Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juni 2019 - 2 StR 202/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 4. Juni 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Vergewaltigung, wegen Zuhälterei in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Einschleusen von Ausländern und mit Beihilfe zur Urkundenfälschung, davon in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung in zwei Fällen, sowie in einem dieser Fälle mit Bedrohung, wegen versuchten Menschenhandels, wegen versuchten Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit Verschaffen falscher amtlicher Ausweise, sowie wegen Körperverletzung verurteilt wird;
b) im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung, wegen Zuhälterei in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum Gebrauch einer verfälschten Urkunde, davon in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung in zwei Fällen sowie in einem dieser Fälle mit Bedrohung, wegen versuchten Menschenhandels, wegen Körperverletzung und wegen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
- 2
- Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I.
- 3
- Nach den Feststellungen des Landgerichts lernte der Angeklagte die aus Bulgarien stammende Geschädigte T. im Jahr 2011 in Griechenland kennen und brachte sie unter Vorspiegelung einer Liebesbeziehung dazu, sich zu prostituieren und ihm ihre Einnahmen zu überlassen. Die albanische Staatsangehörige S. , die in derselben Bar wie T. arbeitete, begleitete beide bei ihrer in der Hoffnung auf erhöhte Einnahmen aus der Prostitution erfolgten Einreise nach Deutschland Anfang des Jahres 2012. Während T.
- 4
- Der Angeklagte vermittelte die beiden Frauen sodann an verschiedene Bordelle in Deutschland. Er organisierte ihnen – sofern sie nicht direkt im Bordell schliefen – Wohnungen. Ihren Verdienst hatte T. vollständig, S. mindestens bis Juli 2012 vollständig und später zur Hälfte an den Angeklagten abzuliefern. Er machte ihnen Vorgaben zu Arbeitszeiten, Kunden und Verdienst und überwachte ihre Tätigkeit und ihre Einnahmen, wies sie an, über das Berufsnotwendige hinaus keinen Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen und untersagte S. , albanische Freier zu bedienen. T. und S. sollten sich nicht ohne seine Begleitung in der Stadt bewegen oder einkaufen.
- 5
- T. wurde, wenn sie die Verdienstvorgaben nicht einhielt, vom Angeklagten geschlagen, S. zumeist angeschrien. Einmal schlug der Angeklagte S. in schmerzhafter Weise, als sie entgegen seiner Vorgabe eine Beziehung eingegangen war. Ein weiteres Mal ohrfeigte er sie gemeinsam mit einem Bekannten, als er vermutete, sie habe T. bei einem Fluchtversuch unterstützt, und er bedrohte sie, indem er ihr eine Pistole an die Stirn hielt und zu ihr sagte „Wir werden Dich jetzt töten“ und „Wir werden Dich fesseln und lebendig in einem Loch begraben“. S. nahm dies ernst und empfand Todesangst. Ferner schlug er ihr einmal zur Strafe dafür, dass sie versehentlich Essen auf ihn gekleckert hatte, so auf den Rücken, dass er sie verletzte. Durch die Vorgaben, Kontrollen, Drohungen und Körperverletzungen hielt der Angeklagte beide Frauen, wie er wusste und beabsichtigte, davon ab, die Prostitution aufzugeben. Er selbst lebte vom Verdienst der Frauen und überwies Teile davon an seine Familie in Griechenland. Selbst als es den Frauen gelang, in ihre Heimatländer zu reisen und sie mit dem Gedanken spielten, die Prostitution aufzugeben, konnte der Angeklagte sie durch Drohungen, ihren Familien etwas anzutun, dazu bewegen, zurückzukehren und die Prostitutionstätigkeit für ihn fortzusetzen.
- 6
- Nach einer zwischenzeitlichen Flucht nach Albanien erhielt S. vom Angeklagten einen gefälschten griechischen Ausweis, für den sie ihm 600 € bezahlte. Sie zog sodann Anfang des Jahres 2013 in eine Wohnung in
G.
und arbeitete bis Ende des Jahres wie schon zuvor für den Angeklagten in Bordellen in B. und D. . T. blieb in Do. , wobei sie weiter vom Angeklagten angewiesen und überwacht wurde. Er würgte, schlug und trat sie, wenn sie die Verdienstvorgaben nicht einhielt und drohte ihr, sie umzubringen bzw. ihr Säure ins Gesicht zu schütten, wenn sie sich von ihm trennen wollte. Nach einer Auseinandersetzung, in der er sie so sehr geschlagen hatte, dass sie am ganzen Körper Hämatome hatte und Todesangst verspürte , trennte sie sich endgültig von ihm.- 7
- Im Frühsommer des Jahres 2013 besuchte S. ihre Familie in Albanien. Bei ihrer Rückkehr nach Deutschland sollte sie von ihrer älteren Schwester O. begleitet werden. Allerdings konnte zunächst nur O. allein einreisen, weil im Pass S. gefälschte Einreisestempel entdeckt worden waren. In Deutschland angekommen wurde O. auf Geheiß desAngeklagten in die Wohnung ihrer Schwester gebracht. Dort war sie alsbald allein, worunter sie sehr litt, zumal der Angeklagte ihr verboten hatte, Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen, und ihr auch nicht gesagt hatte, wo sie sich befand. Auf ihre Frage nach einer Arbeitserlaubnis bzw. dem dafür notwendigen gefälschten Pass vertröstete er sie; ihre Bitte, ihr Geld für die Heimreise nach Albanien zu geben, lehnte er ab. Nach einigen Tagen, als es ihr bereits sehr schlecht ging, kam der Angeklagte überraschend in die Wohnung, brachte Essen und Zigaretten mit und fragte sie verklausuliert, ob sie bereit sei, in Deutschland als Prostituierte zu arbeiten, und bot ihr an, dies zu ermöglichen. Er beabsichtigte, O. , die wirtschaftlich und emotional auf ihn angewiesen war, weil sie über kein eigenes Geld in Deutschland verfügte, nur albanisch sprach und sich auch aufgrund ihres ängstlichen Naturells von ihm abhängig fühlte, zur Aufnahme der Prostitution zu bewegen, um in mindestens gleicher Weise wie bei ihrer Schwester an den Einnahmen beteiligt zu werden. O. lehnte aber ab.
- 8
- Wenig später setzte sich der Angeklagte zu ihr, gab ihr einen Kuss, woraufhin sie abwehrend reagierte. Sodann legte er sich mit seinem Körper auf sie, zog ihr ihre Jogging- und Unterhose mit seiner linken Hand herunter und vollzog gegen den körperlichen und verbalen Widerstand von O. den vaginalen Geschlechtsverkehr, was bei ihr zu starken Schmerzen und Blutungen führte.
- 9
- In der darauffolgenden Woche unterband der Angeklagte die Versorgung von O. mit Lebensmitteln und Zigaretten, von denen sie stark abhängig war, in der Absicht, sie so zur Aufnahme der Prostitution zu zwingen. Er besorgte ihr auch einen gefälschten griechischen Ausweis, für den ihm S. 600 € zahlte, um ihr den Aufenthalt und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, da er wusste, dass ihr als Albanerin ein solcher Aufenthalt zu Erwerbszwecken nicht gestattet war.
II.
- 10
- Die Verfahrensrügen des Angeklagten haben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg. Hingegen führt die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils zur teilweisen Abänderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen.
- 11
- 1. Die auf revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen den Schuldspruch mit Ausnahme der tatmehrheitlichen Verurteilung wegen (vollendeten) Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen.
- 12
- a) Die Einwände der Revision gegen die Beweiswürdigung bleiben ohne Erfolg. Eingedenk des nur eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteile vom 13. März 2019 – 2 StR 462/18, juris Rn. 13, und vom 22. Oktober 2014 – 2 StR 92/14, NStZ-RR 2015, 52, jeweils mwN) erweist sich die Beweiswürdigung des Landgerichts als nicht rechtsfehlerhaft. Dies gilt auch hinsichtlich der an die Würdigung des Beweisergebnisses zu stellenden besonderen Anforderungen, wenn, wie vorliegend bei dem der abgeurteilten Vergewaltigung zugrundeliegenden Tatgeschehen, Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung im Wesentlichen davon abhängt, welchen Angaben der Tatrichter folgt. Erforderlich sind insbesondere eine sorgfältige Inhaltsanalyse der Angaben, eine möglichst genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage, eine Bewertung eines gegebenenfalls feststellbaren Aussagemotivs, sowie eine Prüfung von Konstanz, Detailliertheit und Plausibilität der Angaben (Senat, Urteil vom 22. Oktober 2014, aaO). Dem wird das angefochtene Urteil gerecht. Insbesondere hat das Landgericht auch die körperlichen Beeinträchtigungen des Angeklagten in den Blick genommen und sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar damit auseinandergesetzt , dass diese der von der Nebenklägerin O. geschilderten Tatausführung nicht entgegenstanden.
- 13
- b) Die den versuchten Menschenhandel nach § 232 Abs. 1 StGB idF vom 11. Februar 2005 zum Nachteil O. begründende Tathandlung liegt bereits darin, dass der Angeklagte ihr unter Ausnutzung ihrer ausländerspezifischen Hilflosigkeit anbot, für ihn als Prostituierte zu arbeiten. Als Tathandlung setzt das „dazu Bringen“ des § 232 StGB aF in Abgrenzung zum „Einwirken“ des § 180b StGB aF weder eine Einflussnahme von gesteigerter Intensität vo- raus noch in Abgrenzung zum „dazu Bestimmen“ des § 181 StGB aF eine Wil- lensbeeinflussung im Wege der Kommunikation; es genügt vielmehr – sofern wie hier das Merkmal des Ausnutzens erfüllt ist – jede ursächliche Herbeiführung des Erfolges, gleichgültig auf welche Art und Weise, sei es auch nur durch Schaffen einer günstigen Gelegenheit oder durch ein schlichtes Angebot (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 – 3 StR 507/09, NStZ 2011, 157; Senat, Beschluss vom 7. April 2005 – 2 StR 524/04, NStZ-RR 2005, 234). Es kommt daher vorliegend nicht darauf an, dass das Landgericht mit missverständlicher Formulierung (erst) darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte sie nicht mit Essen versorgt habe.
- 14
- Allerdings begegnet die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe wegen seines Plans, auch die Einnahmen von O. aus der Prostitution für sich zu beanspruchen, gewerbsmäßig im Sinne von § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF gehandelt, rechtlichen Bedenken. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will. Liegt ein solches Gewinnstreben vor, ist zwar schon die erste Tat als gewerbsmäßig zu werten; die Wiederho- lungsabsicht muss sich jedoch stets auf das Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist. Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF liegt mithin vor, wenn der Täter sich eine fortlaufende Einnahmequelle gerade durch die wiederholte Vornahme solcher Handlungen verschaffen will, die den Tatbestand des § 232 StGB aF erfüllen (BGH, Urteil vom 12. April 2018 – 4 StR 336/17, juris Rn. 16 mwN). Dass der Angeklagte vorliegend aber bei Begehung der Tat nach § 232 Abs. 1 StGB bereits in Wiederholungsabsicht handelte, wird durch den Verweis auf die anderen beiden Geschädigten und die bei ihnen verwirklichte Zuhälterei nicht zweifelsfrei belegt. Hierauf kann das Urteil indes nicht beruhen, weil das Landgericht die Qualifikation weder im Schuldspruch aufgenommen, noch bei der Strafrahmenwahl bzw. der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigt hat.
- 15
- c) Soweit die Strafkammer zwar Feststellungen dazu getroffen hat, dass der Angeklagte durch jeweils eigenständige Drohungen mit Bezug auf die Familien der Frauen sowohl T. als auch S. zur Fortsetzung der Prostitution brachte, als sie beabsichtigten, die Prostitution aufzugeben, indes nicht erwogen hat, dass insoweit über die Verurteilung wegen Zuhälterei in zwei Fällen hinaus zusätzlich eine Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen schweren Menschenhandels in zwei Fällen nach § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB aF in Betracht kommt (vgl. zur gewahrten Unrechtskontinuität nach § 2 Abs. 3 StGB bei nach Tatbeendigung erfolgter Neuregelung im § 232a Abs. 3 StGB BGH, Beschluss vom 23. März 2017 – 1 StR 607/16), ist der Angeklagte nicht beschwert.
- 16
- d) Hingegen erweist sich die tatmehrheitliche Verurteilung wegen (vollendeten ) Einschleusens von Ausländern in zwei Fällen als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Dies führt zur Abänderung des Schuldspruchs.
- 17
- aa) Entgegen der Auffassung der Revision wird allerdings der Schuldspruch wegen Einschleusens von Ausländern nach § 96 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG idF vom 22. November 2011 in zwei Fällen von den Feststellungen getragen.
- 18
- Der Angeklagte verschaffte S. zwei gefälschte Pässe, organisierte ihr zur Durchführung ihrer Prostitutionstätigkeit Unterkünfte und Arbeitsstätten und erhielt sowohl für die Pässe eine Bezahlung als auch anteilige Einnahmen aus ihrer Tätigkeit. Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es nicht an vorsätzlichen und rechtswidrigen Haupttaten S. . Mit der Aufnahme ihrer Erwerbstätigkeit als Prostituierte entfiel für die zuvor visumsfrei eingereiste albanische Staatsangehörige (sog. Positivstaaterin) die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nach § 17 Abs. 1 AufenthV iVm Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3, Anhang II der EG-VisaVO vom 15. März 2001 (Nr. 539/2001). Ab diesem Zeitpunkt war sie gem. § 50 Abs. 2 AufenthG idF vom 22. November 2011 vollziehbar ausreisepflichtig. Dieser Pflicht kam sie nicht nach, sondern hielt sich weiter – nunmehr unerlaubt – in Deutschland auf, ging der Prostitution nach und hat sich deshalb wegen Verstoßes gegen § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG idF vom 22. November 2011 strafbar gemacht (vgl. Senat, Urteil vom 27. April 2005 – 2 StR 457/04, NJW 2005, 2095, 2097 f.; MüKo-StGB/Gericke, AufenthG , 3. Aufl., § 95 Rn. 41).
- 19
- Einer Verurteilung des Angeklagten steht auch nicht entgegen, dass die Haupttäterin mit Blick auf den Vorrang des Rückführungsverfahrens möglicherweise straflos wäre. Zwar schließt die nach der sog. Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG) gebotene europarechtskonforme Auslegung des § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG eine Bestrafung nach dieser Norm aus, wenn und soweit einem Ausländer, dessen Aufenthalt den Ausländerbehörden bekannt ist, illegaler Aufenthalt nur während des laufenden Rückführungsverfahrens zur Last gelegt wird. Ob eine Bestrafung dann nicht ausgeschlossen ist, wenn und solange der Ausländer – wie es hier für S. , die sich von vornherein ausländerrechtlichen Maßnahmen entzogen hat, festgestellt ist – durch Untertauchen den gebotenen ausländerrechtlichen Maßnahmen entzieht, das Rückkehrverfahren damit quasi beendet ist, bedarf auch hier keiner Entscheidung (offen gelassen in BGH, Urteil vom 8. März 2017 – 5 StR 333/16, BGHSt 62, 85, 87 f.; befürwortend OLG Hamburg, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 Ss 196/11, juris Rn. 17 f.; KG, Beschluss vom 26. März 2012 – 1 Ss 393/11, juris Rn. 9; MüKoStGB /Gericke, AufenthG, 3. Aufl., § 95 Rn. 31 f.; dagegen NK-AuslR/Fahlbusch, 2. Aufl., AufenthG § 95 Rn. 50-54). Denn selbst bei Annahme einer persönlichen Straflosigkeit der Haupttäterin, die weder die Tatbestandsmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit ihres Handelns tangiert, bliebe es nach den Grundsätzen der limitierten Akzessorietät bei der Strafbarkeit des „Schleusers“ (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 8. März 2017 – 5 StR 333/16, BGHSt 62, 85, 88-90; Beschluss vom 24. Oktober 2018 – 1 StR 212/18, NStZ 2019, 283, 284).
- 20
- bb) Demgegenüber begegnet die konkurrenzrechtliche Bewertung des Landgerichts durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar kommt zwischen dem Schleusungsdelikt und der späteren Zuhälterei grundsätzlich auch Tatmehrheit in Betracht; wenn jedoch Handlungen, die den Tatbestand der Zuhälterei erfüllen, zugleich Unterstützungshandlungen für den illegalen Aufenthalt darstellen, ist von Tateinheit auszugehen (Senat, Urteil vom 17. März 2004 – 2 StR 474/03, juris Rn. 46; ebenso MüKo-StGB/Gericke, AufenthG, 3. Aufl., § 96 Rn. 44). So verhält es sich nach den getroffenen Feststellungen hier hinsichtlich des Verschaffens gefälschter Pässe zur Einreise und der Organisation von Unterkünften und Arbeitsstätten gegen dafür einbehaltene Anteile an den Einnahmen.
- 21
- cc) Der Senat kann den Schuldspruch selbst berichtigen; § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, weil der Angeklagte sich bei zutreffen- der rechtlicher Bewertung des Tatgeschehens nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Zur Klarstellung fasst der Senat den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich; hinsichtlich der jeweils tateinheitlich zu den beiden Fällen der Zuhälterei begangenen Urkundsdelikte wird dies als „Beihilfe zur Urkundenfälschung“gekennzeichnet und hinsichtlich des – zutreffend tatmehrheitlich abgeurteilten – versuchten Einschleusens von Ausländern zum Nachteil von O. um das tateinheitlich mitverwirklichte Verschaffen falscher amtlicher Ausweise gem. § 276 Abs. 1 Nr. 2 StGB ergänzt.
- 22
- 2. Demgegenüber kann der Strafausspruch keinen Bestand haben. Bereits die Aufhebung der tatmehrheitlichen Verurteilung betreffend die beiden Fälle des vollendeten Einschleusens von Ausländern bedingt den Wegfall der dafür verhängten Einzelstrafen und hier auch der Gesamtfreiheitsstrafe.
- 23
- Im Übrigen erweist sich die Strafzumessung auch für sich genommen als durchgreifend rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht bei der Bemessung sowohl der Einzelstrafen als auch beim Gesamtstrafenausspruch zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er „– wenn auch geringfügig – vorbestraft“ sei. Die dem landgerichtlichen Urteil zugrundeliegenden Taten beging der Angeklagte zwischen Anfang 2012 und Herbst 2014. Die bei der Strafzumessung in Bezug genommene Verurteilung datiert vom 22. Februar 2016. Zum Zeitpunkt der vom Landgericht abgeurteilten Taten war der Angeklagte mithin nicht vorbestraft (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 2 StR 127/14, BeckRS 2014, 13793; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 4 StR 479/14, BeckRS 2015, 1046). Eine nach der verfahrensgegenständlichen Tat ergangene Verurteilung darf nur dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn die dieser Verurteilung zugrunde liegende Straftat nach ihrer Art und nach der Persönlichkeit des Täters auf Rechtsfeindlichkeit, Gefährlichkeit und die Gefahr künftiger Rechtsbrüche schließen lässt (BGH, Beschluss vom 17. April 2014 – 3 StR 113/14, BeckRS 2014, 11010); dies lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen und liegt angesichts des Bagatellcharakters der dem Strafbefehl zugrunde liegenden Tat des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis auch fern.
- 24
- 3. Der Strafausspruch bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Das ursprünglich gegen mehrere Angeklagte geführte Verfahren richtet sich nur noch gegen einen Erwachsenen, so dass der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverweist. Sollte der neue Tatrichter bei der Bemessung des Strafrahmens für den versuchten Menschenhandel zum Nachteil O. wiederum eine Strafrahmenverschiebung wegen Versuchs nach § 232 Abs. 1, Abs. 2 StGB aF, § 22, 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB vornehmen, wird er in den Blick zu nehmen haben, dass sodann – ausgehend von dem Strafrahmen des Grundtatbestandes von sechs Monaten bis zu zehn Jahren – ein Strafrahmen von einem Monat (§ 38 Abs. 2 StGB) bis sieben Jahre und sechs Monate eröffnet wäre.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn
- 1.
diese Person ausgebeutet werden soll - a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person, - b)
durch eine Beschäftigung, - c)
bei der Ausübung der Bettelei oder - d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
- 2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder - 3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,
- 1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder - 2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn
- 1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist, - 2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder - 3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.
(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.
(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.
(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.
(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.
(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.
(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren veranlasst,
- 1.
die Prostitution aufzunehmen oder fortzusetzen oder - 2.
sexuelle Handlungen, durch die sie ausgebeutet wird, an oder vor dem Täter oder einer dritten Person vorzunehmen oder von dem Täter oder einer dritten Person an sich vornehmen zu lassen.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List zu der Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder den in Absatz 1 Nummer 2 bezeichneten sexuellen Handlungen veranlasst.
(4) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen, wenn einer der in § 232 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.
(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen, in minder schweren Fällen der Absätze 3 und 4 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(6) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer an einer Person, die Opfer
- 1.
eines Menschenhandels nach § 232 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit § 232 Absatz 2, oder - 2.
einer Tat nach den Absätzen 1 bis 5
(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung
- 1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und - a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder - b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
- 2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig handelt, - 2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt, - 3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, - 4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder - 5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn
- 1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und - 2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.
(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.
(1) Für die Einreise und den Kurzaufenthalt sind die Personen nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1806 in der jeweils geltenden Fassung und die Inhaber eines von einem Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitels oder nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nicht befreit, sofern sie im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausüben.
(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, soweit der Ausländer im Bundesgebiet bis zu 90 Tage innerhalb von zwölf Monaten lediglich Tätigkeiten ausübt, die nach § 30 Nummer 2 und 3 der Beschäftigungsverordnung nicht als Beschäftigung gelten, oder diesen entsprechende selbständige Tätigkeiten ausübt. Die zeitliche Beschränkung des Satzes 1 gilt nicht für Kraftfahrer im grenzüberschreitenden Straßenverkehr, die lediglich Güter oder Personen durch das Bundesgebiet hindurchbefördern, ohne dass die Güter oder Personen das Transportfahrzeug wechseln. Die Frist nach Satz 1 beträgt für Tätigkeiten nach § 15a und § 30 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung 90 Tage innerhalb von 180 Tagen. Selbständige Tätigkeiten nach § 30 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung und nach den Sätzen 1 und 2 dürfen unter den dort genannten Voraussetzungen ohne den nach § 4a Absatz 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes erforderlichen Aufenthaltstitel ausgeübt werden.
(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.
(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.
(2a) (weggefallen)
(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.
(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.
(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.
(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält, - 2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn - a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist, - b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und - c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
- 3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist, - 4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist, - 6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet, - 6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet, - 7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder - 8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.
(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 - a)
in das Bundesgebiet einreist oder - b)
sich darin aufhält,
- 1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder - 2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.
(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.
(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.
(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Wer einen unechten oder verfälschten amtlichen Ausweis oder einen amtlichen Ausweis, der eine falsche Beurkundung der in den §§ 271 und 348 bezeichneten Art enthält,
- 1.
einzuführen oder auszuführen unternimmt oder - 2.
in der Absicht, dessen Gebrauch zur Täuschung im Rechtsverkehr zu ermöglichen, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt,
(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn
- 1.
diese Person ausgebeutet werden soll - a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person, - b)
durch eine Beschäftigung, - c)
bei der Ausübung der Bettelei oder - d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
- 2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder - 3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,
- 1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder - 2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn
- 1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist, - 2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder - 3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.