Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 181/19
vom
10. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:100719B2STR181.19.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. Juli 2019 beschlossen :
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 4. Januar 2019 wirksam zurückgenommen worden ist. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten sowie die dem Adhäsionskläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Der Antrag des Angeklagten vom 14. Juni 2019, ihm im Adhäsionsverfahren für die Revisionsinstanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Dr. B. aus E. beizuordnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen „Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Betrug in 75 rechtlich selbständigen Fällen“ eine Gesamtfrei- heitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt, eine Einziehungsentscheidung getroffen und ihn zur Zahlung von Schadensersatz an die Adhäsionsklägerin verurteilt. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Pflichtverteidiger Dr. B. , der dem Angeklagten durch das Tatgericht zusätzlich gemäß § 404 Abs. 5 Satz 2 StPO für das Adhäsionsverfahren beigeordnet worden war, wie auch dessen weiterer Pflichtverteidiger Dr. S. form- und fristgerecht Revision eingelegt.
2
Mit Schriftsatz vom 8. März 2019 beschränkte Rechtsanwalt Dr. B. die Revision auf den Adhäsionsausspruch, wobei er versicherte, dass dieses Vorgehen mit dem Angeklagten abgesprochen sei und kündigte an, eine entsprechende schriftliche Vollmacht nachzureichen. Er übersandte mit Schriftsatz vom 13. März 2019 eine vom 9. März 2018 datierende Vollmacht. Darin erklärt der Angeklagte: „Mir ist bekannt, dass mit der Beschränkung der Revision auf den Adhäsionsausspruch das Urteil des Landgerichts Gera hinsichtlich der Verurteilung im Übrigen, insbesondere hinsichtlich des Strafausspruchs und der Einziehungsentscheidung rechtskräftig wird“.
3
Mit Schriftsatz vom 11. März 2019 nahm der weitere Pflichtverteidiger, Rechtsanwalt Dr. S. , „die Revision unter ausdrücklicher Ermächtigung des Herrn W. (Anlage) zurück.“ Als Anlage war eine E-Mail des Angeklagten an Rechtsanwalt Dr. S. vom 11. März 2019 beigefügt, in welcher der Angeklagte ausführte, „hiermit bitte ich um die Rücknahme der eingelegten Revision zum Urteil vom 4. Januar 2019 am Landgericht Gera.“
4
Auf Nachfrage des Rechtspflegers beim Generalbundesanwalt erklärte Rechtsanwalt Dr. B. , er sei der Auffassung, dass die zweite Revisionsrücknahme durch Rechtsanwalt Dr. S. sich nur auf den strafrechtlichen Teil des Urteils beschränke und nicht das Rechtsmittel gegen den Adhäsions- ausspruch erfasse. Schriftsätzlich führte er aus, die Ermächtigung des weiteren Pflichtverteidigers durch den Angeklagten müsse, ebenso wie dessen Revisionsrücknahme , vor dem Hintergrund der mit dem Tatgericht getroffenen Verständigung gesehen werden, die nicht den Adhäsionsausspruch erfasst habe und hinsichtlich derer die Verteidigung gegenüber dem Gericht kommuniziert habe, das die Revision gegen dasUrteil hinsichtlich des Adhäsionsausspruchs in jedem Fall durchgeführt werden solle. Insoweit sei zwischen beiden Verteidigern und dem Angeklagten abgesprochen gewesen, „dass die Revision hinsichtlich des Strafausspruchs und der Einziehungsentscheidung – deklaratorisch – auch von dem Verteidiger Dr. S. zurückgenommen werden sollte“, da das auf die Adhäsionsentscheidung beschränkte Revisionsverfahren allein von Rechtsanwalt Dr. B. habe bearbeitet werden sollen.

II.

5
Die Revision des Angeklagten ist – was die Adhäsionsentscheidung anbelangt − durch die Erklärung von Rechtsanwalt Dr. S. vom 11. März 2019 wirksam zurückgenommen worden (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
6
1. Die Rücknahme eines Rechtsmittels muss als Prozesshandlung zweifelsfrei erklärt werden, um Wirksamkeit zu erlangen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2016 – 3 StR 311/16, juris Rn. 2, vom 24. August 2016 – 1 StR 380/16, juris Rn. 2; Senat, Beschluss vom 3. November 2011 – 2 StR 353/11, juris Rn. 3; LR/Jesse, StPO, 26. Aufl., § 302 Rn. 21, KKStPO /Paul, 7. Aufl., § 302 Rn. 11). Der Wille des Angeklagten auf die Herbeiführung der Rücknahme muss sich eindeutig aus der Erklärung ergeben (vgl. Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 302 Rn. 11; KK-StPO/Paul, aaO; MüKo- StPO/ Allgayer, § 302 Rn. 6; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 302 Rn. 20; jeweils mwN). Nur bei einer nicht eindeutigen Erklärung sind der Gesamtsinn der Erklärung (BGH, Beschluss vom 11. März 2003 – 1 StR 60/03, juris Rn. 1, vom 19. September 1996 – 1 StR 487/96, juris Rn. 10) und die Umstände ihrer Abgabe maßgeblich (Radtke in Radtke/Hohmann, aaO; SK-Frisch, StPO, 5. Aufl., § 302 Rn. 18).
7
2. Nach diesen Grundsätzen bewirkt die Erklärung des Verteidigers Dr. S. vom 11. März 2019 eine umfassende Rechtsmittelrücknahme.
8
a) Bereits der Wortlaut des anwaltlichen Schriftsatzes „nehme ich die Revision unter ausdrücklicher Ermächtigung (des Angeklagten) zurück“, lässt keinen Raum für die Annahme einer irgendwie gearteten Beschränkung der Rechtsmittelrücknahme. Die Erklärung ist inhaltlich eindeutig und zweifelsfrei auf eine Beendigung des Revisionsverfahrens und damit den Eintritt der Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils gerichtet. Weder die gewählte anwaltliche Formulierung noch die in Bezug genommene E-Mail des Angeklagten lassen erkennen, dass die erklärte Revisionsrücknahme nicht die vormalige Anfechtung des Adhäsionsausspruchs umfassen soll. Da sich die Rücknahmeerklärung an das Gericht und damit an keinen individuell bestimmten Erklärungsempfänger richtet, kommt es für die Auslegung − entgegen der Ansicht der Verteidigung − weder auf Umstände an, die einzelnen Beteiligten der Strafkammer jenseits des objektiven Akteninhalts bekannt sind (vgl. BeckOK-BGB/Bamberger/Roth/Hau/Poseck, 50. Ed., § 133 Rn. 28), noch darauf, wie das Landgericht die Rücknahmeerklärung gewertet und behandelt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2009 ─ VI ZB 89/08, NJW-RR 2010, 278, 279).
9
b) Zudem war auch aus den sonstigen Umständen nicht erkennbar, dass die weitere Rücknahmeerklärung durch Rechtsanwalt Dr. S. , die der Rücknahmeerklärung von Rechtsanwalt Dr. B. zeitlich nachfolgte und in ihrem Erklärungsinhalt über diese hinausging, lediglich „deklaratorischen“ Charakter haben sollte.
10
aa) Die ohne Beschränkung – jeweils als Revision bezeichneten ─ formund fristgerechten Erklärungen der beiden Verteidiger richten sich inhaltlich sowohl gegen den strafrechtlichen (§ 333 StPO) wie auch den zivilrechtlichen (§ 406a Abs. 2 StPO) Teil des landgerichtlichen Urteils. Unbeschadet der Tatsache , dass der Verteidiger nach § 297 StPO aus eigenem Recht und in eigenem Namen tätig werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 1972 – 3 StR 282/71, GA 1973, 46, 47), handelt es sich bei dem von ihm eingelegten Rechtsmittel um ein solches des Beschuldigten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 2016 – 4 StR 149/16, BGHSt 61, 218, 220; vom 17. Februar 2011 – 4 StR 691/10, StraFo 2011, 232; vom 13. Juni 2006 – 4 StR 182/06, NStZ-RR 2007, 210; vom 9. August 1995 – 1 StR 699/94, BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 8). Die Erklärungen der beiden Verteidiger führen damit nicht zu mehreren selbständigen, sondern zu einem einheitlichen Rechtsmittel des Beschuldigten (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 1995 – 1 StR 699/94, aaO; OLG Jena, Beschluss vom 10. August 2015 – 1 OLG 171 Ss 25/15, StraFo 2016, 28, 29; LR/Jesse, StPO, aaO, § 302, Rn. 87). Dementsprechend hat die wirksame Rücknahme der Revision durch einen Verteidiger den Verlust des einheitlichen Rechtsmittels, auch soweit dieses von anderen Verteidigern eingelegt worden ist, zur Folge (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 1995 – 1 StR 699/94, aaO).
11
bb) Angesichts dessen lassen die sonstigen Umstände nicht erkennen, dass die weitere Rücknahme vom 11. März 2019 lediglich „deklaratorischen“ Inhalt haben sollte. Denn für eine derartige Erklärung bestand keine Notwendigkeit. Rechtsanwalt Dr. B. hatte das Rechtsmittel des Angeklagten durch den Schriftsatz vom 8. März 2019 wirksam auf den Adhäsionsausspruch beschränkt. Vor diesem Hintergrund konnte der weiteren ─ umfassenden ─ Erklärung von Rechtsanwalt Dr. S. nach den Maßstäben der Prozessordnung und der Aktenlage nur der Sinn beigemessen werden, dass das Rechtsmittel insgesamt zurückgenommen werden sollte. Ein derartiger Erklärungsinhalt widersprach auch keineswegs der Interessenlage des Angeklagten. Denn es sind keine objektiven Umstände dargestellt oder erkennbar, die einem nachträglichen Entschluss des Angeklagten zu einer umfassenden Rechtsmittelrücknahme entgegenstehen. Von daher begründet allein der Umstand, dass die weitere Rücknahmeerklärung nicht durch denjenigen Pflichtverteidiger erfolgte, der dem Angeklagten durch das Tatgericht im Adhäsionsverfahren beigeordnet war, keine Zweifel an der Eindeutigkeit der Rücknahmeerklärung.
12
3. Gegen die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung durch Rechtsanwalt Dr. S. bestehen keine Bedenken.
13
a) Der Angeklagte, dem, wie die Vollmacht gegenüber Rechtsanwalt Dr. B. vom 9. März 2019 belegt, zu diesem Zeitpunkt die Wirkung der Revisionsbeschränkung bekannt war, hat durch die E-Mail vom 11. März 2019 seinen weiteren Pflichtverteidiger beauftragt und ermächtigt, seine Revision gegenüber dem Tatgericht in Gänze zurückzunehmen.
14
b) Offen bleiben kann, ob der Angeklagte, wie von der Verteidigung vorgetragen , bei der Beauftragung und Ermächtigung seines weiteren Verteidigers die Fehlvorstellung hatte, die mit ihm abgestimmte und von ihm beauftragte weitere Rücknahme sei nur „deklaratorisch“. Ein derartiger Irrtum ließe die Wirksamkeit der Rechtmittelrücknahme unberührt.
15
Die Revisionsrücknahme ist ebenso wie der Rechtsmittelverzicht generell unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2018 ─ 3 StR 61/18, juris Rn. 2; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 302 Rn. 9, jeweils mwN). Ausnahmen von diesem Grundsatz werden von der Rechtsprechung nur in eng begrenztem Umfang zugelassen (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom 10. Januar 2001 – 2 StR 500/00, BGHSt 46, 257, 258). Ein durch einen Verteidiger hervorgerufener Irrtum des Angeklagten kann einen solchen Ausnahmefall nicht begründen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. August 2016 – 1 StR 301/16, juris Rn. 15; Beschluss vom 13. Mai 2003 ─ 4 StR 135/03, juris Rn. 3; vom 10. April 1991 – 3 StR 354/90, juris Rn. 4). Denn die Erklärung eines Angeklagten ist in diesem Fall, anders als bei einem durch das Gericht verursachten Irrtum, nicht mit derart schwerwiegenden Willensmängeln behaftet, dass Gründe der Gerechtigkeit dazu führen müssten, die Rücknahmeerklärung als unwirksam zu behandeln (vgl. zum Maßstab auch BGH, Urteil vom 21. April 1999 – 5 StR 714/98, BGHSt 45, 51, 53).
16
4. Da die Verteidiger des Angeklagten durch die Erklärung gegenüber dem Rechtspfleger beim Generalbundesanwalt und die Übersendung weiterer Schriftsätze die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel gezogen haben , war die eingetretene Rechtsfolge durch deklaratorischen Beschluss festzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2018 ─ 3 StR 61/18, aaO; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 302 Rn. 11a mwN).

III.

17
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Verteidigers im Adhäsionsverfahren kam nach wirksamer Rücknahme des Rechtsmittels nicht in Betracht.

IV.

18
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO analog.
Appl Krehl Eschelbach Meyberg Schmidt

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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Juli 2019 - 2 StR 181/19 zitiert 8 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 302 Zurücknahme und Verzicht


(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausges

Strafprozeßordnung - StPO | § 404 Antrag; Prozesskostenhilfe


(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des

Strafprozeßordnung - StPO | § 406a Rechtsmittel


(1) Gegen den Beschluss, mit dem nach § 406 Abs. 5 Satz 2 von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt worden und solange keine den Rechtszug abschl

Strafprozeßordnung - StPO | § 333 Zulässigkeit


Gegen die Urteile der Strafkammern und der Schwurgerichte sowie gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Urteile der Oberlandesgerichte ist Revision zulässig.

Strafprozeßordnung - StPO | § 297 Einlegung durch den Verteidiger


Für den Beschuldigten kann der Verteidiger, jedoch nicht gegen dessen ausdrücklichen Willen, Rechtsmittel einlegen.

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(1) Der Antrag, durch den der Anspruch geltend gemacht wird, kann schriftlich oder mündlich zu Protokoll des Urkundsbeamten, in der Hauptverhandlung auch mündlich bis zum Beginn der Schlußvorträge gestellt werden. Er muß den Gegenstand und Grund des Anspruchs bestimmt bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Ist der Antrag außerhalb der Hauptverhandlung gestellt, so wird er dem Beschuldigten zugestellt.

(2) Die Antragstellung hat dieselben Wirkungen wie die Erhebung der Klage im bürgerlichen Rechtsstreit. Sie treten mit Eingang des Antrages bei Gericht ein.

(3) Ist der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt, so wird der Antragsteller von Ort und Zeit der Hauptverhandlung benachrichtigt. Der Antragsteller, sein gesetzlicher Vertreter und der Ehegatte oder Lebenspartner des Antragsberechtigten können an der Hauptverhandlung teilnehmen.

(4) Der Antrag kann bis zur Verkündung des Urteils zurückgenommen werden.

(5) Dem Antragsteller und dem Angeschuldigten ist auf Antrag Prozeßkostenhilfe nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, sobald die Klage erhoben ist. § 121 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt mit der Maßgabe, daß dem Angeschuldigten, der einen Verteidiger hat, dieser beigeordnet werden soll; dem Antragsteller, der sich im Hauptverfahren des Beistandes eines Rechtsanwalts bedient, soll dieser beigeordnet werden. Zuständig für die Entscheidung ist das mit der Sache befaßte Gericht; die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt: "Der Angeklagte hat die von seinem Verteidiger eingelegte Revision wirksam zurückgenommen. Die erneute Einlegung der Revision ist daher unzulässig. Der Verteidiger des Angeklagten hat mit Schriftsatz vom 18. Mai 2016 Revision eingelegt. Der Angeklagte hat mit Schreiben vom 19. Mai 2016 (Bl. 2060 Bd. X d.A.), welches am 25. Mai 2016 beim Landgericht Aschaffenburg eingegangen ist, die Rücknahme der Revision erklärt. Mit Schreiben vom 22. Mai 2016 (Bl. 2065 Bd. X d.A.), eingegangen beim Landgericht Aschaffenburg am 27. Mai 2016, hat er erneut Revision eingelegt. Die Rücknahmeerklärung ('… hiermit ziehe ich den Revisionsantrag zu- rück und nehme die Strafe vom 12.05.16 an.') ist inhaltlich eindeutig. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte - wie von ihm im Schreiben vom 15. Juni 2016 (Bl. 2087 Bd. X d.A.) behauptet - tatsächlich bedingt durch die Einnahme von Medikamenten 'geschäftsunfähig' und 'unzurechnungsfähig' war sowie 'neben sich stand' und dadurch die Bedeutung seiner Erklärung nicht erkannt haben könnte, sind nicht ersichtlich. Denn es ist für die Wirksamkeit einer Revisionsrücknahme im Hinblick auf den psychischen Zustand ausreichend, dass der Erklärende sich bei Abgabe der Erklärung in einem Zustand geistiger Freiheit und Klarheit befindet, der ihn in die Lage versetzt, die Bedeutung der abgegebenen Erklärung zu erkennen, was sogar durch Geschäftsunfähigkeit oder Schuldfähigkeit nicht notwendig ausgeschlossen wird (BGH, Beschluss vom 19. September 1996 - 1 StR 487/96). Vielmehr sprechen die handschriftliche Abfassung der Rücknahmeerklärung vom 19. Mai 2016 sowie deren gewählte Formulierung dafür, dass der Angeklagte die Bedeutung und die Tragweite seiner Rücknahme zutreffend erfasst hat. Soweit die Rücknahme der Revision auf einem Motivirrtum des Angeklagten beruhen sollte, ist ein solcher Irrtum ohne Einfluss auf die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2005 - 1 StR 158/05 mwN). Umstände, die auf die Erforderlichkeit weiterer Aufklärung im Freibeweisverfahren hindeuten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Sofern man in dem Schreiben des Angeklagten vom 22. Mai 2016, welches am 27. Mai 2016 beim Landgericht Aschaffenburg eingegangen ist, einen Widerruf der zuvor erklärten Rechtsmittelrücknahme erblicken mag, ist dieser unwirksam, da dieser nicht spätestens zeitgleich mit der Rechtsmittelrücknahme am 25. Mai 2016 eingegangen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - 1 StR 620/96). An diese Rücknahme ist der Angeklagte gebunden. Denn eine wirksame Rücknahmeerklärung ist grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 15. April 2015 - 1 StR 112/15). Die Unzulässigkeit der Revision infolge wirksam erklärter Revisionsrücknahme kann allerdings nur das Revisionsgericht feststellen (§ 349 Abs. 1 StPO). Für eine Entscheidung des Tatrichters nach § 346 Abs. 1 StPO ist daneben kein Raum. Die Frage der Rechtzeitigkeit der eingelegten Revision stellt sich bei einer zuvor wirksam erklärten Rechtsmittelrücknahme nicht mehr. Der Beschluss des Landgerichts, durch den die - erneut eingelegte - Revision des Angeklagten wegen verspäteter Einlegung als unzulässig verworfen worden ist, ist daher aufzuheben. Einer im Tenor zum Ausdruck kommenden deklaratorischen Feststellung, dass die mit Schriftsatz des Verteidigers vom 18. Mai 2016 eingelegte Revision wirksam zurückgenommen worden ist, bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 23. November 2005 - 1 StR 436/05)."
3
2. Die Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dass das Rechtsmittel von seinem Verteidiger eingelegt worden war, ist für die Wirksamkeit der Rücknahme durch den Angeklagten ohne Belang, da der erklärte Wille des Angeklagten stets vorgeht (vgl. BGHR StPO, § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7 mwN; vgl. auch Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 302 Rn. 4 mwN). Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten wahrt die für die Zurücknahme des Rechtsmittels erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner aaO Rn. 7) und ist eindeutig und zweifelsfrei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 60/03
vom
11. März 2003
in der Strafsache
gegen
wegen Verbreitung pornographischer Schriften
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2003 gemäß § 349
Abs. 1 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30. August 2002 wird als unzulässig verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


Der Senat teilt die Auffassung des Generalbundesanwalts, auf dessen Antragsschrift vom 11. Februar 2003 Bezug genommen wird. Auch wenn der Erklärende nicht ausdrücklich von "Verzicht" spricht, kann die Erklärung diesen Inhalt haben (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7). Der Gesamtsinn der Erklärung ist maßgebend. Insoweit verweist der Senat ergänzend auf folgende Formulierung des Angeklagten in seinem Schreiben vom 1. September 2002 an den Vorsitzenden der Strafkammer: "Ich wäre heilfroh und Ihnen von Herzen dankbar, wenn Sie im Urteil vielleicht auf Haftverkürzungen bzw. -erleichterungen eingehen könnten wie Halbstrafe, 7/12 oder 2/3." Damit ist zweifelsfrei gemeint, daß das verkündete Urteil rechtskräftig werden sollte.
Die trotz wirksamen Rechtsmittelverzichts eingelegte Revision des Ver- teidigers ist daher nach § 349 Abs. 1 StPO als unzulässig zu verwerfen. Nack Wahl Schluckebier Kolz Elf

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 89/08
vom
24. März 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Auslegung eines mit "Berufung und Prozesskostenhilfeantrag" überschriebenen
Schriftsatzes.
BGH, Beschluss vom 24. März 2009 - VI ZB 89/08 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2009 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Wellner, Pauge und Stöhr und die Richterin
von Pentz

beschlossen:
Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 1. September 2008 gewährt. Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 1. September 2008 aufgehoben. Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 29. Februar 2008 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Sache wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und des Wiedereinsetzungsverfahrens zu entscheiden haben wird. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 24.279,19 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
1. Die Klägerin, die am 19. Juli 2001 beim Besuch der Zentrale für Gärtner - und Floristikbedarf der Beklagten in N. einen Unfall erlitt, als auf dem Freigelände ein dreibeiniger Eisenständer umfiel und sie am Kopf traf, nimmt die Beklagte auf Ersatz weiteren materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Ihr ist in erster Instanz ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 6. März 2008 zugestellt worden. Am 4. April 2008 haben die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin einen mit "Berufung und Prozesskostenhilfeantrag" überschriebenen anwaltlichen Schriftsatz eingereicht. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21. April 2008, bei Gericht eingegangen am 23. April 2008, hat die Klägerin den Prozesskostenhilfeantrag begründet. Gleichzeitig hat sie ein Formblatt mit der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst einigen Belegen eingereicht. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Klägerin mit Anwaltsschriftsatz vom 30. April 2008 erklärt, das Rechtsmittel solle erst nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe und nur im Umfang der Bewilligung durchgeführt werden. Zugleich hat sie vorsorglich die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt, die ihr mit Verfügung vom 5. Mai 2008 bis einschließlich 6. Juni 2008 gewährt worden ist. Durch Beschluss vom 27. Juni 2008, der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 7. Juli 2008 zugestellt worden ist, hat das Berufungsgericht den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Am 21. Juli 2008 hat die Klägerin Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beru- fungsfrist beantragt. Zur Begründung hat sie auf den Schriftsatz vom 21. April 2008 Bezug genommen.
2
Mit Beschluss vom 1. September 2008 hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Berufung sei unzulässig , weil das Rechtsmittel nicht innerhalb der Monatsfrist gemäß § 517 ZPO eingelegt worden sei. Die Berufungsfrist sei am 7. April 2008 abgelaufen. Sie sei durch den am 4. April 2008 eingegangenen Schriftsatz nicht gewahrt worden, weil eine an die Gewährung von Prozesskostenhilfe geknüpfte Berufungseinlegung unzulässig sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor, da die Klägerin klargestellt habe, dass die Berufung erst nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe und nur im Umfang der Bewilligung durchgeführt werden solle. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei der Klägerin nicht zu gewähren, denn sie sei nicht ohne ihr Verschulden gehindert gewesen, die Berufungsfrist einzuhalten. Die Klägerin habe innerhalb der Rechtsmittelfrist weder das Formular über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausgefüllt und zu den Akten gereicht noch irgendwelche Belege vorgelegt. Sie habe auch nicht erklärt, dass sich ihre Verhältnisse gegenüber der Prozesskostenhilfebewilligung in erster Instanz nicht oder nicht wesentlich geändert hätten. Diese Angaben habe die Klägerin auch nicht für entbehrlich halten dürfen, zumal ihre in erster Instanz eingereichte Erklärung bereits mehr als zwei Jahre zurückgelegen habe. Der Beschluss vom 1. September 2008 ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 5. September 2008 zugestellt worden.
3
Auf ihren am 2. Oktober 2008 beim Bundesgerichtshof eingegangenen Antrag hat der Senat der Klägerin Prozesskostenhilfe für die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss bewilligt und ihr mit Beschluss vom 16. Dezember 2008, zugestellt am 19. Dezember 2008, die Verfahrensbevollmächtigte beige- ordnet. Diese hat am selben Tag Rechtsbeschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Rechtsbeschwerde mit einem am 19. Januar 2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.

II.

4
1. Der Klägerin ist auf ihren rechtzeitig und formgerecht gestellten Antrag (§§ 236, 575 ZPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren.
5
2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig , weil nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f. = NJW 1989, 1147; BVerfG NJW-RR 2002, 1004).
6
3. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Berufungsgericht durfte die Berufung nicht mit der Begründung als unzulässig verwerfen, die Berufung sei verspätet eingegangen.
7
Der Schriftsatz der Klägerin vom 4. April 2008 erfüllt die Anforderungen, die das Gesetz in § 519 ZPO an eine Berufungsschrift stellt. In diesem Fall kommt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur dann in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (BGH, Beschlüsse vom 2. Oktober 1985 - IVb ZB 62/85 - VersR 1986, 40, 41; vom 16. Dezember 1987 - IVb ZB 161/87 - NJW 1988, 2046, 2047 f.; vom 10. Januar 1990 - XII ZB 134/89 - FamRZ 1990, 995; BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - NJW 1995, 2563, 2564; Senatsbeschlüsse vom 22. Januar 2002 - VI ZB 51/01 - VersR 2002, 1256, 1257 und vom 7. November 2006 - VI ZB 70/05 - VersR 2007, 662, 663). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
8
Ob eine Berufung eingelegt ist, ist im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der sonst vorliegenden Unterlagen zu entscheiden. Dabei sind - wie auch sonst bei der Auslegung von Prozesserklärungen - alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Auslegung von Prozesserklärungen , die auch der Senat als Revisionsgericht selbst vornehmen kann (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 1996 - VI ZR 325/95 - NJW-RR 1996, 1210, 1211; BGH BGHZ 4, 328, 334), hat den Willen des Erklärenden zu beachten , wie er den äußerlich in Erscheinung getretenen Umständen üblicherweise zu entnehmen ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 - VersR 1999, 900, 901 und Senatsbeschluss vom 22. Januar 2002 - VI ZB 51/01 - aaO, jeweils m.w.N.). Bei Beachtung dieser Grundsätze hat die Klägerin wirksam Berufung eingelegt.
9
Für die Auslegung des Schriftsatzes vom 4. April 2008 sind dessen Inhalt und die Begleitumstände heranzuziehen. Maßgebend ist der objektiv zum Ausdruck gekommene Wille des Erklärenden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es dabei allerdings nicht darauf an, ob der Schriftsatz vom Gericht als Berufungsschrift gewertet und behandelt worden ist. Nicht zu berücksichtigen sind auch die Begleitumstände, von denen das Gericht und der Rechtsmittelgegner erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist Kenntnis erlangt haben (vgl. BGH, Urteile vom 27. Juni 1984 - VIII ZR 213/83 - VersR 1984, 870 und vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - aaO). Deshalb kommt es vorliegend nicht darauf an, welche Erklärung die Klägerin auf den nach Ablauf der Berufungsfrist ergangenen gerichtlichen Hinweis vom 23. April 2008 abgegeben hat.
Ebenso unerheblich ist, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 21. Juli 2008 erneut "Berufung" eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt hat.
10
Der Inhalt des Schriftsatzes vom 4. April 2008 spricht nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit dafür, dass die Klägerin zunächst lediglich einen Prozesskostenhilfeantrag stellen und noch keine Berufung einlegen wollte. Für eine unbedingte Berufungseinlegung sprechen hier schon die Verwendung des Begriffs "Berufung" in der Überschrift und die Bezeichnung der Parteien als "Berufungsklägerin" und "Berufungsbeklagte" im Rubrum.
11
Mit Rücksicht auf die schwerwiegenden Folgen einer bedingten und damit unzulässigen Berufungseinlegung ist für die Annahme einer derartigen Bedingung eine ausdrückliche zweifelsfreie Erklärung erforderlich, die beispielsweise darin gesehen werden kann, dass der Schriftsatz als "Entwurf einer Berufungsschrift" bezeichnet wird, oder von einer "beabsichtigten Berufung" die Rede ist oder angekündigt wird, dass "nach Gewährung der Prozesskostenhilfe" Berufung eingelegt werde (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - aaO; Beschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554; Senatsbeschluss vom 7. November 2006 - VI ZB 70/05 - aaO). Daran fehlt es hier.
12
4. Hiernach ist die Berufung fristgerecht eingelegt worden. Das Rechtsmittel ist auch im Übrigen zulässig. Zwar ist die Berufungsbegründung nicht innerhalb der Begründungsfrist bei Gericht eingegangen, doch ist der Klägerin insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da sie diese Frist ohne ihr Verschulden versäumt und die Berufung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 1 Satz 2, § 236 Abs. 1 ZPO) begründet hat. Die Berufungsbegründung , die nach § 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO entweder bereits in der Berufungsschrift selbst oder in einem weiteren Schriftsatz beim Berufungsgericht einzureichen ist, kann auch dadurch erfolgen, dass auf andere Schriftsätze Bezug genommen wird, die von einem bei dem Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sind und inhaltlich den Anforderungen der Berufungsbegründung gerecht werden (BGH, Beschluss vom 5. März 2008 - XII ZB 182/04 - NJW 2008, 1740). Dies ist hier der Fall, denn die Klägerin hat in ihrer Berufungsschrift vom 21. Juli 2008 zur Begründung der Berufung ausdrücklich auf den Schriftsatz vom 21. April 2008 Bezug genommen. Dieser erfüllt die Anforderungen einer Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Müller Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.02.2008 - 4c O 102/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 01.09.2008 - I-18 U 102/08 -

Gegen die Urteile der Strafkammern und der Schwurgerichte sowie gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Urteile der Oberlandesgerichte ist Revision zulässig.

(1) Gegen den Beschluss, mit dem nach § 406 Abs. 5 Satz 2 von einer Entscheidung über den Antrag abgesehen wird, ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Antrag vor Beginn der Hauptverhandlung gestellt worden und solange keine den Rechtszug abschließende Entscheidung ergangen ist. Im Übrigen steht dem Antragsteller ein Rechtsmittel nicht zu.

(2) Soweit das Gericht dem Antrag stattgibt, kann der Angeklagte die Entscheidung auch ohne den strafrechtlichen Teil des Urteils mit dem sonst zulässigen Rechtsmittel anfechten. In diesem Falle kann über das Rechtsmittel durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden. Ist das zulässige Rechtsmittel die Berufung, findet auf Antrag des Angeklagten oder des Antragstellers eine mündliche Anhörung der Beteiligten statt.

(3) Die dem Antrag stattgebende Entscheidung ist aufzuheben, wenn der Angeklagte unter Aufhebung der Verurteilung wegen der Straftat, auf welche die Entscheidung über den Antrag gestützt worden ist, weder schuldig gesprochen noch gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Dies gilt auch, wenn das Urteil insoweit nicht angefochten ist.

Für den Beschuldigten kann der Verteidiger, jedoch nicht gegen dessen ausdrücklichen Willen, Rechtsmittel einlegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 149/16
vom
6. Juli 2016
in dem Sicherungsverfahren
gegen
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Nach der den Vorschriften der §§ 296 ff. StPO zugrunde liegenden Regelungssystematik
kann der gesetzliche Vertreter des Beschuldigten die gemäß § 302
Abs. 2 StPO erforderliche Ermächtigung zur Rücknahme eines vom Verteidiger
für den Beschuldigten eingelegten Rechtsmittels nicht wirksam für den Beschuldigten
erteilen.
BGH, Beschluss vom 6. Juli 2016 - 4 StR 149/16 - LG Bielefeld
ECLI:DE:BGH:2016:060716B4STR149.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 6. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 22. Dezember 2015 wird verworfen. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Gründe:

1
Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Hiergegen richtet sich die von dem Pflichtverteidiger des Beschuldigten eingelegte und mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründete Revision des Beschuldigten.
2
Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschuldigten ergeben hat.
3
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
4
Die Revision des Beschuldigten ist nicht wirksam zurückgenommen worden.
5
1. Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2016 hat der Pflichtverteidiger des Beschuldigten auf Anweisung von dessen Betreuer die Rücknahme der Revision erklärt. Zuvor war durch Beschluss des Amtsgerichts Herford vom 31. Mai 2016 unter ausdrücklichem Verweis auf das anhängige Revisionsverfahren der Aufgabenkreis des Betreuers auf die Vertretung in Strafsachen erweitert worden.
6
2. Die Erklärung der Revisionsrücknahme entfaltet mangels ausdrücklicher Ermächtigung des Beschuldigten zur Rücknahme gemäß § 302 Abs. 2 StPO keine Wirksamkeit. Nach der den Vorschriften der §§ 296 ff. StPO zugrunde liegenden Regelungssystematik kann der gesetzliche Vertreter die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche Ermächtigung zur Rücknahme einer vom Verteidiger für den Beschuldigten eingelegten Revision nicht wirksam für den Beschuldigten erteilen.
7
a) Gemäß § 296 Abs. 1 StPO hat der Beschuldigte unabhängig von der nach zivilrechtlichen Vorschriften zu bestimmenden Geschäftsfähigkeit und unter Umständen selbst bei fehlender Verhandlungsfähigkeit (vgl. Jesse in Löwe/ Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 296 Rn. 5; Meyer-Goßner in MeyerGoßner /Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 296 Rn. 5; weitergehend Frisch in SK-StPO, 4. Aufl., § 296 Rn. 7; Hoch in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 2. Aufl., § 296 Rn. 10) die Befugnis, Rechtsmittel einzulegen. Von dieser kann er eigenständig ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters Gebrauch machen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - 1 StR 563/04, BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 10; BayObLGSt 1964, 85, 87). Für den Beschuldigten kann der Verteidiger nach § 297 StPO in den durch den erklärten entgegenstehen- den Willen des Beschuldigten gezogenen Grenzen Rechtsmittel einlegen. Die Vorschrift des § 297 StPO begründet die gesetzliche Vermutung, wonach die Rechtsmitteleinlegung im Auftrag und mit Willen des Beschuldigten erfolgt (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ 1997, 52, 53; RGSt 66, 209, 211; Radtke in Radtke/ Hohmann, StPO, § 297 Rn. 1; Jesse aaO § 297 Rn. 1; Meyer-Goßner aaO § 297 Rn. 2; Frisch aaO § 297 Rn. 2). Unbeschadet der Tatsache, dass der Verteidiger nach § 297 StPO aus eigenem Recht und in eigenem Namen tätig wird (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 1972 - 3 StR 282/71, GA 1973, 46, 47), handelt es sich bei dem eingelegten Rechtsmittel um ein solches des Beschuldigten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Februar 2011 - 4 StR 691/10, StraFo 2011, 232; vom 13. Juni 2006 - 4 StR 182/06, NStZ-RR 2007, 210; vom 9. August 1995 - 1 StR 699/94, BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 8; Jesse aaO § 302 Rn. 87; Rieß in Strafverteidigung in der Praxis, 4. Aufl., § 11 Rn. 20). Dem entspricht, dass das Gesetz für die Rücknahme des Rechtsmittels durch den Verteidiger nicht nur wie in § 302 Abs. 1 Satz 3 StPO die Zustimmung, sondern gemäß § 302 Abs. 2 StPO die ausdrückliche Ermächtigung des Beschuldigten verlangt (vgl. Radtke aaO § 302 Rn. 47).
8
b) Ein Recht, für den Beschuldigten von dessen Rechtsmittelbefugnis aus § 296 Abs. 1 StPO Gebrauch zu machen, räumt die Strafprozessordnung dem gesetzlichen Vertreter des Beschuldigten nicht ein. Das Gesetz verleiht dem gesetzlichen Vertreter in § 298 Abs. 1 StPO vielmehr die eigenständige Befugnis, selbst unabhängig vom Willen des Beschuldigten zu dessen Gunsten Rechtsmittel einzulegen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der gesetzliche Vertreter besser im Stande ist, eine den wahren Interessen des unter Vertretungsmacht stehenden Beschuldigten gerecht werdende Entscheidung zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 1957 - 2 StR 583/56, BGHSt 10, 174, 176; Jesse aaO § 298 Rn. 1; Frisch aaO § 298 Rn. 1; Radtke aaO § 298 Rn. 1). Die eigenständige Rechtsmittelbefugnis des gesetzlichen Vertreters lässt das sich aus § 296 Abs. 1 StPO ergebende Recht des Beschuldigten, selbst unabhängig vom Willen des gesetzlichen Vertreters Rechtsmittel einzulegen, indes unberührt (vgl. Jesse aaO § 298 Rn. 6; Radtke aaO § 298 Rn. 1). Die Befugnisse des Beschuldigten aus § 296 Abs. 1 StPO und des gesetzlichen Vertreters aus § 298 Abs. 1 StPO stehen selbständig nebeneinander, so dass Erklärungen des Beschuldigten und des gesetzlichen Vertreters jeweils nur für das eigene Rechtsmittel Wirkungen entfalten (vgl. Jesse aaO § 298 Rn. 7; Frisch aaO § 298 Rn. 8 f.; Radtke aaO § 298 Rn. 12; Plöd in KMR § 298 Rn. 2 [Stand: November 2008]). Aus dem Nebeneinander voneinander unabhängiger Rechtsmittelbefugnisse folgt, dass der gesetzliche Vertreter - von Fällen einer neben § 298 StPO möglichen rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung durch den Beschuldigten abgesehen (vgl. Jesse aaO § 298 Rn. 9; Frisch aaO § 298 Rn. 2; Pfeiffer, StPO, 5. Aufl., § 298 Rn. 1; Hoch aaO § 298 Rn. 2; Paul in KK-StPO, 7. Aufl., § 298 Rn. 3; Meyer-Goßner aaO § 298 Rn. 4; Plöd aaO) - keine Rechtsmittelerklärungen für den Beschuldigten abgeben kann. Er ist daher weder befugt, ein vom Beschuldigten selbst eingelegtes Rechtsmittel zurückzunehmen , noch kann er die nach § 302 Abs. 2 StPO erforderliche Ermächtigung für eine Rücknahme durch den Verteidiger des Beschuldigten erteilen (a.A. - nicht tragend - offenbar BGH, Beschluss vom 2. September 2013 - 1 StR 369/13, StraFo 2013, 469).
9
c) Diese aus der den Vorschriften der §§ 296 ff. StPO zugrunde liegenden Regelungssystematik abzuleitende Beschränkung der Befugnisse des gesetzlichen Vertreters wird zudem dadurch bestätigt, dass der gesetzliche Vertreter seinerseits für die Rücknahme seines Rechtsmittels in entsprechender Anwendung des § 302 Abs. 1 Satz 3 StPO bzw. gemäß § 55 Abs. 3 JGG der Zustimmung des Beschuldigten bedarf (vgl. Jesse aaO § 298 Rn. 8; Radtke aaO § 298 Rn. 13; Frisch aaO § 298 Rn. 14; Meyer-Goßner aaO § 298 Rn. 3; Paul aaO § 298 Rn. 5; Hoch aaO § 298 Rn. 8; Pfeiffer aaO § 298 Rn. 2; a.A.
Cirener in Graf, StPO, 2. Aufl., § 298 Rn. 2), die dieser nur selbst erteilen kann. Auch die Zustimmung nach § 303 Satz 1 StPO obliegt dem Beschuldigten persönlich (vgl. OLG Koblenz, NJW 1951, 933, 934; OLG Hamm, JZ 1969, 269), nicht dem gesetzlichen Vertreter (vgl. Jesse aaO § 303 Rn. 7). Sost-Scheible Cierniak Franke Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 691/10
vom
17. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen räuberischer Erpressung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 17. Februar 2011 beschlossen
:
Die Anträge des Angeklagten vom 27. September 2010 und
vom 7. Dezember 2010 werden als unbegründet verworfen.
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen
das Urteil des Landgerichts Halle vom 5. Juli 2010 wirksam
zurückgenommen ist.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten durch Urteil vom 5. Juli 2010 wegen räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten am 8. Juli 2010 Revision eingelegt. Der Angeklagte hat mit einem am 20. September 2010 beim Landgericht eingegangenen Schreiben [Bd. V Bl. 10] mitgeteilt, dass er die Revision nicht durchführen wolle. Nach Kenntnisnahme von diesem Schreiben hat der Verteidiger des Angeklagten mit Schriftsatz vom 27. September 2010 [Bd. V Bl. 114] die Ansicht vertreten, dass die Revision nicht wirksam zurückgenommen sei, und beantragt, eine Entscheidung des Revisionsgerichts dazu einzuholen.
2
Mit Beschluss vom 4. Oktober 2010 hat das Landgericht eine Entscheidung über die Kosten des zurückgenommenen Rechtsmittels nach § 473 Abs. 1 StPO getroffen [Bd. V Bl. 126]. Hiergegen hat der Verteidiger fristgerecht Kostenbeschwerde erhoben; zugleich hat er seine Rechtsansicht wiederholt, dass die Revision nicht wirksam zurückgenommen sei [Bd. V Bl. 142 = SH 37]. Das OLG Naumburg hat mit Beschluss vom 2. November 2010 festgestellt, dass eine Entscheidung über die Kostenbeschwerde erst dann veranlasst ist, wenn über die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme entschieden ist [Bd. V Bl. 152154 ]. Daraufhin hat das Landgericht mit Beschluss vom 26. November 2010 entschieden, dass die Revision vom Angeklagten wirksam zurückgenommen sei [Bd. V Bl. 159, 160]. Hiergegen hat der Angeklagte mit Schreiben seines Verteidigers vom 7. Dezember 2010 "sofortige Beschwerde" eingelegt [Bd. V Bl. 167 = SH 46], die als - erneuter - Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts anzusehen ist.
3
Die Anträge auf Entscheidung des Revisionsgerichts vom 27. September 2010 und vom 7. Dezember 2010 sind zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg.
4
1. Wird die Wirksamkeit einer Revisionsrücknahme von einem Verfahrensbeteiligten in Zweifel gezogen, so ist es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Sache des Revisionsgerichts, hierüber eine feststellende Erklärung zu treffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. April 1991 - 3 StR 354/90, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 8; vom 20. Juli 2004 - 4 StR 249/04, NStZ 2005, 113; und vom 20. September 2007 - 4 StR 297/07, NStZ 2009, 51; vgl. auch KK-Paul, StPO, 6. Aufl., § 302 Rn. 14a). Zwar wird die Auffassung vertreten, dass bis zum Eingang der Akten beim Revisionsgericht insoweit die Zuständigkeit des index a quo gegeben ist (Löwe/Rosenberg-Hanack, StPO, 25. Aufl., § 302 Rn. 76; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 302 Rn. 11a). Ob dies auch dann gelten kann, wenn von einem Verfahrensbeteiligten die Wirksamkeit der Rücknahme bereits in Zweifel gezogen war, mag dahinstehen. Jedenfalls ist nach einer Entscheidung durch den iudex a quo und bei Fortbestehen des Streites das Rechtsmittelgericht zur abschließenden Entscheidung über die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme berufen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Juli 2004 - 4 StR 249/04, NStZ 2005, 113; und vom 8. März 2005 - 4 StR 573/04, NStZ-RR 2005, 211).
5
2. Die Revision ist wirksam zurückgenommen.
6
Dabei ist ohne Bedeutung, dass sie vom Verteidiger des Angeklagten eingelegt worden war, denn auch ein vom Verteidiger eingelegtes Rechtsmittel kann vom Angeklagten zurückgenommen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - 1 StR 563/04, BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 10; vgl. auch Meyer-Goßner aaO § 302 Rn. 4 m.w.N.).
7
Die Rücknahme konnte durch das im Auftrag des Angeklagten von einem Mitgefangenen geschriebene und von ihm persönlich unterschriebene Schreiben erfolgen, da für die Rücknahme eines Rechtsmittels dieselben Formerfordernisse gelten wie für dessen Einlegung. Eine eigenhändige Abfassung des Schriftstücks ist nicht erforderlich.
8
In diesem an das Landgericht gesandten Schreiben hat der Angeklagte - ungeachtet der ungelenken Wortwahl - klar zum Ausdruck gebracht, dass er sein Rechtsmittel zurücknimmt. Dies hat er gegenüber einem Mitarbeiter der JVA Halle I am 28. September 2010 auch nochmals bekräftigt [SH 36; Bd. V Bl. 130, 131].
9
Anhaltspunkte dafür, dass sich der Angeklagte der Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung nicht bewusst war, bestehen nicht. Der Angeklagte ist zwar Analphabet und steht unter umfassender Betreuung [UA 8]. Nach dem vom Landgericht eingeholten psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S liegt bei ihm zudem eine leichte Intelligenzminderung vor, die zu Defiziten in den sozialen und zwischenmenschlichen Fertigkeiten führt [UA 23]. Er war aber in der Hauptverhandlung in der Lage, sich mündlich verständlich zu machen, auf Fragen adäquat zu antworten und dem Verhandlungsablauf zu folgen [SH 43].
10
Darauf, dass der Angeklagte am 24. September 2010 bei einem Gespräch mit seinem Verteidiger in Gegenwart der Berufsbetreuerin auf Grund der mehrfachen Nachfrage des Verteidigers letztlich seine Zustimmung dazu erklärt hat, dass die Revision durchgeführt werden soll, kommt es nicht an. In diesem Zeitpunkt war das Revisionsverfahren bereits durch die wirksame Rücknahme des Rechtsmittels abgeschlossen. Die Rücknahmeerklärung ist nach ständiger Rechtsprechung unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. die Nachweise bei Meyer-Goßner aaO § 302 Rn. 9 und 10). Ein Fall, in dem ausnahmsweise die Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung angenommen werden könnte (vgl. KKPaul aaO § 302 Rn. 13 m.w.N.), liegt ersichtlich nicht vor.
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Franke Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 182/06
vom
13. Juni 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Juni 2006 beschlossen
:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Angeklagten gegen
das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 27. Oktober 2005
wirksam zurückgenommen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen
Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
1. Das Landgericht hat den inzwischen 81jährigen Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten Revision eingelegt und diese am 27. Oktober 2005 und am 9. März 2006 begründet. Mit seinem am 23. Dezember 2005 beim Landgericht eingegangenen eigenhändigen Schreiben vom 15. Dezember 2005 hat der Angeklagte erklärt: "Hiermit möchte ich vom 15.12.05 die Revision zurückziehen. im Rechtsstreit A. /B. ". Das Schreiben war unter Angabe des vollständigen Aktenzeichens des Schwurgerichtsverfahrens an "die Geschäftsstelle des Landgerichts Dortmund" gerichtet. Als Betreff war angegeben "Revision GeschäftsNr. 30668/05 - Lübeckerstr. 21".
2
Der Verteidiger vertritt in seinem Schriftsatz vom 19. Januar 2006 und in seiner Revisionsbegründung vom 9. März 2006 die Auffassung, dass die Revision nicht rechtswirksam zurückgenommen wurde, weil der Wortlaut der Erklä- rung nicht eindeutig sei. Außerdem ist er der Ansicht, dass ein vom Verteidiger eingelegtes Rechtsmittel auch nur - nach Abstimmung mit dem Angeklagten - durch diesen zurückgenommen werden könne. Hilfsweise widerrufe er die Rücknahme oder fechte sie an, weil sich der Angeklagte über die Tragweite und die Rechtsfolgen der Rücknahmeerklärung nicht im Klaren gewesen sei und ihm nach Erörterung der Rechtsansicht des Landgerichts mitgeteilt habe, das Rechtsmittel "solle aufrecht erhalten bleiben".
3
2. Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dass das Rechtsmittel von seinem Verteidiger eingelegt worden war, ist für die Wirksamkeit der Rücknahme durch den Angeklagten ohne Belang, da der erklärte Wille des Angeklagten stets vorgeht (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7 m.w.N.; vgl. auch MeyerGoßner StPO 48. Aufl. § 302 Rdn. 4 m.w.N.). Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten wahrt die für die Zurücknahme des Rechtsmittels erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 7) und ist eindeutig und zweifelsfrei. Soweit darin auch ein Rechtsstreit A. ./. B. erwähnt wird, handelt es sich dabei um ein zivilrechtliches Verfahren, in dem noch keine Entscheidung ergangen ist; eine Revision war nur im vorliegenden Verfahren eingelegt.
4
Eine Rücknahmeerklärung ist allerdings nur dann wirksam, wenn der Erklärende bei deren Abgabe verhandlungsfähig war. Dies ist gegebenenfalls vom Revisionsgericht im Freibeweisverfahren zu klären (vgl. BGH NStZ 1983, 280; bei Kusch NStZ 1997, 378; Meyer-Goßner aaO Rdn. 8 a). Die Verhandlungsfähigkeit ist hier indes zu bejahen:
5
Das Landgericht ist in dem angefochtenen Urteil in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen von der uneingeschränkten strafrechtlichen Verantwort- lichkeit des Angeklagten für die Tat vom 18. Februar 2005 ausgegangen [UA 47 f.]. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass dem hoch betagten Angeklagten im Hinblick auf seinen geistigen Zustand die genügende Einsichtsfähigkeit für seine Prozesshandlung und deren Tragweite gefehlt hätte. Zur Klärung dieser Frage war von dem Vorsitzenden des Schwurgerichts eine Begutachtung des Angeklagten durch den Sachverständigen Dr. R. veranlasst worden. Diesem gegenüber hat der Angeklagte erklärt, er habe mit seinem Brief auf jeden Fall die Revision in seinem Strafverfahren zurücknehmen wollen; später habe ihm sein Verteidiger geraten, die Revision doch durchzuführen. In seinem ausführlichen Gutachten vom 9. Februar 2006 hat der Sachverständige keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Rücknahmeerklärung in irgendeiner Weise psychisch beeinträchtigt gewesen wäre.
6
Nach alledem hat der Senat keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme. Diese ist unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. Meyer-Goßner aaO Rdn. 9 m.w.N.).
7
Da der Verteidiger des Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel zieht, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge förmlich fest.
8
Nach wirksamer Rücknahme der Revision hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO).
Tepperwien Maatz Athing
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.

(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.

2
Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen und ist deshalb des Rechtsmittels verlustig; seine erneut eingelegte Revision ist unzulässig. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "1. Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Der Rechtsmittelverzicht eines Angeklagten ist unwirksam, wenn er
lediglich aufgrund einer - auch irrtümlich - objektiv unrichtigen Erklärung oder
Auskunft des Gerichts (hier: zu beamtenrechtlichen Nebenfolgen des Urteils)
zustandegekommen ist.
2. Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist unwirksam
, wenn eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit nicht rechtsfehlerfrei
begründet wurde und Schuldunfähigkeit nicht auszuschließen ist.
BGH, Beschluß vom 10. Januar 2001 - 2 StR 500/00 - LG Darmstadt -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 500/00
vom
10. Januar 2001
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Erpressung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 10. Januar 2001 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 11. August 2000 mit den Feststellungen - mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen - aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Erpressung zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Strafe und Maßregel wurden zur Bewährung ausgesetzt. Mit seiner auf den Strafausspruch beschränkten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Er erstrebt eine Freiheitsstrafe von weniger als einem Jahr mit Bewährung. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang.

II.

1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Der in der Hauptverhandlung erklärte Rechtsmittelverzicht des Angeklagten ist unwirksam. Die Strafkammer ging in der Hauptverhandlung - ebenso wie die übrigen Verfahrensbeteiligten - versehentlich davon aus, der Status des Angeklagten als Kommunalbeamter werde nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BRRG nicht tangiert, wenn er wegen versuchter Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr verurteilt werde. Diese Auffassung äußerte der Vorsitzende auch in der mündlichen Urteilsbegründung. Lediglich aufgrund dieser Umstände erklärte der Angeklagte im Anschluß an die Urteilsverkündung nach Rücksprache mit seinem Verteidiger, er verzichte auf Rechtsmittel und nehme das Urteil an. Der Verzicht wurde protokolliert, verlesen und genehmigt. Auch der Staatsanwalt verzichtete auf Rechtsmittel. Dieser Verfahrensgang ergibt sich aus den übereinstimmenden dienstlichen und anwaltlichen Erklärungen der richterlichen Mitglieder der Strafkammer und des Verteidigers sowie dem Hauptverhandlungsprotokoll. In Wirklichkeit entsprach die Rechtsauffassung der Strafkammer jedoch nicht § 24 Abs. 1 Nr. 1 BRRG. Nach dieser Vorschrift endet das Beamtenverhältnis mit Rechtskraft der Verurteilung eines Beamten wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Ein Rechtsmittelverzicht ist als Prozeßerklärung grundsätzlich unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr., vgl. u.a. BGHSt 45, 51, 53). Die Rechtsprechung erkennt allerdings in eng begrenztem Umfang Ausnahmen an. In Betracht kommen insbesondere die Fälle schwerwiegender Willensmängel. Auch vom Gericht zu verantwortende Umstände der Art und Weise des Zustandekommens können einen Rechtsmittelverzicht unwirksam machen (BGHSt 45, 51, 53, 55). Deshalb kann ein Rechtsmittelverzicht ausnahmsweise unwirksam
sein, wenn er lediglich aufgrund einer - sei es auch irrtümlich - objektiv unrichtigen Erklärung oder Auskunft des Gerichts zustandegekommen ist (vgl. Kleinknecht /Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 302 Rdn. 10, 22; Gollwitzer in Löwe/ Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 302 Rdn. 52; Ruß in KK 4. Aufl. § 302 Rdn. 13; OLG Koblenz NStZ-RR 1996, 306 jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Strafkammer hat durch ihre objektiv unzutreffenden Erklärungen zu den beamtenrechtlichen Nebenfolgen des Urteils dem Angeklagten die Vorstellung vermittelt, sein Status als Beamter werde durch das Urteil nicht berührt. Nur deshalb hat der Angeklagte auf Rechtsmittel verzichtet. Daran , daß der Angeklagte auf die wiederholt geäußerte Beurteilung des Landgerichts vertraut hat, trifft ihn kein Verschulden. Wegen der dargelegten Umstände seines Zustandekommens war der Rechtsmittelverzicht des Angeklagten hier von Anfang an unwirksam. Auf eine Anfechtung wegen Irrtums kommt es daher nicht an. 2. Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist unwirksam. Der Schuldspruch und die Strafzumessung sind hier so miteinander verknüpft , daß eine getrennte Überprüfung der Strafzumessung nicht möglich wäre , ohne den nicht angefochtenen Schuldspruch mit zu berühren (vgl. BGH NJW 1996, 2663, 2664 m.w.N.). Wird der Strafausspruch angefochten, ist auch die Frage einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit Gegenstand der revisionsrechtlichen Prüfung. Diese ergibt hier, daß das Urteil keine rechtsfehlerfreie Begründung für die Annahme einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit enthält. Auf der Grundlage des angefochtenen Urteils läßt sich auch nicht völlig ausschließen, daß der Angeklagte zur Tatzeit steuerungsunfähig war.
Das Landgericht teilt zwar die Entwicklung der psychischen Erkrankung des Angeklagten mit dem wiederholten Wechsel von manischen und depressiven Phasen näher mit. Die Beurteilung dieser Erkrankung durch das sachverständig beratene Landgericht ist jedoch unklar und widersprüchlich. Im Anschluß an den Sachverständigen meint das Landgericht, der Angeklagte sei zur Tatzeit an einer "aktuellen seelischen Störung" erkrankt gewesen, durch die seine Fähigkeit zur Willensbildung, seine Steuerungskontrolle und seine gesamte Reflexionsfähigkeit erheblich gestört gewesen seien. Die Steuerungsfähigkeit sei insbesondere auch deshalb erheblich vermindert gewesen, weil die manische Symptomatik durch die fortgeführte Einnahme von Antidepressiva verstärkt worden sei. Welche psychische Erkrankung der Sachverständige konkret festgestellt hat, wird aber nicht näher mitgeteilt. Nach den vom Landgericht beschriebenen Krankheitssymptomen kommen hier eine manische Episode zur Tatzeit, aber auch eine bipolare affektive Störung in Betracht , die früher nach Kurt Schneider als "Zyklothymie" bezeichnet wurde (vgl. hierzu Nedopil, Forensische Psychiatrie S. 113 ff.). Einer dahingehenden Beurteilung widerspricht aber, daß das Landgericht Schuldunfähigkeit ausschließt , weil der Angeklagte "nicht an einer Manie im Sinne einer Psychose" gelitten habe. Gerade bei den in Betracht kommenden affektiven Störungen handelt es sich aber um Psychosen. Sollte es zutreffen, daß der Angeklagte bei der Tat nicht an einer Psychose litt, fehlte schon die Grundlage für die Annahme einer erheblichen Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit. Hinzu kommt: Bei mittelgradigen Depressionen oder Manien kann die Willensbildung aufgehoben sein, wenn Motivation und Verhalten auf die affektive Störung zurückzuführen sind. Bei schweren manischen (oder depressiven) Episoden liegt daher eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit jedenfalls nicht fern (vgl. hierzu Nedopil aaO S. 117). Das Landgericht hätte daher die diagnostische Einord-
nung der Erkrankung und die Gewichtung ihrer Auswirkungen auf die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten näher darlegen müssen. Nach der bisherigen Erörterung dieser Fragen ist nicht auszuschließen, daß die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit nicht nur erheblich vermindert, sondern aufgehoben war. Da hierdurch nicht nur der Straf-, sondern auch der Schuldspruch betroffen ist und die Frage der Schuldfähigkeit nur einheitlich beurteilt werden kann, ist eine Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch unzulässig. Ebensowenig kann unter diesen Umständen die Maßregelanordnung von der Anfechtung ausgenommen werden. 3. Die Sachrüge führt zur Aufhebung des Schuld- und Rechtsfolgenausspruchs. Der Schuldspruch hält der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand, weil das Landgericht - wie bereits dargelegt - Schuldunfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen hat. Daneben ist auch die Strafzumessung rechtsfehlerhaft. Das Landgericht war der in den Urteilsgründen mitgeteilten Ansicht, daß die Beendigung des Beamtenverhältnisses als Nebenfolge der strafrechtlichen Verurteilung unangemessen wäre und der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten nicht gerecht würde. Die Strafkammer ging jedoch - wie bereits ausgeführt - unter Verkennung von § 24 BRRG irrtümlich davon aus, daß bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr diese Folge nicht eintreten werde. Daher wurde bei der Bemessung der Strafe auch die beamtenrechtliche Nebenfolge nicht zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt. Die Maßregelanordnung hat ebenfalls keinen Bestand, weil die Schuldfähigkeit des Angeklagten bisher nicht rechtsfehlerfrei geprüft wurde.
Die Feststellungen zum äußeren Tathergang können jedoch bestehen bleiben, weil sie von den dargelegten Rechtsfehlern nicht berührt werden. Jähnke Detter Bode Otten Elf
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(2) Ein durch den Verteidiger hervorgerufener Irrtum würde nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zur Unwirksamkeit führen (BGH, Beschluss vom 13. Mai 2003 – 4 StR 135/03 bei Becker NStZ-RR 2004, 228). Im Übrigen ist die von dem Angeklagten vorgetragene Täuschung durch seinen Verteidiger, Rechtsanwalt M. , nicht bewiesen. Dies wäre aber für den Nachweis der Unwirksamkeit des Rechtsmittels erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2002 – 5 StR 12/02 Rn. 4 mwN; OLG Frankfurt, Beschluss vom 23. Februar 2010 – 3 Ws 141/10, NStZ-RR 2010, 213, 214; Radtke in Radtke/ Hohmann aaO § 302 Rn. 25 mwN). Rechtsanwalt M. hat mit Schreiben vom 15. Februar 2016 nachvollziehbar dargelegt, wie es zu der Rechtsmittelverzichtserklärung gekommen ist und dass dieser keine Täuschung über die Möglichkeit , Revision einzulegen, vorausgegangen ist. Das vom Angeklagten und von Rechtsanwalt H. vorgetragene Geschehen, Rechtsanwalt M. habe gegenüber dem Angeklagten behauptet, gegen ein zweites Urteil in einer Sache sei keine Revision mehr möglich, ist zudem – wie der Generalbundeswalt zutreffend hervorgehoben hat – angesichts des Wortlauts der Rechtsmittelverzichtserklärung nicht nachvollziehbar. Das gilt erst recht angesichts der dem Angeklagten wenige Tage zuvor erteilten Belehrung über die Möglichkeit, das Rechtsmittel der Revision einzulegen. Entgegen dem Vorbringen von Rechtsanwalt H. gibt es aus den bereits zur Prozesshandlungsfähigkeit dargelegten Gründen keine Anhaltspunkte in der Person des Angeklagten dafür, dass dieser die vorhandene Rechtsmittelmöglichkeit und die Bedeutung des Verzichts nicht erfasst haben könnte.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 135/03
vom
13. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
am 13. Mai 2003 beschlossen:
Es wird festgestellt, daß die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 12. November 2002 wirksam zurückgenommen worden ist.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Pflichtverteidigerin als auch der vor der Urteilsverkündung beauftragte Wahlverteidiger , der an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hat, Revision eingelegt; die Pflichtverteidigerin hat das Rechtsmittel mit der Sachrüge begründet. Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2003 hat der Wahlverteidiger die Revision zurückgenommen. Nach Kenntnisnahme von der Revisionsrücknahme hat die Pflichtverteidigerin mit Schriftsatz vom 27. Februar 2003 mitgeteilt, daß der Angeklagte die Revision durchführen wolle; die Rücknahme sei nur deswegen erfolgt , weil er durch seinen Wahlverteidiger hinsichtlich der Möglichkeit einer Strafverbüßung in Nigeria nicht ordnungsgemäß beraten worden sei.
Die Revision des Angeklagten ist durch den Wahlverteidiger wirksam zurückgenommen worden (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Wahlverteidigers durch den Angeklagten, die keiner besonderen Form bedarf (vgl. BGH StPO § 302
Abs. 2 Rücknahme 6), lag, wie sich aus dem Schriftsatz der Pflichtverteidigerin vom 27. Februar 2003 ergibt, vor. Auch dem Schreiben des Angeklagten an das Landgericht vom 1. Februar 2003 (Bd. II Bl. 115, 116 der Akten) ist zu entnehmen , daß er die Verurteilung akzeptiert.
Die Revisionsrücknahme ist ebenso wie der Rechtsmittelverzicht generell unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr., vgl. BGHSt 46, 257, 258; BGHR StPO § 302 Abs. 1 Rücknahme 6); nur in eng begrenztem Umfang erkennt die Rechtsprechung Ausnahmen an (vgl. BGHSt 45, 51, 53 m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil die unrichtige Auskunft , durch die der Angeklagte zu seiner Erklärung veranlaßt wurde, nicht durch das Gericht (vgl. hierzu BGHSt 46, 257 f.), sondern durch den Wahlverteidiger erteilt wurde (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 8; Ruß in KK 4. Aufl. § 302 Rdn. 13 m.w.N.). Auch wenn durch diese Auskunft bestimmte unzutreffende Vorstellungen bezüglich der Strafvollstreckung beim Angeklagten hervorgerufen wurden, hat dies auf die Rechtswirksamkeit der Revisionsrücknahme keinen Einfluß. Ein bloßer Irrtum über die Auswirkungen eines Urteils oder sonstige enttäuschte Erwartungen sind insoweit unbeachtlich (vgl. BGH GA 1969, 281; NStZ 2001, 220; vgl. auch Ruß aaO Rdn. 15 m.w.N.)
Tepperwien Maatz Athing ! #"%$ & "' ( )* + , - /.0( 1 ( Urlaubs gehindert zu unterschreiben.
Tepperwien
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Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen und ist deshalb des Rechtsmittels verlustig; seine erneut eingelegte Revision ist unzulässig. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "1. Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.