Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Okt. 2016 - 2 StR 2/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:201016B2STR2.16.0
bei uns veröffentlicht am20.10.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 2/16
vom
20. Oktober 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue
ECLI:DE:BGH:2016:201016B2STR2.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2015 aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall eines Geldbetrags in Höhe von 153.418,10 Euro erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Diese Feststellung entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und eine Kompensationsentscheidung wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung getroffen. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall eines Geldbetrags in Höhe von 153.418,10 Euro erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen.
2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf sachlich-rechtliche Einwendungen gestützten Revision.
3
Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen Teilerfolg und führt zum Wegfall der Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
4
1. Der Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO hat keinen Bestand. Der Anwendung dieser durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl I 2006, S. 2350) in die Strafprozessordnung eingefügten und am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Vorschrift steht § 2 Absatz 5 StGB i.V.m. § 2 Absatz 3 StGB entgegen (BGH, Beschlüsse vom 25. April 2012 – 1 StR 566/11, NStZ-RR 2012, 254; vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11, BeckRS 2012, 06059 Rn. 115; Urteil vom 7. Februar 2008 – 4 StR 502/07, NStZ 2008, 295 mwN). Die verfahrensgegenständliche Tat war spätestens im August 2006 (vgl. zur Tatbeendigung bei Untreue BGH, Urteil vom 8. Mai 2003 – 4 StR 550/02, NStZ 2003, 540, 541) und damit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung beendet.
5
2. Die Revision des Angeklagten zum Schuld- und Strafausspruch bleibt ohne Erfolg.
6
Ergänzend zu der Zuschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat :
7
Die von der Hauptgläubigerin, der Sparkasse D. , nach Abschluss einer „Zuzahlungsvereinbarung“ über einen (weiteren) Betrag in Höhe von 65.000 Euro erteilte Zustimmung zur Veräußerung sämtlicher Vermögensgegenstände der Du. OHG an die H. GmbH zu einem Fünftel ihres Wertes lässt den Tatbestand der durch den Insolvenzverwalter R. began- genen Untreue zum Nachteil der Insolvenzmasse bzw. des Vermögens der Insolvenzschuldnerin (vgl. § 35 Abs. 1 InsO) nicht entfallen.
8
Zwar schließt die – wirksame – Einwilligung des Inhabers des zu betreuenden Vermögens die Tatbestandsmäßigkeit der Untreue aus (Senat, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 278 f.).
9
Die Sparkasse war jedoch ungeachtet der Frage, ob eine entsprechende Entschließung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht in einer Gläubigerversammlung mit der Möglichkeit der Beteiligung aller stimmberechtigten Insolvenzgläubiger hätte erfolgen müssen (vgl. § 78, §§ 160 ff. InsO) und ob eine etwa beschlossene Zustimmung nicht als unwirksam hätte angesehen werden müssen, weil sie ihrerseits pflichtwidrig gewesen wäre (vgl. Senat, aaO), nicht als Inhaberin des zu betreuenden Vermögens – der insolventen Du. OHG – anzusehen. Sie war deshalb, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, zur Disposition über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin (allein) nicht befugt (vgl. Schramm, NStZ 2000, 398, 399).
10
3. Angesichts des nur geringen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig , den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). Fischer Eschelbach Ott Bartel Wimmer

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 566/11
vom
25. April 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2012 beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Görlitz vom 20. Mai 2011 aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall des von der Angeklagten K. erlangten Vermögensvorteils in Höhe von 589.601,42 € und des von der Angeklagten Ka. erlangten Vermögensvorteils in Höhe von 1.292.668,75 € erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Diese Feststellungen entfallen. 2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen. 3. Jede Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte Ka. , eine Apothekerin, wegen Betruges in zwölf Fällen zu vier Jahren Gesamtfreiheitsstrafe, die Angeklagte K. , Ehefrau eines Arztes, wegen Betruges in 15 Fällen und Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu fünf Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass die Angeklagten Vermögensvorteile in Höhe von 589.601,42 € bzw. 1.292.668,75 € erlangt haben und nur deswegen nicht auf Verfall erkannt werde, weil Ansprüche Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
2
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen. Diese haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO), im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
1. Der Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO, der sich darauf bezieht, dass die Angeklagten aus den im Zeitraum zwischen Februar 2004 und April 2005 mittäterschaftlich und unter Verwendung gefälschter Rezepte zum Nachteil der gesetzlichen Krankenkassen begangenen Betrugstaten Vermögensvorteile erlangt haben, kann keinen Bestand haben. Für vor dem 1. Januar 2007 beendete Taten hat ein Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO zu unterbleiben. Einer Anwendung der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Regelung des § 111i Abs. 2 StPO auf bereits zuvor beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - 1 StR 45/11 Rn. 115; BGH, Beschluss vom 12. August 2010 - 4 StR 293/10; BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07, NStZ 2008, 295 mwN).
4
2. Darüber hinaus hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler - auch nicht bei der Strafzumessung - zum Nachteil der Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend bemerkt der Senat zu der in der Revision der Angeklagten Ka. erhobenen Rüge eines Verstoßes gegen die Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO):
5
Mit dieser Rüge wird geltend gemacht, das Landgericht habe gegen § 244 Abs. 2 StPO verstoßen, weil es eine die Einlassung der Angeklagten Ka. bestätigende Warenabgabeliste nicht verlesen habe und eine dahinge- hende „Sachaufklärung … auch nicht in anderer Weise stattgefunden“ habe.
6
Diese Rüge hat keinen Erfolg. Es bestehen bereits Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verfahrensrüge, weil die Revision ihre Behauptung, der Inhalt der Liste sei nicht zum Inbegriff der Hauptverhandlung gemacht worden, selbst wieder in Frage gestellt hat (RB S. 22). Die Rüge ist jedenfalls unbegründet. Ausweislich der Urteilsgründe haben die auf Antrag der Angeklagten Ka. vom Landgericht in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Kr. und P. unter Vorhalt der für sie ausgestellten Rezepte angegeben, die ihnen zu den daraus ersichtlichen Patientennummern verschriebenen Medikamente nicht erhalten zu haben (UA S. 108). Da das Landgericht von der Richtigkeit dieser Angaben überzeugt war, durfte es von der Unrichtigkeit der Warenausgabeliste aus dem Datenbanksystem der Apotheke der Angeklagten Ka. ausgehen und musste sich deshalb nicht zu einer förmlichen Verlesung der, wie die Revision selbst vorträgt (RB S. 5), in der Hauptverhandlung „erörterten“ Warenausgabeliste gedrängt sehen. Aus dem von der Revision ins Feld geführten Vermerk des Kammervorsitzenden über ein im Zusammenhang mit der Zeugenladung geführtes Telefonat mit den Zeugen (RB S. 18 f.) ergeben sich keine Anhaltspunkte für Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der in den Urteilsgründen dokumentierten Zeugenaussagen in der Hauptverhandlung.
7
3. Der nur geringe Teilerfolg der Revisionen rechtfertigt es nicht, die Angeklagten nach § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.
Nack Hebenstreit Graf Jäger RiBGH Prof. Dr. Sander ist urlaubsabwesend und deshalb an der Unterschrift gehindert.
Nack
115
Zwar hat für vor dem 1. Januar 2007 beendete Taten ein Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO zu unterbleiben. Einer Anwendung der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Regelung des § 111i Abs. 2 StPO auf bereits zuvor beendete Taten steht § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 StR 502/07 mwN). Letzteres hat die Strafkammer indes gesehen und auch ausgeführt (UA S. 114), so dass nicht zu besorgen ist, ein Auffangrechtserwerb nach § 111i Abs. 5 StPO sollte oder könnte auf den im Tenor für Taten vor dem 1. Januar 2007 festgestellten Betrag erstreckt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 502/07
vom
7. Februar 2008
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja (zu II. 1)
StPO § 111 i Abs. 2, 3 und 5;
Die Vorschriften zur Verlängerung der Rückgewinnungshilfe und zum Auffangrechtserwerb
des Staates nach § 111 i Abs. 2, 3 und 5 StPO in der Fassung
des Gesetzes zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung
bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 sind auf Altfälle nicht anwendbar.
BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 – 4 StR 502/07 – LG Halle
1.
2.
wegen zu 1.: schweren Raubes u.a.
zu 2.: unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Februar
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Prof. Dr. Kuckein,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
in der Verhandlung,
Bundesanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten Klaus-Dieter L. ,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin für den Angeklagten Percy Oliver L. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers Sch. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 7. März 2007 werden verworfen.
2. Der Angeklagte Klaus-Dieter L. trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger hierdurch im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte Percy L. trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten Klaus-Dieter L. wegen schweren Raubes in Tateinheit mit räuberischem Angriff auf Kraftfahrer, gefährlicher Körperverletzung und mit unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine vollautomatische Selbstladewaffe sowie wegen Betrugs und falscher Versicherung an Eides statt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten Percy L. hat es unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe nebst Munition zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und die Einziehung eines sichergestellten Revolvers angeordnet.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich beide Angeklagten. Die Revision des Angeklagten Klaus-Dieter L. , mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, richtet sich in erster Linie gegen die Verurteilung wegen der Raubtat. Der Angeklagte Percy L. wendet sich gegen seine Verurteilung wegen des Waffendelikts und beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts. Die Staatsanwaltschaft hat mit ihren, vom Generalbundesanwalt vertretenen und auf die Sachrüge gestützten Revisionen, das Urteil zu Ungunsten beider Angeklagter angefochten. Bezüglich des Angeklagten Klaus-Dieter L. beanstandet sie mit ihrem wirksam auf eine unterbliebene Entscheidung zum Verfall beschränkten Rechtsmittel (vgl. Kuckein in KK 5. Aufl. § 344 Rdn. 12), die Strafkammer habe es entgegen § 111 i Abs. 2 StPO unterlassen festzustellen , dass einer Verfallsanordnung Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Bezüglich des Angeklagten Percy L. wendet sie sich gegen dessen Freisprechung von dem Vorwurf, an dem Raubüberfall auf einen Geldtransporter am 10. März 2003 beteiligt gewesen zu sein.
3
Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


4
1. Das Landgericht hat zu dem Raubgeschehen Folgendes festgestellt:
5
a) In den Morgenstunden des 10. März 2003 überfielen der wegen ähnlicher Taten bereits vorbestrafte Angeklagte Klaus-Dieter L. und mindestens ein weiterer unbekannter Mittäter ein teilgepanzertes Geldtransportfahrzeug und erbeuteten 2.730.000 Euro. Der Geldtransporter befand sich auf dem Weg von der L. Bank in M. zur Kreissparkasse in S. . Im Werteraum des Fahrzeugs befanden sich insgesamt 3.265.000 Euro Bargeld. Fahrer war der Nebenkläger, Beifahrer der Zeuge S. .
6
Der Angeklagte und sein Mittäter brachten den Geldtransporter auf der Bundesstraße nahe der Ortschaft D. zum Stehen, indem sie sich mit einem zuvor gestohlenen, mit einem Dublettenkennzeichen eines typgleichen Pkw's versehenen BMW 740i vor den Transporter setzten, ihr Fahrzeug anhielten, sodann rückwärts fuhren und den Transporter rammten. Maskiert und mit Sturmgewehren des Typs AK-47, sog. Kalaschnikows, bewaffnet, verließen sie ihr Fahrzeug und zwangen die Begleiter des Geldtransportes zum Aussteigen. Als diese der Aufforderung nicht sogleich nachkamen, gab einer der Täter zwei Schüsse in die Seitenscheibe des Transporters und kurz darauf nochmals einen Feuerstoß aus der automatischen Waffe ab. Der Nebenkläger erlitt dadurch einen Durchschuss des rechten Beines. Die Begleiter des Geldtransportes wurden gezwungen, sich bäuchlings auf den Bürgersteig zu legen. Mittels eines Trennschleifers wurde zunächst innerhalb des Fahrzeugs versucht, die Tür von der Schleuse zum Werteraum zu öffnen. Als dies misslang, durchtrennte KlausDieter L. , der sich dabei möglicherweise mit dem Mittäter abwechselte, mit dem Trennschleifer das Stahlblech der Heckklappe des Transporters und die dahinter montierte Sperrholzplatte. Anschließend wurde mittels eines Brecheisens das Stahlblech aufgebogen. Durch die so geschaffene Öffnung gelang es dem Angeklagten und seinem Mittäter, insgesamt sieben Sicherheitstaschen mit 2.730.000 Euro Bargeld zu erbeuten und sodann zu flüchten. Den zur Tat verwendeten Pkw BMW setzten sie später in Brand.
7
b) Ausgehend von den Aussagen der in der Hauptverhandlung einvernommenen Vernehmungsbeamten über die Angaben einer gesperrten Vertrauensperson (VP) der Polizei, hat sich das Landgericht nur die Überzeugung von einer Tatbeteiligung des Angeklagten Klaus-Dieter L. an dem Raubüberfall zu bilden vermocht. Bezüglich dieses Angeklagten hat es die von den Zeugen geschilderten Angaben der VP, die sich ihre Erkenntnisse ihrerseits nur mittelbar von einer weiteren Person verschafft haben soll, durch zahlreiche Indizien bestätigt gesehen. Insbesondere habe der Angeklagte Klaus-Dieter L. nach der Tat den Trennschleifer, der bei der Tat benutzt wurde, in Besitz gehabt und bei einem Bekannten untergestellt. Dieser sichergestellte Trennschleifer sei vor der Tat im August 2002 in einem Fachgeschäft unter Angabe eines falschen Namens und einer falschen Anschrift erworben worden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit stamme eine beim Kauf des Geräts geleistete Unterschrift vom Angeklagten. Er habe ferner drei Monate vor der Tat in Tatortnähe eine Wohnung angemietet und diese kurz nach der Tat wieder gekündigt. Bei der Durchsuchung des Wohnhauses des Angeklagten seien schließlich originale Zulassungsplaketten, wie sie auch bei Herstellung der Kennzeichendubletten für das Tatfahrzeug verwendet worden seien, sichergestellt worden. Da die Strafkammer vergleichbar gewichtige Beweisanzeichen bei dem Angeklagten Percy L. , dem Sohn des Angeklagten Klaus-Dieter L. , nicht festzustellen vermocht hat, hat es diesen vom Vorwurf einer Tatbeteiligung an dem Raubüberfall freigesprochen.
8
2. Nach den weiteren Feststellungen des Landgerichts erlangte der Angeklagte Klaus-Dieter L. durch bewusst falsche Angaben gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit zu Unrecht von Januar bis November 2005 7.747 Euro Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ferner verschwieg er im April 2005 bei Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung vor dem Amtsgericht B. u.a. vorhandenes Vermögen.

II.


9
Der Angeklagte Klaus-Dieter L.
10
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft
11
Dem Rechtsmittel bleibt der Erfolg versagt. Das Landgericht hat zu Recht davon abgesehen, im Rahmen der Verurteilung gemäß § 111 i Abs. 2 StPO den Umfang des aus der Raubtat Erlangten zu bezeichnen und festzustellen, dass nur deshalb nicht auf (Wertersatz-)Verfall erkannt wird, weil Ansprüche nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer solchen Anordnung entgegenstehen. Die Strafkammer war wegen des auch für den Verfall geltenden Rückwirkungsverbots an der Anwendung der erst nach der Tat in Kraft getretenen Neuregelung des § 111 i StPO gehindert.
12
a) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die zur Tatzeit geltenden materiell-rechtlichen Vorschriften zur Regelung des Verfalls im Vergleich zu der Neuregelung des § 111 i Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 StPO das mildere Recht im Sinne des § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB darstellen.
13
Durch die Neufassung des § 111 i StPO im Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten vom 24. Oktober 2006 (BGBl. I 2350 ff.), in Kraft seit dem 1. Januar 2007, hat der Gesetzgeber die Grundlagen für einen späteren Auffangrechtserwerb des Staates für Fälle geschaffen, in denen eine Verfallsanordnung wegen Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausscheidet. Zweck der Vorschrift ist es, eine im Vergleich zur bisherigen Rechtslage effektivere Vermögensab- schöpfung der Täter und eine Stärkung des Opferschutzes zu schaffen. In den Fällen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB soll durch die Neufassung des § 111 i StPO sichergestellt werden, dass das durch die Straftat Erlangte oder dessen Wert nicht an den Täter zurückfällt, wenn die Opfer ihre Ansprüche nicht geltend machen und die Zwangsvollstreckung in die vorläufig sichergestellten Gegenstände und Vermögenswerte nicht betreiben (BTDrucks. 16/700 S. 9 und 16/2021 S. 1 und 4).
14
Die Umsetzung dieses Gesetzesvorhabens ist zwar im Rahmen einer "prozessualen Lösung" (BTDrucks. aaO) erfolgt. Rechtsdogmatisch stellt der Auffangrechtserwerb nach § 111 i Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 StPO jedoch eine Modifizierung der materiell-rechtlichen Regelung zum Ausschluss des Verfalls nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dar und unterliegt deshalb den Grundsätzen des Rückwirkungsverbots nach § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB (vgl. Bohne/Boxleitner in NStZ 2007, 552, 555; Mosbacher/Claus in wistra 2008, 1, 3 ff.). Dass die Regelung ihren Niederschlag in der Strafprozessordnung gefunden hat, steht dem nicht entgegen. Zwar hat sich durch die Einführung eines Auffangrechtserwerbs des Staates an dem Grundsatz, dass eine Verfallsanordnung zwingend ausgeschlossen ist, wenn aus der Tat Ansprüche Verletzter herrühren, nichts geändert. Jedoch sah sich der Täter nach der bisherigen Rechtslage lediglich den Ansprüchen der durch die Tat Verletzten gegenüber. Im Rahmen der Rückgewinnungshilfe sichergestellte Vermögenswerte mussten deshalb u.U. wieder an den Täter herausgegeben werden, wenn die Geschädigten ihre Ansprüche nicht innerhalb der dreimonatigen Frist des § 111 i StPO a.F. geltend machten. Diese den Täter begünstigende Rechtsposition, die unmittelbare Folge der Ausnahmeregelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB war, entfällt nunmehr, wenn der Tatrichter von der Möglichkeit des § 111 i Abs. 2 StPO Gebrauch macht und durch die dort vorgesehene Feststellung die Basis für einen späteren Auffang- rechtserwerb des Staates nach § 111 i Abs. 5 StPO schafft (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 9).
15
Seiner Rechtsnatur nach stellt deshalb die Feststellungsentscheidung nach § 111 i Abs. 2 StPO keine ausschließlich verfahrensrechtliche Regelung, sondern vor allem eine materiell-rechtliche Grundentscheidung für eine aufschiebend bedingte Verfallsanordnung zu Gunsten des Staats dar, die dann zum Tragen kommt, wenn die vorrangigen Ansprüche der Verletzten nicht innerhalb der Frist des § 111 i Abs. 3 StPO geltend gemacht werden. Für diese Auffassung spricht auch, dass der im Beschlusswege zu fassenden Entscheidung nach § 111 i Abs. 6 StPO über den Eintritt und den Umfang des staatlichen Rechtserwerbs nur eine deklaratorische Bedeutung zukommt. Die materiell -rechtliche Grundlage für diese Entscheidung wird deshalb bereits im Urteil mit der Feststellungsentscheidung nach Abs. 2 dieser Vorschrift getroffen (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 18).
16
Mithin unterfällt die Entscheidung nach § 111 i Abs. 2 StPO, soweit sie die Grundlage für einen Auffangrechtserwerb des Staates bildet, auf Grund ihres materiell-rechtlichen Charakters dem Rückwirkungsverbot, so dass § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB zur Anwendung kommt. Danach erweist sich die frühere Gesetzeslage als das mildere Recht (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 20; so im Ergebnis wohl auch der 1. Strafsenat in BGH NStZ 2006, 621; Mosbacher /Claus aaO S. 1, 4).
17
b) Soweit die Feststellung nach § 111 i Abs. 2 StPO gleichzeitig die Voraussetzung für die Anordnung einer verlängerten Rückgewinnungshilfe des Staates nach § 111 i Abs. 3 StPO bildet, kommt, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist, der Vorschrift zwar zugleich eine verfahrensrechtliche Bedeutung zu. Dies eröffnet bei Altfällen, wie dem vorliegenden, indes nicht die Möglichkeit, im Urteil eine lediglich auf die Schaffung der Anordnungsvoraussetzungen des § 111 i Abs. 3 StPO gerichtete, beschränkte Feststellungsentscheidung zu treffen (so aber Mosbacher/Claus aaO S. 4). Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts setzt nämlich die Anordnung einer verlängerten Rückgewinnungshilfe nach § 111 i Abs. 3 StPO nach dem Gesetzeszweck zwingend voraus, dass ein Auffangrechtserwerb des Staates grundsätzlich möglich ist. Nur für diese Fälle wird als flankierende prozessuale Maßnahme die schon bisher gewährte Rückgewinnungshilfe des Staates im Interesse des Opferschutzes auf drei Jahre verlängert (vgl. BTDrucks. 16/700 S. 9). Scheidet aber, wie hier, aus Rechtsgründen ein Auffangrechtserwerb des Staates aus, ist deshalb auch für die Anwendung der prozessualen Vorschrift des § 111 i Abs. 3 StPO kein Raum.
18
2. Die Revision des Angeklagten
19
Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
20
a) Die vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen versagen.
21
aa) Soweit der Angeklagte mit einer Aufklärungsrüge geltend macht, die VP sei anhand der Verfahrensakten hinreichend identifizierbar und dem Angeklagten bekannt gewesen, sie hätte deshalb in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommen werden müssen, ist diese unbegründet. Die vom Beschwerdeführer zur Begründung mitgeteilten Auszüge aus den Verfahrensakten belegen den Verfahrensverstoß nicht. Zwar steht der Ladung und Vernehmung eines Zeugen eine Sperrerklärung grundsätzlich nicht entgegen. Vielmehr kann in Fällen, in denen sich aus den Akten oder sonstigen Erkenntnisquellen Hinweise auf die Identität des Zeugen ergeben, es die Aufklärungspflicht erfordern, dass das Gericht von Amts wegen Bemühungen entfaltet, den Namen eines Zeugen festzustellen und die Vernehmung in der Hauptverhandlung zu ermöglichen (BGHSt 39, 141, 144; BGH NStZ 1993, 248). Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben. Weder aus den wiedergegebenen Berichten und Aktenvermerken der Ermittlungsbeamten noch aus dem Inhalt des mitgeteilten überwachten Telefonats lassen sich Rückschlüsse auf die Identität der VP ziehen. Anders als in der Entscheidung BGHSt 39, 141, 144 hat der Angeklagte auch keine Person namhaft gemacht, die mit der Person, deren Identität die Exekutive unter Berufung auf § 96 StPO nicht preisgegeben hat, identisch sein könnte.
22
bb) Die ebenfalls unter Aufklärungsgesichtspunkten erhobene Rüge, es hätte ein weiteres Schriftsachverständigengutachten zur Beurteilung der Unterschriften des Angeklagten und des Käufers des Trennschleifers eingeholt werden müssen, greift nicht durch. Der Beschwerdeführer hat keine (besonderen) Umstände dargetan, wonach sich das Landgericht zu der Einholung eines weiteren Schriftsachverständigengutachtens hätte gedrängt sehen müssen. Der Generalbundesanwalt weist zu Recht darauf hin, dass die Revision keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen aufzeigt. Dieser hat auch die ihm zur Verfügung stehenden Anknüpfungstatsachen erschöpfend behandelt. Er hat insbesondere - entgegen dem Revisionsvorbringen - Ausführungen dazu gemacht, dass und weshalb signifikante Aussagen nur anhand des gleich lautenden Anfangsbuchstabens der zu vergleichenden Unterschriften möglich sind (S. 7 und 8 des Gutachtens) und die insoweit festgestellten Besonderheiten deshalb für eine "bedingte Individualisierung" geeignet sind.
23
Soweit die Revision vorbringt, der Sachverständige habe sich bei der Untersuchung des Schreibdrucks keiner modernen technischen Mittel bedient, versäumt sie es, im Einzelnen nachvollziehbar mitzuteilen, welche "hochtechnischen" Untersuchungsmethoden zur Schreibdruckanalyse im konkreten Fall den angewandten physikalisch/technischen Methoden, die in der Fachliteratur als ausreichend anerkannt werden (vgl. Michel, Gerichtliche Schriftvergleichung S. 249), überlegen gewesen wären und deshalb zur Einholung eines Zweitgutachtens gedrängt hätten.
24
Schließlich drängte auch der Umstand, dass mit der Gutachtenerstattung ein "privater Sachverständiger" betraut war, hier nicht zur Einholung eines weiteren Schriftgutachtens. Denn anders als in dem in BGHSt 10, 116 ff. entschiedenen Fall, kam hier dem Schriftgutachten für die Bejahung der Schuldfrage, insbesondere für die "Zuordnung" des sichergestellten Trennschleifers zum Beschwerdeführer , nicht die allein entscheidende Bedeutung zu.
25
cc) Die Verfahrensrüge, mit der die fehlerhafte Ablehnung zweier auf die Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens gerichteter Beweisanträge gerügt wird zum Nachweis, dass der sichergestellte Trennschleifer nicht das Tatwerkzeug war, greift ebenfalls nicht durch. Es ist bereits zweifelhaft , ob die Rüge zulässig erhoben ist, da die im Ausgangsantrag in Bezug genommenen Lichtbilder nicht mitgeteilt worden sind. Das Landgericht hat die Anträge mit rechtsfehlerfreier Begründung zurückgewiesen. Es hat bei der Ablehnung der Anträge auch nicht gegen die Aufklärungspflicht verstoßen (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Entscheidung 1). Bereits der Ausgangspunkt der Anträge , mit dem sichergestellten Trennschleifer könne die weiße Tür zum Werteraum nicht beschnitten worden sein, weil ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Dr. H. keine weißen Partikel am Trennschleifer fest- gestellt worden seien, ist falsch. Das Gegenteil hat der Sachverständige sowohl in seinem schriftlichen als auch in seinem mündlichen Gutachten nachvollziehbar ausgeführt. Der Sachverständige hat auch vergleichende Untersuchungen dieser weißen Spuren mit weißen Substanzen, die im Inneren des Geldtransporters vor der Wertetür gefunden wurden, durchgeführt, eine Übereinstimmung der Substanzen jedoch nicht festzustellen vermocht. Eine weitergehende Vergleichsuntersuchung der am Trennschleifer gesicherten weißen Spuren drängte sich nicht auf. Eine Klärung, ob sich diese Spuren einer Schnittführung an der Tür zum Werteraum zuordnen lassen, hätte das Vorliegen einer Vergleichsprobe des Türenmaterials vorausgesetzt. Eine solche stand der Strafkammer nicht zur Verfügung.
26
Soweit die Revision unter Aufklärungsgesichtspunkten beanstandet, es hätte nicht nur der Vorfilter des Trennschleifers, sondern auch der dahinter liegende Hauptfilter auf Staubpartikel untersucht werden müssen, wird aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen nicht deutlich , weshalb sich die Strafkammer zu dieser Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen.
27
dd) Auch die Rüge, das Landgericht habe die als wahr unterstellte Tatsache , der Lebensgefährte der Mutter des Angeklagten Percy L. sei für diesen eine vaterähnliche Bezugsperson gewesen, in den Urteilsgründen als unerheblich behandelt, greift nicht durch. Das Landgericht hat diese Tatsache nicht als tatsächlich bedeutungslos behandelt, sondern es hat sich mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, dass Percy L. mit der Bezeichnung "Alter" in dem von der VP geschilderten Gespräch auch den Lebensgefährten seiner Mutter gemeint haben könnte. Es hat aus der wahr unterstellten Tatsache allerdings nicht den vom Angeklagten gewünschten Schluss gezogen. Hierzu war es nicht gehalten. Das Gericht braucht aus einer als wahr unterstellten Indiztatsache nicht die Schlussfolgerungen zu ziehen, die der Antragsteller gezogen wissen will (BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Wahrunterstellung 1).
28
b) Das Urteil hält auch sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand. Die Beweiswürdigung weist auch zur Tat vom 10. März 2003 keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
29
Bei Würdigung der Angaben der einvernommenen Vernehmungs- bzw. Führungsbeamten der VP zu einem Gespräch, in welchem Percy L. seinen Vater, den Angeklagten Klaus-Dieter L. , der Tatbeteiligung an dem verfahrensgegenständlichen Raubüberfall bezichtigt haben soll, hat das Landgericht den eingeschränkten Beweiswert der Aussagen dieser "Zeugen vom Hörensagen" nicht verkannt und bedacht, dass solche Angaben den Feststellungen regelmäßig nur dann zu Grunde gelegt werden dürfen, wenn sie durch andere wichtige Beweisanzeichen gestützt werden (BGHSt 36, 159, 166 m.w.N.). Das Landgericht hat ferner gesehen, dass diese Einschränkungen in besonderer Weise gelten, wenn die VP in den polizeilichen Vernehmungen ihrerseits nur Bekundungen eines Dritten, wie hier dem Gesprächspartner des Angeklagten Percy L. , wiedergegeben hat, also selbst nur "Zeuge vom Hörensagen" gewesen ist (vgl. BGH StV 1996, 583).
30
Solche gewichtigen Indizien hat das Landgericht festgestellt und sich sodann im Rahmen einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände die Überzeugung von der Mittäterschaft des Angeklagten Klaus-Dieter L. an dem Raubüberfall verschafft.
31
Rechtsfehler sind dabei nicht zu erkennen.
32
aa) Das Landgericht hat bei Prüfung der Frage, ob der sichergestellte Trennschleifer dem Angeklagten "zuzuordnen" ist, nicht, wie die Revision meint, das Schweigen des Angeklagten zu seinem Nachteil verwertet. Das Landgericht hat sich mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, dass der Angeklagte den sichergestellten Trennschleifer für eine dritte Person bei seinem Bekannten untergestellt hat. Es hat diese Möglichkeit mit der Begründung verworfen, dies sei weder vom Angeklagten behauptet worden, noch sei den hierzu vernommenen Zeugen etwas Derartiges bekannt gewesen, noch sprächen "andere" Anhaltspunkte für diese Möglichkeit.
33
Eine unzulässige Verwertung des Schweigens des Angeklagten liegt darin nicht. Vielmehr hat das Landgericht das Schweigen des Angeklagten zur Kenntnis genommen und lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sich für die erwogene Möglichkeit, der sichergestellte Trennschleifer sei einem Dritten zuzuordnen , in keiner Hinsicht Anhaltspunkte gefunden haben.
34
bb) Die Ausführungen im Urteil lassen auch nicht besorgen, dass die Strafkammer dem Gutachten des Schriftsachverständigen zur Beurteilung der beim Kauf des sichergestellten Trennschleifers geleisteten Unterschrift einen zu hohen Beweiswert zugemessen hat. Das Landgericht hat nicht verkannt, dass nach den Darlegungen des Sachverständigen für eine Urheberschaft des Angeklagten nur eine hohe und damit eingeschränkte Wahrscheinlichkeit spricht. Die Feststellung, der Angeklagte sei Käufer des Geräts gewesen wird ersichtlich nicht ausschließlich auf das Ergebnis des Schriftgutachtens zurückgeführt, also nicht, wie die Revision meint, "absolut gesetzt". Diese Feststellung hat das Landgericht vielmehr unter Heranziehung weiterer Indizien, etwa dem Besitz des Geräts nach der Tat, getroffen, die in ihrer Gesamtheit den jedenfalls möglichen Schluss auf die Käufereigenschaft des Angeklagten zulassen.
35
cc) Schließlich beruht auch die Feststellung, der dem Angeklagten zuzuordnende Trennschleifer sei Tatwerkzeug gewesen, auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Den Umstand, dass die an dem Trennschleifer gesicherten weißen Partikelspuren nicht zuzuordnen waren, hat die Strafkammer im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Erkenntnisse zu den im Fahrzeug und am Trennschleifer gesicherten Spuren bedacht. Der Schluss, dass auf Grund einer signifikanten Übereinstimmung mehrerer Spuren der sichergestellte , zudem unter verdächtigen Umständen erworbene und aufbewahrte Trennschleifer bei der Tat verwendet wurde, ist deshalb nicht nur möglich, sondern nahe liegend.

III.


36
Der Angeklagte Percy L.
37
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft
38
a) Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zeigt, soweit der Angeklagte vom Vorwurf einer Tatbeteiligung am Raubüberfall freigesprochen worden ist, keinen ihn begünstigenden Rechtsfehler auf. Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Überprüfung stand. Sie weist weder Lücken noch Widersprüche auf, noch stellt sie überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Überzeugungsbildung.
39
Das Landgericht geht in seinem rechtlichen Ansatz zutreffend davon aus, dass die Aussagen der einvernommenen Vernehmungsbeamten über die Angaben der VP über die bereits oben (II. 2. b) dargelegten Einschränkungen hinaus auch deshalb besonders sorgfältiger Überprüfung bedurften, weil sich eine Tatbeteiligung des Angeklagten Percy L. an dem Raubüberfall - anders als beim Angeklagten Klaus-Dieter L. - nicht eindeutig, sondern nur mittelbar aus den mitgeteilten Schilderungen der VP ergibt. Mit Blick auf mögliche Übertragungsfehler des Gesprächsinhalts waren deshalb an die Überprüfung der Aussagen der "Zeugen vom Hörensagen" noch höhere Anforderungen als beim Angeklagten Klaus-Dieter L. zu stellen.
40
Es ist in Folge dessen nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht in Ermangelung aussagekräftiger Indizien, die, ähnlich wie beim Angeklagten Klaus-Dieter L. , einen direkten Bezug des Angeklagten zu der Tat vom 10. März 2003 aufweisen, nicht die Überzeugung von einer Mittäterschaft des Angeklagten Percy L. am Raubüberfall zu verschaffen vermocht hat. Das Landgericht hat dabei weder verkannt, dass sich die Angaben der Vernehmungsbeamten der VP in Bezug auf den Angeklagten Klaus-Dieter L. bestätigt haben, noch hat es gewichtige Umstände, die für eine Täterschaft des Percy L. sprechen könnten, bei seiner Wertung außer Acht gelassen. Nicht zu beanstanden ist insbesondere, dass die Strafkammer den Geldbewegungen auf den Auslandskonten des Angeklagten Percy L. keine höhere Beweisbedeutung beigemessen hat, zumal auf diese Konten bereits vor der Tat vom 10. März 2003 hohe Geldbeträge geflossen sind.
41
b) Eine Ergänzung der den Angeklagten Percy L. betreffenden Einziehungsanordnung in Bezug auf die sichergestellte Munition kommt wegen des Verbots der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) nicht in Betracht, da das Urteil, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, nicht zu seinen Ungunsten angefochten ist (BGH, Beschluss vom 7. Februar 2001 - 3 StR 579/00).
42
2. Die Revision des Angeklagten
43
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Insbesondere lässt die Beweiswürdigung einen sachlich-rechtlichen Mangel nicht erkennen.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 550/02
vom
8. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. Mai 2003,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwältin
als Verteidiger für den Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten S. ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 1. Juli 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei- dung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die Revision des Angeklagten B. gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Untreue nach § 266 StGB a.F. (Fälle 3 bis 7 der Anklage) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, verurteilt und ihn im übrigen vom weitergehenden Vorwurf der Untreue (Fälle 1, 2 und 8 der Anklage) aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Den Angeklagten S. hat es vom Vorwurf der Beihilfe zur Untreue des Angeklagten B. vollumfänglich ebenfalls aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Der Angeklagte B. beanstandet mit seiner Revision, soweit er ver- urteilt worden ist, das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Mit ihren zu Ungunsten beider Angeklagten eingelegten, auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen, die vom Generalbundesanwalt nur hinsichtlich des Angeklagten S. vertreten werden, wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die (Teil-)Freisprechung der Angeklagten. Das Rechtsmittel des Angeklagten B. bleibt ohne Erfolg; die Revisionen der Staatsanwaltschaft führen zur Aufhebung des Urteils insgesamt.

I.


1. Nach den Feststellungen war der Angeklagte B. seit 1981 bis zu seiner vorläufigen Amtsenthebung im März 2000 gewählter Bürgermeister der gemeinde S. (Sachsen-Anhalt). Im Zuge der im Juli 1990 begonnenen Planung, in einem Ortsteil der Gemeinde ein Gewerbegebiet zu errichten , beschloß der Gemeinderat von S. in seiner Sitzung vom 5. März 1991 einstimmig die Aufnahme von Krediten außerhalb des Haushalts zum Kauf von Land für dieses Projekt und ermächtigte gleichzeitig den Angeklagten, als Bürgermeister für die Gemeinde S. Grundstücke zu erwerben.
In der zweiten Märzhälfte 1991 faßte der Angeklagte B. den Entschluß , die für das Gewerbegebiet benötigten Grundstücke für die Gemeinde nicht direkt von den Eigentümern zu erwerben, sondern die S. und P. GmbH (künftig: S. GmbH) "durch seine Vermittlung" als Zwischenerwerberin einzuschalten. Der Angeklagte S. war Mehrheitsgesellschafter dieser GmbH; Mitgesellschafter war Tu. . Beide Gesellschafter waren alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Der Angeklagte B. kam mit
einem der Geschäftsführer der GmbH überein, daß die GmbH die Grundstücke zunächst für 5 DM/qm erwerben und sie sodann für 10 DM/qm an die Gemeinde weiterverkaufen sollte. Es war nicht vorgesehen, daß die S. GmbH vor dem Weiterverkauf an die Gemeinde wertsteigernde Maßnahmen an den Grundstücken vornehmen sollte. Den Gemeinderat und den Landrat informierte der Angeklagte B. über die geplante Vorgehensweise nicht.
In der Folgezeit setzte sich der Angeklagte B. überwiegend persönlich bei betroffenen Eigentümern dafür ein, ihre im geplanten Gewerbegebiet belegenen Grundstücke für 5 DM/qm an die S. GmbH zu verkaufen. Lediglich die Grundstückseigentümer M. , T. und G. (Fälle 1, 2 und 8 der Anklage) kamen möglicherweise nicht durch die direkte Einflußnahme des Angeklagten B. , sondern durch anderweitige Kenntniserlangung über die Kaufbereitschaft der S. GmbH mit dieser in Kontakt. Die Eigentümer T. , W. , P. , Th. , A. und Thi. (Fälle 2 bis 7 der Anklage) hätten ihre Grundstücke zum selben Preis auch unmittelbar an die Gemeinde verkauft.
Am 28. März 1991, 11. April 1991 und am 28. Oktober 1991 gaben die genannten acht Eigentümer notariell beurkundete, bis 31. Oktober 1993 (bzw. 1992 im Fall 8 der Anklage) befristete, unwiderrufliche Angebote ab, ihre Grundstücke zu einem Preis von 5 DM/qm an die S. GmbH zu verkaufen. Der GmbH wurde dabei jeweils das Recht eingeräumt, diese Angebote auch durch einen von ihr zu benennenden Dritten annehmen zu lassen.
Am 24. Juli 1991 beantragte der Angeklagte B. für die Gemeinde bei der L. bank zum Erwerb der im geplanten Gewer-
begebiet belegenen Grundstücke einen ersten Kredit auf der Grundlage eines Kaufpreises von 10 DM/qm. Der Kreditvertrag kam am 29. August 1991 zustande.
Am selben Tag nahm die S. GmbH, vertreten durch den Angeklagten S. , mit notarieller Urkunde das Kaufangebot des Eigentümers M. (Fall 1 der Anklage) auf der Grundlage eines Quadratmeterpreises von 5 DM (insgesamt 2,39 Mio DM) an. Am 17. Oktober 1991 erwarb der Angeklagte B. mit notariellem Kaufvertrag für die Gemeinde das Grundstück von der S. GmbH, vertreten durch den Angeklagten S. , zum Preis von 10 DM/qm. Die Überweisung des Kaufpreises durch die Gemeinde an die S. GmbH erfolgte am 6. November 1991.
Anläßlich eines Notartermins vom 2. April 1992 nahm die S. GmbH, vertreten durch Al. Tu. , die Kaufangebote der Grundstückseigentümer T. (2,4 Mio DM), W. , P. , Th. , A. und Thi. an (Fälle 2 bis 7 der Anklage). Im selben Termin erfolgte die Weiterveräußerung der Grundstücke für 10 DM/qm an die Gemeinde S. . Der Kaufpreis in Höhe von insgesamt 7,45 Mio DM wurde am 13. Mai 1992 an die S. GmbH überwiesen.
Schließlich wurde nach Ausübung des Drittbenennungsrechts das notarielle Kaufangebot (385.400 DM) der Eigentümer G. (Fall 8 der Anklage ) von einer anderen, dem Angeklagten S. zuzurechnenden Gesellschaft – der S. GmbH M. und P. – am 23. September 1992 im Beisein des Angeklagten S. angenommen. Im selben Termin erfolgte der Weiterverkauf an die Gemeinde, vertreten durch den
Angeklagten B. . Den Kaufpreis in Höhe von 770.800 DM beglich die Ge- meinde am 18. Februar 1993.
2. a) In den Fällen, in denen der Angeklagte B. selbst Grundstückseigentümer , die auch an die Gemeinde direkt verkauft hätten, als Verkäufer an die S. GmbH vermittelt hatte (Fälle 3 bis 7 der Anklage), sieht die Strafkammer den Straftatbestand der Untreue gemäß § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB als erfüllt an, da der Angeklagte hierdurch einen günstigeren Erwerb durch die Gemeinde vereitelt habe. In den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage hat das Landgericht den Angeklagten B. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen , da nicht nachgewiesen werden könne, daß diese Grundstückseigentümer durch den Angeklagten B. an die S. GmbH herangeführt worden seien oder er anderweitig den Zwischenerwerb hätte verhindern können.

b) Den Angeklagten S. hat das Landgericht ebenfalls aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. In den Fällen 3 bis 7 der Anklage hat es nicht festzustellen vermocht, daß er die Taten des Angeklagten B. gefördert habe. Es sei nicht geklärt, mit welchem der beiden Gesellschafter der S. GmbH der Angeklagte B. die Vereinbarung über den Zwischenerwerb vom März 1991 geschlossen habe. Zu Gunsten des Angeklagten S. geht die Wirtschaftsstrafkammer davon aus, daß der Angeklagte B. mit A. Tu. die Vereinbarung traf und diese auf Vorschlag des Angeklagten B. zustande kam, mithin sich die Geschäftsführer der S. GmbH allenfalls als "passive" Grundstücksspekulanten betätigt hätten.
In den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage sieht sich die Strafkammer bereits mangels Nachweises einer Haupttat des Angeklagten B. an einer Verurteilung des Angeklagten S. wegen Beihilfe zur Untreue gehindert.

II.


Der Angeklagte B.
1. Die Revision des Angeklagten
Das Urteil weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

a) Die Untreue zu Lasten der Gemeinde S. ist nicht verjährt. Da sich die notariellen Angebote der Grundstückseigentümer an die S. GmbH, deren spätere Annahme durch die GmbH und die notariellen Kaufverträge zwischen der GmbH und der Gemeinde einander bedingen und auf der Grundlage der im März 1991 getroffenen Vereinbarung eine Einheit darstellen, war nach § 78 a StGB die Tat erst beendet, als sich der aus den Kaufverträgen ergebende Schaden vollends zum Nachteil der Gemeinde S. verwirklicht hatte. Zwar kann für die Vollendung der Untreue schon eine schadensgleiche Vermögensgefährdung ausreichen. Für die für den Beginn der Verjährung maßgebende Tatbeendigung ist aber die Realisierung dieser Gefährdung entscheidend. Entsteht, wie hier, der Nachteil im Sinne des § 266 StGB erst durch verschiedene Ereignisse, ist der Zeitpunkt des letzten Ereignisses maßgeblich (BGHR StGB § 78 a Satz 1 Untreue 1, 2; BGH NStZ 2001, 650). Das in den notariellen Vertragsangeboten der Grundstückseigentümer an die S. GmbH liegende Gefahrenpotential verwirklichte sich im Abschluß der notariellen Kaufverträge zwischen der GmbH und der Gemeinde und verfestigte sich in der hieraus folgenden Erfüllung der Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises. Diese
erfolgte in den ausgeurteilten Fällen am 13. Mai 1992. Deshalb trat vorher jedenfalls keine Beendigung der Tat im Sinne des § 78 a StGB ein.
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Januar 2003 im einzelnen zutreffend darlegt, steht einer Verfolgungsverjährung der Tat Art. 315 a Abs. 2 EGStGB in der Fassung des 3. Verjährungsgesetzes vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I 3223) entgegen. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Anwendbarkeit des 3. Verjährungsgesetzes sind in dem hier zu beurteilenden Fall von "Vereinigungskriminalität" nicht zu ersehen. Die Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts im einstweiligen Anordnungsverfahren vom 1. August 2002 - 2 BvR 1247/01 -, auf die sich die Revision beruft, befaßt sich mit der Frage, ob durch das 3. Verjährungsgesetz eine Verlängerung der absoluten Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt ist. Diese Frage ist hier jedoch ohne Belang, da dem Eintritt einer absoluten Verjährung (§ 78 c Abs. 3 Satz 2 und 3 StGB) mit Eröffnung des Hauptverfahrens am 7. August 2001 das Ruhen der Verjährung gemäß § 78 b Abs. 4 StGB entgegen stand (vgl. BGHR StGB § 78 b Abs. 4 Strafdrohung 1).

b) Soweit sich der Angeklagte mit Verfahrensrügen und der Sachrüge gegen die Verurteilung wendet, ist sein Rechtsmittel aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft
Soweit der Angeklagte in den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage freigesprochen worden ist, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Nach den getroffenen Feststellungen ist zu besorgen, daß die Wirtschaftsstrafkammer bei der Beurteilung des pflichtwidrigen Handelns des Angeklagten einen zu engen Maßstab angelegt und deshalb den Untreuevorwurf zu seinem Vorteil nicht zutreffend beurteilt hat.
Der Angeklagte war als Bürgermeister der Gemeinde S. dieser gegenüber im Sinne des § 266 Abs. 1 2. Alt. StGB treupflichtig (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder 26. Aufl. § 266 Rdn. 25 m.w.N.). Diese Vermögensbetreuungspflicht wird in § 48, § 34 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 und 4 der im Tatzeitraum geltenden Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 (GBl DDR I 1990, 255) konkretisiert. Danach war ein Bürgermeister verpflichtet, Vermögen der Gemeinde pfleglich bzw. sparsam und wirtschaftlich zu behandeln, insbesondere wenn ihm, wie hier, durch Gemeinderatsbeschluß die Befugnis zur Verfügung über Vermögen übertragen wird (vgl. Richter in Schmidt-Eichstaedt u.a., Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR, 1990, § 48 Anm. 2).
Im Rahmen dieser Vermögensbetreuungspflicht durfte der Angeklagte die Möglichkeit eines dem betreuten Vermögen vorteilhaften Vertragsabschlusses nicht vereiteln oder unberücksichtigt lassen, um unter Berufung darauf, daß Leistung und Gegenleistung äquivalent sind, für sich oder einen Dritten einen Betrag zu erlangen, den der Treugeber mit Sicherheit erspart hätte,
wenn die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten Vermögens genutzt worden wäre (BGHSt 31, 232 ff. = NJW 1983, 1807 ff.; BGH wistra 1984, 109 und 189, 224). Dies hat das Landgericht im Ansatz nicht verkannt. Eine Vereitelung vorteilhafter Vertragsabschlüsse durch den Angeklagten B. unter Verletzung seiner Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Gemeinde sieht es aber nur in den Fällen als gegeben an, in welchen der Angeklagte Eigentümer, die ihre Grundstücke zum selben Preis auch an die Gemeinde verkauft hätten, selbst angesprochen und an die S. GmbH als Verkäufer vermittelt hat.
Bei dieser Bewertung des Umfangs der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten läßt das Landgericht indes rechtsfehlerhaft außer Betracht, daß bereits in dem Abschluß der Vereinbarung mit der S. GmbH vom März 1991 über einen Zwischenerwerb der Grundstücke ein tatbestandsmäßiges Handeln liegen kann (vgl. BGH NStZ 2000, 46, 47). Nach den getroffenen Feststellungen war die Vereinbarung vom März 1991 nämlich darauf angelegt, der Gemeinde einen finanziellen Nachteil zuzufügen. Einen wirtschaftlich nachvollziehbaren Grund für die Einschaltung eines Zwischenerwerbers, der den vereinbarten Preisaufschlag bei der Weiterveräußerung der Grundstücke an die Gemeinde rechtfertigen könnte, hat die Strafkammer nicht festgestellt.
Zwar enthielt die Vereinbarung vom März 1991 für sich allein keine Verfügung des Angeklagten über Vermögenswerte der Gemeinde. Sie bildete aber die Grundlage für die alsbald darauf von den Grundstückseigentümern gegenüber der S. GmbH abgegebenen unwiderruflichen und damit zu Lasten der Gemeinde vermögensgefährdend wirkenden Verkaufsangebote. Unerheblich ist dabei, ob die Grundstückseigentümer vom Angeklagten selbst
an die GmbH herangeführt wurden oder ob sie anderweitig von deren Erwerbsbereitschaft Kenntnis erlangten. Auch im letzteren Fall hatte der Angeklagte durch die Vereinbarung die wesentliche Ursache dafür gesetzt, daß die von dem Flächennutzungskonzept betroffenen Eigentümer wegen des Verkaufs ihrer Grundstücke nicht direkt an die Gemeinde herantraten, sondern den Verkauf über den Zwischenerwerber abwickelten (BGH NStZ 2000, 46, 47; vgl. auch RGSt 61, 1, 5). Wie die "Drittbenennungsklausel" in den Verkaufsangeboten zeigt, wären diese Eigentümer ebenfalls bereit gewesen, direkt an die Gemeinde zu verkaufen. Danach bestand für die Gemeinde auch in den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage nicht nur eine ungewisse Chance auf einen Vertragsabschluß , sondern eine gesicherte Aussicht auf Abschluß eines Kaufvertrages unmittelbar mit den Eigentümern auf der Grundlage eines Preises von 5 DM/qm, wenn sich der Angeklagte B. – wie ihm dies bei der Umsetzung des Gemeinderatsbeschlusses oblag – um den Direktkauf der Grundstücke bemüht hätte.
Nach den getroffenen Feststellungen steht deshalb allein die fehlende Vermittlungstätigkeit des Angeklagten B. in den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage einer Verurteilung wegen Untreue nicht entgegen. Schon deshalb bedarf die Sache insoweit neuer tatrichterlicher Prüfung und Entscheidung. Da aber das gesamte Tatgeschehen in den Fällen 1 bis 8 der Anklage insbesondere wegen des begrenzten Kreises der betroffenen Grundstückseigentümer sachlich -rechtlich eine einheitliche Tat darstellt, hebt der Senat den Schuldspruch insgesamt auf.

III.


Der Angeklagte S.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Der Freispruch des Angeklagten S. vom Vorwurf der Beihilfe zur Untreue des Angeklagten B. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Soweit die Strafkammer zu dem Ergebnis gelangt, dem Angeklagten S. sei in den Fällen 3 bis 7 der Anklage nicht nachzuweisen, daß er selbst im März 1991 die für die späteren Grundstücksveräußerungen maßgebliche "Unrechtsvereinbarung" mit dem Angeklagten B. für die S. GmbH getroffen habe, ist dies - für sich betrachtet - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Landgericht gelangt mit rechtsfehlerfreien Erwägungen zu dem jedenfalls möglichen, wenngleich nicht eben naheliegenden Schluß, die S. GmbH könne bei der Vereinbarung allein durch den zweiten Geschäftsführer der GmbH, A. Tu. , vertreten worden sein.
Rechtlich fehlerhaft ist es jedoch, daß die Strafkammer das Verhalten des Angeklagten nach Abschluß der Vereinbarung nicht als mögliche Beihilfe zur ausgeurteilten Untreue des Angeklagten B. in Betracht gezogen hat. Die getroffenen Feststellungen legen nämlich eine Beihilfehandlung des Angeklagten S. dadurch nahe, daß er als Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer an einem Projekt der S. GmbH mitwirkte, wissend, daß dieses darauf abzielte, einen Gewinn durch eine Straftat zu erreichen (vgl. BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 3). Bei einer solchen Sachlage käme es nicht, wie die Strafkammer meint, darauf an, welcher der beiden Geschäftsführer
nach außen auftrat und für die GmbH handelte. Entscheidend wäre vielmehr, ob durch die Mitwirkung des Angeklagten S. innerhalb der Gesellschaft die Straftat des Angeklagten B. noch vor deren Beendigung gefördert wurde.
Hierfür spricht die Feststellung des Landgerichts, daß der Angeklagte S. zwischen Juli 1991 und dem 13. August 1991 einen mit "vertrauliche Vorgehensweise beim Grunderwerb und Verkauf bei der Gemeinde S. " überschriebenen Vermerk fertigte. Aus diesem Vermerk geht hervor, daß die S. GmbH "Grund und Boden per Kaufoption für 5 DM pro qm erworben hat und ... diese an die Gemeinde S. für 10 DM pro qm verkauft". Den Vermerk übergab der Angeklagte S. u. a. dem damaligen Rechtsberater der GmbH, der wiederum auf der Grundlage dieses Schriftstücks am 13. August 1991 ein "Strategiepapier" entwarf. Form und Inhalt dieses Vermerks und dessen Weitergabe an den Rechtsberater sprechen dafür, daß dem Angeklagten S. nicht nur die Vereinbarung vom März 1991, sondern auch deren Unrechtsgehalt bekannt war und er jedenfalls in einem Zeitraum zwischen Vollendung und Beendigung der Untreue des Angeklagten B. in seiner Funktion als Geschäftsführer der GmbH selbst Aktivitäten zur Umsetzung der Vereinbarung entfaltete.
Soweit die Strafkammer davon ausgegangen ist, die Organe der GmbH hätten sich nur "passiv" als Grundstücksspekulanten betätigt, ist diese Wertung mit den festgestellten Tatsachen nicht in Einklang zu bringen. Form und Inhalt des oben beschriebenen "vertraulichen" Vermerks des Angeklagten S. sprechen vielmehr dafür, daß die Vereinbarung vom März 1991 mit jedenfalls einem der Geschäftsführer der GmbH im kollusiven Zusammenwirken mit dem Angeklagten B. zustande kam und der Angeklagte S. bewußt an
deren späteren Umsetzung aktiv mitwirkte. Darauf, ob der in der Literatur vertretenen Auffassung (Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 163; Tröndle /Fischer StGB 51. Aufl. § 266 Rdn. 80), eine strafbare Beihilfe liege nicht vor, wenn ein außenstehender Dritter in geschäftlichen Verhandlungen seinen Vorteil sucht und die Pflichtverletzung des Täters erkennt, ohne jedoch mit diesem kollusiv zusammenzuwirken, zu folgen ist, kommt es hier deshalb nicht an.
Das Urteil unterliegt, soweit es den Angeklagten S. betrifft, ebenfalls insgesamt der Aufhebung, da auch die Feststellungen zur Haupttat des Angeklagten B. in den Fällen 1, 2 und 8 der Anklage der rechtlichen Überprüfung, wie unter II. 2. dargelegt, nicht standhalten.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.