgten Veräußerung der Betäubungsmittel beteiligt. Auch hier konnte das Landgericht nicht feststellen, durch wen und auf welche Weise die Betäubungsmittel veräußert worden sind.
4
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass aus der in den Fällen II.1 und II.2 hergestellten Amphetaminbase aufgrund Kristallisation mindestens 170 kg Amphetaminsulfat mit einem Wirkstoffgehalt von 58 % reiner Amphetaminbase gewonnen worden sind und hat des Weiteren angenommen, das Amphetaminsulfat sei um das mindestens Fünffache „gestreckt“ und auf diese Weise zu mindestens 850 kg Amphetaminsulfat mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils 10 % Amphetaminbase weiterverarbeitet worden. Die 850 kg Amphetaminsulfat seien anschließend an die Endabnehmer zu einem Preis von 2.000 € je Kilogramm, mithin für insgesamt 1.700.000 €, verkauft worden. Dabei hat das Landgericht zugunsten des Angeklagten „unterstellt“, dass „bei der Weiter- veräußerung vermutlich noch weitere Personen beteiligt waren“, so dass „sich [der Angeklagte] den Veräußerungserlös mit weiteren Tatbeteiligten teilen musste“. Aufgrund dessen hat das Landgericht die Anordnung des Wertersatzverfalls auf einen Betrag in Höhe von 200.000 € begrenzt.

II.

5
1. Die Verfahrensrügen haben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg, soweit der Angeklagte Verfahrensfehler im Hinblick auf seine Verurteilung im Fall II.1 der Urteilsgründe geltend macht. Auch die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils hat im Fall II.1 keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
6
2. Dagegen ist der Schuldspruch im Fall II.2 aufgrund einer rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung aufzuheben. Auf die gegen die Verurteilung in diesem Fall gerichteten Verfahrensrügen kommt es daher nicht mehr an.
7
Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten im Fall II.2 der Urteilsgründe maßgeblich darauf gestützt, der Container mit 1.000 kg Salzsäure sei mit dem Lkw des Angeklagten zu dem Amphetaminlabor in den Niederlanden transportiert worden. Als Beleg hierfür hat es die Bekundungen der Zeugin B. herangezogen. Zu dem Inhalt der Aussage der Zeugin hat das Landgericht den Vernehmungsbeamten gehört. Dieser hat berichtet , die Zeugin habe ausgesagt, der Angeklagte habe den Lkw bei der Autovermietung B. in M. am 1. Februar 2010 für 1.000 € gekauft und am 21. April 2010 dort abgeholt. Anlässlich des Verkaufs habe sich die Zeugin den Namen „N. “ notiert und die entsprechende Aktennotiz zur Akte gereicht. Auf einen Antrag der Verteidigung hat das Landgericht als wahr unterstellt , dass der Bruder des Angeklagten, der wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz gesondert verfolgte T. X. , die Identität des Angeklagten in der Vergangenheit für eigene Interessen genutzt hat; so habe der Bruder des Angeklagten insbesondere im Jahr 1990 versucht, mit Ausweisdokumenten aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen. Darüber hinaus hat es ausgeführt, dass die Zeugin B. in der Hauptverhandlung gegen den Bruder des Angeklagten „davon ausgegangen [war], dass der dortige Angeklagte T. X. der N. X. sei“ (UA S. 23).
8
Gleichwohl hat es das Landgericht als ausgeschlossen erachtet, dass die Zeugin B. den Angeklagten im Zusammenhang mit dem Kauf des Lkw`s mit dessen Bruder verwechselt haben könnte. Gegen eine Verwechslung aufgrund einer Täuschung durch den Bruder des Angeklagten spreche, dass die Zeugin B. sowohl den Angeklagten als auch dessen Bruder aus gemein- samen Geschäften gekannt habe, da beide wiederholt Fahrzeuge bei ihr angemietet hätten. Eine Verwechslung sei auch deswegen ausgeschlossen, weil der Angeklagte und dessen Bruder von ihrem äußeren Erscheinungsbild her keine Ähnlichkeiten aufwiesen. Daher spreche „alles dafür, dass die Zeugin B. im Rahmen ihrer Vernehmung im Parallelverfahren allein die Namen der Brüder durcheinander gebracht [habe]“ (UA S. 23).Damit sei zugleich eine Verwechs- lung durch die Zeugin B. bei der schriftlichen Dokumentation des Verkaufsvorgangs ausgeschlossen.
9
Diese Beweiswürdigung ist widersprüchlich. Zudem fehlt es an einer nachvollziehbaren Tatsachengrundlage für die von dem Landgericht gezogene Schlussfolgerung, es sei ausgeschlossen, dass die Zeugin den Angeklagten mit dessen Bruder verwechselt habe. Die Beweiswürdigung erweist sich daher als rechtsfehlerhaft (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 2 StR 4/15).
10
Es ist widersprüchlich, die Aussage der Zeugin B. in dem gegen den Bruder des Angeklagten geführten Strafverfahren als Indiz gegen eine Identitätsverwechslung heranzuziehen, da sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten , ob sich die Zeugin in der Hauptverhandlung tatsächlich nur über den Namen des Angeklagten geirrt hatte oder ob die Fehlvorstellung auf einen Irrtum über seine Identität zurückzuführen war. Zudem sind die von dem Landgericht angeführten Umstände aufgrund ihres indifferenten Beweiswerts nicht geeignet, die gezogene Schlussfolgerung einer bloßen Namensverwechslung zu tragen. Dies gilt sowohl für die Annahme, die Zeugin habe den Angeklagten und dessen Bruder aufgrund der wiederholten Anmietung von Fahrzeugen gekannt, als auch für die Erwägung, der Angeklagte und sein Bruder wiesen keine Ähnlichkeiten im äußeren Erscheinungsbild auf. Beide Umstände schließen nicht aus, dass die Zeugin den Angeklagten und dessen Bruder schon früher in Unkennt- nis über deren wahre Identität oder aufgrund bewusster Irreführung verwechselt hat.
11
Es kann daher dahinstehen, ob die Revision auch aufgrund der Aufklärungsrüge , mit der der Angeklagte die unterlassene Vernehmung der Zeugin B. beanstandet hat, Erfolg gehabt hätte.
12
3. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II.2 der Urteilsgründe entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.
13
4. Auch die Anordnung des Verfalls von Wertersatz (§ 73a StGB) hat infolge des Wegfalls der Verurteilung im Fall II.2 keinen Bestand. Darüber hinaus erweist sich der Ausspruch auch deswegen als rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht den Wert des “aus der Tat“ Erlangten (§ 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a StGB) unzutreffend berechnet hat.
14
Das Landgericht durfte dem Angeklagten nicht den gesamten durch den Verkauf an die Endabnehmer erzielten Erlös als „aus der Tat erlangt“ zurechnen. Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte an dem Verkauf des für die Endabnehmer bestimmten Produkts mitgewirkt oder an den aus dem Verkauf erzielten Erlösen partizipiert hat. Da der Angeklagte an der Produktion der Betäubungsmittel beteiligt war, lag diese Annahme auch nicht ohne weiteres nahe. Im Rahmen der gemäß § 73b StGB zulässigen Schätzung des Erlangten hätte das Landgericht vielmehr darauf abstellen müssen, in welcher Höhe dem Angeklagten Erlöse aus dem Verkauf an Zwischenhändler zugeflossen sind. Darüber hinaus ist die Annahme, dem Angeklagten seien aus dem Verkauf der Betäubungsmittel jedenfalls 200.000 € zugeflossen, nicht tragfähig. Die Schätzung des Erlangten gemäß § 73b StGB erfordert stets eine hinreichend sichere Schätzgrundlage (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2001 - 5 StR 181/01, NStZ-RR 2001, 327, 328). Das Tatgericht muss aufgrund des Ergeb- nisses der Beweisaufnahme von der Richtigkeit der seiner Schätzung zugrunde liegenden Annahmen überzeugt sein (BGH, Urteil vom 20. April 1989 - 4 StR 73/89, NStZ 1989, 361). Die Vermutung des Landgerichts, der Angeklagte habe sich die Erlöse mit weiteren Tatbeteiligten teilen müssen, reicht hierfür nicht aus. Damit ist insbesondere nicht rechtsfehlerfrei dargetan, dass der Angeklag- te zumindest einen Betrag in Höhe von 200.000 € erlangt hat, zumal das Land- gericht nicht offen gelegt hat, von wie vielen weiteren Tatbeteiligten es ausgegangen ist und welchen Anteil an den erzielten Erlösen der Angeklagte erhalten hat. Fischer Appl Eschelbach Ott RinBGH Dr. Bartel ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

Strafgesetzbuch - StGB | § 73b Einziehung von Taterträgen bei anderen


(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn 1. er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,2. ihm das Erlangte a) unent

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Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juni 2001 - 5 StR 181/01

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 4/15
vom
27. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
ECLI:DE:BGH:2015:271015B2STR4.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 27. Oktober 2015 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 2. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen geriet der Angeklagte mit seiner Ehefrau S. D. , die Trennungsabsichten hegte und bereits eine eigene Wohnung angemietet hatte, am Abend des 8. September 2012, einem Samstag, in Streit, in dessen Verlauf S. D. den Angeklagten als „Geizhals“ und „Schlappschwanz“ beschimpfte, worauf der Angeklagte mit Rückzug reagierte und zu Bett ging. Im Verlaufe der Nacht wachte er auf und grübelte angesichts der bevorstehenden Trennung, wie sein künftiges Leben ohne S. und deren Tochter I. , für die er die Vaterrolle übernommen hatte, aussehen werde. Er befürchtete, dass seine Frau andere Männer kennen lernen und diese die Vaterrolle für I. übernehmen könnten; er entschloss sich dazu, am nächsten Morgen einen Versöhnungsversuch zu unternehmen. Weil er befürchtete , dass sie reizbar sein werde, löste er eine Tablette Tavor, ein Beruhigungsmittel , in Wasser auf; anschließend träufelte er das Tavor-WasserGemisch mit Hilfe einer Einwegspritze und einem schmalen Schlauch in den Mund seiner schlafenden Ehefrau. Nachdem er am Sonntagmorgen, dem 9. September 2012, zunächst gegen 11.22 Uhr zu einer Tankstelle in E. gefahren war und dort für seine Ehefrau ein Schokoladenherz erstanden hatte, begab er sich nach Hause zurück, überreichte seiner soeben erwachten Ehefrau die Schokolade und schlug vor, gemeinsam zu frühstücken und noch einmal über alles zu reden. S. D. wies den Angeklagten schroff zurück, beschimpfte ihn, riss sich vom Angeklagten, der sie festgehalten hatte, los und ging in Richtung der Treppe, um in das Erdgeschoss des Hauses zu gelangen.
3
Der Angeklagte erkannte in diesem Moment, dass er die von ihm erhoffte Versöhnung nicht erreichen werde. Er entschloss sich spontan dazu, seine Ehefrau zu töten. In Umsetzung dieses Tatentschlusses gab er S. D. am Treppenabsatz im Obergeschoss des Hauses einen Stoß in den Rücken; er hoffte, dass sie die Treppe hinunterstürzen und sich das Genick brechen werde. S. D. stürzte die Treppe hinab, blieb aber am Fuß der Treppe liegen und versuchte, sich aufzurichten. Der Angeklagte nahm wahr, dassS. D. durch den Sturz nicht zu Tode gekommen war, lief die Treppe hinab, packte den Kopf seiner Ehefrau und riss ihn hin und her in der Absicht, ihr auf diese Weise das Genick zu brechen. S. D. wehrte sich und forderte den Angeklagten mit den Worten „ich habe Dir doch nichts getan“ auf, von ihr abzu- lassen. Der Angeklagte fasste die Geschädigte um den Hals und würgte sie so lange, bis Gesicht und Zunge blau anliefen und sie sich nicht mehr bewegte. Anschließend schleppte er sie die Treppe hoch in das Obergeschoss des Hauses. Weil er röchelnde Geräusche vernommen hatte und befürchtete, dass sie noch am Leben sein könne, legte er S. D. auf dem Ehebett ab und würgte sie erneut, bis er keine Lebenszeichen mehr wahrnahm. Die Geschädigte verstarb an den Folgen dieser Misshandlungen.
4
Feststellungen dazu, wie der Angeklagte die Leiche, die nicht gefunden worden ist, beseitigt hat, vermochte das Schwurgericht nicht zu treffen.
5
2. Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung dahin eingelassen, er habe seine Ehefrau nicht getötet. Er sei am Vorabend ihres Verschwindens über die bevorstehende Trennung mit ihr in Streit geraten. Sie habe ihn darum gebeten, die Kaution für die von ihr angemietete Wohnung zu entrichten, was er abgelehnt habe. Daraufhin habe sie ihn als „Geizhals“ und „Schlappschwanz“ beschimpft, worauf er zu Bett gegangen sei. Als er am Sonntagmorgen aufgewacht sei, sei seine Frau bereits weg gewesen, seitdem habe er sie nicht mehr gesehen. Mit ihrem Verschwinden habe er nichts zu tun. Gegenüber der Zeugin A. habe er später die Behauptung erfunden, er habe S. erwürgt und ihre Leiche zerstückelt, weil die Zeugin den Fortbestand ihrer intimen Beziehung zu ihm davon abhängig gemacht habe, dass er die Tat „gestehe“.
6
3. Das Schwurgericht hat sich im Wege der Ausschlussmethode und auf der Grundlage der selbstbelastenden Angaben des Angeklagten gegenüber der Zeugin A. von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt. Es hat zunächst ausgeschlossen, dass S. D. noch am Leben sei und ihr per- sönliches Lebensumfeld freiwillig verlassen haben könnte; ausgeschlossen wurde auch, dass sie infolge eines Unfalls ums Leben gekommen sein könnte. Die Täterschaft des Angeklagten hat das Schwurgericht angenommen, weil ein Dritter als Täter auszuschließen sei, der Angeklagte die Tat gegenüber der Zeugin A. gestanden habe und schließlich ein von ihm anlässlich eines Selbstmordversuchs hinterlassener Abschiedsbrief im Sinne eines Eingeständnisses eigenen Fehlverhaltens gedeutet werden könne.

II.

7
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Die Beweiswürdigung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
8
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Allein ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder wenn die Beweiserwägungen gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstoßen. Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass der Tatrichter sämtliche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert voneinander bewertet, sondern sie müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt werden. Werden diese Grundsätze beachtet, kann der Tatrichter seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten auch dann gewinnen, wenn ein auf das Kerngeschehen der Tat bezogenes Beweis- mittel fehlt und die Überführung des Angeklagten darauf beruht, dass alle konkret in Frage kommenden Alternativen ausgeschlossen werden (vgl. Senat, Urteil vom 2. Mai 2012 - 2 StR 395/11, StraFo 2012, 466; Urteil vom 30. Dezember 2014 - 2 StR 439/13, StraFo 2015, 114, 115). Dieses methodische Vorgehen ist allerdings nur dann eine tragfähige Grundlage für die Verurteilung wegen eines Tötungsverbrechens, wenn alle relevanten Alternativen mit einer den Mindestanforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung genügenden Weise abgelehnt werden, wobei ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit genügt, das vernünftige und nicht auf bloß denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht zulässt (Senat, aaO, StraFo 2012, 466). Die zur richterlichen Überzeugung erforderliche persönliche Gewissheit setzt zudem ausreichende objektive Grundlagen voraus. Deshalb müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer nachvollziehbaren Tatsachengrundlage beruht, und dass sich die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht als bloße Vermutung erweist, die nicht mehr als einen - wenn auch schwerwiegenden - Verdacht zu begründen vermag (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1980 - 3 StR 204/80, NStZ 1981, 33; Beschluss vom 26. September 1994 - 4 StR 453/94, StV 1995, 453).
9
2. Gemessen an diesen Maßstäben hält die tatrichterliche Beweiswürdigung rechtlicher Prüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand, denn sie ist lückenhaft.
10
a) Das Landgericht hat im Rahmen der Erörterung alternativer Geschehen , die das spurlose Verschwinden S. D. seit dem 9. September 2012 erklären könnten, dargelegt, dass es ausgeschlossen erscheine, sie könne ihr soziales Lebensumfeld freiwillig verlassen haben. Im Rahmen der insoweit angestellten Beweiserwägungen hat das Schwurgericht insbesondere auf die enge Bindung von S. D. zu ihrer Tochter I. und darauf abge- stellt, dass zum Tatzeitpunkt keine Veranlassung für einen solchen Schritt bestanden habe.
11
aa) Dabei hat das Schwurgericht zwar bedacht, dass S. D. ihr persönliches Lebensumfeld einige Jahre zuvor einmal spontan verlassen und zwei Wochen auf M. verbracht habe; seine Überzeugung, die gegenwärtige Situation erscheine mit dieser Episode nicht vergleichbar, weil S. D. damals ihren geschiedenen Ehemann B. über ihren Aufenthaltsort informiert habe, kann jedoch in Ermangelung der näheren Mitteilung der damaligen Umstände ihres Verschwindens und ihres aktuellen Verhältnisses zu B. nicht nachvollzogen werden.
12
bb) Soweit das Schwurgericht in diesem Zusammenhang entscheidend auf die enge Bindung S. D. s zu ihrer Tochter I. abgestellt hat, die der Annahme eines aus eigenem freien Entschluss erfolgten plötzlichen Verschwindens entgegen stehe, hat der Tatrichter nicht erkennbar erwogen, ob dies auch in Ansehung des Umstands Geltung beansprucht, dass S. D. ausweislich der Feststellungen im September 2012 in einem Zwiespalt schien, weil sie selbst unter der Ehe mit dem Angeklagten litt, zugleich jedoch wusste, dass ihre Tochter I. , die ein enges Verhältnis zum Angeklagten hatte, bei ihrem Vater bleiben wollte.
13
b) Soweit das Landgericht ausgeschlossen hat, dass S. D. mit einer unbekannten dritten Person verabredet gewesen sein könnte, wie dies der Angeklagte im Rahmen seiner vom Tatrichter als „für sich genommen plausibel erscheinenden Einlassung“ behauptet hatte, und diese Überzeugung darauf gestützt hat, dass sie allein an einer Beziehung mit L. interessiert gewesen sei, hat es nicht erkennbar bedacht, dass der Zeuge bereits ausdrücklich erklärt hatte, an einer Beziehung kein Interesse zu haben. Vor diesem Hintergrund hätte es der näheren Darlegung und Erörterung bedurft, dass und aus welchen Gründen es ausgeschlossen erscheint, dass S. D. nicht - wie bereits früher geschehen - über das Internet Kontakt zu einer bislang unbekannten Person aufgenommen und mit diesem Dritten verabredet gewesen sein könnte.
14
c) Soweit das Schwurgericht neben den Umständen des Verschwindens von S. D. und des zwischen den Eheleuten bestehenden erheblichen Konfliktpotentials, das Anlass für eine eskalierende Auseinandersetzung bieten konnte, ein wesentliches Indiz für die Täterschaft des Angeklagten in dem gegenüber der Zeugin A. abgelegten „Geständnis" des Angeklagten gesehen hat, sind die Beweiserwägungen lückenhaft.
15
Zwar hat das Landgericht nicht übersehen, dass es sich bei A. um eine problematische Zeugin handelt. Die Ende der 90iger Jahre mit S. D. befreundet gewesene Zeugin hatte bereits anlässlich ihrer ersten polizeilichen Befragung Ende November 2012 die Auffassung vertreten, dass S. D. von ihrem Ehemann umgebracht worden sei; nach eigenen Recherchen im Internet hatte sie sich mit anderen Personen über das Verschwinden von S. D. ausgetauscht und sich nach Ausstrahlung des Falles in der Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ auf der Internetseite „Allmystery“ unter der Rubrik „Kriminalfälle“ in einem Chat angemeldet, um dort „mal zu erzählen, wie es wirklich war". Die Einzelheiten ihrer damaligen Spekulationen sind in den Urteilsgründen nicht wiedergegeben; hierzu hätte aber Anlass bestanden. Denn die Zeugin A. , die sich anschließend mit weiteren Personen auf Spurensuche begeben hatte, ging Ende April oder Anfang Mai 2013 eine auch intime Beziehung zum Angeklagten ein, weil sie - wie sie in ihrer polizeilichen Vernehmung vom 8. August 2013 gegenüber KHK W. bekundete - annahm, dass „sie etwas aus ihm 'rauskriege'“.
16
Dies und der Umstand, dass sich für die ihr gegenüber angeblich offenbarte , teils mit bizarr anmutenden Details ausgeschmückte aufwändige Leichenbeseitigung im Verlaufe der Ermittlungen nicht die geringsten Spuren gefunden haben, obwohl dies in Ansehung der geschilderten Einzelheiten zu erwarten gewesen wäre, gaben zu einer besonders sorgfältigen Würdigung ihrer Angaben Anlass. Dies hat das Schwurgericht zwar nicht übersehen. Die in den Urteilsgründen wiedergegebenen Erwägungen lassen jedoch besorgen, dass es die Bekundungen der Zeugin A. nicht der gebotenen umfassenden und kritischen Würdigung unterzogen hat.
17
aa) So bleibt unerörtert, dass die Angaben der Zeugin, die spätestens im Juli 2013 über den Angeklagten Kenntnis vom Inhalt der Ermittlungsakte erlangt hatte, zum Zeitpunkt des Erwerbs des Schokoladenherzes durch den Angeklagten am Tattag unzutreffend waren. Ausweislich der Bekundungen der Zeugin hatte der Angeklagte ihr erzählt, dass er - nachdem er seiner schlafenden Ehefrau im Verlaufe der Nacht ein Tavor-Wasser-Gemisch eingeflößt habe - das Haus gegen 8.00 Uhr morgens verlassen und an einer Tankstelle ein Schokoladenherz zur Versöhnung gekauft habe. Tatsächlich hat der Angeklagte dieses Herz jedoch erst um 11.22 Uhr erworben. Mit dieser Abweichung setzt sich die Kammer nicht auseinander, obwohl hierzu in Ansehung der Besonderheiten der Aussage und der schwierigen Beweissituation Anlass bestand.
18
bb) Zwar war sich das Landgericht der Gefahr bewusst, dass die Angaben und Schilderungen des Angeklagten zum Tötungsgeschehen auch Ergebnis einer suggestiven Befragung des Angeklagten durch die Zeugin A. sein konnten. Es hat die Angaben der Zeugin jedoch nicht - wie geboten - einer Plausibilitätsprüfung unterzogen. So bleibt unerörtert, ob die Bekundungen zu der ersten Tatschilderung des Angeklagten ihr gegenüber plausibel erscheinen. Danach soll der Angeklagte auf ihre Fragen zunächst - wahrheitswidrig - be- kundet haben, dass er seine Ehefrau in ein Bordell verkauft habe. Wenig später soll er ihr - beim „Versöhnungssex“ nach einem Streit - die letzten Worte S. s („ich habe Dir doch nichts getan“) zugeflüstert haben. Geraume Zeit später habe er jeweils eine Andeutung zum Tötungsgeschehen gemacht und auf ihren Vorhalt erklärt, seine Ehefrau erwürgt und zerstückelt zu haben. In der Folgezeit habe er ihr das Tötungsgeschehen zusammenhängend und gleichbleibend geschildert, während er das Geschehen um die Beseitigung der Leiche immer weiter ausgeschmückt habe. In diesem Zusammenhang fehlt es an einer zusammenhängenden Darstellung der Tatschilderung durch den Angeklagten gegenüber der Zeugin, bevor diese sich dazu entschloss, Gespräche mit dem Angeklagten über die Tat aufzuzeichnen, um gegenüber der Polizei, die ihr zunächst keinen Glauben schenkte, einen Beweis in Händen zu halten. Auch die Aussageentstehung hätte hier in Ansehung der Besonderheiten des Einzelfalls einer ins Einzelne gehenden Darlegung und kritischen Würdigung bedurft.
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cc) Es fehlt schließlich auch an der erforderlichen Aussageanalyse im Hinblick auf das vom Angeklagten geschilderte Tatgeschehen im engeren Sinne. Insoweit hätte es der näheren Erörterung bedurft, ob und inwieweit die Bekundungen des Angeklagten oder Teile dieser Bekundungen auf Suggestivfragen der Zeugin zurückzuführen sein könnten. Darüber hinaus kann die von der Kammer als Glaubhaftigkeitsindiz angeführte Konstanz der Angaben des Angeklagten gegenüber der Zeugin A. in Ermangelung einer hinreichenden Wiedergabe ihrer früheren Angaben und ihrer Schilderungen in der Hauptverhandlung nicht überprüft werden.
20
dd) Unerörtert bleibt schließlich auch, aus welchen Gründen die ermittelnden Polizeibeamten den Bekundungen der Zeugin A. am 8. August 2013 zunächst keinen Glauben geschenkt und ihre Schilderungen später - ungeachtet des Umstands, dass sich objektive Beweisanzeichen für ihre Bekundungen nicht hatten finden lassen - für glaubhaft erachtet haben. Insoweit hätte es der näheren Erörterung und Wiedergabe des wesentlichen Gesprächsinhalts der zwischen der Zeugin A. und KHK W. geführten Gespräche bedurft, die eine solche Meinungsänderung nachvollziehbar machen.
21
ee) Soweit die Kammer den Angaben des Angeklagten gegenüber der Zeugin A. Beweiswert mit der Erwägung beigemessen hat, schon der Umstand, dass der Angeklagte die Tötung eines Menschen gegenüber einem Dritten eingeräumt habe, sei ein gewichtiges Beweisanzeichen für die Tatbegehung , und dies damit begründet hat, dass die Beziehung zu dem Dritten durch eine solche Mitteilung „immer“ schwer belastet werde, lassen diese Ausführungen besorgen, dass die Kammer den Besonderheiten des Einzelfalls nicht hinreichend Rechnung getragen hat. Denn der Angeklagte hatte sich - soweit ersichtlich nicht unplausibel und unwidersprochen - dahin eingelassen, dass die Zeugin A. den Fortbestand der intimen Beziehung zu ihm davon abhängig gemacht hatte, dass er ihr gestehe, seine Ehefrau getötet zu haben. Mit diesen Besonderheiten hätte sich das Schwurgericht auseinander setzen müssen.
22
ff) Soweit die Kammer die Schilderungen des Angeklagten zur Leichenbeseitigung als unsicher angesehen hat, weil es an Anhaltspunkten fehle, die einen solchen Vorgang „objektivieren“ könnten, erschließt sich nicht, weshalb dies für die Schilderung der Tötung, für die sich objektive Beweisanzeichen ebenfalls nicht haben finden lassen, anders sein sollte. Soweit die Strafkammer die Plastizität der Schilderungen der Leichenbeseitigung mit dem Beruf des Angeklagten als Koch zu erklären versucht und angenommen hat, dass die auf das Tötungsgeschehen bezogenen Schilderungen für ein wirkliches Erleben sprächen, vermag der Senat diese unterschiedliche Bewertung der Aussagetei- le nicht nachzuvollziehen. Vielmehr wäre zu erwägen gewesen, dass die Unglaubhaftigkeit dieses Teils der Aussage auch die Angaben des Angeklagten gegenüber der Zeugin A. zum Tötungsgeschehen im engeren Sinne in Zweifel ziehen konnte, zumal auch das Schwurgericht von einem „Jagdeifer“ der Zeugin ausgegangen ist.
23
d) Schließlich fehlt es an einer jedenfalls gedrängten Wiedergabe der Bekundungen der Zeugin Sch. , der die Zeugin A. erstmals von dem Geständnis des Angeklagten berichtete und deren Angaben daher für die Entstehungsgeschichte und die Bewertung der Aussage der Belastungszeugin von Bedeutung waren.
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e) Soweit das Schwurgericht schließlich dem Abschiedsbrief des Angeklagten nach einem Selbstmordversuch Indizwirkung für die Tatbegehung beigemessen hat, weil er darin eingeräumt habe, „Fehler“ gemacht zu haben (UA S. 73), und angenommen hat, dass der darin enthaltene Hinweis auf die Verfehlungen seiner Ehefrau „als Rechtfertigung für eine Tötungshandlung verstanden werden kann“, erscheint dies vor dem Hintergrund des mitgeteilten Inhalts des Abschiedsbriefes nicht plausibel.
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Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
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Der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter wird zu erwägen haben, ob er in Ansehung der problematischen Persönlichkeit der Belastungszeugin und der möglichen suggestiven Einflüsse einen aussagepsychologischen Sachverständigen hinzuzieht, wenn er seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten - auch - auf ihre Angaben zu stützen beabsichtigt. Fischer Eschelbach RiBGH Prof. Dr. Krehl ist an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer Zeng Bartel

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Die Anordnung der Einziehung nach den §§ 73 und 73a richtet sich gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn

1.
er durch die Tat etwas erlangt hat und der Täter oder Teilnehmer für ihn gehandelt hat,
2.
ihm das Erlangte
a)
unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde oder
b)
übertragen wurde und er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, oder
3.
das Erlangte auf ihn
a)
als Erbe übergegangen ist oder
b)
als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer übertragen worden ist.
Satz 1 Nummer 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn das Erlangte zuvor einem Dritten, der nicht erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass das Erlangte aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, entgeltlich und mit rechtlichem Grund übertragen wurde.

(2) Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder gezogene Nutzungen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 kann das Gericht auch die Einziehung dessen anordnen, was erworben wurde

1.
durch Veräußerung des erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

5 StR 181/01

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 27. Juni 2001
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juni 2001

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 14. November 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist und
b) soweit der Verfall des Wertersatzes angeordnet worden ist.
1. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 32 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, sowie wegen (gewerbsmäßigen) unerlaubten Handeltreibens mit Betäu- bungsmitteln in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ferner ein Tatwerkzeug eingezogen sowie den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 217.262,50 DM angeordnet. Die Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 25. April 2001 unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit das Rechtsmittel sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch richtet. Jedoch kann das Urteil aus sachlichrechtlichen Gründen keinen Bestand haben, soweit die Prüfung der Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB unterblieben ist und der Verfall des Wertersatzes angeordnet worden ist.
Hierzu hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt: “Die Strafkammer hat es rechtsfehlerhaft unterlassen, die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Abs. 1 StGB zu prüfen. Das insoweit sachverständig beratene Landgericht hat beim Angeklagten im Tatzeitraum eine Polytoxikomanie im Sinne der Abhängigkeit mit Konsum von mindestens drei verschiedenen Betäubungsmitteln sowie Beruhigungsmitteln festgestellt und den Schweregrad der Polytoxikomanie dem Stadium 3 zugeordnet (UA S. 20). Der Angeklagte beteiligte sich an den abgeurteilten Rauschgiftgeschäften, um sich selbst Rauschgift beschaffen zu können (UA S. 21). Danach bestand beim Angeklagten im Tatzeitraum eine Suchtmittelabhängigkeit, die ausweislich der Urteilsgründe zwar als ‚schwere andere seelische Abartigkeit‘ zu werten ist und die in Zeiten exzessiven Drogenkonsums zu einer verminderten Steuerungsfähigkeit im Sinne der drogeninduzierten Senkung der Hemmschwelle sowie der Kritik- und Urteilsfähigkeit geführt hat; erheblich v erminderte Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB lag indessen nicht vor (UA S. 5/6). Demgemäß führt das Landgericht in den Urteilsgründen aus (UA S. 28 oben): ‚Für den Angeklagten spricht, daß er gewillt ist, sich seiner Suchtproblematik zu stellen und, um dieser zu begegnen, eine entsprechende Thera- pie zu absolvieren. Eine Suchttherapie erscheint aus Sicht der Kammer unerläßlich , damit der Angeklagte im Anschluß an die Verbüßung seiner Strafe für die Taten, die er auch aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat, die Chance der Rehabilitation und für eine erfolgreiche Resozialisierung hat. Er sieht dies in einsichtiger Weise ebenso.‘ Auf dem Hintergrund dieser Erwägungen hätte das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten auf der Grundlage von § 64 Abs. 1 StGB erörtern müssen. Erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB wird für die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB nicht vorausgesetzt (BGH NJW 1990, 3282 m.w.N.).
Daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; vgl. BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.). Anhaltspunkte dafür, daß keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten von seinem Hang zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die Sucht zu bewahren (vgl. BVerfGE 91, 1, 29), sind angesichts der vom Landgericht festgestellten Einsicht des Beschwerdeführers in die Therapienotwendigkeit nicht ersichtlich. Da die Strafkammer die Notwendigkeit der an den Strafvollzug sich anschließenden Therapie bereits in ihre Strafzumessungserwägungen mit aufgenommen und darüber hinaus – was aus Rechtsgründen nicht erforderlich gewesen wäre – die Anordnung des Wertersatzverfalls strafmildernd berücksichtigt hat, kann ausgeschlossen werden, daß bei Anordnung der Unterbringung auf niedrigere Einzelstrafen oder eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt worden wäre, weshalb der Strafausspruch bestehenbleiben kann.
Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz kann nicht bestehenbleiben.
Auch bei der Anordnung von Wertersatzverfall können Umfang und Wert des Erlangten geschätzt werden (§ 73b StGB). Die Vorschrift ist auf Fälle zugeschnitten, in denen nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, in welcher Form und in welcher genauen Höhe Gewinne angefallen sind (BGHR StGB § 73b – Schätzung 1). Allerdings darf das Gericht auch in einem solchen Fall nicht willkürlich und ohne ein Mindestmaß an zureichenden Anhaltspunkten vorgehen; die notwendigen Einzelheiten müssen vielmehr soweit geklärt sein, daß eine hinreichend sichere Schätzungsgrundlage gegeben ist (BGH, aaO). Die Revision rügt im vorliegenden Fall zu Recht, daß das Landgericht die Schätzungsgrundlagen nicht hinreichend dargelegt hat. Die Urteilsgründe beschränken sich vielmehr auf die Mitteilung des Ergebnisses, nämlich die ausgerechnete Gesamtsumme, für die der Verfall des Wertersatzes angeordnet wurde. Nähere Darlegungen wären hier umso mehr erforderlich gewesen, als in einer Reihe von Fällen, die als Einzelfälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln abgeurteilt wurden, die Verkaufserlöse im einzelnen nicht festgestellt werden konnten. Die Strafkammer hat sich darüber hinaus nicht erkennbar mit § 73c StGB auseinandergesetzt. Dazu hätte angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten zum Zeitpunkt der Aburteilung, worauf die Revision zutreffend hinweist, Anlaß bestanden. Der Senat kann daher im vorliegenden Fall nicht überprüfen, ob die Voraussetzungen des unbestimmten Rechtsbegriffes einer unbilligen Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB vorliegen oder ob die Strafkammer das hier in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt hat (vgl. BGHR StGB § 73c – Härte 3; BGH, Urteil vom 20. März 2001 – 1 StR 12/01 –). Selbst nachholen kann der Senat diese Entscheidung nicht (BGH NStZ 1999, 560, 561 m.w.N.).” Harms Häger Basdorf Gerhardt Brause